Vild linder Chronik.

Aettestes Amtsblatt öer Stadt Witöbad.

Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

§ Areiundzrvanzigster Jahrgang. L

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Uro. S7.

Württemberg.

Stuttgart, 30. Nov. Für den Wintcr- aufenthalt der KK. Majestäten ist in nächster Nähe von Florenz eine Villa mit prachtvoller Umgebung gemietet worden. Im Gefolge des Königs befinden sich Graf Molsberg, Freiherr v. Wöllwarth, Graf Beroldingen, Graf Sche- ler, der Leibarzt Dr. Fetzer, Geh. Hofrath Jackson u. s. w. Die Königin hat die Hof­damen Baronin v. Massenbach und Freifrau v. Wöllwarth im Gefolge. Der König ver­fügte betreffs Besorgung der Staatsgeschäfte während seiner Abwesenheit, daß Gegenstände von größerer Wichtigkeit an seinen Aufenthalts­ort nachgesandt, die übrigen Angelegenheiten im Namen des Königs auf Vortrag der Mini­ster vom Prinzen Wilhelm erledigt werden. Der König verfügte anläßlich der Erkrankung des Deutschen Kronprinzen, daß eine Fürbitte in den evangelischen Kirchen des Landes in das sonntägliche Kirchcngebct aufzunehmen ist.

Stuttgart, 30. Nov. Das Königspaar ist heute früh incognito unter dem Namen Graf und Gräfin Teck" über München und die Brennerbahn zum Winteraufcnthalte nach Florenz abgereist.

Stuttgart, 1. Dez. II. KK. Majestäten sind laut telegraphischer Nachricht heute Vor­mittag in erwünschtem Wohlsein in Florenz eingetroffen. Professor v. Rüstige an der Kunstschule in Stuttgart wurde auf sein An­suchen wegen vorgerückten Alters, jedoch unter Bclassung in der Person eines Galerie-Inspek­tors, in den Ruhestand versetzt. *

ßakw, 1. Dez. Bei der heutigen Ge­meinderatswahl stimmten von 580 Wahlbe­rechtigten 270 ab. Der Wahlvorschlag des Bürgervereins ging vollständig durch, und es wurden demgemäß folgende Herren gewählt: Weinhändler Giebcnrath, Metzgermeister Pfrom- mer, Fabrikant Stroh, Bäckermeister Schwarz­maier und Kaufmann Kraushaar.

Maukörouu, 30. Nov. Seit 14 Tagen ist unsere Stadt im Besitze einer neuen, schön und zweckmäßig ausgcführten Zufahrtsstraße auf den Bahnhof. Neben der genügend brei­ten Fahrbahn, welche noch durch eine Geschläg- decke aus hartem Material (Basalt) befestigt werden wird und welche sogar die eventuelle Anlage der schon öfters ins Auge gefaßten Dampf-Straßenbahn ermöglichen würde, läuft ein bequemes, mit Randsteinen gefaßtes Trot­toir cher, welches durch den auf die ganze Länge vorgrsehcnen Baumsatz mit der Zeit einen höchst angenehmen und schönen Spazier­weg bieten wird. Die Einwohner der Stadt und des Bezirks Maulbronn, besonders aber die auf de» neuen Verbindungsweg zu dem leider so entlegenen Bahnhof angewiesenen In­dustrieller» der Gegend beglückwünschen sich zu dieser bedeutenden Vcrkehrserleichterung.

Samstag, den 3. Dezember

Fiiöingen. (Auszug aus der Geschwo­renenliste für das 4. Quartal.) Bertsch, Gem.-Rat, Jgelsloch, F. Comberger, Priv., Wildbad.

Rundschau.

Karlsruhe, 28 Nov. Durch die Eröff­nung der sog Kaiserpassage hat die Residenz eine weitere bauliche Zierde erhalten. Dieselbe ist ungefähr 170 m lang und 510 m breit. Die Läden werden durch Glühlichter, die Pas­sage selbst durch elektrische Bogenlichter erhellt, so daß sich des Nachts die prächtigen Aus­lagen in den eleganten Verkaufslokalen ganz glänzend ausnehmen. Sehr elegant sind auch die beiden RestaurantsLöwenrachen" und Götterdämmerung". Neuerdings hat indes das Bezirksamt einen Schritt gegen die Ver­mehrung der Wirtschaften gethan. Das gün­stige Wetter kommt dem Fortgang der Bauten zu tzut und in wenigen Jahren werden die alten Häuslein in den belebteren Straßen der Residenz verschwunden sein.

Straßburg, 25. Nov. Der vor unge­fähr 3 Wochen beerdigte Luxhofwirt Herter (Württcmb.) ist gestern exhumiert worden, weil der Verdacht besteht, daß er durch den behan­delnden Arzt aus Fahrlässigkeit vergiftet wor­den ist. Die Sektion fand in Gegenwart des beschuldigten praktischen Arztes statt, lieber das Ergebnis ist noch nichts Bestimmtes be­kannt. Der behandelnde Arzt Dr. Flocken und der Apotheker Greiner sind gefänglich ein­gezogen worden.

Der flüchtige Direktor der Leipziger Diskontobank, Dr. Jerusalem, ist endlich ge­funden worden; er hat sich aber dem Arm der menschlichen Gerechtigkeit entzogen. Im Rheinischen Hof" zu München, wo er bereits seit 2 Tagen sich aufgehalten hatte, hat er sich am Dienstag abend erschossen. Auf der Polizei war man schon am Tag zuvor über seine Anwesenheit unterrichtet. Jerusalem hatte sich durch eine Perrücke und anderes unkennt­lich gemacht; auf dem Tisch seines Zimmees lag ein Brief an den Polizeipräsidenten von München, zwei Briefe und eine Depesche hatte er kurz vor der That abgeschickt. Er hatte sich unter dem NamenLissowitz, Rentier aus Berlin", im Fremdenbuch eingeschrieben. Ein­getroffen in München war er am Sonnabend abend, wahrscheinlich aus Italien. Alles, was man vorfand, waren 29 keine Wertpapiere, aber einige Wechselformulare. Die Hotel­rechnung hatte er kurz vorher bezahlt.

Werkin, 30. Nov. DerReichsanzeiger" veröffentlicht eine Verordnung betreffend das Verbot der Einfuhr von Schweinen, Schweine­fleisch und Würsten dänischen, schwedischen oder norwegischen Ursprungs. Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündigdng in Kraft.

1SS7.

Die in konservativen Blättern und par­lamentarischen Kreisen ausgesprochenen Vermut­ungen über den Inhalt der in der Thronrede angekündigten Heeresvorlage scheinen sich zu bestätigen. Es soll sich dem Vernehmen nach um Einteilung der Landwehr und des Land­sturms in verschiedenen Aufgebote handeln, außerdem soll die Grenze des wehrpflichtigen Alters hinausgeschoben werden. Was über Aenderung des Einberufungs-Modus in den Blättern berichtet worden ist, dürfte auch teil­weise zutreffen; es soll den Korpskommandeu­ren die Befugniß verliehen werden, das jün­gere Aufgebot des Landsturmes selbstständig einzuberufen. So verlautet in unterrichteten parlamentarischen Kreisen.

Werlin, 1. Dez. Die Zollvorlage dürfte nach der Kommissionsberatung gesichert sein. Im Zentrum sucht Windthorst die Vermittlung der Gegner und Freunde der Zollerhöhung durch den Vorschlag: 5 ^ Weizen-, 4 ^ Roggenzoll.

Werkin, 2. Dez. (Reichstag.) See­mann (Württ., nat.-lib.) spricht als erster Reder für die Zollerhöhung namens der Min­derheit der Fraktion. Der Petersburger Grashdanin bringt trotz der Preßverordnung scharfe Artikel gegen Deutschland.

Bei dem deutschen Kronprinzen geht es so gut, daß englische Aerzte es für möglich halten, daß seinlokales Uebel" nicht Krebs sei.

Im Nordost und West ist ein gewal­tiger Temperaturwechsel eingetreten. In Pe­tersburg ist ein Zirknlar der Oberpreßverwal- tung erschienen, das allen russischen Zeitungen auf das Strengste verbietet, Artikel gegen Deutschland zu veröffentlichen. In Paris be­stürmen die Radikalen der Kammer und der Presse, Rochefort voran, den Präsidenten Grävy auf seinem Stuhl zu verbleiben, wenigstens einige Zeit noch. Das sind dieselben, die seit­her gegen ihn Sturm liefen; nur eins ver­langen sie, er solle seinen Schwiegersohn Wil­son zum Austritt aus der Kammer veran­lassen.

Hachen, 30. Nov. DasEcho der Ge­genwart" kündigt in seinem Anzeigenteil eine Wallfahrt zur Führbitte für den Kronprinzen an. Dieselbe wird am 7. Dez ember nach dem Gnadenorte Moresnet unternommen.

Aus Wien, 29. Nov. wird der Frkf. Z. gemeldet: In der Steinkohlengrube Soficnzeche in Poremba (Oestr. Schlesien), Eigentum der Gebrüder Guttmann, entstand gestern Abend eine ausgedehnte Gasexplosion. Man zählte vorläufig 12 Tote und 3 Verwundete.

Waris, 28. Nov. Gestern Nacht wurdn aus dem Schaufenster des Juwelengeschäfts Jomelin und Madrassi, 5 Boulevard de la Madeleine, Diamanten im Werte von 500 000 Fr. gestohlen. Die Diebe drangen durch einen augenblicklich leerstehenden Nachbarladen in den