ViWader Chronik.
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Nro. SS.
Die Kaisertage in Straßburg.
Unter dem Donner der Kanonen, in welchem sich alsbald das Glockcngeläute vom Münster und allen anderen Kirchen mischte, hat das Kaiserpaar am Dienstag Nachmittag seinen Einzug in Straßburg, der „wunderschönen Stadt", gehalten. Als der Kaiser vor dem Bahnhof erschien, begrüßte ein brausendes Hur- rah den jugendlichen Herrscher. Tücher und Hüse wurden geschwenkt und als der vierspännige Wagen im Schritt den Weg zur festlich geschmückten Stadt nahm, brach sich der Jubel immer und immer wieder Bahn, gleich einer Sturmwelle, die den Wagen Schritt für Schritt geleitete. Kopf an Kopf gedrängt stand das Volk in den Straßen, dabei musterhafte Ordnung haltend. Kriegervereine, andere Korporationen, Schulen, Studenten im vollen Wichs hatten mit ihren Fahnen Spalier gebildet. 200 Bürgermeister aus dem Elsaß waren zum Empfang des Kaisers nach Straßburg gekommen, und im Gewoge sah man zahlreiche Landeskinder in ihrer Tracht, die dem Kaiser ihren deutschen Gruß zuriefen. Der Empfang war wirklich ein herzlicher und das Kaiserpaar war sichtlich bewegt und wurde nicht müde, unaufhörlich für die stürmischen Huldigungen zu danken. Als die Majestäten im Kaiserpalast angelangt waren, versammelten sich im Pracht- Saal desselben sämtliche Zivil- und-Militärbehörden, sowie die Geistlichkeit in großer Gala, um dem Kaiserpaar vorgestellt zu werden. Abends i/s 9 Uhr wurde ein Familiendiner eingenommen. Den Höhepunkt des Tages bildete der große Zapfenstreich, der unter glänzender Illumination der Stadt und insbesondere des Münsters stattfand. Viele Tausende umstanden den von elektrischem Licht überfluteten Kaiserplatz, die Augen auf das Herrscherpaar gerichtet, das auf dem hohen Balkon den gewaltigen Klängen der vereinigten Musikkorps lauschte. Als die Klänge verrauscht und die bunten Lichter des Münsters erloschen waren, da drängte Alles zum Balkon hin und ein unendlicher Jubelsturm durchbrauste die Luft. Dann sang die Menge zweitnal die Nationalhymne und die Wacht am Rhein. Mit dem Lied „Deutschland, Deutschland über Alles" fand der Gesang seinen Abschluß und die Majestäten zogen sich zurück. Nach und nach verliefen sich die vielen Tausende und in den zahlreichen Gasthäusern der Stadt nahm die Feier bis spät in die Nacht ihren Fortgang.
In der Nacht zum Mittwoch hat es stark geregnet, doch brach der Morgen mit schönem Wetter an. Gegen 7 Uhr rückten die Truppen mit klingendem Spiel zum Paradefeld. Um 9 Uhr fuhr der Kaiser, der die Uniform der
Samstag, 24. August 1889
Gardes du Corps trug, in Begleitung des Großherzogs von Baden hinaus, abermals von den Huldigungen der aus Stadt und Land zusammengeströmten Volksmenge begleitet. Die Fahrt über den Kleberplatz glich einem Triumphzug. Zehn Minuten später folgte die Kaiserin, bei deren Anblick die Menge in einen Grad von Begeisterung geriet, wie man ihn kaum erlebt hat. Der Statthalter Fürst Hohenlohe erwartete die Majestäten auf dem Polygon, wo der Kaiser einen prachtvollen Fuchs bestieg und alsbald mit seinem außerordentlich zahlreichen Gefolge die Fronten der Regimenter abritt. Die Kaiserin stieg nicht zu Pferde. Dann erfolgte unter herrlichem Sonnenschein der Vorbeimarsch der Truppen, über deren musterhafte Haltung nur eine Stimme des Lobes war. Um 12 ^Uhr ritt der Kaiser an der Spitze der Fahnenkompagnie in die Stadt zurück, wobei sich die Huldigungen des Volkes wiederholten und womöglich noch stürmischer, als am Morgen. Der Enthusiasmus für das Kaiserpaar, besonders auch in der einheimischen Bevölkerung, übertrifft alle Erwartungen. Sämtliche Blätter widmen den hohen Gästen überaus sympathische Begrüßungsartikel, in denen zugleich der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß der Kaiserbesuch nicht ohne günstige Folgen für die fernere Entwickelung der reichsländischen Verhältnisse bleiben werde. Der Kaiser und die Kaiserin haben bei der Vorstellung der Behörden im Kaiserpalast den Vertretern der Stadt gegenüber ausgesprochen, in wie hohem Maß der ihnen durch die Bevölkerung Straß- burgs bereitete großartige und herzliche Empfang sie erfreut habe. Der Kaiser hat, zugleich im Namen der Kaiserin, den Bürgermeister Back beauftragt, hiervon der Bevölkerung mit dem Ausdruck des kaiserlichen Dankes Kenntnis zu geben.
Württemberg.
— Se. Maj. der König haben Se. Maj. den Schah von Persien unter die Großkreuze des Ordens der württ. Krone ausgenommen.
Stuttgart, 21. Aug. (Eine Rabenmutter.) Vor einigen Tagen traf bei einem Spaziergange ein Stuttgarter Herr morgens halb 11 Uhr ein kleines etwa 7 Jahre altes Mädchen, welches ein schweres Paket auf dem Kopfe trug und laut weinte. Auf die Frage nach der Ursache der Thränen kam folgendes zum Vorschein: Das Kind wohnte bei seiner Stiefmutter in Grötzingen und war von dieser nachts halb 1 Uhr fortgeschickt worden, um ein Packet mit Näharbeiten in einer Fabrik in Canstatt abzuliefern.
— Am 1. September d. I. werden im
25. laki'gLng.
Bezirk Neuenbürg in den Landorten Engelsbrand, Feldrennach, Ottenhausen Posthilf- stcllen errichtet.
Eßlingen, 21 . Aug. (Maul- u. Klauenseuche.) Während da und dort die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen ist, brach dieselbe nun im Farrenstalle der Gemeinde Neuhausen aus, wie das K. Oberamt bekannt macht.
Meinsöerg, 22. Aug. (Gewitter.) Heute früh 4 Uhr zog ein Gewitter, eine bei der gegenwärtig kühlen Witterung ungewöhnliche Erscheinung, über unsere Stadt. Ein Blitz schlug in einen an der Straße nach Ellhofen stehenden Apfelbaum.
Kam Welzheimer Bezirk, 19. Aug.
(Amtsentsetzung.) Große Bewegung erregt die Gemüter infolge der Nachricht, daß Amtspfleger Stähle wegen Unregelmäßigkeiten in der Kaffenführung verhaftet und vorläufig seines Amtes entsetzt ist. Es soll sich um eine Geldsumme von ungefähr 30 000 M. handeln. Allgemeines Bedauern wird der Frau und den sechs Kindern des Verhafteten entgegengebracht.
Ruudscha u.
Baden-Waden, 21. Aug. Am nächsten Sonntag nehmen die großen internationalen Rennen auf dem Jffezheimer Rasen ihren Anfang, und zwar gelangt an diesem Tage als Hauptnummer vas Zukunfts-Rennen, Preis 15 000 M., zur Entscheidung. Der Glanztag der sportlichen Veranstaltung dürfte indes der Dienstag werden, an welchem um den mit dem Geldpocal des Großherzogs und 56 000 M. ausgestattete Jubiläumspreis von Baden gelaufen wird. Die Beteiligung scheint keine besonders rege zu werden, da nur folgende vier Pferde am Ablauf erscheinen werden ; des Grafen Jnigne Tantale, des Herrn v. Pechy Aba, sowie des Herrn Oehlschläger Padischah und Katarakt. Trotzdem dürfte sich der Kampf zwischen den drei erstgenannten, den Vertretern Frankreichs, Oesterreich-Ungarns und Deutschlands, spannend und interessant gestalten.
Kcidelberg, 22. Aug. Theo Böllert, welcher durch seine Soireen Stuttgart in so große Aufregung versetzte, ist am 21. August in Heidelberg, wo er angeblich Heilung von seinen Leiden suchte, nach unsagbaren Schmerzen gestorben. Böllert war 1839 in Berlin geboren, rang sich nach harten Kämpfen und durch eigenen Fleiß zur Stellung eines ersten Harfenvirtuosen empor, in welcher Eigenschaft er eine längere Reihe von Jahren die Zierde des Hoftheater-Orchesters in Darmstadt war- Nachdem Böllert diese Stellung freiwillig aufgegeben und eine Zeit lang als Leiter und