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Außerdem heißt eS bestimmt, die französische Regierung werde in Kürze eine Submission für Lieferungen von 1 Million Killogramm Schwefeläther ausschreiben.

Für die nationalliberale Partei sind bei den letzten Wahlen 1 658 158 Stimmen abgege­ben worden. Die Stimmenzahl ist die größte, die irgend eine Partei auf sich vereinigt, sie über­trifft sogar die des Centrums um 31 000. Die nationalliberale Partei hat bei den ersten Wahlen von 1884 9S7 083, bei den ersten Wahlen von 1881 642 718 Stimmen gezählt, also seit 6 Jahren um mehr als eine Million Stimmen gewonnen. Die deutschfreisinnige Partei zählte 1887: 548 302, 1884: 97 004. 1881: 1 061 988 Stimmen. Diese Zahlen beweisen schlagend die Umwandlung der Par­teiverhältnisse auf liberaler Seite, die sich in den letzten Jahren vollzogen hat. >

Der älteste Prozeß in Deutschland, nämlich der Rechtsstreit der Gemeinde Burg­sinn (Unterfranken) gegen die Freiherrn von Thungen wegen Ersatz der Nutzungen aus dor­tigen Waldungen für die Zeit von 1699 bis 1848 ist nunmehr endgiltig für die Gemeinde Burgsinn verloren gegangen. Es wird nun Seitens der Freiherren v. Thungen die Klage auf Anerkennung ihres Eigentums am fragli­chen Wald vorbereitet werden.

Aauzig , 9. März. D>e Zuckerfabrik Pelplin ist abgebrannt. Vier Personen werden vermißt, sie sind wahrscheinlich umgekommen.

Kirschöerg, 8. März. Der Mörder Wennrich, der im Januar in Herischdorf einen Bauernsohn aus Hermsdors niederge­stochen hatte, ist heute früh aus dem Unter­suchungsgefängnis des hiesigen Landgerichts entflohen. Beim Austreten gelang es ihm, sich unbemerkt in den an die hohe Umfassungs­mauer anstoßenden Kohlenschuppen einzuschlei­chen, ein Loch durch däs Dach zu brechen und so auf die Mauer und von dieser ins Freie zu entkommen. Ein Aufseher verfolgte ihn zwar sofort, doch verlor er bald die Spur des Flüchtlings, der wohl seinen Weg ins Ge­birge genommen hat. Wennrich wird als ein sehr rabiader Mensch geschildert.

Aus Thüringen, 8. März. Unter ei­gentümlichen Umständen hat der in Nieder- treba, einem stattlichen Dorf in der Nähe von Stadtsulza, bestehende Vorschußverein seine Auf­lösung beschlossen. Der Verein ist nämlich wohlsituirt, dies wird auch anerkannt, aber die Leute sind der Ansicht,man könne nicht wissen, was 'mal über den Verein hereinbräche" und da wäre es besser, ihn jetzt aufzulösen. Auch werde es mit der Zeit an geeigneten Vor­ständen fehlen! In. Erfurt, Arnstadt und Gotha hat ein Sammelbüchsenmarder, Namens Hepler, Gastrollen gegeben. In ersterer Stadt plünderte er allein 100 Sammelbüchsen wohl- thätiger Institute. Es ist leider noch nicht ge­lungen, ven frechen Patron dingfest zu machen.

Wien, 9. März. Aus Krackau wird ge­meldet: Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß der gestern Jnhaftirte kein russischer Spion, sondern ein englischer Hauptmann und Redak­teur desManchester Guardian", Mr. Wein- son, ist. Derselbe wurde sofort freigelaffen.

Aus Wukarest berichtet die Presse: Der russ. Gesandte besuchte heute den verwundeten Hauptmann Vollmann. Heute trafen die Fa­milien von einigen der Hingerichteten ein und begaben sich sofort auf die russ. Gesandtschaft. Der bekannte Agitator Nebolsine reiste heute nach Odessa ab. Den russ. Blättern ist ohne Ausnahme der Postdebit für Bulgarien ent­zogen worden.

'Maris, 8. März. Der deutsch-österrei­chisch-italienische Bündnisvertrag wurde, wie

hier verlautet, am 4. März unterzeichnet. Ueber die Bestimmungen desselben will man hier folgendes wissen: Italien stellt den Oester- reichern, falls dieselben von Rußland ange­griffen werden sollten, 200 000 Mann und erhält hierfür das Trentino nebst einem Teile Istriens ohne Triest. Andererseits stellt Ita­lien Deutschland, falls dieses von Frankreich angegriffen werden sollte, 200 000 Mann und erhält dafür Tunis und Eonstantine.

London, 6. März. Gestern Abend fand das Einweihungs-Banket des national-konser­vativen Klubs statt. Bei demselben hielt Lord Salisbury eine Rede, in welcher er aus- Iführte, daß die Lage der auswärtigen Ange egenheiten zur Zeit wieder eine günstigere sei. Trotz der starken Rüstungen Europas habe es den Anschein, als ob die Aussichten für Er­haltung des Friedens entschieden größer ge­worden seien. Bei Besprechung der irischen Frage sagte der Redner, es seien gewisse Maß­regeln notwendig, um das Loos des irischen Volkes zu bessern, jedoch müsse man zunächst dem Gesetze Achtung verschaffen. Er hoffe, daß mit Geduld und Ausdauer es der Re­gierung gelingen werde, die Wohlfahrt Irlands wieder herzustellen.

Der König von Welzien hat unter die Hinterbliebenen der in dem Kohlenbergwerk von Quaregnon verunglückten Bergleute 10 000 Frks. verteilen lassen. Bis jetzt sind 50 Leichen an's Tageslicht geschafft, 100 Tote liegen noch in dem verschütteten Flötz.

Mrüfsek, 6. März. DerNord bezeich­net die Verfügung derUsurpatoren" als die einzige Bedingung, unter welcher Bulgarien die Ruhe wiederfinden werde. Nachrichten aus dem Hennegau melden den Ausbruch ernster Arbeiter» inuhen.

Der Wrüfleler Nord bringt neustens einen Artikel, in welchem hervorgehoben wird, daß die Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland sich besser zu gestalten beginnen. Der Nord macht Rußlands Zurückhaltung in der bulgarischen Frage geltend und betont, daß Rußland die einzige Großmacht sei, welche ihre Armee nicht verstärkt und sein Kriegs­budget nicht erhöht habe. Es bleibe ruhig in seiner Stärke und werde keinen Krieg herbei­führen, wenn es nicht herausgefordert werde.

Heute Nachmittag gelang es den In­genieuren, in die Flötze des Bergwerks von Ouaregnon einzudringen, in denen die ver­mißten Arbeiter verschütet waren. Sämmt- liche Arbeiter, 144 an der Zahl, wurden er­stickt gefunden.

Metersöurg, 8. März. Vor drei Jah­ren wurde Hierselbst der Gendarmerie-Oberst Sudeikin von Nihilisten ermordet. Der Mör­der war ein früherer Artillerie-Hauptmann Degajew, der wegen nihilistischer Verbrechen verurteilt war, aber von Sudeikin als Spion benutzt wurde, als solcher that er auch gute Dienste und entdeckte eine Verschwörung gegen das Leben des jetzigen Kaisers. Aber seine ehemaligen Genossen kamen hinter seinen Ver­rat und zwangen ihn unter der Drohung, seine Frau und Kinder zu töten, Sudeikin, der als gefährlichster Feind der Nihilisten galt, zu er­morden. Degajew führte das Verbrechen aus und entfloh. Die Regierung versuchte Jahre­lang seiner habhaft zu werden; auf allen Bahn­höfen wurde sein Bild ausgestellt und 10 000 Rubel für seine Gefangennahme geboten. Jetzt hat ihn ein Gendarmerieoffizier in -Kiew er­griffen. Degajew hat sich fast die ganze Zeit in Petersburg aufgehalten, durch große List gelang es ihm, die Polizei zu täuschen.

In St. Metersöurg sind in der Butter­woche in den verschiedenen Stadtteilen 1999

Betrunkene polizeilich angegriffen worden. Das war russischer Durst.

Aus Mewyork, 8. März wird gemeldet: Ein schweres Unglück ereignete sich heute Morgen auf der Third-Avenue-Hochbahn. In Folge eines Brandes fand eine Stockung der Züge statt und eine Menge Fahrgäste, des Wartens müde, stiegen aus und versuchten, die nächste Station zu erreichen, indem sie entlang eines nur 2 Fuß breiten, nicht durch Gitter ge­schützten Fußweg neben dem Geleise gingen. Plötzlich setzten sich die Wagen wieder in Be­wegung und es entstand ein Gedränge auf dem schmalen Pfad, in Folge dessen ungefähr 20 Personen von bedeutender Höhe auf die Straße hinabstürzten. 4 wurden tot und 6 in schwer verletztem Zustand aufgehoben.

Ilewyork, 10. März. Der Dampfer des Nordd. Lloyd Rhein, welcher in der Che- sapeakebai auf den Grund geraten war, ist flott gemacht worden und segelte nach Balti­more weiter.

Vermischtes.

Eine angenehme Ueberraschung bereitet die Illustrierte Frauen-Zeitung ihren Abon­nenten durch die bedeutende Erweiterung, welche Las Blatt jetzt wöchentlich erscheinend unter seinem TitelDie illustrierte Zeit" er­fahren hat. Der Titel ist charakteristisch ge­wählt, denn die hervorragenden Zeitereignisse aus aller Welt vorzuführen, hat das Blatt sich zur Aufgabe gestellt. Gleich die beiden ersten, überaus reich illustrierten Nummern geben hiervon den redenden Beweis. Von Berlin bis nach Nord- und Südamerika er­streckt sich der Bereich der Abbildungen, wobei allerdings die deutsche Reichshauptstadt im Vordergründe steht: Der Hofball im königli­chen Schlosse, Die Wahlbewegung, Der Brand des Continental - Hotels, Der Abbruch des Mühlendammes sind in markanten Bildern veranschaulicht. Unter der Fülle der übrigen Abbildungen haben besonders Interesse die Scenen aus dem irischen Pachtkriege und aus Emin Pascha's Aeguatorial-Provinz. Origi­nell an diesenZeitbildern" ist die Erläuterung gleich unter der Darstellung, wodurch das lä­stige Nachschlagen im Text vermieden wird. Außer ihren sonstigen Illustrationen, Kunst- Holzschnitten u. s. w., bringt jede Nummer derIllustrierten Zeit" vier Seiten solcher Zeitbilder, wozu sich noch drei weitere Seiten derselben für dieGroße Ausgabe" gesellen, eine illustrierte Chronik der Gegenwart, wie sie so reichhaltig von keinem anderen Blatte geboten wird. Inhaltlich ist dieIllustrierte Zeit" gegenüber der früheren Frauen - Zeitung unverändert, nur mit dem Unterschiede, daß auch hier bedeutend mehr geboten und der Schwerpunkt, neben den Romanen und No­vellen, auf die Erscheinungen der Gegenwart gelegt wird. Die speziell den Frauen gewid­meten Rubriken mit ihrem praktischen Finger­zeigen für den Haushalt sind vollinhaltlich er­halten geblieben, und wie der früheren Frauen- Zeitung, so wird auch derIllustrierten Zeit" dieModenwelt" in ihrem vollen Umfange beigegeben. Besonders ist noch zu erwähnen, daß diese Erweiterung und illustrative Berei­cherung des Blattes ohne jede Preiserhöhung stattfindet.

- Der s. Z. berühmte Menschenkenner Knigge gab den Rat: Glaube immer, daß die meisten Menschen nicht halb so gut sind, wie ihre Freunde sie schildern, und nicht halb so böse, wie ihre Feinde sie ausschreien. Deshalb sagte auch König Ernst August zu der Stifts­dame, welche ihm klagte, die Leute sagten ihr nach, sie habe Zwillinge bekommen: Meine