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blick der Explosion auf der Straße vorbei­gingen. Der Laden ist teilweise ausgebrannt.

Werlin, 28. Septbr. DieKreuzztg." bespricht die militärische Lage und meint, mili­tärische Neuforderungen seien nicht zu umgehen. Die Pflicht der Selbsterhaltung zwinge uns dazu. Die militärische Bedeutung des neuen franz. Heeresgesetzes stehe außer Frage. Im Augenblick, wo wir Haus uns Herd beschützen müssen, reichen sich alle Parteien versöhnt die Hand.

Merlin, 30. Sept. In zwei Privatklagen Sonnemanns, des Verlegers derFrankfurter Zeitung" und Kayßlers, des Redakteurs der Post", gegen den Redakteur derKreuzzeit- Ung, den Reichstags-Abgeordneten Freiherrn v. Hammerstein, wegen Beleidigung durch Zeit­ungsartikel, wurde v. Hammerstein zu 1000 M., eventuell zu 100 Tagen Gefängnis verurteilt, in der Klagesache Kayßler wurde v. Hammer­slein freigesprochen, weil der betr. Zeitungsar­tikel nicht gegen Kayßler gerichtet gewesen sei.

Der Zusammentritt des Reichstages findet aller Voraussicht nach am 22. Oktober statt.

_ Das Kommando der II. Matrosen-

Dwision in Wilhelmshaven sucht junge Leute zum Dienst in der Marine heranzuziehen und giebt deshalb in verschiedenen Blättern bekannt, daß am 3. Januar 1890 aus den Kreisen der nicht seemännischen Bevölkerung Vierjährig-Frei­willige bei der Matrosen-Division eingestellt werden können. Nähere Auskunft hierüber zu erteilen ist jeder Bezirksfeldwebel in der Lage.

Kiseuach, 31. Sept. (Verhaftung des Räubers Klotzbach.) Endlich ist es heute der Sicherheitspolizei gelungen, den vom Wilddieb bis zum gefürchteten Einbrecher gesunkenen Klotz­bach aus Lengsfeld, der seit Monaten beson­ders unser Oberland und auch weitere Gegenden schwer beunruhigte, dessen Name in der ganzen deutschen Preffe genannt wurde, dingfest zu machen und im hiesigen Landgerichtsgefängnis in sicheren Gewahrsam zu bringen. Er war heute Vormittag in Gerstungen, wo er sich wegen Versäumung des Casseler Frühzuges am Bahnhof Herumtrieb, verhaftet worden, nach­dem er sich für einen Viehhändler ausgegeben und dadurch sich verdächtig gemacht hatte. Der Gendarm Träger in Gerstungen kannte den Klotzbach von seiner Heimat her, und da konnte ein Zweifel nicht mehr aufkommen. Er widersetzte sich zwar seiner Vorführung zum Amtsger cht, aber vergeblich; er gestand dann auch vor dem Oberamtsrichter ein, daß er der aus dem Lengsfeldcr Gefängnis ent­sprungene Klotzbach sei, er will aber nicht alle ihm nachgesagten Einbrüche verübt haben, sondern behauptet, daß aus seinen Namen viel gesündigt sei, er will sich bis auf kurze Zeit, in welcher er an der belgischen Grenze an der Eisenbahn gearbeitet, nur in seiner Heimat aufgehalten haben; er bat um milde Bestrafung. Er führte ein Gewehr und einen Schinken mit sich. Von Gerstungen aus war war die hiesige Staatsanwaltschaft benachrichtigt und ordnete dieselbe alsbald die Ueberführung hierher an. Geschlossen und unter ausreichender Bedeckung kam er Nach­mittags 5 Uhr mit dem Personenzug hier an; Tausende Neugieriger waren auf und neben dem Bahnhof versammelt, um den gefürchteten Räuber zu sehen; er macht aber weit mehr einen armseligen als einen erschreckenden Ein­druck und wird bald genug vor seinen Richtern zu des Erkenntnis kommen, daß er seine trau­rige Berühmtheit sehr teuer büßen muß. Hoffent­lich hat man ihn nun wirklich! (F. I.)

Kisenach, 28. Sept. Herr Julius von Eichel, Ehrenbürger hiesiger Stadt, hat der

Stadt eine Schenkung von 300 000 ge­macht, die zu Verschönerungs- und Armen­unterstützungszwecken verwandt werden sollen.

Vom Wracken wird gemeldet, daß seit der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag starker Schneefall eingetreten ist. Der Thüringer Wald wird dem Harz wohl nicht lange nachstehen wollen!

Aus Mauen im Voigtl., 28 Sept., wird gemeldet: In der gestrigen Nacht sind in un­serer Nachbarstadt Treuen 30 Gebäude, da­runter 19 Wohnhäuser, die Apotheke einbe­griffen, durch eine Feuersbruost iu Asche ge­legt worden.

Die Umwandlung des ehemaligen kron- prinzlichen Jagdschlosses Meyerling bei Wien zu einem Kloster ist nunmehr vollzogen. 20 Karmeliterinnen werden am 15. Oktober da­selbst einziehen. Die Einweihung soll am Jahrestag des Hinscheidens des Kronprinzen Rudolf in aller Stille vollzogen werden.

Wudapell, 28. Sept. Von Orsowa wird das Erscheinen von vier russischen Schiffen auf der unteren Donau gemeldet. Die Schiffe heißenOlga",Sokol",Bulgaria",Ruß", sie sind provisorisch für Handelszwecke einge­richtet. In den Häfen der unteren Donau, von Odessa bis Skella-Kladova, hat man eine auffällige Vorbereitung von Pontons bemerkt, so daß an vielen Punkten ein Brückenschlag über die Donau leicht zu ermöglichen sei. Auch in das russische KriegsschiffSerbia' auf der Donau erschienen, zwei andere Kriegsschiffe werden erwartet. Einzelne Russen entfallen eine lebhafte Thätigkeit in jener Gegend, be­sonders zahlreich treiben sich die Russen in der Gegend des Eisernen Thores umher, wo sie die Arbeiten aufmerksam verfolgen und Aufzeichnungen machen. Die Behörden legen ihrer Thätigkeit vorläufig kein Hindernis in den Weg

Der in Hlotterdam ausgebrochene Strike der Hafenarbeiter, der zweifellos seine Anregung durch den Ausstand in London er­halten hat, hat vom ersten Augenblick an einen beunruhigenoen Charakter angenommen. Am Freitag Abend begann ein Teil der Sinken­den das Straßenpflaster aufzureißen und mit Steinen auf die Polizei und die Bürgergarde zu werfen, so daß diese wiederholt von der Waffe Gebrauch machen mußten. Mehrere Personen wurden verwundet. An demselben Abend fand eine Versammlung von ungefähr 500 Streikenden statt, in der der wichtige Be­schluß gefaßt wurde, die Sozialisten von oer Bewegung auszuschließen, Ruhe und Ordnung zu bewahren und diejenigen, welche arbeiten wollen, nicht daran zu hindern. Es fragt sich nun, ob das Gros der Ausständigen, deren Zahl auf etwa 5000 geschätzt wird, diese Be­schlüsse respektieren wird. Die Kommunalgarde und die Marinesoldaten sind unter die Waffen berufen, um die Ordnung auf den Quais auf­recht zu erhalten. Am Sonntag sind keine Ruhestörungen vorgekommen, doch ist fast an ! keiner Stelle gearbeitet worden.

Aotterdam, 1 . Okt. Mehrere Dampfer löschten mit der eigenen Mannschaft ihre Ladung ohne Widerspruch seitens der Strei­kenden. Die Streikenden verhalten sich ruhig. Die Verhandlungen zur Beseitigung des Aus­standes dauern fort und scheinen zu baldigem Abschluß führen zu wollen.

Maris, 28. Sept. Professor Bourbouze ist im Alter von 74 Jahren gestorben. Vom einfachen Mechaniker brachte er es zum Prä­parator für Physik an der Sorbonne und zum Professor an der pharmazeutischen Schule. Beim Versuche, Diamanten durch Elektrizität zu erzeugen, erhielt er einen Schlag von der

Stärke von 1200 Elementen, der ihn auf Lebenszeit lähmte. Er erfand neue Elektro­meter und elektrische Motoren. Er benutzte die elektrische Strömungen der Erde zur tele­grafischen Mitteilung und verkehrte bei der Belagerung von Paris durch den Lauf der Seine mit St. Dänis. Mit Paul Bert ver­suchte er Telegraphenverbindungen, die sich in Kriegszeiten leicht eiurichten lassen. Er starb in seinem Laboratorium, mit der Vervollstän­digung seiner letzten Entdeckung eines neuen Verfahrens, Aluminium billig herzustellen, be­schäftigt.

Maris, 30 Septbr. Bei der gestrigen Preisverteilung erhielten die deutschen Vorschuß- Vereine, System Schulze-Delitsch, den großen Preis.

Maris, 1 . Okt. Boulanger hat sich mit Rochefort entzweit und zieht sich nach der In­sel Jersey zurück. Rochefort reist nach Egyp­ten, Dillon will hierherkommen und seinen Kammersitz einnchmen, da er sich als gewählt und unverletzlich hält.

Die ehemalige Kaiserin Eugenie weilt gegenwärtig auf dem Schloße Abergeldie in den schottischen Hochlanden. Sie sieht wohl, aber sehr gealtert aus. Ihr Haar ist völlig weiß und unter den Augen befinden sich tiefe Furche». Dennoch erkennt man die frühere Kaiserin Frankreichs auf den ersten Blick. Das feine Auftreten und der graziöse Gang ist der­selbe, wie früher. Aeußerlich liebt die Kai­serin die größte Einfachheit. Als sie sich vor kurzem im Bade Malveren zur Kur befand, wußten die Leute im Orte nicht, daß die Ge­mahlin des Kaisers Napoleon III. in ihrer Mitte weile.

Wie ein Telegramm aus Avelino mel­det, hat in der Nacht zum jüngsten Sonntag s zwischen Ariano und Pianerottolo ein Zusam­menstoß zweier Personenzüge von Neapel und Fogglia stattgesunden. Eine größere Anzahl von Waggons soll zertrümmert sein. Die Zahl der Verunglückttn ist noch nicht bekannt; die Behörden haben sich unverzüglich zum Schau­platz des Unfalls begeben.

Der italienische Kriegsminister hat eine Verstärkung der Garnisonen an der Westgrenze also nach Frankreich hin, um 12 000 Mann angeordnet. DieRiforma" erklärt, daß Er­höhungen in den Budgets nicht eintreten würden. Der päpstliche Leibarzt Ceccarelli, der den Kardinal Schiafsino behandelt hat, veröffent­licht einen Bericht, wonach Schiafsino an einer vernachlässigte», sehr heftigen Magen- und Dünndarmentzündung gestorben ist.

Welgrad, 30. Sept. Gestern nachmittag 4 Uhr ist die Exkönigin Natalie hier einge­troffen und ivurde um Landungsplätze von einer unabsehbaren Menschenmenge empfangen. 80 weißgekleidete Mädchen überreichten der Königin Bouquets und streuten Blumen auf den Weg. Natalie bestieg, nachdem sich der General Howatovics, die früheren Minister Franassovics und Kujundschics, der Bischof Nicofor, der Prälat Paolvics, der Belgrader Bürgermeister Karabiberovics und Oberst Dra- gaschevics vorgestellt hatte, den von der Com­pagnie Markovics bereitgestellten eleganten und reichgeschirrten Wagen. Kutscher und Diener trugen Hoflivree. Der Wagen fuhr langsam durch die geschmückten Straßen nach dem Hause Vucenic, wo der russische Gesandte Persiani und der Regent Ristic die die Königin begrüßten. Abends fand eine Illumination mit Fackelzug statt. Heute morgen erfolgte die Zusammen­kunft im Konak mit König Alexander unter großem Ceremoniell.

London, 28 . Sept. Nach einer Meldung