.308

Duisburg, 31. Aug. (Schlagende Wetter.) Auf "der Zeche Rheinpreußen entzündeten sich heute schlagende Wetter, wodurch zwei Mann (Schlesier) getötet und einer schwer verwundet wurde.

Michekstadt im Odenwald, 28. August. Ein höchst betrübender Todesfall ereignete sich hier vorgestern abend. Die zwanzigjährige Tochter des hiesigen Apothekers Heß litt an Zahnweh. Um die Schmerzen zu lindern, wandte der Vater Chloroform an. Das Mäd­chen verfiel infolge dessen in Schlummer, aus dem es nicht wieder erwachte. Wiederbelebungs­versuche blieben erfolglos.

Werlin, 2. Sept. Der Besuch des Zaren am nächsten Mittwoch, also vor der Abreise des Kaisers nach Dresden, die auf den 5. Sept. angesetzt ist, wird jetzt als feststehend ange­sehen, auch in den Kreisen der russ. Botschaft; .unbestimmt ist jedoch noch immer, ob der Be­such in Potsdam oder in Berlin stattfinden wird.

Werlin. Der Graveur Albert Nicolet in Chaux-de-fonds, welcher sich als Verfasser des Manifestes der Schweizer Anarchisten be­kannt hat, ist verhaften worden.

Jena, 30. August. (Giftmord-Prozeß.) .Gegen den Drahtwarenfabrikanten Otto und seine Frau, welche unter dem Verdacht, ihre Kinder vergiftet zu haben, verhaftet wurden, ist nunmehr Anklage wegen Mordes und ver­suchten Mordes erhoben worden.

Glatz, 31. Aug. (Lange Haft.) Aus der hiesigen Festung wurde vor kurzem ein französischer Meuterer, der im Jahre 1870 während des deutsch-französischen Krieges auf frischer That beim Schießen aus dem Hinter­halt betroffen worden war, in seine Heimat entlassen, wo man ihn, da er bis dahin kein Lebenszeichen von sich geben durfte, gewiß für tot gehalten haben wird. Herr Bonnet so ist der Name des Franzosen hat volle 19 Jahre auf der schlesischen Festung zugebracht.

Wreslau, 30. Aug. (Eine feine Firma.) Ein Kaufmann namens Lagro veranstaltete in Breslau seit längerer Zeit Ausverkäufe von Manufakturwaren, deren erstaunliche Billigkeit ihm einen starken Zuspruch brachte, bei der übrigen Kaufleutcn aber Kopfschütteln veran- laßte. Jetzt hat sich herausgestellt, daß L. seine Waren durch ein Konsortium ungetreuer Lehrlinge, Kommis, Haushälter, zusammen­stehlen ließ. Die ganze Gesellschaft ist ver­haftet worden.

Wien, 1. Septbr. Der Schah von Per­sien hat vor seiner Abreise von Budapest noch ein Todesurteil gefällt, und zwar an einem General seines Gefolges, welchen er ausschickte, um in den europäischen Kanonengießereien die besten Kanonen als Modelle anzukaufen. Sol­ches geschah und die anzekauften Modellgeschütze befanden sich bereits unterwegs zu Schiff nach Persien, als der Schah die ihm über den An­kauf überreichte Rechnung prüfte und darin einen bedeutenden Unterschleif entdeckte. Dem General wurde erklärt, daß nach seiner Rück­kehr nach Teheran an dem Betrüger unnach- sichtlich das Todesurteil vollzogen werde. Der Schah ist bekanntlich sehr strenge gegen seine Untergebenen.

Wom, 27. Aug. DieTribuna" erfährt eine unerhörte Grenzverletzung durch die Fran­zosen. Ein ganzes Bataillon Alpenjäger über­schritt beim kleinen Mont-Cenis Italiens Grenze, rückte bis dicht vor die im Bau begriffenen Forts vor und die Offiziere nahmen ungestört Pläne auf. Die Franzosen zogen wieder ab, ohne daß die Italiener von ihnen Notiz ge­nommen hätten.

Mailand, 2. Sept. Das Theater Mont­

haber (Manzoni) ist durch eine Feuersbrunst gänzlich zerstört worden. Es ist kein Verlust von Menschenleben zu beklagen.

tzzeruowitz, 31. Aug. Infolge heftigen Regenwetters ist der Pruth ausgetreten und hat den nördlichen und nordöstlichen Teil der Stadt überschwemmt: auch der Czeremosz- und Suczawafluß sind ausgetreten.

Der N. Fr. Pr. wird aus St. Peters­burg gemeldet: Der Großfürst-Thronfolger unternimmt eine Reise nach dem Stillen Ozean, die Rückreise erfolgt auf dem Landwege über Sibirien. Zuvor besucht der Thronfolger die deutschen Manöver und vertritt den Zaren bei der Athener Hochzeitsfeier. ^

Warschau, 25. Aug. (Gemütliche Zu­stände.) In einem Dorfe im Kreise Taganrog gerieten kürzlich zwei Knechte in Streit, wobei der eine dem andern ein Ohr abbiß, welches ein daneben stehender Hund sofort auffing und verschluckte. Der Verletzte war erst sehr er­regt, dann bot er jedoch seinem Gegner die Versöhnung durch einen Bruderkuß an. Bei dieser Gelegenheit aber biß er ihm die ganze Oberlippe weg und verschluckte dieselbe! Nun waren beide thatsächlich ausgesöhnt. So er­zählt der in Taganrog erscheinendeListok".

London, 2. Septbr. Gestern Nachmittag fand im Hydepark eine große Versammlung der streikenden Dockarbeiter statt, welcher 150000 Personen beiwohnten. Burns und andere Führer der Streikenden hielten Reden, worin sie den festen Beschluß der Dockarbeiter beton­ten, den Ausstand weiterzuführen, bis die For­derungen bewilligt seien. Beträchtliche Geld­summen wurden unter den Anwesenden zu Gunsten der Streikenden gesammelt. Die Ruhe blieb durchaus ungestört.

Im ganzen Sudan herrschen, wie vor einigen Tagen bereits telegrafisch gemeldet, großes Elend und Hungersnot. In Khartum und Kassala essen die Leute menschliche Leich­name. Täglich kommen Todesfälle vor, in Tokar sterben täglich etwa zwanzig Leute Hungers. Der Stamm der Hadendowas ist aufgelöst in Folge Nahrungsmangels, und die Mitglieder desselben flüchten sich zu anderen Stämmen. Der Neffe des verstorbenen Mahdi ist in Se- terab, zwanzig Meilen südlich, mit 1000 Mann eingetroffen, um die Hadendowas wegen ihres gegen Sinkat unternommenen Naubzuges zu züchtigen. Darauf gedenkt er Sonakin mit einer aus Jaleens, Baggaras, Regulären der früheren ägyptischen Armee und Mitgliedern des Tokar - Stammes bestehenden Streitmacht zu belagern. Der Angriff El Senoussis auf Khartum wird im Oktober erwartet.

SchwarMälder Uhren u. Uhrenmacher.

Die Schwarzwälder Uhr wie nett und gemütlich schaut sie von der Wand hettib, wie traulich tönt ihr lebendiges Tik-tak, wie erfreut es die Kinder und auch die Erwachsenen, wenn das Thürlein aufgeht, das Vöglein hervortritt und laut sein Kuckuck, Kuckuck ruft! Zwar in den Salon paßt sie nicht, ebensowenig wie ein Schwarzwälder Maidli mit seinen groben Schuhen auf glattem Parkett gehen könnte, aber in jedem behaglichen, wohnlichen Heim ist auch die Schwarzwälder Uhr am Platze.

Wie find gerade die Schwarzwälder dazu gekommen, für ganz Deutschland und einige andere Länder die Uhrmacher zu werden? Scheinbar zufällig, in Wirklichkeit aber nach dem Gesetz, daß die Not die Mutter der Er­findung ist. In fetten Thälern denken die Bauern nicht an Nebenverdienst, der karge Boden des Gebirges, der weder hinreichende Arbeit noch hinreichendes Brot gewährt, macht

die Köpfe erfinderisch und die Hände geschickt. Um 1685 gelangte einmal eine hölzerne Stun­denuhr aus der Rheingegend in das Kloster St. Peter im Glottcrthal, und alsbald mach­ten sich drei Schwarzwälver in St. Märgen, Waldau und St. Georgen daran, diese Uhr nachzuahmen. Der Versuch gelang, hatte aber vorläufig keine Folgen, da schwere Kriegszeiten über das arme Land hereinbrachen. Erst um 1725 kam das Uhrenmachen wieder auf, die Häusler Simon Dilger in Schollach und Franz Kelterer in Schönwald gaben der neuen Kunst den Vorzug vor der Bewirtschaftung ihrer Bauernhöfe und wurden die Stammväter flei­ßiger Uhrmacherfamilien. 1740 zählte man >m Schwarzwalde schon 31 selbständige Uhr­machermeister, sie machten freilich noch recht plumpe Sachen. Ein Zirkel, eine kleine Säge, einige Bohrer und ein Messer waren ihre Werkzeuge; die Uhren hatten in einem Holz­rahmen 2 hölzerne Räderpaare mit 3 Wellen, wovon eine den einzigen, den Stundenzeiger trug, der Regulator war ein Wagebalken, die Hemmung ein schlechter Spindelgang, das Treib­organ eine Schnur, an welche ein Gewichtstein aus Grämt gehängt wurde. Solche Uhren waren für die Reichen zu gemein, für die Armen noch zu teuer; unsere Meister mußten also auf Verbesserungen bedacht sein, wenn sie Absatz finden wollten. Zuerst kam ein zweites Räderwerk, das Schlagwerk zur ursprünglichen Uhr, dann der Kuckuck, dann änderte man, daß die Uhren nicht, wie bisher, alle 12 Stun­den, sondern alle 24 Stunden aufgezogen wur­den, 1780 gelangte man zu achttägiger Gang­zeit. Anfangs war das Zifferblatt ein Teil des Gestelles, die Ziffern wurden mit Tinte oder schwarzer Farbe aufgemalt, dann machte mann die Uhrschilde besonders, bemalte sie mit bunten Oelfarben, 1780 wurde der aus Blei­weiß und Kreide hergestellte Untergrundlack erfunden, auf dem die grellsten Farben in solider Weise aufgetragen werden können. So kam eine Verbesserung nach der anderen, man gelangte namentlich zur Arbeitsteilung, es ent­standen eine Reihe von Hilfsgewerben, im Jahre 1851 wurde die erste Uhrenfabrik, die in der ganzen Welt rühmlichst bekannte Aktien- Gesellschaft für Uhrfabrikation in Lenzkirch, be­gründet. Und jetzt zählt man in 60 Gemeinden des Schwarzwaldes 1034 Kleinmeister mit etwa 2000 Gehilfen und 63 Großbetriebe mit 6000 Arbeitern.

Wie mancher anderen Hausindustrie, geht es auch der Schwarzwälder Uhrmacherei: so wie bisher kann es nicht gut mehr fortgehen. Durch die Erstehung zahlreicher Fabriken, durch die Konkurrenz anderer Gegenden, durch die erhöhten Ansprüche der Käufer haben sich die Verhältnisse gründlich geändert, und wer sich nicht der neuen Lage der Dinge anbequemt, ist dem Untergange geweiht.

Früher waren alle Uhrmacher, was ihr Name sagt; sie machten mit ihren Familien­gliedern ganze Uhren. Noch jetzt giebt es etwa 336 solcher Meister mit 708 Arbeits­kräften. Sie verkaufen ihre Uhren an städtische Uhrmacher, an Grossisten oder an Packer, das sind die einheimischen Agenten, meist Wirte oder Kaufleute. Sie verdienen 2 Mk. 50 Pf. bis 3 Mt. täglich; ihr Gütchen liefert ihnen Kartoffeln, Milch und Speck, damit kommen sie notdürftig aus; dennoch sind die Tage dieser wirklichen Uhrmacher wohl gezählt. Ihnen verwandt sind die Zusammensetzer. Sie er­halten aus den Fabriken die Bestandteile, fer­tigen daraus die Uhren an und liefern sie in der Fabrik ab. Es müssen sehr geschickte Leute sein, ihr Verdienst ist erheblich. Drittens giebt es eine große Reihe von Hilfsgewerblern, die