Wildba-er Chronik.

' Amtsblatt für öie Stadt Witöbad.

Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

Kinundzrvarrzigster Jahrgang.

Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Abonnementspreis mit dem jeden Samstag erscheinenden Ällnstrirten Sonntags-Alatt in Wildbad vierteljährlich 1 10 monatlich 40 durch die Post bezogen im Bezirk 1 15 auswärts 1 ^ 45 ^ viertel­

jährlich. Jnsertionspreis die Zeile oder deren Raum 10 ^; bei Redaktions-Auskunft 20 ^ Zuschlag.

Uro. 99. Samstag den 12. Dezember 1898

Württemberg.

§ Aktcnsteig, 6. Dez. Es dürfte für Viele nicht unin­teressant sein zu vernehmen, daß unser gewerbsaines Schwarz­waldstädtchen im vorigen Jahre durch eine zeitgemäße Unter­nehmung reicher geworden ist, nemlich durch die Gründung eines permanenten Musterlagers von Seiten des Hrn. Carl Henßler Sohn hier. Hat schon Herr Henßler es im Verlaufe des Jahres verstanden, seine Ausstellung stylgerecht auszustatten, so übertrifft dieselbe heute alle Erwartungen angesichts der vielen vorhandenen Neuheiten an gewerblichen und Kunsterzeugnissen, an Gegenstän­den der praktischen Bedürfnisse und interessanten und lehrreichen Kinderspielzeugen. Da sehen wir feine Holzschnitzarbeiten der Schwarz- wald-Jndustrie, und auch unser beliebtes Schwarzwälder Wetterhaus, mit geschmackvoller Holzschnitzerei; dann hübsche selbstthätigeZimmer- fvntainen, Lufterfrischungsapparate, Aquarien, Zcrstäubungsappa- rate, Luftprüfer, Hygrometer und als Spielzeuge für die reifere Jugend: Dampfmaschinen, Brauereien, Eisenbahnen, Dampfschiffe, Elektromagnetische Maschinen, Nebelbilderapparte rc. rc. Herr Henßler ist bereits zur Herausgabe eines illustrirten Kataloges geschritten, und es muß sich jeder Besucher des Musterlagers ge­stehen, daß es seinen Namen nicht ohne Anrecht führt, und daß man auch in einer kleinen Stadt etwas tüchtiges zu bieten ver­mag.

Schillingsfürst, 1. Dez. Jüngst war von Frankfurt a. M. aus in verschiedenen Zeitungen ein Kind zum Verschenken ausgeschrieben. Herr Pfarrer Pöschel von hier bewarb sich um das seltene Geschenk, um es in dem von der Fürstin Hohenlohe dahier gegründeten Waisenhaus unterzubringen. Das Kind wurde vor einigen Tagen in Frankfurt der Bahn übergeben. Es hatte vorne ein Täfelchen mit der Aufschrift:An Herrn Pfarrer Pöschel in SchillingsfürstFrankenheim." In Ansbach nahm sich Herr Oberst Fürst, der gerade am Bahnhof war, liebreich der Kleinen, ein nettes Mädchen, an und sandte dieselbe dann hierher. Gleich am zweiten Tag fand eine hiesige Kaufmanns­familie, die ihr einziges Töchterchen durch Diphtheritis verloren, daß das fragliche Mädchen Ähnlichkeit mit ihrem verstorbenen Kinv habe und nahmen dasselbe an Kindesstatt an. Die Kleine ist nun in einem sehr guten Hause und hat so wahrscheinlich ihr Glück gemacht.

Im Wilthesheimer Wald wurde in den letzten Tagen eine Riesentanne gefällt, welche einen Meßgehalt von 18 Festmeter hatte.

Iriedrichshafen, 9. Dez. Der Föhn hat während des ganzen Spätjahrs seine Wirkung auf die Temperatur geäußert, aber auch eine Menge von Regen gebracht. Im Laufe der letzten Nacht ist ein rascher Witterungswechsel eingetreten. Auf den Regen folgte Schnee und heute früh hatten wir 4 Grad Kälte, welche den Tag über bei Ostwind anhält. In der Zeit vom 28. Nov. bis gestern, während einer wahren Regenperiode, ist der See um 0,44 Meter gestiegen, er ist heute 0,63 Meter höher, als durch­schnittlich um diese Zeit während der letzten 30 Jahre.

Wönnigheim, 9. Dezbr. Hier ist kürzlich ein Doppel­haus infolge Baugebrechens zusammengestürzt, zum Glück, ohne jemand zu verletzen.

(Wolkszählung.) Ueber die Volkszählung vom 1. ds. liegen uns bis heute folgende Ergebnisse vor: Es zählen demnach in Württemberg:

Stuttgart 125,510 (mehr 8207), Cannstatt 17,855 (2790), Ulm 33,604 (832), Neu-Ulm 77,57 (13), Ludwigsburg 16,300 (200), Gmünd 15,300 (1588), Tübingen 12,545 (806), Göp­pingen 12,142 (1292), Hall 8995, Ebingen 6115 (606), Schram­

berg 5300 (729), Schwenningen a.N. 5185 (417), Feuerbach 5063 (402), Geislingen a. St. 4812 (910), Crailsheim 4729 (87), Calw 4688 (28), Waiblingen 4320 (202), Böblingen 4287, Saulgau 4023, Bietigheim 3870 (115), Fellbach 3710 (198), Balingen 3370 (118), Möhringen a. F. 2921 (175), Obern­dorf 2695 (88), Herrenberg 2648 (2), Leutkirch 2156 (65), Echterdingen 1869, Aidlingen 1713 (27), Brackcnheim 1677 (15), Ehningen 1451, Darmsheim 914 (56), Heidenheim 6716 (487), Kirchheim u. T. 6651, Freudenstadt 6126 (73), Ell- wangen 4768 (71), Murrhardt 4342 (353), Backnang 3067 (375), Neckarsulm 3012 (167), Neckargartach 2720 (433), Blau­beuren 2532 (39). Marbach 2416 (64), Neuenstein 1625, Groß- aspach 1195.

Rundschau.

Kichstetten, 7. Dezbr. Gestern Abend fiel der durch sein Heiratsvermittlungsgeschäft weit bekannte Gödsch Bloch von Schmie­heim oberhalb der' Herrenmühle in den Mühlbach und konnte trotz sofortigen Suchens wegen der Finsternis der Nacht nicht ge­rettet werden; dessen Leiche wurde heute am Unglücksort aufge­funden.

Karlsruhe, 6. Dez. Großes Aufsehen erregte die gestern vormittag durch Kriminalkommissär Müller erfolgte Verhaftung der Hebamme Haag aus dem Bahnhofstadttheil. Die Verhaftung steht im Zusammenhang mit dem vor einigen Manaten im Rheine bei Liedolsheim als Leiche aufgefundenen reichen Ziegeleibesitzers Meyer von Daxlanden. Damals hieß es, daß ein Mord vor­liege, bald darauf wurde diese Nachricht wieder in Abrede ge­zogen und jetzt scheint doch etwas an der Sache zu sein.

München, 8. Dez. Der ermordete Privatier Bader in Bogenhausen hat, so lange er lebte, noch keiue Kapitalrentensteuer bezahlt. Nach diner Mitteilung hiesiger Blätter hat deshalb das Rentamt auf das Vermögen desselben mie Beschlag gelegt.

Kanuover, 5. Dezbr. Am Sonntag 29. v. M. war das kleine Nachbarstädtchen Sarstedt kurz vor Beginn des Gottes­dienstes der Schauplatz einer Schreckensthat. Ein Kandidat der Philologie, der sich zur Staatsprüfung vorbereitete, geriet mit seinem Stiefvater zu Hause in Streit, feuerte auf diesen einen Revolverschuß ab, der das Ziel verfehlte, und verfolgte dann den Flüchtenden auf die Straße, wo er ihn mit 10 Messerstichen in die Brust tötete. Der Grund der grausigen That bilden mehr­jährige Mißverhältnisse zwischen dem Getöteten und dem Thäter, der den eignen Vater mit großer Zärtlichkeit geliebt hatte und vom Stiefvater sich zurückgesetz glaubte. Wie berichtet wird, soll der Thäter keine Reue zeigen.

Die deutsche Reichsfechtschule verfügt jetzt überein Vermögen von 560 000 ^ und besitzt Waisenhäuser in Lahr, Mageburg und Schwabach.

Branntwein-Monopol und Zuckersteuer-Vorlage sind heute die beiden Projekte, deren sich die Offiziösen liebevoll annehmen. Sie erklären feierlich, daß sämmtliche über diese beiden Dinge um­herschwirrenden Gerüchte entweder absichtlich oder unabsichtlich ge­fälscht seien. Nun bleibt also nur noch zu wünschen, daß sich die Herren Offiziösen herbeilassen, uns reinen Branntwein einzu­schenken und klaren Zucker zu verabreichen, damit wir wissen, was vorgeht.

In Wien gab's am Montag früh eine gewaltige Ueber- raschung, welche die Herren Spitzpuben insbesondere der großen Juwelierfirma Granichstätten, die ihr Geschäft im belebtesten Teil der Stadt hat, während der Nacht bereitet hatten. Es fehlten Juwelen im Wert von nicht weniger als 400 000 Gulden. Drei diebessichere" Schlösser hatten die Langfinger, wahrscheinlich Meister