126

Aus Mainz, 13. April wird geschrieben: Heute Morgen erhängte die Frau eines in der Margarethenstraße wohnenden Schuhmachers ihr 6 Jahre altes Kind, eilte dann in den Rhein und ertränkte sich. Der Mann der Frau ist seit gestern Abend spurlos verschwunden.

In Jena ist, 75 Jahre alt, der hervor­ragende Geschichtsschreiber Adolph Schmidt ge­storben ; 1848 Mitglied des Frankfurter Par­laments und 1874 bis 77 nationalliberales Mitglied des Reichstages.

_ Wo stecken die 5 Milliarden Francs

oder 4 Milliarden Mark, welche Deutschland von Frankreich als Kriegsentschädigung erhal­ten hat? Nahezu 1 Milliarde Mark besitzt das Deutsche Reich noch gegenwärtig in 5 Fonds, dem Jnvalidenfonds, welcher mit 561 Millio­nen Mark ausgestattet ist, dem Reichsfestungs­und dem Reichseisenbahn-Baufonds, dem de-, kannten Kriegsschatz von 120 Millionen im Juliusthurm in Spandau und dem Fonds für das Reichstagsgebäude (24 Mill.), wozu noch die Zinsen seit 1873 kommen. Die zweite Milliarde ist lediglich durch die Hände des Reiches gegangen, indem mit derselben sofort die Kriegsanleihen von 120 Millionen, 100 Millionen und 120 Millionen preußischen Tha- lern 1020 Millionen Mark getilgt worden sind. Von den beiden letzten sind etwa i Vt Milliarden verwandt zum Ersatz der direkt durch den Krieg erwachsenen Schäden; wir nennen nur die Hauptrubriken: für die Wie­derherstellung der gesummten im Feldzug ver­schlissenen Heeresausrüstung (das sogen. Reta­blissement) 320 Millionen, die Vergütung sämmtlicher Kriegsschäden in Elsaß-Lothringen und Baden (Kehl), sämmtlicher Schäden der deutschen Rhederei durch die Kaperei, die Er­stattung sämmtlicher Kriegskosten der deutschen Gemeinden (Einquartierung, Fuhren), die Trans­portkosten derEisenbahnenfürBeförderungsämmt- licher Truppen, Vorräte, Gefangenen. Ucber die dann noch übrigen V» Milliarden ist zu einem kleineren Teil für bestimmte große Reichs­zwecke verfügt, namentlich die Kosten der Ein­führung der Münzeinheit, also der Prägung der gesammten neuen Münzen; ferner die Reichsbeihilfe zur Gotthardbahn uud die be­kannten Dotationen des Fürsten Bismarck und der Generale (12 Millionen). Eine bescheidene halbe Milliarde endlich ist zur Austeilung an die einzelnen Staaten gelangt und in der man­nigfachsten Weise verwandt zur Schuldentilgung, zu Steuererlässen, Verbesserung der Beamten­gehälter, in Preußen speziell auch der Dotation der Provinzialverbände.

Der Friede scheint, wie der russische Nord" behauptet hat, in der Thal gesichert zu sein. Ein gutes Zeichen ist es jedenfalls, daß der Reichskanzler sich für einige Zeit nach Friedrichsruh begeben hat

Wie», 14. April. In Jägerndorf (öster­reichisch Schlesien) wurden vorgestern und ge­stern sieben Arbeiter wegen anarchistischer Um­triebe verhaftet. Die Staatsanwälte von Leob- schütz, Ratibor und Troppau kamen nach Jägern­dorf. Die Verhaftungen sollen mit Dynamit­sendungen in Zusammenhang stehen. Bei zahl­reichen Haussuchungen wurde bisher kein Spreng­stoff, dagegen massenhaft verbotene Flugschrif­ten gefunden. (Priv.-Tel. d. Berl. Tagbl.)

Aus Hratz, 13. April wird der Dtsch. Z. telegrafiert : Der Fleischhauer Franz Prochaska kam gestern um 8 Uhr Abends angeheitert nach Hause, geriet mit seiner Gattin Konstanze in Streit und schoß, als sie entfloh, mit einem Revolver nach ihr, angeblich um sie in Angst zu versetzen. Er legte sich dann zu Bette und schlief unbekümmert ein. Als er heute früh aufstand, fand er seine Frau beim Brunnen

tot. Er stellte sich dem Gericht selbst. An der Leiche fand man eine tätliche Schußwunde in der linken oberen Brust.

In T-riest ist der frühere Kapitän Johann Scarpa von der Anklage, einen Betrag von 10 000 Fl. unterschlagen zu haben, freige­sprochen worden. Dagegen wurde der Mitan­geklagte, der ehemalige Revisor des Lloyd, Vida, der Veruntreuung von 23 239 Fl. schuldig ge­sprochen und zu zwei Jahren schweren Kerkers verurteilt; derselbe hat die Berufung ange­meldet.

Aus Kzernowitz wird der Wiener Deut­schen Z. vom 10. ds. berichtet: Die Kavalle­riekaserne des Husarenregiments Clam-Gallas Nr. 16 in Zuczka (bei Czernowitz) war gestern der Schauplatz eines gräßlichen Auftritts. Der Husarenwachtmeister Wessely feuerte dort aus einem Revolver zwei Schüsse gegen seinen Ritt­meister ab, ohne jevoch zu treffen Im selben Augenblicke, als man den Angreifer festnehmen wollte, wandte derselbe die Waffe gegen sich. Der Schuß traf derart, daß Wessely sofort tot zusammenstürzte. Ein bei dem Toten ge­fundenes Schreiben giebt als Ursache des be­absichtigten Mordes und Selbstmordesdienst­liche Chikanen" an.

Amsterdam, 12. April. Die Feier an­läßlich des 70. Geburtstages des Königs nahm heute ihren Anfang. Die Stadt ist auf >das Reichste geschmückt, der Zufluß der Fremden ein zahlreicher. Um 2Vi Uhr fand der feier­liche Einzug des Königs, der Königin, sowie der Prinzessin Charlotte unter dem Jubel der Bevölkerung statt. Nach der Ankunft im Pa­lais zeigte sich die königliche Familie auf dem Balkon und wurde von der zahlreichen Volks­menge auf das Wärmste begrüßt.

Die Arbeiter Aelgiens haben wäh­rend der Osterfeiertage in Charleroi einen gro­ßen Kongreß abgehalten, bei dem es sehr stür­misch hergegangen ist. Der Zank wurde so toll, daß schließlich eine Spaltung in zwei Gruppen eintrat und die südbelgischen Arbei­ter, die Anhänger des bekannten Agitators Defuisseaux, den Kongreß verließen. Als ein­ziges Mittel zur Verbesserung ihrer Lage er­klärten sie einen allgemeinen Strike und den gewaltsamen Umsturz aller bestehenden Verhält­nisse.

Wom, 8. April. Der Afsisenhof von Co- senza hat über einen Briganten das Todes­urteil ausgesprochen. Bruno Sjerafino von Bochiglieri war der gefürchtetste Brigant der Gegend, der seine Raub- und Mordzüge oft bis nach Neapel, ja sogar nach Sizilien hin ausdehnte. Unzählige Morde standen auf dem Konto des erst dreißigjährigen hoffnungsvollen Taugenichts, der, wie man sieht, alles Zeug in sich hatte zu einem anderen Gasparone. Trotz der glänzenden Vertheidigung hielt der Gerichts­hof an der Maxime der drakonischen Bekäm­pfung des Banditentums fest und sprach das oben genannte Erkenntnis auf Todesstrafe aus.

Rom, 13. April. Aus Venedig wird bestimmt gemeldet, es stehe dort die Ankunft der russischen Kaiserin bevor, welcher der Pa­lazzo Franchetti am Canale Granve vom Be­sitzer zur Verfügung gestellt wurde.

In Rußland muß die Geldklemme groß sein. Die neue Paß-Steuer soll schon am 15. April a. St. (27. April u. St.) in Kraft treten, und zwar soll sie sofort rückwirkende Kraft erhalten d. h. alle Russen, die von diesem Termin an mit alten Pässen aus dem Auslande heimkehren, sollen 10 bis 25 Goldrubel Strafe zahlen. Da wäre es besser, sie näherten sich der Grenze des gelobten Landes überhaupt nicht wieder. Ferner sind die Zollämter der russischen Häfen des Schwarzen Meeres ermäch­

tigt, von jedem einlaufenden Schiff eine hohe Abgabe für die Leuchtthürme zu erheben; das­selbe ist in Kronstadt der Fall. Die Russen können also nicht einmal mehr ihre eigenen Lichter bezahlen.

Aus Retersöurg, 13. April, wird der K. Z. gemeldet: Das französische Anerbieten eines Bündnisses, von dem das Gerücht wis­sen wollte, ist eine Thatsache, ebenso aber auch die auf Befehl des Zaren erfolgte abschlägige Antwort. Letztere gewinnt noch dadurch an Bedeutung, daß zu gleicher Zeit auch die Be­teiligung an der französ. Ausstellung verwei­gert wurde. Diesmal hat also die Politik des Herrn v Giers einen weit entschiedeneren Sieg über Katkow davongetragen, als neulich an­läßlich des Verweises. Sollte es sich bestä­tigen, daß Giers am russ. Osterfeste einen be­sonderen Gnadenbeweis erhält, so wäre eine solche Auszeichnung gerade jetzt von großer Bedeutung. So erfreulich die jetzige kaiserliche Politik für die Aufrechterhaltung des Friedens auch ist, so darf man sich freilich der Ansicht nicht verschließen, daß die Mehrheit 'der russ. Gesellschaft dieselbe mit scheelen Augen ansieht.

Aus Warschau wird berichtet, daß der dortige Chef der Geheimpolizei, Wojcech, sammt seinem Gehilfen verhaftet worden sei. Er soll bei einer ganzen Reihe von größeren Dieb­stählen Pate gestanden und den Verbrechern die Flucht ins Ausland nach Kräften erleich­tert haben.

Hiesiges.

Wildöad, 12. April. Gestern war der Präsident des Württ. Kriegerbundes Frhr. A. v. Wöllwarth, Hofmarschall Sr. Majestät des Königs, mit mehreren Herren des Bundesprä­sidiums in unserer Stadt, um in Gemeinschaft mit dem hiesigen Ausschuß über die Festord­nung für den VIII. Bundestag zu beraten. Die Gemeindekollegien haben sich dem Feste sehr entgegenkommend gezeigt, indem sie ein­hellig den Bau einer Festhalle aus Gemeinde­mitteln beschlossen und außerdem einen ansehn­lichen Beitrag zu den Festkosten bewilligten. Die Festhalle ist bereits in Bau gegeben und kommt auf den ganz geeignet gelegenen Platz neben demkühlen Brunnen" in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs zu stehen. Die endgiltig festgestellte Festordnung enthält in der Haupt­sache folgende Punkte: Pfingstsonntag: Vorm. Empfang Sr. Hoh. des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar, Ehrenpräsident des, Bundes, auf dem Bahnhof, Mittagessen im Hotel Klumpp, hierauf Sitzung des Bundesausschufses im Kur­saal, Unterhaltung auf dem Windhof. Pfingst­montag : Beratungen in der Festhalle, Festessen im Badhotel Festzug durch die Stadt auf den Festplatz, Abends Illumination der Enzpro- menade. Dienstag: Vorm. Waldexkursionen unter Führung des Forstpersonals, Wasserfahrt auf Flößen bis Höfen, Spaziergang nach Schwann (Aussichtsthurm) und nach Neuen­bürg, wo musikalische Unterhaltung sich anreiht. Da mit dem diesjährigen Bundestag zugleich das 10jährige Stiftungsfest (der Bund wurde an Ostern 1877 durch eine Deligirtenversamm- lung in Heilbronn ins Leben gerufen) gefeiert wird, so steht um so mehr eine große Betei­ligung in Aussicht.

Buxkin, Cheviot für Herren- u. Knabenkleider, garanlirt reine Wolle, nadelsertig, ca. 140 em. breit, ä Mk. 2-35 her Nieter, versenden in einzelnen Metern, sowie ganzen Stücken portofrei in's Haus OsttinAvr L O<»., lüliititnit ». ltt., Buxkin-Fabrik-Dspüt. - Direkter Versandt an Private. Muster-Collectionen bereitwilligst franco.