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stäube von unten. „Freiheit!" schrie es in mir auf. „Freiheit!! Freiheit!!!" —
Ich sah mein Verbrechen so deutlich ein, daß ich es mit Händen greifen konnte, ich zögerte, ich überlegte, ich sprach mi Kate von gleichgültigen Dingen, ich zeigte ihr einen hoch über uns schwebenden Adler, um ihr Auge zu beschäftigen, dann wieder lockte ich ihren Blick zu mir, mir in's Auge, denn ein feiger Mörder bin ich nie gewesen.
Ich habe oftmals Sehnsucht nach Kate. Was ist sie nun? Segelt sie mit den Wolken als Atem nach oben gezogen, rauscht sie mit den Wassern, die sie mit sich forttrugen?
Was mich am meisten wundert, ist, daß die Menschen nie auch eine Spur meiner Thaten in dem Antlitze gelesen. Ich galt stets für schön und hörte oft sagen: „Das muß ein guter Mensch sein!" Es gab Zeiten, nach den Roky Mountains, da ich mich sebst oft fragte, ob ich denn schlecht sei? Frei wollte ich sein und ich hätte die mit mir Lebenden doch nur durch ihr, Leben durch gepeinigt, wie es in meiner Natur lag, überall Peinigung zu sehen, wo man mir — gewiß unverdiente — Liebe entgegenbrachte.
V.
Dem einsamen Leser bei der Leiche graute.
Er schloß das Buch.
Sollten noch mehr Verbrechen entschleiert werden?
Er wagte den nun ganz zur Ruhe gekommenen Greis verstohlen anzublicken Seine Züge hatten den friedlichsten, gütigsten Ausdruck angenommen. Kein böser oder schlechter Gedanke schien je hinter dieser weißen Stirn vorbei gegangen zu sein.
Ist der äußere Mensch so ganz und gar kein Abbild seines Innern? Kann man nun noch einem Freunde, einer Geliebten trauen?
Ja. Diese Ausnahme bestätigt nur die Regel.
Und Marianne?
Auch sie macht nicht alle weiblichen Geschöpfe schlecht; sie ist nur eine Ausnahme und wer ihre Erlebnisse kannte.
Wie gezwungen las Albrecht weiter.
Der gute Herford war in Indien, in China, in Japan gewesen, er hatte Fürsten, Nabobs, Königstöchter und englische Ladies kennen gelernt; er hatte verliebte Abenteuer ohne Zahl gehabt; er war geliebt worden und Niemand hatte auf dem Antlitze des „schönen James" zu lesen verstanden, daß er eine grauenhafte Vergangenheit beklagte.
Beklagte?
Nicht, so lange er die Kraft hatte, durch Thaten, Reisen, Erwerb, Arbeit im großen Stil die Stimmen des Gewissens zu beschwichtigen.
Albrecht blätterte wieder weiter.
Hier stand einmal:
„Ich lasse Anderen diese Revolten gegen sich selbst, die nicht in mir sind."
Heiter kehrte Herford nach dem Continent zurück, sicher, daß man ihn nicht erkennen würde. Er betrat die Stadt B . . . . kaufte sich das kleine Häuschen, welches er um keinen Preis abtreten wollte, als man rings umher die neuen Bauten aufführte.
So galt er für einen Sonderling.
Aus Furcht vor späterer Entdeckung hat er nie seinen Eltern und Geschwistern, Frau und Kind nachgeforscht. Er dachte sie sich versorgt oder tot; Noth hatten sie ja nie gelitten.
In diesem Zimmer begann er dann zu lesen, zu studieren. Er holte nach, was er bei seinem abenteuerlichen Leben zu lernen verabsäumt; und da ihn die Gicht befiel und er wenig mehr gehen konnte, so hatte er vollauf Zeit, ein autodidactischer Gelehrter zu werden.
So fand denn Albrecht auch in seinem Tagebuch den Satz aus der Ethik des Aristoteles:
„Nicht aller Dinge Ursache ist zn erforschen; es ist von Einigen hinreichend, wenn man beweist, daß sie sind."
Als am anderen Morgen Dr. Eberhardt ganz in der Frühe an der Thüre pochte und hereintrat, fand er einen auf einem Sessel Eingenickten und einen Toten.
Er besorgte das Nöthige und erfuhr von Albrecht das fürchterliche Geheimniß des Alten.
Sie konstatirten zusammen mit Beihülfe eines befreundeten Notars, den Vermögensstand des Greises. Er hatte in allen Schubladen, in den geheimsten Gefächern, die genau verzeichnet waren, Goldbarren, Banknoten verborgen; in den Straußen- eiern, die von den Wirthsleuten nie berührt werden durften, Brillanten, Rubinen, Smaragde reinster indischer Provenienz aufgespeichert.
Albrecht wollte Nichts von alledem berühren. Er ließ nach den Verwandten forschen und falls diese unauffindbar wären, bestimmte er all das Gut Waisenhäusern und Stiftungen.
Er verließ dann seine Vaterstadt und soll anderswo ein tüchtiger Gelehrter and ein glücklicher Familienvater geworden sein.
Amtliche und Privat-Anzeigen.
K. Amtsgericht Neuenbürg.
Konkurs-Eröffnungs- Bcschlnß.
Ueber den Nachlaß des Jakob Friedrich Gutbub, gewes. Sattlers und Sternwirts in Wildbad wird heute am 1. Dezember 1885 mittags 11 Uhr das Konkursverfahren eröffnet und Gerichtsnotar Fehleisen in Wildbad zum Konkursverwalter ernannt.
Konkursforderungen sind bis zum 22. Dezember 1885 bei dem Gerichte anzumelden.
Zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubiger-Ausschusses und eintretenden Falls über die in § 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände wird Termin
auf den 29. Dezember 1885, nachmittags 2 Uhr
und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen ebenfalls Termin
auf den 29. Dezember 1885, nachmittags 2 Uhr
vor dem Unterzeichneten Gerichte, Rathaussaal in Neuenbürg, anberaumt.
Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache im Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem
Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 28. Dezember L88Z Anzeige zu machen.
Den 1. Dezember 1885.
Oberamtsrichter:
Läget er.
Dieser Beschluß wird hjemit veröffentlicht.
6. g. 8.
Gerichtsschreiber des K. Amtsgerichts.
Stirn.
Verkauf eines Grundstücks am Bahnhof Wildbad.
Höherem Auftrag zufolge soll die zunächst am Bahnhof Wildbad und links der König-Karlstraße gelegene Parzelle Nr. 523 im öffentlichen Ausstreich verkauft werden.
Dieselbe eignet sich zu einer Garten- Wirthschaft und würde eine solche von Seiten der K. Eisenbahnverwaltung unter den Bedingungen gestattet, welche bei der auf 5. Dezember mittags 4 Uhr anberaumten Aufstreichsverhandlung im Wartsaal III. Kl zu Wildbad publicirt werden.
K. Betriebsbauamt. Keller.
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350V00 Mark,
werden zu 4— 5°/o gegen gesetzliche Sicherheit in beliebigen Beträgen ausgeliehen. Jnformativscheine sind einzusenden an
Stöckhardt, Poststraße 7, Stuttgart, oder an die Expedition d. Bl., welche auch jede gewünschte Auskunft erteilt.
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ter Garantie die Privatanstalt sür Allo Holismus von Oska in Stein-Säckingeu, Baden. Die Heilmethode wird nach Vorschrift des Hrn. Professor vr. insä. I,. vollzogen, besteht aus keinen Brechmitteln, sowie andere schwindelhafte, marktschreierische Anpreisungen es sind. Atteste von Geheilten aller Stadium gratis. 6)5