Vild linder Ghronik.

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Uro. 73

Mittwoch, 1t. September: 1889

25. ialii'gLngr

Württemberg.

Stuttgart, 7. Septbr. Prof. Wilhelm Förstler, Musikdirektor des Stuttgarter Lie­derkranzes, wurde vom Liederkranz Gmünd zum Ehrenmitglied ernannt.

Stuttgart, 9. Sept. Der amtliche Bericht über den Eisenbahnunfall bei Plochingen lautet: Der Güterzug mit Personenbeförderung Nr. 604 ist am. 7. September, morgens zwischen 5 und 6 Uhr, zwischen den Stationen Plo­chingen und Altbach entgleist. Soviel bis sitzt erhoben werden konnte, ist die Entgleisung die Folge eines Achsenbruches an einem mit Bret­tern beladenen bayerischen Güterwagen. Beide Bahngeleise sind auf einige Stunden gesperrt und es muß an der Unfallstelle umgestiegen werden. Der regelmäßige Betrieb wir gegen mittag voraussichtlich wieder ausgenommen wer­den können. Eine Beschädigung von Personen hat nicht stattgefunden. Der Schaden am Material ist ziemlich beträchtlich."

Solitude, 9. Sept. Gestern Nachmittag zwischen 4 und- Uhr entlud sich hier ein schweres Gewitter, begleitet von heftigen Blitz- und Donnerschlägen. Wolkenbruchartige Was­sermassen, vermischt mit Hagelkörnern, ergossen sich über unsere kleine Hochebene und es trafen die gerade auf dem Weg hierher begriffenen Spaziergänger vielfach durchnäßt hier ein. Finanzminister v. Renner, welcher stets ein reges Interesse für das Wohl unserer Solitude hegt, stattete uns gestern Nachmittag einen Besuch ab.

Ludwigsöurg, 6. Septbr. (Begnadigung.) Der frühere Postmeister Kettnacker von Bop- fingen, der hier als Opfer seiner Gutmütigkeit gegenüber Dritten seit 1883 eine Zuchthaus­strafe absaß, ist begnadigt worden. Unter dem Pseudonym Max Benno hat er während seiner Strafzeit litterarische Arbeiten geliefert und soll sich dabei einige tausend Mark erübrigt haben.

Aus dem Hberamt Kreudenstadt, 5. Septbr. (Jagdglück.) Dieser Tage wurde in dem Staatswald bei Herzogsweiler von einem Forstschutzwächter ein prächtiger Edelhirsch, Zeh­nender, geschossen. Derselbe wog 356 Pfund, lieferte 275 Pfund Fleisch, welches das Pfund um 40 Pfennig abgegeben wurde. Die Hirsche sind in unseren Waldungen ziemlich selten und dürften kaum inehr einen Jäger glücklich machen, wenn sie nicht in den benachbarten badischen Waldungen sorgfältiger geschont würden. Der Großherzog von Baden, der auf dem Kalten­brunn ein Jagdschlößchen hat, besucht jeden Herbst wegen der Hirschjagden den Schwarz­wald ; auch Prinz Heinrich von Preußen war. zu diesem Zwecke vor einigen Jahren auf dem Schwarzwald.

Laufen a. A 6. Septbr. (Elektrische Beleuchtung. Wasserleitung.) Laut gestern abgeschlossenen Vertrages mit dem Portland- Zementwerk wird Stadt und Dorf mit elek­trischem Licht'beleuchtet, welches auch in sämt­lichen Fabrik-Gebäuden zur Einrichtung gelangt. Ferner hat sich bei den Ausgrabungen zum Bau der neuen Fabrik eine bedeutende Quelle reinen Trinkwaffers gefunden, welche dem Hoch- Reservoir zugeführt wird und gegen Wassernot in trockenen Jahren Vorsorge trifft.

Wlm, 7. Sept. Die bienenwirtschaftliche Landesausstellung wurde heute eröffnet. Sie ist von 100 Ausstellern beschickt.

Rundschau

Arankfurt, 8. Sept. Der Major a. D. Arndt, ein Enkel von Ernst Moritz Arndt, dessen plötzliches Ende durch einen unglücklichen Schuß aus Bertrich gemeldet wurde, hat auch hier viele Bekannte gehabt. Denn er stand beim 34. Infanterie-Regiment, welches s. Z. hier in Garnison lag, und nachdem er seinen Abschied als Major genommen hatte, wählte er Frankfurt als Aufenthaltsort und ließ sich im nahen Bockenheim nieder. Der Umstand, daß seine Schwestern vereinsamt im Bad Ber­trich lebten, veranlaßte ihn, später dorthin über­zusiedeln. Er war unvermählt, ein hochgebil­deter, liebenswürdiger Mann.

Klberfekd, 5. Sept. Verwegene Diebe stahlen in einer der letzten Nächte einem Vieh- Händler Hierselbst aus einer auf freiem Felde stehenden Hürde, in welcher eine große Herde Schafe lagerte, 65 dieser Tiere im Werte von etwa 1600 Mk. In Barmen verkaufte der eine der Spitzbuben, dem man auf der Spur ist, die Schafe an einen Händler zu billigem Preise.

Komöurg, 9. Sept. Die Kaiserin Fried­rich hat vor ihrer gegen Mitte dieses Monats erfolgende Abreise die abgelaufene Woche dazu verwandt, die hiesigen öffentlichen Anstalten für wohlthätige und gemeinnützige Zwecke zu besichtigen und damit ihr lebhaftes Interesse für unsere Stadt und deren Einrichtungen zu erkennen gegeben.

Kassel, 8. Sept. Heute morgen ist im Unterstadt-Bahnhof ein Kohlenzug wegen zu schneller Einfahrt entgleist; die Maschine blieb vor dem Prellbock stehen, ein Wagen legte sich darüber und einige andere wurden zertrümmert. Kein Menschenleben wurde gefährdet.

Ein Berliner Student Julius D. ist, wie das Girnale de Sicilia meldet, am Frei­tag bei Cammarata (Sicilien) in einem Hohl­wege von Räubern überfallen und durch einen Flintenschuß verwundet worden. Die Räuber

nahmen ihm seine Brieftasche mit 375 Lire weg unv ließen ihn hilflos liegen. In dieser Lage wurde er von einer Patrouille reitender Carabinieri gefunden. Es ist gelungen, die Schuldigen zur Haft zu bringen.

Im Zuchthaus inZSaldheim (Sachsen) sind in letzter Zeit ein Mann und ein Mäd­chen, die beide zum Tod verurteilt waren und zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt sind, wahnsinnig geworden. Es sind die Dienst­magd Veier, die ein o/nP Ehepaar in der Leipziger Gegen» mit einem Beil erschlagen hat, und der Mörder Schreiber.

Antwerpen, 6. Sept. Soeben fand eine furchtbare Dynamitexplosion in der Patronen- Fabrik am Hafen statt. Sehr viele Menschen sind tor und verwundet, besonders Frauen und Kinder. Die Trümmer flogen in verschiedene Stadtteile am Hafen und selbst in die gerade von Menschen gefüllte Börse. Eine Panik entstand. Mauerteile stürzten zusammen. In vielen Häusern wurden durch die Erschütterung die Fensterscheiben zertrümmert und die Dächer beschädigt. 5 Uhr 16 Minuten nachmittags. Die Explosion fand im Lager für Patronen und Pulver, welche zur Ausfuhr bestimmt waren, statt. Die Fabrik beschäftigte 126 Ar­beiter und Arbeiterinnen. Sie sind alle tot. Zwei benachbarte große russische Petroleum­lager gerieten in Flammen Die Erschütterung beschädigte viele Häuser. Andere Petroleum­lager in der Nähe sind von der immer noch wütenden Feuersbrunst bedroht. Die Hilfe­leistung wird mit Aufbietung aller Kräfte ge­leitet. Die Behörden, Polizei, Gendarmerie und Garnison sind zur Stelle. Priester und barmherzige Schwestern sorgen für die sehr zahlreichen Verwundeten. Massenhaft werden Tote in das Leichenhaus gebracht. Das Feuer gewinnt fortdauernd an Ausdehnung. Um die Unglücksstätte herum brennen zehn Häuser

7. Sept. Die Feuerkatastrophe nahm einen entsetzlichen Umfang an, die Zahl der Toten dürfte 300, jene der Verwundeten 1000 überschreiten. Der Anblick der Antwerpener Docks ist gräßlich, verwundete Arbeiter flüchten massenhaft. Der Schutzen dürfte 50 Millionen erreichen. Zahlreiche Seeschiffe sind stark be­schädigt.

Antwerpen, 8. Sept. Der König traf heute Nachmittag 2 Uhr in Begleitung des Ministers des Innern Devolder hier ein, be­suchte mehrere Hospitäler uno die darin unter­gebrachten Verwunderen und trat um 5 V« Uhr die Rückreise nach Brüssel an. Bie Bevölke­rung begrüßte den König mit sympatischen Zurufen. Des Feuers in den Petroleumlagern ist man jetzt vollständig Herr geworden.