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Aus Mainz, 13. April wird geschrieben: Heute Morgen erhängte die Frau eines in der Margarethenstraße wohnenden Schuhmachers ihr 6 Jahre altes Kind, eilte dann in den Rhein und ertränkte sich. Der Mann der Frau ist seit gestern Abend spurlos verschwunden.
In Jena ist, 75 Jahre alt, der hervorragende Geschichtsschreiber Adolph Schmidt gestorben ; 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments und 1874 bis 77 nationalliberales Mitglied des Reichstages.
_ Wo stecken die 5 Milliarden Francs
oder 4 Milliarden Mark, welche Deutschland von Frankreich als Kriegsentschädigung erhalten hat? Nahezu 1 Milliarde Mark besitzt das Deutsche Reich noch gegenwärtig in 5 Fonds, dem Jnvalidenfonds, welcher mit 561 Millionen Mark ausgestattet ist, dem Reichsfestungsund dem Reichseisenbahn-Baufonds, dem de-, kannten Kriegsschatz von 120 Millionen im Juliusthurm in Spandau und dem Fonds für das Reichstagsgebäude (24 Mill.), wozu noch die Zinsen seit 1873 kommen. Die zweite Milliarde ist lediglich durch die Hände des Reiches gegangen, indem mit derselben sofort die Kriegsanleihen von 120 Millionen, 100 Millionen und 120 Millionen preußischen Tha- lern — 1020 Millionen Mark getilgt worden sind. Von den beiden letzten sind etwa i Vt Milliarden verwandt zum Ersatz der direkt durch den Krieg erwachsenen Schäden; wir nennen nur die Hauptrubriken: für die Wiederherstellung der gesummten im Feldzug verschlissenen Heeresausrüstung (das sogen. Retablissement) 320 Millionen, die Vergütung sämmtlicher Kriegsschäden in Elsaß-Lothringen und Baden (Kehl), sämmtlicher Schäden der deutschen Rhederei durch die Kaperei, die Erstattung sämmtlicher Kriegskosten der deutschen Gemeinden (Einquartierung, Fuhren), die Transportkosten derEisenbahnenfürBeförderungsämmt- licher Truppen, Vorräte, Gefangenen. Ucber die dann noch übrigen V» Milliarden ist zu einem kleineren Teil für bestimmte große Reichszwecke verfügt, namentlich die Kosten der Einführung der Münzeinheit, also der Prägung der gesammten neuen Münzen; ferner die Reichsbeihilfe zur Gotthardbahn uud die bekannten Dotationen des Fürsten Bismarck und der Generale (12 Millionen). Eine bescheidene halbe Milliarde endlich ist zur Austeilung an die einzelnen Staaten gelangt und in der mannigfachsten Weise verwandt zur Schuldentilgung, zu Steuererlässen, Verbesserung der Beamtengehälter, in Preußen speziell auch der Dotation der Provinzialverbände.
— Der Friede scheint, wie der russische „Nord" behauptet hat, in der Thal gesichert zu sein. Ein gutes Zeichen ist es jedenfalls, daß der Reichskanzler sich für einige Zeit nach Friedrichsruh begeben hat
Wie», 14. April. In Jägerndorf (österreichisch Schlesien) wurden vorgestern und gestern sieben Arbeiter wegen anarchistischer Umtriebe verhaftet. Die Staatsanwälte von Leob- schütz, Ratibor und Troppau kamen nach Jägerndorf. Die Verhaftungen sollen mit Dynamitsendungen in Zusammenhang stehen. Bei zahlreichen Haussuchungen wurde bisher kein Sprengstoff, dagegen massenhaft verbotene Flugschriften gefunden. (Priv.-Tel. d. Berl. Tagbl.)
Aus Hratz, 13. April wird der Dtsch. Z. telegrafiert : Der Fleischhauer Franz Prochaska kam gestern um 8 Uhr Abends angeheitert nach Hause, geriet mit seiner Gattin Konstanze in Streit und schoß, als sie entfloh, mit einem Revolver nach ihr, angeblich um sie in Angst zu versetzen. Er legte sich dann zu Bette und schlief unbekümmert ein. Als er heute früh aufstand, fand er seine Frau beim Brunnen
tot. Er stellte sich dem Gericht selbst. An der Leiche fand man eine tätliche Schußwunde in der linken oberen Brust.
In T-riest ist der frühere Kapitän Johann Scarpa von der Anklage, einen Betrag von 10 000 Fl. unterschlagen zu haben, freigesprochen worden. Dagegen wurde der Mitangeklagte, der ehemalige Revisor des Lloyd, Vida, der Veruntreuung von 23 239 Fl. schuldig gesprochen und zu zwei Jahren schweren Kerkers verurteilt; derselbe hat die Berufung angemeldet.
Aus Kzernowitz wird der Wiener Deutschen Z. vom 10. ds. berichtet: Die Kavalleriekaserne des Husarenregiments Clam-Gallas Nr. 16 in Zuczka (bei Czernowitz) war gestern der Schauplatz eines gräßlichen Auftritts. Der Husarenwachtmeister Wessely feuerte dort aus einem Revolver zwei Schüsse gegen seinen Rittmeister ab, ohne jevoch zu treffen Im selben Augenblicke, als man den Angreifer festnehmen wollte, wandte derselbe die Waffe gegen sich. Der Schuß traf derart, daß Wessely sofort tot zusammenstürzte. Ein bei dem Toten gefundenes Schreiben giebt als Ursache des beabsichtigten Mordes und Selbstmordes „dienstliche Chikanen" an.
Amsterdam, 12. April. Die Feier anläßlich des 70. Geburtstages des Königs nahm heute ihren Anfang. Die Stadt ist auf >das Reichste geschmückt, der Zufluß der Fremden ein zahlreicher. Um 2Vi Uhr fand der feierliche Einzug des Königs, der Königin, sowie der Prinzessin Charlotte unter dem Jubel der Bevölkerung statt. Nach der Ankunft im Palais zeigte sich die königliche Familie auf dem Balkon und wurde von der zahlreichen Volksmenge auf das Wärmste begrüßt.
— Die Arbeiter Aelgiens haben während der Osterfeiertage in Charleroi einen großen Kongreß abgehalten, bei dem es sehr stürmisch hergegangen ist. Der Zank wurde so toll, daß schließlich eine Spaltung in zwei Gruppen eintrat und die südbelgischen Arbeiter, die Anhänger des bekannten Agitators Defuisseaux, den Kongreß verließen. Als einziges Mittel zur Verbesserung ihrer Lage erklärten sie einen allgemeinen Strike und den gewaltsamen Umsturz aller bestehenden Verhältnisse.
Wom, 8. April. Der Afsisenhof von Co- senza hat über einen Briganten das Todesurteil ausgesprochen. Bruno Sjerafino von Bochiglieri war der gefürchtetste Brigant der Gegend, der seine Raub- und Mordzüge oft bis nach Neapel, ja sogar nach Sizilien hin ausdehnte. Unzählige Morde standen auf dem Konto des erst dreißigjährigen hoffnungsvollen Taugenichts, der, wie man sieht, alles Zeug in sich hatte zu einem anderen Gasparone. Trotz der glänzenden Vertheidigung hielt der Gerichtshof an der Maxime der drakonischen Bekämpfung des Banditentums fest und sprach das oben genannte Erkenntnis auf Todesstrafe aus.
Rom, 13. April. Aus Venedig wird bestimmt gemeldet, es stehe dort die Ankunft der russischen Kaiserin bevor, welcher der Palazzo Franchetti am Canale Granve vom Besitzer zur Verfügung gestellt wurde.
In Rußland muß die Geldklemme groß sein. Die neue Paß-Steuer soll schon am 15. April a. St. (27. April u. St.) in Kraft treten, und zwar soll sie sofort rückwirkende Kraft erhalten d. h. alle Russen, die von diesem Termin an mit alten Pässen aus dem Auslande heimkehren, sollen 10 bis 25 Goldrubel Strafe zahlen. Da wäre es besser, sie näherten sich der Grenze des gelobten Landes überhaupt nicht wieder. Ferner sind die Zollämter der russischen Häfen des Schwarzen Meeres ermäch
tigt, von jedem einlaufenden Schiff eine hohe Abgabe für die Leuchtthürme zu erheben; dasselbe ist in Kronstadt der Fall. Die Russen können also nicht einmal mehr ihre eigenen Lichter bezahlen.
Aus Retersöurg, 13. April, wird der K. Z. gemeldet: Das französische Anerbieten eines Bündnisses, von dem das Gerücht wissen wollte, ist eine Thatsache, ebenso aber auch die auf Befehl des Zaren erfolgte abschlägige Antwort. Letztere gewinnt noch dadurch an Bedeutung, daß zu gleicher Zeit auch die Beteiligung an der französ. Ausstellung verweigert wurde. Diesmal hat also die Politik des Herrn v Giers einen weit entschiedeneren Sieg über Katkow davongetragen, als neulich anläßlich des Verweises. Sollte es sich bestätigen, daß Giers am russ. Osterfeste einen besonderen Gnadenbeweis erhält, so wäre eine solche Auszeichnung gerade jetzt von großer Bedeutung. So erfreulich die jetzige kaiserliche Politik für die Aufrechterhaltung des Friedens auch ist, so darf man sich freilich der Ansicht nicht verschließen, daß die Mehrheit 'der russ. Gesellschaft dieselbe mit scheelen Augen ansieht.
Aus Warschau wird berichtet, daß der dortige Chef der Geheimpolizei, Wojcech, sammt seinem Gehilfen verhaftet worden sei. Er soll bei einer ganzen Reihe von größeren Diebstählen Pate gestanden und den Verbrechern die Flucht ins Ausland nach Kräften erleichtert haben.
Hiesiges.
Wildöad, 12. April. Gestern war der Präsident des Württ. Kriegerbundes Frhr. A. v. Wöllwarth, Hofmarschall Sr. Majestät des Königs, mit mehreren Herren des Bundespräsidiums in unserer Stadt, um in Gemeinschaft mit dem hiesigen Ausschuß über die Festordnung für den VIII. Bundestag zu beraten. Die Gemeindekollegien haben sich dem Feste sehr entgegenkommend gezeigt, indem sie einhellig den Bau einer Festhalle aus Gemeindemitteln beschlossen und außerdem einen ansehnlichen Beitrag zu den Festkosten bewilligten. Die Festhalle ist bereits in Bau gegeben und kommt auf den ganz geeignet gelegenen Platz neben dem „kühlen Brunnen" in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs zu stehen. Die endgiltig festgestellte Festordnung enthält in der Hauptsache folgende Punkte: Pfingstsonntag: Vorm. Empfang Sr. Hoh. des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar, Ehrenpräsident des, Bundes, auf dem Bahnhof, Mittagessen im Hotel Klumpp, hierauf Sitzung des Bundesausschufses im Kursaal, Unterhaltung auf dem Windhof. Pfingstmontag : Beratungen in der Festhalle, Festessen im Badhotel Festzug durch die Stadt auf den Festplatz, Abends Illumination der Enzpro- menade. Dienstag: Vorm. Waldexkursionen unter Führung des Forstpersonals, Wasserfahrt auf Flößen bis Höfen, Spaziergang nach Schwann (Aussichtsthurm) und nach Neuenbürg, wo musikalische Unterhaltung sich anreiht. Da mit dem diesjährigen Bundestag zugleich das 10jährige Stiftungsfest (der Bund wurde an Ostern 1877 durch eine Deligirtenversamm- lung in Heilbronn ins Leben gerufen) gefeiert wird, so steht um so mehr eine große Beteiligung in Aussicht.
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