371
„Gehören Sie einer Religion an?" unterbrach Herford, gänzlich von der Gedankenreihe abspringend.
„Der der Vernünftigen!" erwiederte Wiegand.
„Ich war Katholik", warf Herford hin.
„Warum sagen Sie mir das?" frug Wiegand beängstigt. „Fühlen Sie sich schwach. Wollen Sie einen Beichtiger haben?"
Ueber des Greises Antlitz ging ein eigenthümliches Zucken und Albrecht konnte den Blick der beiden milden, jetzt doch unheimlichen Augen nie mehr vergessen.
„Einen Priester!" sagte Herford und lächelte. „Seit Nek- tarius im vierten Jahrhundert die öffentliche Beichte abgeschafft, hat die Ohrenbeichte viel, viel Unheil angerichtet. Und glauben Sie wirklich, daß ein Mensch mir verzeihen könnte, was ich in nahezu achtzig Jahren Gutes oder Böses gethanü Ja! Gutes verzeihen! Denn das Gute kann zum Schaden gereicht haben, muß also verziehen werden, wie das gewollte Böse, das zum Nutzen ward, nicht bestraft zu werden braucht! Nein, ich will keinen Priester und keine Ohrenbeichte. Ich denke auch gar nicht daran, zu sterben. Geben Sie mir einen frischen Eisumschlag, bitte!"
Der junge Mann gehorchte eiligst. Der Kranke schien nun etwas ermüdet und begann zu schlummern.
Sein Wärter setzte sich auf den Stuhl am Bettesrande und überblickte jetzt die Anordnung des Zimmers. Ueber dem Bette auf der dunkelgrünen Tapete hing das Bild einer schönen, jungen Frau. Rings um sie her, Bilder, Stiche und Photographien von überseeischen Ländern und Gegenden; Wasserfälle, Meeresküsten, Städte, Plantagen, Wildniß, alles in kleinen, braunen Rähmchen und hinter Glas. An der Wand, dem Bette gegenüber, stand ein japanesisches Bambussopha, über welches ein schönes Tigerfell ausgebreitet war. Ein Pfeifenständer, der noch an dieser Seite Platz hatte, vereinigte eine Sammlung der seltensten türkischen, armenischen und arabischen Formen, mit köstlichen Bernstein und Meerschaumköpfen, die letzteren beinahe schwarz und hie und da mit Brillanten, Rubinen, Smaragden und Topasen besetzt. Ueber den Pfeifen hingen an seidenen Schnüren, von der einfach geweißten Decke herab, mehrere hohle Straußeneier, denen seltsame Schriftzeichen eingegraben oder eingeätzt waren. Die kleine Wand zwischen Bett und Sopha war ganz mit einem kostbaren Smyrnateppich bedeckt, auf welchem in kunstvoller Anordnung Schilde, Roßschweife, Pistolen, Musketen, Hellebarden und Schwerter glänzten und strahlten. Die Wand gegenüber hatte ihre liebe Mühe, die drei Fensterchen zu beherbergen, die kleinen Zwischenräume enthielten auch Bilder, Photographien und der mittlere Raum eine seltsame Stockuhr, welche soeben die neunte Stunde schlug. (Fortsetzung folgt.)
Hiesiges.
Wikdliad, 16. Nov. Gestern abend um 8 Uhr ereignete sich hier ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. Der 11jährige, etwas geistesschwache Knabe eines Arbeiters der Papierfabrik löste den Keil an der Stellfalle beim Mühlmehr und wurde, wie es scheint, von dem Speicher des Stellrades erfaßt und ins Wasser geschleudert. Erst nach längerem Suchen wurde der Leichnam bei der städtischen Sägmühle gefunden.
Gedankensplitter.
Hoffnung ist ein schönes, blaues, sonnnenbeschienenes Meer, in dem man ganz gemütlich ersaufen kann.
*
Ist Freundschaft zwischen einem Mann und einer Frau
möglich? — Ja, wenn sie Mann und Frau sind.
*
Wie man mit den Menschen am besten auskommt? — Wenn man der Gesammtheit Grobheiten sagt und dem Einzelnen schmeichelt.
Die Moral des Philisters ist das „Sichgeniren."
Erwarte nicht das Lob Deiner Schnelligkeit von denen, die Du im Wettlaufe besiegt hast.
Beschäftigung ist ein Mittelding zwischen Arbeiten und Faulenzen.
„Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange Ist sich des rechten Weges wohl bewußt," —
Doch in der Regel folgt er süßem Hange
Und wandelt den verkehrten just.
*
Das Leben ist ein Karussell:
Erst gehl's langsam, dann geht's schnell;
Man denkt, man macht me Reise
Und dreht sich nur im Kreise.
Ar. 163 des praktischen Wochenblattes für alle Hausfrauen „Zürs Kaus" (vierteljährlich nur 1 enthält:
Wochenspruch:
Grauer Himmel, kalter Wind,
Und die schwere Brust voll Sorgen!
Wohl den Herzen, die geborgen An vertrauter Stätte sind.
Sonntagsheiligung. Erziehung eines boshaften Kindes. Der Hausgarten im November. Alte Jungfern. Da mach ich mir's lieber allein! Am Scheidewege. Stickerin. Landwirtschaftliche Fortbildungsschulen. Chronischer Nachentatarrh. Fettleibigkeit. Papierpuppen. Spritzarbeiten. Zeichnungen auf Papier, Holz u. s. w. zu übertragen. Neue Spiegelverzierung. Auffrischen von Gemälden. Moos zu färben. Teppich aus Zeugstreifen. Reiseoder Schlafdecke. Strickschürze. Geflügel zu mästen. Strumpfbänder an der Seite zu befestigen. Klapphüte für Damen. Der Selbstentwickler oder Liebig'sche Gaskrug. Bohnermasse. Kalk- wasser. Vorzüglicher Biscuit - Bund. Nicht ganz frische Eier brauchbar zu machen. Oimucl-t'roicI von Fasanen. Kastanien-Gefrorenes. Wohlfeiles, nahrhaftes und schmackhaftes Brot. Küchenzettel. Rätsel. Fernsprecher. Echo. Briefkasten der Schriftleitung. An- zeigen.
Die notariell beglaubigte Auflage dieser wirklich empfehlenswerten und dabei überaus billigen Wochenschrift beträgt 100 000. Probenummern versendet jede Buchhandlung, sowie die Geschäftsstelle „Fürs Haus" in Dresden gratis.
Amtliche und Privat-Anzeigen.
Revier Wildbad.
Brennholz-Verkauf.
Samstag den 21. November, Vormittags 11V? Uhr auf dem Rathaus in Wildbad aus den Schlägen Vorderer, Mittlerer u. Hinterer Pöllert, im Distrikt Eiberg; Prossenweg, Mittleres- u. Hinteres Sulzhäusle, Distrikts Meistern: 2 Rm. eichene Scheiter, 23 Rm. eich. Ausschuß-Scheiter u. Prügel, 6 Rm. eichenes Absallholz; 36 Rm. buchen Scheiter, 178 Rm. buchene Prügel (gerep- pelt), 149 Rm. buchen Ausschuß-Scheiter u. Prügel; 8 Rm. birken Ausschuß-Scheiter u. Prügel; 50 Rm. tannen Scheiter, 111 Rm. tann. Prügel, 631 Rm. tann. Ausschuß-Scheiter u. Prügel, 51 Rm. tann. Absallholz ; 49 Rm buchen und 245 Rm. tannene Reisprügel.
Sreuuholj-Uerkans.
Die Großh. Dezirksforstei Kaltenbronn zu Gernsbach versteigert mit unverzinslicher Zahlungsfrist bis 1. Mai 1886
am 2L. November d. I.,
vormittags 10 Uhr
im Gasthaus zu Kaltenbronn:
aus Hutdistrikt Dürreych: 86 Ster Nadel-Scheit- und Prügelholz, 3 Ster buchenes, 570 Ster Nadel-Prügelholz und 15 Ster Nadelreisprügelholz; aus Hutdistrikt Brotenau: 6 Ster buchenes Scheitholz, 142 Ster Nadel-Scheit- und Prügelholz, 21 Ster buchenes, 915 Ster Nadelprügelholz und 173 Ster Nadelreisprügelholz; aus Hutdistrikt Rombach: 684 Ster Nadel-Scheit-und
Prügelholz; ferner einige Lose Schlagraum.
Die Waldhüter Fütterer in Dürreych, Merkel in Brotenau und Schultheiß in Rombach zeigen das Holz auf Verlangen vor.
1000 Mark Jirum
Agenten für Kaffee an private sucht Cmil Schmidt Hamburg.
Ersatz für Schmierseife, Fettlau- genmehl rc. und vorzügliches Mittel für Wasch-, Putz- n. Schenerzwecke, empfiehlt pr. Pfd. 25
I».