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Ludwigsö«rg, 22. April. Der hiesigen Polizei gelang es heute, einem Hochstapler raffiniertester Sorte das Handwerk zu legen. Derselbe mietete hier eine elegante Wohnung und gab sich für einen Baron aus, der zu den höchsten Kreisen Zutritt habe. Schließlich wurde er in einer Wirtschaft untergeordneten Ranges als Gypser aus Neuhausen auf den Fildern entpuppt und in Sicherheit gebracht.
Mbingeu, 25. April. Freitag Abend wurde von den Verbindungen Guestfalia, Königsgesellschaft, Normannia, Wingolf zu ehrendem Gedächtniß Uhlands ein Fackclzug veranstaltet. Am folgenden Abend versammelten sich dieselben Verbindungen, denen sich noch die Luginsländer und Rottenburger anschlossen, zu festlichem Kommers im neuen Saale des Museums. Das Präsidium führte der Senior der Guestfalia, stack. Schulz.
AÜömge«, 27. April. Die Enthüllung der Gedenktafel an Uhlands Geburtshaus an der Neckarhalde fand der Fesiordnung gemäß in der Frühe des heutigen Tages statt. Die Festrede hielt hiebei Stadtschultheiß Gös; ein Großneffe Uhlands, Hr. R. Meyer aus Stuttgart dankte Namens der Familie. Der Sängerkranz trug hierauf des Schäfers Sonntagslied, „Das ist der Tag des Herrn" vor. — Um 9 Uhr fand die Feier am Grabe statt. Gesang: Stumm schläft der Sänger: Rede des Rektors Ramsler. Kränze haben übersandt u. a. der Deutsche Kronprinz, einen Moosrosenkranz Prinz Wilhelm, der Großneffe Uhlands Dr. L. Meyer, O.A.-Arzt Dr. Steudel in Stuttgarr, welcher denselben mit einer Ansprache niedergelegte, G- Pfizer, Pistorius (Verwandter).
Kottweil. Die Ausgrabungen in Alt- stadt-Rottweil haben, wie Prof. Holder in der Schw. B.Z. mitteilt, wieder begonnen und zwar in dem Maierschen Garten unterhalb Hochmauern. Bis jetzt ist ein großer Teil der Fundamente eines größeren Hauses aufgedeckt, mit zwei vollständig erhaltenen Kellermauern.
Muchalt, 25. April. Die Eheleute Johann Bleicher und Luise, geb. Baumeister, feierten heute das seltene Fest ihrer goldenen Hochzeit. Der Jubilar ist leidend, weshalb eine gottesdienstliche Feier in dessen Wohnung gehalten werden mußte. Die Jubilarin ist noch sehr rüstig und thätig. Die gesellige Unterhaltung fand im Gosthof zum Waldhorn statt.
Rundschau
Im Königreich Mayer« haben Untersuchungen, die man mit Schulkindern vorgenommen hat, ergeben, daß 32 pCt. der Volksschüler schwerhörig und über 22 pCt. mit Ohrenkrankheiten behaftet sind. Da erfahrungsgemäß das Uebel sich bis zum 40. Jahr steigert, so ist anzunehmen, daß in unseren Breiten 30 pCt. sämmtlicher Menschen nicht normalhörend sind und 40 pCt. eine krankhafte Veränderung des Ohres aufzuweisen haben.
München, 26. April. Der Reichstagsabg. Reichsrat Baron Aretin (Zentr., Vertreter von Ingolstadt, geb. 1814) ist gestorben.
Augsburg, 22. April. Einer großen unfreiwilligen Defraudation von Kapitalrentensteuern ist da- hiesige königliche Rentamt auf die Spur gekommen. Vor etwa einem Vierteljahre starb hier die Gräfin Stephanie Du Ponteil-Guiot, die ihren kolossalen Reichtum dazu verwendete, den Armen Gutes zu thun. Als ihr Testament zur Eröffnung kam, fand sich eine Bestimmung vor, kraft welcher u. A. auch ihr Verwalter reich bedacht wurde, indem sie ihm ein hier gelegenes Gartengut im Wert von 100 000 Mark als Eigentum vermachte. Die Erben fochten zwar diese Schenkung an.
doch ohne Erfolg. Mit der Testamentsvollstreckung erlangte das Rentamt aber auch Kenntnis von dem wahren Vermögen der verstorbenen Gräfin, es wurde eine eingehende Untersuchung eingeleitet, welche das Resultat ergab, daß Gräfin Du Ponteil ihr Vermögen, wohl nur unabsichtlich (man nimmt an, daß sie gar nicht wußte, wie reich sie war), viel zu gering taxiert hatte. Die Folge dieser Unterlassung ist, daß das Rentamt Augsburg von der Hinterlassenschaft die Summe von 75 000 Mark als Nachzahlung an Kapitalrentensteuer fordert. Die Ausbezahlung der Legate re. ist natürlich sofort sistert worden.
Augsburg, 29. April. Die Nachricht von der Verlobung des Staatsministers Dr. Frhrn. v. Lutz mit der Wittwe des Augsburger Großindustriellen L. A. Riedinger erregt große Sensation. Der Bräutigam steht im 61. Lebensjahre und ist zum zweiten Male Wittwer. Die Braut, welche zur Zeit in der Revicra weilt, ist als Kind ganz armer Leute in Kempten geboren und dürfte jetzt etwa 40 Lenze zählen. Margarethe Pfretscher, eine Schönheit ersten Ranges, kam vor zwanzig und mehr Jahren nach Augsburg, um sich einen Dienst zu -suchen, fand im Hause des Fabrikherrn und koburg'schen Finanzrates L. A. Riedinger Anstellung als Zimmermädchen und wurde schließlich von dem Chef des Hauses, der seine Frau verloren hatte, gehcirathet. Nun ebenso reich und über Millionen gebietend, wie sie früher arm gewesen, wurde die Gattin des Fabrikherrn zum Segen für die Armen der Fuggerstadt. Nach dem Tode ihres Gatten besuchte die Wittwe öfters die benachbarte Residenz und lernte dort, in den ersten Häusern verkehrend, den Staatsminister v. Lutz kennen. Herr v. Lutz ist Vater zweier Kinder, Frau Riedinger hat einen Sohn und ist die Stiefmutter zweier Söhne aus Riedinger's erster Ehe, welche jetzt die Chefs des Welthauses L. A. Riedinger- Augsburg sind. Die Hochzeit soll sofort nach der bald erwarteten Rückkehr der Braut erfolgen.
Die Irankfurter haben sich s. Z. schwer aus dem Schwarzrotgoldenen ins Schwarzweiße gefunden. Jetzt geht's desto flotter. Jüngst ist sogar eine der weißesten Jungfrauen einem kohlschwarzen ehemaligen Kameruner in die Arme gestürzt zum Bund fürs schwarzweißeLcben.
— In hervorragender Weise ist, wie der „Voss. Ztg." mitgeteilt wird, die Stadt Merlin in dem Testament einer Frau P. Dietrich bedacht worden. In demselben wurden nämlich der Stadt nicht weniger als 2 400 000 ^ für wohlthätige Zwecke zugewendet.
— Dem Reichstag ist nunmehr der Entwurf eines Gesetzes betr. Feststellung eines Nach- ° trags zum Reichshaushalts-Etat für das Jahr 1887/88 zugegangen. In demselben werden die fortdauernden Ausgaben auf 19 408 019 Mk. und die einmaligen auf 156 677 931 Mk. beziffert. Unter den letzteren steht zur Vervollständigung des Eisenbahnnetzes im Interesse der Landesverteidigung als erste Rate die Summe von 36 314 000.
Detmold, 20. April. Vor einigen Tagen starb hier der in ganz Deutschland bekannte Otternjäger Schmidt. Derselbe hat weit über tausend Ottern erlegt.
Kbersivakde, 24. April. Man hat Hierselbst einen neuen Zweig der Erwerbsthätigkeit des weiblichen Geschlechts entdeckt; es ist nämlich beschlossen worden, in Zukunft die Fleischschau durch Damen stattfinden zu lassen. Bereits bei der Eröffnung des neuen Schlachthauses, welche für den 3. Mai bevorsteht, werden mehrere Damen in den Dienst der Fleischschau treten.
Genua, 20. April. Gestern früh ist die Pulverfabrik von Pontremoli in die Luft geflogen. Bis jetzt sind 10 Tote und zahlreich« Verwundete aus dem Trümmerhaufen ausgegraben worden. Es ist an dieser Stelle schon die vierte Pulverfabrik, die in die Luft geflogen ist.
Diedeuhofen, 22. April. Der Kr. Z. wird gemeldet: Heute wurde unsere Festung in nicht geringe Bewegung gebracht durch die Anwesenheit des Generalquartiermeisters der Armee, Generaladjutanten Seiner Äaj. des Kaisers, Grafen v. Waldersee (Moltkes Stellvertreter und mutmaßlicher Nachfolger), welcher mit einer größeren Begleitung auch von höheren Generalstabsoffizieren unsere Stadt passierte und anscheinend nach Moycuvre wciterfuhr,
Metz, 22. April. Die Verhaftung des gestern Abend nach Straßburg verbrachten Polizeikommissärs Schnäbele, welcher der Schwager des Reichstagsabgeordneten Antoine ist, erfolgte auf Grund eines vom Untersuchungsrichter des Reichsgerichts, Landgerichtsrat Leoni zu Straßburg, erlassenen Haftbefehls.
Mer«, 20. April. Das Uhrengeschäft Roth und Co. in Solothurn ist insolvent. Einem Passivbestand von 2 600 000 Fr. sollen nur 800 000 Fr. Aktiva gegenüberstehen. Es ist davon die Rede, daß zur Uebernahme des Geschäfts eine Aktiengesellschaft sich bilden soll.
Maris, 24. April. Der gestern nach Berlin abgegangene Kabinets-Kurier überbringt an den französischen Botschafter Herbette Instruktionen über den Schnaebele-Fall. Die Antwort kann vor Donnerstag hier nicht eintreffm. Die Beschuldigung gegen Schnaebele lautet, nach einer Mitteilung des deutschen Geschäftsträgers, außer auf Verführung deutscher Rekruten auch auf organisierteSpionage. Schnaebele hatte ein halbes Dutzend Agenten unter sich, die für den Kriegsministcr Boulanger spionierten. Einer derselben, ein gewisser Kuhn, war von ihm entlassen, in deutsche Dienste getreten und hat Enthüllungen gemacht. Ebenso sollen sich einige der übrigen Agenten nach und nach haben abfassen lassen, so daß ein großes Bewnsmaterial gegen den Verhafteten vorliegt. Schnaebele war übrigens seit Wochen davon benachrichtigt, daß ein Haftbefehl gegen ihn ergangen sei und er hütete sich demzufolge längere Zeit hindurch die Grenze zu überschreiten. (Berl. Tagbl.)
— Frau Offenbach, die Wittwe des einst so gefeierten Operetten-Komponisten Jacques Offenbach, ist in Maris gestorben. Man sagt, es sei Zeit gewesen, daß sie die Augen geschloffen habe, denn von den Reichtümern, die ihr Mann dereinst erworben hatte, ist bei seinem Tod schon so gut wie nichts mehr vorhanden gewesen, sie waren zerronnen wie sie gewonnen waren, beim Theater.
In Lomestoft in England gab es in voriger Woche so viele Häringe, daß mehrere Fischer es vorzogen, ihren ganzen Fang in die See zu werfen, als den niedrigen Marktpreis von 13 Schilling für die Last von 13 000 Fischen anzunehmen. Die Fischer hätten nämlich sonst durch die Zahlung der Marktgebühr und die Kosten der Zählung der Fische obendrein Schaden gehabt.
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