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lag nahe, die Recherchen der Behörde haben indes ergeben, daß Schreiber am Tage seines Verschwindens von zwei 19- resp. 16jährigen Burschen Namens Ganse und Markschat zum Wirtshausbesuch und einer Bootfahrt verführt und während der letzteren mit einem Hammer erschlagen und im Pregel versenkt worden ist, nachdem ihm ein Stein um den Hals gebunden war. Durch luxuriöse Ausgaben in Hotels und Geschäftsläden machten sich die Burschen verdächtig und in der Haft legte Markschat ein Geständnis ab. Nach der Leiche wird gegenwärtig im Pregel gefischt.
— Die konservative „Ostpreußische Ztg." in Königsberg berichtet von größeren Truppenbewegungen aus Rußland nach der preußischen Grenze zu und von einer auffallenden russischen Grenzbesetzung.
Kassel, 3. Jan. Vor einigen Wochen teilte die „Hess. Mztg." mit, daß ein Viehändler namens Reichardt aus Mainbressen, welcher sich im Besitz einer größeren Barschaft nach Westfalen auf den Schweinehandel begeben hatte, spurlos verschwunden sei. Jetzt ist, wie amtlich gemeldet wird, Reichardtim Walde bei Steinheim in Westfalen ermordet und der Barschaft von 1600 ^ beraubt, aufgefunden worden. Der leere Geldbeutel und die Taschenuhr lagen noch bei der Leiche. Von dem Mörder fehlt jede Spur.
Wiesbaden, 4. Jan. Heute fand die Hinrichtung der Mörder Joh. Mallmann von Oberhirzenach und Heinr. Andel von Fehlheim statt, die geständig sind, den Landwirt Chr. Schneider in Biebrich-Mosbach in der Nacht vom 24. zum 25. Januar v. I. ermordet und beraubt zu haben.
LÜLeck, 5. Jan. Nicht nur hier, sondern auch in Hamburg, Altona, Ottensen, Rendsburg, Neumünster und Schwartau fanden vorgestern Haussuchungen bei Sozialisten statt In Hamburg ist infolge dessen ein Tischlergeselle verhaftet worden.
— Ein schrecklicher Unglücksfall trug sich dieser Tage in Schermbeck bei Wesel zu. Die „Elbs. Ztg." erzählt: Pater und Sohn sind mit Holzkleinmachen beschäftigt; der Sohn schwingt die Axt, der Vater trägt Holz herbei, strauchelt und fällt unglücklicherweise mit dem Kopf auf den Hauklotz — in demselben Augenblick spaltet der Sohn, der gerade wieder die Axt gehoben hatte, seinem Vater den Kopf. Der Aermste war sofort eine Leiche.
— Ein Ladenmädchen in Hotha wusch ihre erfrorenen Hände mit Petroleum und zog sich dadurch eine Blutvergiftung zu, so daß wahrscheinlich beide Hände amputirt werden müssen.
Merlin, 4. Jan. Ueber Paris wird von Rüstungen in Rumänien, Serbien und Montenegro, sowie von Truppenzusammenziehungen in Bessarabien. berichtet.
— Die Entscheidung über die Militärvorlage wird im Reichstage in den Tagen zwischen dem 10. und 12. Januar erwartet. Ob die Regierungen sich zu Konzessionen werden bereit finden lasten, ist nach den Auslassungen der offiziösen Presse zweifelhaft. Gleichwohl gewinnt die Auffassung Geltung, daß sich eine Reichstagsmehrheit für die Bewilligung der Forderungender Vorlagezusammenfinden werde.
— Ein Arbeiter, Abt mit Namen, hat in seiner Wohnung in der Ackerstraße in "Merlin am Montag Vormittag seine Ehefrau mit einem Beil erschlagen. Der Mörder wurde sofort verhaftet, die eigenen Kinder schlugen im Haus sofort Lärm, so daß die Polizei alsbald benachrichtigt werden konnte.
— (500 ^ Belohnung.) Seit acht Tagen wird ein 27 Jahre alter Kandidat der
Philologie aus Frankfurt a. M. vermißt. Derselbe ist am 27. v. M. von einem Spaziergange, zu dem er Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr das elterliche Haus verließ, nicht mehr zurückgekehrt. Der junge Mann litt an hochgradiger Nervosität und wird vermutet, daß ihm ein Unfall zugestoßen ist. Es ist eine Belohnung von 500 ^ ausgesetzt, welche Derjenige erhält, durch dessen Angaben über das Verbleiben des Vermißten Gewißheit erzielt wird. Bezügliche telegraphische Mitteilungen nimmt Rud. Mosse, Frankfurt a. M , entgegen.
Aus Kessen, 31. Dezbr. Das soeben zur Ausgabe gekommene großh. Regierungsblatt enthält eine Reihe neuer polizeilicher Bestimmungen für die Flößerei auf dem Neckar. Jeder Floß muß einen Begleitschein haben, in welchem seine Länge, Zahl und Gattung der Stämme, Namen des Eigentümers und Floßführers, Zahl der Mannschaft, Abgangs- und Bestimmungsort genau verzeichnet. Die Flöße dürfen eine Länge von höchstens 300 Mtr. bei 8,5 Mtr. Breite haben; Flöße aus Eichenstämmen höchstens 23 Mtr. lang und 7,3 Mtr. breit sein. Langholzflöße sind — je nach der Länge —- mit mindestens 3 bis 6, Schollenstöße mit mindestens 2 tüchtigen Flößern zu bemannen. Jedem Floß ist auf mindestens 2 und höchstens 4 Kilometer ein Wehrschauer vorauszuschicken. Schollenflöße sind, hiervon befreit, haben aber eine wenigstens 5 Mtr. hohe Wehrschauflagge zu tragen.
Aus Lothringen, 3. Januar. Die seit einigen Tagen über das ganze mittlere und nördliche Frankreich dahinbrausenden Südweststürme sind auch hier zum Teil mit ungewohnter Heftigkeit aufgetreten. Außer den Verwüstungen, welche diese Stürme an Dächern und Schornsteinen, sowie in den Obstgärten angerichtet, haben dieselben auch zur Folge gehabt, daß die an den Feiertagen gefallenen, ungeheuren Schneemassen heute schon fast gänzlich verschwunden sind. Dafür überflutet die in den letzten 24 Stunden um einen Meter gestiegene und noch immer rapid steigende Mosel bereits weite Uferstrecken. Wenn außer den geschmolzenen Schneemassen in den Thälern auch noch diejenigen der Vorbcrge der Vogesen oder gar dieser letzteren selbst hinzukommen, so haben wir bedeutendes Hochwasser zu befürchten. Nachrichten über rasches Zusammenschmelzen der starken Schneemassen auf den westlichen Kämmen und Abhängen des Wasgau-Gebirges liegen jedoch glücklicherweise nicht vor. Von den höher gelegenen Bergdörfern wird sogar erneuter Schneefall gemeldet. Wohl selten hat die Witterung derart gewechselt, wie in den letzten Tagen: zwei Tage Orkan aus Südwest mit heftigem Regen und Hochwasser nach vorausgegangenem starken Frost; sodann zwei Tage furchtbare Schneestürme, am nächsten Tage 9° Kälte, weiterhin Tauwetter, Frost, heftige Südwest- ftürme mit Regen und Hochwasser.
Mühlhausen, 4. Jan. Diesen Morgen ist auf dem Güterbahnhof Wanne der Obermaschineninspektor Graßhof durch eine Rangiermaschine überfahren und getötet worden.
Zolmar, 3. Jan. Die Verstärkung der Garnison, welche bei vielen mit Mißtrauen und Unglauben ausgenommen wurde, soll sich nun demnächst verwirklichen. Nach den der „Col- marer Zeitung" gewordenen glaubhaften Mitteilungen soll ein ganzes Infanterieregiment in Colmar in Garnison gelegt werden. Wahrscheinlich wird das ganze 112. Regiment hierher kommen und zwar schon zum kommenden Frühjahr. Die Vermehrung würde sich auf etwa 1000 Mann mit dem ganzen Stabe und der Musik belaufen. In der ersten Zeit sollen die Mannschaften in Baracken auf dem alten
Exezierplatze unteroebracht werden, bis die zu erbauende Kaserne vollendet sein wird.
— In M>eu geht's toll her im neuen Jahr. Zwei Morde aus Eifersucht sind das Erste, was man von dort vernimmt. Luise Vogelmann, 25 Jahre alt, die schöne Tochter des Hofgärtners zu Heilbronn, wurde am Neujahrstag von ihrem Verehrer, einem Postbeamten Exner, erschossen. Sie war früher Ballettänzerin, dann Schauspielerin, nachdem sie ein Bein gebrochen hatte. Nach der That erschoß Exner sich selbst. Ferner wurde, ebenfalls aus Eifersucht, die Volkssängerin Hermine Guschelbauer, ein blühend schönes Mädchen von 18 Jahren, von ihrem Geliebten Anton Seiler in Fünfhaus bei Wien in der Neujahrsnacht mit einem Küchenmesser niedergestochen. Sie war sofort tot.
— Eine Schmugglerbande, etwa 30 Personen stark, die mit Spiritus und Tabak beladen auf dem Rückweg von Tirol auf vicen- tinisches Gebiet begriffen war, ist jüngst im Porbegh a-P a ß von einer mächtigen Lawine überrascht worden, wobei sechs Schmuggler verschüttet wurden. Die übrigen Genossen brachten trotz großer Entdeckungsgefahr ihre Waren in Sicherheit, eilten sodann mit Werkzeugen versehen auf die Unglücksstätte zurück, wo es ihnen nach stundenlanger anstrengender Arbeit gelang, die Verschütteten aus ihrem Schneegrab zu befreien. Fünf derselben waren noch am Leben, hatten aber Quetschungen, Beinbrüche rc. erlitten, der sechste, ein 19jäh- riger Bursche, Namens Giovanni Paolo, war bereits erfroren. Es sind dies Unglücksfälle, die sich in den südtirolischen Grenzalpen alljährlich wiederholen. Am meisten dabei ist die totesmutige Opserwilligkeit zu bewundern, mit welcher sich die Schmuggler stets gegenseitig helfen.
Mrüssel, 4. Jan. Eine Abordnung der französischen Akademie überreichte heute dem hier weilenden Herzog von Aumale eine Dankadresse für die Schenkung des Schlosses Chantilly. — In einem Kohlenbergwerk bei Doux, im Bezirk Mons, fand heute eine furchtbare Explosion schlagender Wetter statt. Sechs Arbeiter sind tot, vier schwerverwundet, zwanzig Arbeiter liegen unter den Trümmern begraben.
Mrüssek, 5. Jan. Die gestrige Katastrophe in dem Kohlenbergwerk bei Doux hat furchtbare Dimensionen angenommen; von 37 Arbeitern sind nur 3 gerettet. 34 furchtbar verstümmelte Leichen wurden hervorgezogen. Der ganze Kohlenschacht zwischen Dour und Wacquignies ist förmlich zertrümmert.
Mrüssel, 5. Jan. Die Gesammtzahl der Opfer des gestrigen Grubenunglücks beträgt 42.
Amsterdam, 3. Jan. Heute feierte die Witwe Schopp in Rotterdam ihren 100. Geburtstag. Dieselbe hat ein abenteuerliches Leben hinter sich. Als Militärwaschfrau und Marketenderin folgte sie ihrem Manne ins Heer und diente 25 Jahre lang, während sie viele Gefechte mitmachte. Zuerst wurde sie von den Engländern und später 1812 von den Russen gefangen genommen, wußte aber beide Male zu entkommen, wurde wieder gefangen genommen,
Maris, 4. Jan. Aus Nizza wird gemeldet, der Vater Gambetta's habe auf das Drängen des Deputirten Etienne in die Ueber- führung der Leiche seines Sohnes nach Paris gewilligt, wenn dieselbe im Pantheon beigesetzt werde.
Hiesiges.
Wikdbad, 7. Jan. Wie wir hören, gieng die von dem Herrn Stadtvorstand in Umlauf gesetzte Eingabe an den Reichstag um Bestätigung der MUitärvorlage gestern mit 187 Unterschriften von hier ab.