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MNtztzfA^NÜfgeS. (Nachdruck verboten.)
Der Lüttersee bei Vlndenz. (Mit Bild auf Seite 130.) — Mittelst der Borarlberger Bahn erreicht mau von Bregenz aus in zwei bis drei Stunden das nlterthümliche Städtchen Bludenz, von wo einer der lohnendsten Ausflüge durch das Brandnerthal zum tiefblauen Lünersee führt, von dem wir auf Seite 130 eine Ansicht geben. Derselbe liegt 1925 Meter über dem Meere, ist etwa 2 Kilometer lang, rings von Felsen eingeschlossen und wird nur von wenig Gebirgsseen an Großartigkeit und Eigenartigkeit der Scenerie übertroffen. An seinem östlichen Ufer, auf unserem Bilde nicht sichtbar, steht die vom deutsch-österreichischen Alpenverein erbaute Douglashütte, in welcher man übernachten kann, um am nächsten Morgen zur Scesaplana, deren mit Eis und Firnfeldern bedeckter Gipfel im Hintergründe unserer Ansicht zu sehen ist, emporzusteigen. An seine östliche Flanke lehnt sich der prächtige Braudner- ferner. Die Besteigung des 2963 Meter hohen Gipfels ist anstrengend aber gefahrlos; die Aussicht kann den berühmtesten Schweizer und Tiroler Fernsichten an die Seite gestellt werden.
Alexander I-, Kaiser von Rußland. (Mit Porträt.) — Kaiser Alexander I., dessen Porträt wir den Lesern vorführen, war als Sohn Paul's I. und seiner Gemahlin Marie (Tochter des Herzogs Eugen von Württemberg) am 23. Dezember 1777 zu St. Petersburg geboren; er wurde durch den freisinnigen Schweizer Laharpe erzogen und begann seine Regierung nach dem jähen Tode seines Vaters am 21. März 1801 mit einer Reihe höchst wohlthätiger Verbesserungen. Infolge der Gewaltihätigkeiten des napoleoni- fchen Frankreichs schloß sich Alexander der Koalition von 1805 an, gab aber nach dem Siege Napoleon's bei Austerlitz Preußen preis, vermittelte zwar den für dieses so demüthigenden Tilsiter Frieden, ließ sich aber bei der Zusammenkunft auf dem Riemen und in Erfurt ganz von Napoleon gewinnen. Schon 1811 traten aber Mißhelligkeiten zwischen den beiden Regierungen ein, die bald zum völligen Bruche und zu dem Riesenkampfe von 1812 führten, der mit der Vernichtung des französischen Heeres in Rußland endigte. Später machte Alexander's Vorliebe für liberale Ideen den entgegengesetzten Anschauungen Platz, unter deren Einfluß er am 26. September 1815 den unter dem Namen der heiligen Allianz bekannten Fürstenbund in's Leben rief und in Verbindung mit Metternich jede sreiheilliche Regung der Völker niederzuhalten suchte. Alexander setzte sich dadurch in Widerspruch zu seiner ganzen Vergangenheit, was schwer auf seinem Geiste lastete.
Körperlich leidend und voll Todesgedanken trat er im September 1825 eine Reise durch die Krim an, auf der er von einem bösartigen Fieber ergriffen wurde und am 1. Dezember zu Tagan- rog starb.
Witzige Rache. — Edward Uoung, der berühmte Verfasser der „Nachtgedanken' (1684 bis 1765), fuhr eines Tages mit einigen Damen seiner Bekanntschaft im Kahn über die Themse, um sich nach dem Vergnügungsorte Vauxhall zu begeben.
Unterwegs zog er seine Flöte (die er meisterhaft blies) hervor und ließ eine schöne schwermüthige Weise über das Wasser hin erklingen. Das Nahen anderer Boote mit zum Theil lärmender Gesellschaft veranlaßte vr. Poung, sein Spiel abzubrechen. Dies mißfiel einigen stark angetrunkenen jungen Herren, die im nächsten Kahn fuhren, und ein Offizier von wildem Aussehen schrie herüber, der Flötenbläser solle fortfahren zu spielen. Als l)r. Poung aus diesen Befehl nicht achtete, fuhren die Insassen des anderen Bootes mit starkem Anprall heran und der Offizier schwor mit einem abscheulichen Fluch, den Kahn umzuwerfen, wenn der Flötenbläser nicht augenblicklich gehorche. Edward Poung war empört über diese Unverschämtheit, fügte sich aber aus Rücksicht auf die erschrockenen Damen und blies weiter, bis man am User anlandete. Hier behielt er seinen Widersacher scharf im Auge, erkundete seinen Namen und trat ihm plötzlich in einem der Laubgänge des Gartens entgegen mit der Erklärung, daß jener ihm wegen seines Betragens Genugthuung zu geben habe, widrigenfalls er (Uoung) beim Oberkomman- direnden klagbar werden würde. Der Offizier war zur Satissaktionslefftung bereit, und Äsung bestimmte nun eine einsame Stelle im Hydepark zum Rendez-vous-Platz für den Zweikampf, der am folgenden Tage in aller Frühe staltfinden sollte. „Ich werde ohne Zeugen kommen," so schloß er seine Rede, „und fordere dasselbe von Ihnen; denn was wir mit einander abzumachen haben, geht Niemanden weiter an!" Der Offizier versprach auch seinerseits ohne Zeugen zu kommen, und so trennte man sich. Zur bestimmten Stunde war der Krieger am bestimmten Orte, und auch Edward Uoung erschien pünktlich. Man grüßte sich ernsthaft, und der Offizier wollte den Degen ziehen. In demselben Augenblick nahm Poung aber eine Pistole aus seiner Tasche, spannte den Hahn, und den Lauf aus dis Brust seines Gegners richtend, rief er finsteren Blickes, doch unterdrückten Tones: „Sprechen Sie ein Stoßgebet, denn in zwei Minuten liegen Sie todt auf dem Rasen!" Aus Miene, Ton und Haltung sprach ein so furchtbarer Ernst, daß der überraschte Offizier bleich wurde und eine Bitte um Verzeihung murmelte. Poung's Mienen verzerrten sich zu einem dämonischen Lächeln und nach einer Sekunde schreckensvollen Schweigens herrschte er den fassungslosen Krieger an: „Ich schenke Ihnen das Leben unter einer Bedingung: Tanzen Sie auf der Stelle ein Menuett!" — Der Offizier überlegte nicht lange; er wußte, daß er an dieser einsamen Stelle und zu so früher Stunde völlig in der Gewalt seines Gegners sei, und der furchtbaren Entschlossenheit desselben weichend, warf er den Degen hin und setzte sich in Tanzpositur. „Singen Sie dazu!" schrie ihn Poung an, die Pistole immer noch drohend erhoben, und der Offizier begann den Tanz, die Melodie dazu trällernd, als befände er sich in heiterster Gesell-
Alexander I., Kaiser von Rußland
schaft. Bonns ließ ihn den Tanz voll beenden, verneigte sich dann spöttisch und mit den Worten: „Wir sind quitt!" schlug er sich in's Gebüsch und verschwand den Augen seines gedemüthigten Gegners. sL. Z.s
Altamerikanische Bauwerke. — Namentlich in Neu-Mexiko und Arizona, sowie in den angrenzenden Gebieten von Utah und Colorado, hat man in neuester Zeit nicht nur vereinzelte Reste von Baulichkeiten, sondern ganze Ruinenstädte gefunden, die von einer unbekannten Urbevölkerung herrühren müssen. Steinerne Gebäude von oft riesiger Ausdehnung sind an den unzugänglichsten Felswänden, in Höhlen und Klüften aufgeführt. Reste von Gerälhschaften hat man in ihnen gefunden, aber merkwürdiger Weise bis jetzt noch keine Ueberreste der Bewohner, welchen man den Namen „Felsklippeu- Bewohner" (6Iiik vn-sllsro) gegeben hat. Vielleicht waren dieselben Feueranbeter, die ihre Todten verbrannten, so daß sich daraus das Fehlen aller Knochenreste erklärt. Einzelne dieser Behausungen haben eine Länge von über 150 Meter und find im Inneren in zahlreiche Gemächer getheilt. Am bedeutendsten ist wohl das cksl Leo" genannte Gebäude. Dasselbe steht im Inneren einer fast 100 Meter hohen Höhle und soll einen ungemein imposanten Eindruck machen. An anderen Stellen wieder befinden sich, wie Schwalbennester an den Felswänden klebend, ganze Reihen kleinerer Häuschen. Interessant ist die Thatsache, daß schon zur Zeit der Eroberung Mexiko's durch die Spanier über das Vorhandensein dieser rätselhaften Ruinen unbestimmte Nachrichten verbreitet waren, aber für Fabeln gehalten und vergessen worden waren, bis sie durch die Entdeckungen der amerikanischen Landesvermessungs-Kommission wieder zu Ehren gebracht wurden. sR.s
Kriegslist. — Als im Jahre 1346 die Franzosen die Engländer in Angoulsm e belagerten, waren Letztere bis auf's Aeußerste gebracht. Der Kommandant, Lord Norwich, um wenigstens seine Truppen aus der Gefangenschaft zu retten, gebrauchte folgende List: Er bat den Herzog von der Normandie, welcher die Belagerer anführte, um eine Zusammenkunft; dieser gewährte sie ihm. „Ihr wollt Euch gewiß ergeben, Lord Norwich," begann der Herzog die Unterredung. — „Keineswegs!" erwiederte Jener, „allein da morgen das Fest der heiligen Jungfrau ist, welches gewiß Ihr Franzosen so sehr als wir Engländer feiern, so bitte ich, daß an diesem Tage die Feindseligkeiten eingestellt bleiben." Der Herzog willigte in diesen Vorschlag. Norwich ließ nun schnell Alles zum Ausrücken in den Stand setzen, und marschirte am anderen Tage aus der Stadt gegen das sran zösische Lager. Die Franzosen vermutheten einen Angriff und traten unter die Waffen, aber Norwich ließ den Herzog an den Waffenstillstand erinnern und marschirte mit seinen Lruppen mitte» durch das französische Lager hindurch. Der Herzog war auch so edelmüthig, sich mit der Festung zu begnügen und die Engländer in Frieden ziehe» zu lassen. K. St.
Zeitweilige Geistesbefangenheit ist ost mals in überraschender Weise beobachtet worden. Ein später sehr berühmt gewordener Professor sprach in seiner ersten Vorlesung nur eine halbe Stunde, mußte dann abbrechen und äußerte sich später gegen einen Freund: „Mir ist so, als ob ich Alles, was ich je wußte und weiß, gesagt habe!" — Der berühmte englische Tenorsänger John Braham (geb. zu London 1774, gest. am 17. Februar 1v56) konnte sich einst in einem Konzerte nicht auf die Anfangsmorte eines seiner Lieblingslieder besinnen, das er singen sollte. Er theilte den Anwesenden seine Verlegenheit mit, und Hunderte riefen ihm die Worte zu, woraus er das Lied in vollendeter Weise vortrug. — Milton konnte nur in der Zeit vom Herbst- bis zum Frühlings-Aequinoctium so dichten, daß es seinen eigenen Ansprüchen genügte. sR.s
Menschliche Eitelkeit. — Der im 17. Jahrhundert zu Wittenberg lebende Rektor Seeger ließ einen Kupferstich anfertigen, auf welchem er zu Füßen des gekreuzigten Christus kniet. Aus seinem Munde geht ein Schriftband, auf welchem die Worte stehen: „Jesus, mein Schützer, liebst Du mich: Aus dem Munde Christi aber geht ein ungleich längeres Band, und daraus steht: „Hochwohledelgebohrner, fürtrefflicher, und vor allen Andern achtbarer Herr Daniel Seeger, der hohen Schule Rector, gekrönter Poet und Magister der freien Künste und Gottesgelahrtheit Doctor, ja, ich liebe Dich." W. L
MIM.
Ich fiel durch eines Mörders Hand. Zn einer Stadt im Ungarland
Versetz' die Zeichen mit Verstand Und einer Insel, wohlbekannt.
Auflösung folgt in Nr. 34. ^olf Nag-D
Ziffer-MlM.
Ans 6, 7, 8, 9, 10, 11 stürzen Wer im 4, 7, 8, 9, 10, II
Nicht selten Köche ihre Speisen; Hat stets in Fülle 1—11,
Sie mit I, 2, 3, 4, 5, 8 zu Würzen, Der mag sich glücklich Preisen
Wird ost als schmackhaft sich erweisen.
Auslösung folgt in Nr. 34.
Auflösung der Charade in Nr. 32: Kommode.
Alle Rechte Vorbehalten.
zAdolf Nagel)
Verlag von Ehr. Wildbrett in Wildbad, Nevigirt, gedruckt und herauSgegeben von Hermann Schönlein in Stuttgart.