Mkdöader Chronik.

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Anzeiger und Unterhaltungs -Blatt für Wildbad und Umgebung.

'Drsrurrszwcrrrzigster Jahrgang.

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U'ro. 22.

Samstag, den 17. März

1SSS.

Erlag Sr. Majestät des Kaisers und Königs an den Reichskanzler und Präsidenten des Staats-Ministeriums.

Mein lieber Fürst!

Bei dem Antritt Meiner Regierung ist es Mir ein Bedürfnis, Mich an Sie, den lang­jährigen vielbewährten ersten Diener Meines in Gott ruhenden Herrn Vaters zu wenden. Sie sind der treue und mutvolle Ratgeber gewesen, der den Zielen seiner Politik die Form gegeben und deren erfolgreiche Durchführung gesichert hat.

Ihnen bin Ich und bleibt Mein Haus zu warmem Dank verpflichtet.

Sie haben daher ein Recht, vor Allem zu wissen, welches die Gesichtspunkte sind, die für die Regierung maßgebend sein sollen.

Die Verfassungs- und Rechts-Ordnungen des Reiches und Preußens müssen vor Allem in der Ehrfurcht und in den Sitten der Nation sich befestigen. Es sind daher die Erschütter­ungen möglichst zu vermeiden, welche häufiger Wechsel der Staatseinrichtnngen und Gesetze veranlaßt.

Die Förderung der Aufgaben der Reichs­regierung muß die festen Grundlagen unberührt lassen, auf denen bisher der Preußische Staat sicher geruht hat.

Im Reiche sind die verfassungsmäßigen Rechte aller verbündeten Regierungen ebenso gewissenhaft zu achten, wie die des Reichstags; aber von Beiden ist eine gleiche Achtung der Rechte des Kaisers zu erheischen. Dabei ist im Auge zu behalten, daß diese gegenseitigen Rechte nur zur Hebung der öffentlichen Wohl­fahrt dienen sollen, welche das oberste Gesetz bleibt, und daß neu hervortretenden, unzwei­felhaften nationalen Bedürfnissen stets in vollem Maße Genüge geleistet werden muß.

Die notwendige und sicherste Bürgschaft für ungestörte Förderung dieser Aufgaben sehe ich in der ungeschwächten Erhaltung der Wehr­kraft des Landes, Meines erprobten Heeres und der aufblühenden Marine, der durch Ge­winnung überseeischer Besitzungen ernste Pflich­ten erwachsen sind. Beide müssen jederzeit auf der Höhe der Ausbildung und der Voll­endung der Organisation erhalten werden, welche deren Ruhm begründet hat, und welche deren fernere Leistungsfähigkeit sichert.

Ich bin entschlossen, im Reiche und in Preußen die Regierung in gewissenhafter Be­obachtung der Bestimmungen von Reichs- und Landes-Verfassung zu führen. Dieselben sind von meinen Vorfahren auf dem Throne in weiser Erkenntnis der unabweisbaren Bedürf­nisse und zu lösenden schwierigen Aufgaben des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens be­gründet worden und müssen allseitig geachtet

werden, um ihre Kraft und segensreiche Wirk­ung bethätigen zu können.

Ich will, daß der seit Jahrhunderten in Meinem Hause heilig gehaltene Grundsatz reli­giöser Duldung auch ferner alle Meine Unter- thanen, welcher Religionsgemeinschaft und wel­chem Bekenntnisse sie auch angehören, zum Schutze gereiche. Ein Jeglicher unter Ihnen steht Meinem Herzen gleich nahe haben doch Alle gleichmäßig in den Tagen der Gefahr ihre volle Hingebung bewährt.

Einig mit den Anschauungen Meines Kai­serlichen Herrn Vaters, werde Ich warm alle Bestrebungen unterstützen, welche geeignet sind, das wirtschaftliche Gedeihen der verschiedenen Gesellschaftsklassen zu heben, widerstreitende Interessen derselben zu versöhnen und unver­meidliche Mißstände nach Kräften zu mildern, ohne jedoch die Erwartung hervorzurufen, als ob es möglich sei, durch Eingreifen des Staates allen Hebeln der Gesellschaft ein Ende zu machen.

Mit den sozialen Fragen enge verbunden erachte Ich die der Erziehung der Heranwach­senden Jugend zugewandte Pflege. Muß einerseits eine höhere Bildung immer weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden, so ist doch zu vermeiden, daß durch Halbbildung ernste Gefahren geschaffen, daß Lebensansprüche ge­weckt werden, denen die wirtschaftlichen Kräfte der Nation nicht genügen können, oder daß durch einseitige Erstrebung vermehrten Wissens die erziehliche Aufgabe unberücksichtigt bleibe.

Nur ein auf der gesunden Grundlage von Gottesfurcht in einfacher Sitte aufwachsendes Geschlecht wird hinreichend Widerstandskraft besitzen, die Gefahren zu überwinden, welche in einer Zeit rascher wirtschaftlicher Bewegung, durch die Beispiele hochgesteigerter Lebensführ­ung Einzelner, für die Gesamtheit erwachsen. Es ist mein Wille, daß keine Gelegenheit ver­säumt werde, in dem öffentlichen Dienste dahin einzuwirken, daß der Versuchung zu unverhält­nismäßigem Aufwande entgegengetreten werde.

Jedem Vorschläge finanzieller Reformen ist Meine vorurteilsfreie Erwägung im Voraus gesichert, wenn nicht die in Preußen alt be­währte Sparsamkeit die Auflegung neuer Lasten umgehen und eine Erleichterung bisheriger Anforderungen herbeiführen läßt.

Die größeren und kleineren Verbänden im Staate verliehene Selbstverwaltung halte Ich für ersprießlich. Dagegen stelle Ich rs zur Prüfung: ob nicht das diesen Verbänden ge­währte Recht der Steuer-Auflagen, welches von ihnen ohne hinreichende Rücksicht auf die gleichzeitig von Reich und Staat ausgehende Belastung geübt wird, den Einzelnen unver­hältnismäßig beschweren kann.

In gleicher Weise wiro zu erwägen sein, ob nicht in der Gliederung der Behörden eine vereinfachende Acnderung zulässig erscheint, in welcher die Verminderung der Zahl der An­gestellten eine Erhöhung ihrer Bezüge ermög­lichen würde.

Gelingt es, die Grundlagen des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens kräftig zu erhal­ten, so wird es Mir zu besonderer Genug- thuung gereichen, die Blüte, welche Deutsche Kunst und Wissenschaft in so reichem Maße zeigt, zu voller Entfaltung zu bringen.

Zur Verwirklichung dieser Meiner Absich­ten rechne Ich auf Ihre so oft bewiesene Hin­gebung und auf die Unterstützung Ihrer be­währten Erfahrung.

Möge es mir beschieden sein, dergestalt unter einmütigem Zusammenwirken der Reichs­organe, der hingebenden Thätigkeit der Volks­vertretung, wie aller Behörden, und durch vertrauensvolle Mitarbeit sämtlicher Klassen der Bevölkerung Deutschland und Preußen zu neuen Ehren in friedlicher Entwickelung zu führen.

Unbekümmert um den Glanz ruhmbring­ender Großthaten, werde Ich zufrieden sein, wenn dereinst von Meiner Regierung gesagt werden kann, sie sei Meinem Volke wohlthätig. Meinem Lande nützlich und dem Reiche ein Segen gewesen!

Berlin, den 12. März 1888.

Ihr wohlgeneigter

Ariedrich III.

Württemberg.

Gestorben : 14. März zu Ulm Stadtpfarrer a. D. Jul. Schwarzmann, 1846 Pfarrer in Wüstenroth, 1854 Helfer in Langenau, 1871 Stadtpfr. das., pens. 1884, 75 I. a.; 13. März zu Sontheim a. Br. Schultheiß I. G. Mayer, 66 I. a.; 14. März zu Tübingen Oberamtmann a. D. Joh. Ad. Kirchgraber, 57 I. a.; zu Ludwigsburg Buchdruckereibe­sitzer und res. Apotheker Louis Greiner, 55 I. a.

Stuttgart, 15. März. Wie wir erfah­ren, ist am Nachmittag des Todestages Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm folgendes Tele­gramm Sr. Maj. des nunmehrigen deutschen Kaisers und Königs von Preußen Friedrich in Villa Quarto eingetroffen:Seiner Maje­stät dem König von Württemberg, Quarto. Tieferschüttert durch eben eintreffende Kunde des Heimgangs meines geliebten Vaters reiche ich Dir in alter Freundschaft die Hand in die­sem für mich und des Reiches Angelegenheiten so wichtigen Augenblick, -fest auf Deine Ge­sinnungen rechnend. Friedrich." Seine Maj. der König hatte, den Kaiser Friedrich schon auf der Reise nach Berlin vermutend.