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Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

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Urs. SS.

Der Wucher auf dem Laude.

I.

Der Verein für Sozialpolitik hat vor kur­zem einen Band von Gutachten und Berichten herausgegeben, welche sich auf die wichtige Frage des Wuchers auf dem platten Lande beziehen. Bekanntlich ist im Lauf der letzten Zeit, namentlich im Anschluß an die landwirt­schaftlichen Enqueten, welche in verschiedenen deutschen Bundesstaaten in der jüngsten Ver­gangenheit angestellt worden sind, von ver­schiedener Seite über den Umfang und die Ausdehnung des Wuchers auf dem Lande sehr geklagt worden, man hat denselben als den am Mark unseres kleinen Bauernstandes zeh­renden Krebsschaden bezeichnet, welcher für das schnelle Verschwinden seßhafter und besitz­ender Bauernfamilien und die Vermehrung der Latifundien verantwortlich gemacht werden müsse, man hat die Gesetzgebung angeklagt, daß sie der Bewucherung des Landmannes ruhig zusehe und sich nicht veranlaßt sehe, durch ein Strafgesetz gegen den ländlichen Wucher ebenso vorzugehen, wie sie dies gegen­über dem städtischen Wucher durch das Gesetz von 1880 gethan habe.

Indem der Verein für Sozialpolitik der wichtigen Frage seine Aufmerksamkeit zuge­wendet und sich bemüht hat, aus allen Teilen des Reiches sich objektive Berichte über die vorhandenen Verhältnisse und Zustände zu verschaffen, hat er sich ein sehr wesentliches Verdienst um die wissenschaftliche und objektive Erörterung und Besprechung der für die wei­testen Kreise so überaus wichtigen Frage er­worben, die voraussichtlich in den nächsten Jahren die Gesetzgebung in nicht nur vorüber­gehender Weise beschäftigen wird. Die Be­richte beziehen sich auf den größten Teil des Reichsgebietes; es sind in ihnen berücksichtigt Elsaß-Lothringen, Baden, Württemberg, Hessen, Hohenzollern, Bayern diesseits des Rheins, die Rheinpfalz, das Saargebiet, die Trier'schen Lande, der übrige Teil der Rheinprovinz, der Regierungsbezirk Wiesbaden, Kassel, Westfalen, Hannover, Provinz Sachsen, die Thüringischen Lande, Schleswig-Holstein, Braunschweig, Provinz Brandenburg, Posen, Schlesien, Pom­mern, Ost- und Westpreußen und das König­reich Sachsen. Es fehlen hiernach nur die kleineren norddeutschen Staaten, die Hanse­städte und die Mecklenburg'schen Gebiete.

Das Bild, welches sich aus den einzelnen Berichten und Gutachten entnehmen läßt, ist ein überaus ungleichartiges. Verbreitet ist der Wucher auf dem Lande allenthalben im deut­schen Reich, an den Pässen des Wasgauwaldes, wo der deutsche Soldat die Wacht hält, wird über ihn geklagt und am Gestade der Ostsee, an der letzten Grenzstation der deutschen Kultur gegenüber dem moskowitischen Reich begegnen

Mittwoch, den 17. August

wir seinen verwüstenden Wirkungen nicht minder wie an den Wogen des Rheins, wie im baye­rischen Alpe.-.land und im badischen Schwarz­wald. Verschieden ist aber der Umfang' und die Ausdehnung, die er erlangt hat, die Form, m welcher er sich vorzugsweise einzukleiden pflegt: hier ist es der Kreditwucher, der sich am meisten bemerkbar macht, dort der Vieh­wucher, in einem dritten Gebiet der Waren­wucher, in einem vierten der Grundstückwucher. So wird z. B. aus dem Regierungsbezirk Wiesbaden berichtet, daß der Geldwucher so­wohl infolge des Gesetzes von 1880, wie der Nassauischen Darlehensbank erheblich abgenom­men habe; auch von dem Viehwucher sei wenig zu befürchten; ebenso lasse sicb ein Güterwucher nicht konstatieren; schlimmer sei es mit dem Warenwucher, wenn schon auch bezüglich dieser Verhältnisse eine Besserung eingetreten sei, besonders grell trete derselbe im Westerwald auf. Viel unerfreulicher lautet der Bericht aus dem Regierungsbezirk Kassel: der Geld- und Kreditmacher sei sehr verbreitet und ge­rade er wirke besonders verderblich, weil er sich verhältnismäßig lange Zeit der Oeffent- lichkeit entziehen könne. Noch verbreiteter sei der Viehwucher, welcher sowohl als Viehkauf- wie Viehleih-Wucher ausgeübt werde. Auch der Güterwucher sei bis vor kurzem außeror­dentlich stark betriebe» worden und erst neuer­dings sei er zurückgegangen, weil das Unter­bringen von Land infolge der Notlage, in der sich die Landwirtschaft befinde, mit Schwierig­keiten verbunden sei und die Landwucherer infolge dessen teilweise erhebliche Verluste er­litten hätten; ein sehr ergiebiges Feld habe der Warenwucher für sich, er stehe in Zusam­menhang mit dem Geld- und Viehwucher und sei um so gefährlicher, als sehr häufig minder­wertige Waren zu unverhältnismäßig hohen Preisen verkauft oder im Tauschhandel über­mäßig hoch angerechnet würden bei niedrigster Veranschlagung der eingetauschten Gegenstände. Im Zusammenhang hiermit breite sich der Luxus in den ländlichen Gemeinden in sehr unerwünschter Weise aus, was wiederum von bedenklichen Folgen für den Wohlstand sei. Im Verhältnis sehr ungünstig lautet auch der Bericht aus dem Großherzogtum Hessen; hier wird insbesondere über den Viehwucher geklagt, als dessen Folge der Kredit- und Geldwucher anzusehen sei. Der Gründstückswucher habe bestanden, sei aber infolge der gedrückten Preise zurückgegangen; außerordentlich fühlbar sei auch der Warenwucher, der gewöhnlich die Vorstufe des Geld-, mitunter auch die des Landwuchers bilde. Es mag mit diesen Aus­zügen aus den Berichten genug sein; dieselben beweisen, daß auch in Gebieten, die nicht zu den von der Natur vernachlässigten gehören, die Bewucherung des Landmannes sich sehr fühlbar macht, und es entsteht die Frage,

1827 .

mit welchen Mitteln der Staat und die Ge­sellschaft hiergegen einschreiten können und ent­schreiten sollen.

Württemberg.

Hestoröen: 13. Aug. zu Stuttgart Karl Reißig, früher Wirtschaftspächter des Königs­baus, 66 I. alt; zu Heidenheim Ger.-Notar Ludwig, 66 I. alt; den 15. Aug. zu Stutt­gart Kaufmann Eduard Glaser, 55 I alt.

ßalw, 13. Aug. (Fleisch-Abschlag.) Seit Donnerstag kostet bei sämtlichen hieß Metzgern Ochsenfleisch 62 Pfg., Kalbfleisch 56 Pfg., Schweinefleisch 56 Pfg., Rindfleisch 54 Pfg.

Dom Bottwartyak, 14. Aug. Endlich hat sich nach langem, bangen Warten gestern Abend ein äußerst wohlthätiger goldner Regen auf unsere lechzenden Fluren und dürstenden Weinberge herabgesenkt. Unsere Weintrauben begannen schon zu braten, der Hopfen in der Doldenentwicklung stillzustehen, und man darf behaupten, daß der noch zu rechter Zeit nie­dergegangene Regen viel tausendfachen Wert gebracht hat und daß er im Sinne unserer Winzer einWeinregen" war.

Fiuttkingen, 15. Aug. Gestern Morgen um 3 Uhr kam in dem benachbarten Möh­ringen Feuer aus, das drei Wohnhäuser in Asche legte und ein viertes stark beschädigte. Der Gebäudeschaden mag sich auf 16 000^ belaufen. Sämtliche Besitzer sind versichert. Ueber die Art der Entstehung des Brandes verlautet nichts Bestimmtes.

Keidenyeim, 14. Aug. Uebermorgen beginnt in unserer Gegend der Zuzug von Militär zu den Herbstübungen und Htadt und Land ist diesmal reichlich mit Einquartierung bedacht. Doch nehmen die Bewohner unserer Gegend die Soldaten mit Freuden auf und es ist nicht daran zu zweifeln, daß diese gute Quartiere bekommen. Heidenheim erhält 900 Mann mit Musik, Giengen in der Zeit vom 16.31. Aug. nacheinander 3207 Mann, Herbrechtingen ebenso 1830, Hohenmemmingen etwa 1000 Mann, Dettingen etwa 2400 Mann, etliche 100 Pferde u. s. w. Man sieht daraus, daß die einzelnen Orte gut be­dacht sind und unsere Oekonomen reichlich Gelegenheit haben, den Soldaten Liebesdienste zu erweisen. In Hohenmemmingen erhält ein Oekonom 40 Mann, was ihn aber nicht ver­drießt; im Gegenteil, er nimmt noch 20 von einem Freunde zu sich, der nicht in der Lage ist, die ihm zugeteilte Mannschaft unterzu­bringen. L>ie Infanterie ist meist im Thal und links der Brenz, die Kavallerie auf den Alborten, namentlich in und um Gerstetten einquartiert; Gerstetten erhält etwa 1300 Mann und 700 Pferde innerhalb 10 Tagen.

Wünsingen, 12. Aug. Auf die an­haltend tropische Hitze, welche nachgerade alles