Wildbader Eyroink.
Amtsblatt fürr die Stadt Witöbaö.
Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.
——L Kirrurrözrvcrrrzigster Jahrgang. I——
Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. — Abonnementspreis mit dem jeden Samstag erscheinenden Atlnstrirte« Sonntags-Alat in Wildbad vierteljährlich 1 10 monatlich 40 durch die Post bezogen im Bezirk 1 ^ 15 auswärts 1 ^ 45 viertel
jährlich. — Jnsertionspreis die Zeile oder deren Raum 10 bei Redaktions-Auskunft 20 Zuschlag.
Urs. 81.
Z)crs Mnfcrlkversicherungs-Gefeh.
Wir stehen bekanntlich unmittelbar vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungsgesetzes. Dasselbe ist von so weitgehender sozial-politischer Bedeutung und greift so tief in die geschäftlichen und privaten Verhältnisse unseres industriellen Lebens ein, daß es geboten erscheint, alle hierbei Beteiligten, bezw. die Mitglieder der Berufsgenossenschaften auf einige wichtige Bestimmungen dieses Gesetzes nochmals aufmerksam zu machen.
Vor allem hat jeder Betriebsinhaber seinen Betrieb bei der unteren Verwaltungsbehörde anzumelden. (Z 11 d. G.) Es sind in dieser Beziehung noch sehr viele Betriebsinhaber rückständig und dieselben werden hiermit aufmerksam gemacht, daß derartige säumige Betricbsunternehmer mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 belegt werden können. (Z 104 d. G.) Alle eintretenden Unfälle müssen nicht allein bei der Ortspolizeibehörde, sondern auch bei dem Vertrauensmanne des Bezirks zur sofortigen Anzeige gebracht werden, welcher bei der Untersuchung des Unfalles, wie auch zur Feststellung alsbaldiger Entschädigung an den Verletzten mitzuwirken, überhaupt die Genossenschaft bei allen Unfällen als ehrenamtliche Person zu vertreten hat. Auch haben die Vertrauensmänner das Recht, alle in ihrem Bezirke gelegenen, zu ihrer Genossenschaft gehörenden Betriebe zu betreten und über Vorkommnisse, welche die Berufsgenossenschaft angehen, von dem betreffenden Unternehmer Auskunft zu verlangen und diejenigen, von dessen Lohnbüchern, bezw. Lohnlisten einzusehen, aus welchen die Zahl und der Lohn der von ihm beschäftigten Arbeiter ersichtlich ist. In letzterer Beziehung werden die Betriebsunternehmer noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daß genaue und kontrollierbare Lohnbücher bezw. Lohnlisten zu führen sind, welche den einzureichenden Nachweisungen beim Umlage- und Erhebungsverfahren zu Grunde liegen müssen.
Betreffs Ueberwachung der Betriebe zur Verhütung von Unfällen, worauf das Gesetz, und mit Recht, großen Werth legt, haben die Genossenschafts- bezw. Sektionsvorstände die weitestgehenden Befugnisse; denn hierin liegt ein hochwichtiges Moment, gleichsam die Basis des ganzen Unfallversicherungsgesetzes; dasselbe bestimmt deshalb auch zu diesem Zwecke Beauftragte (selbstverständlich fachmännisch gebildete Betriebs-Sachverständige), welche das Recht haben, alle Betriebsstätten während der Betriebszeit zu betreten und zu kontrollieren, sowie Einsicht von den Betriebsbüchern, -Listen u. s. w. zu nehmen. Wegen der Wichtigkeit eines solchen Amtes und der hiebei zu beobachtenden Verschwiegenheit werden diese Beauftragten beeidigt. (Z 84 d. G.)
Uebrigens ist den Mitgliedern der Berufsgenossenschaften noch zu empfehlen, in allen unklaren Punkten sich an die Vertrauensmänner ihres Bezirks um Auskunft zu wenden, welche wiederum deshalb mit den Sektionsvorständen behufs praktischer Ausführung des Gesetzes in stätig direkter Verbindung bleiben müssen; denn es ist nicht zu leugnen, daß das Unfallversicherungsgesetz noch manche unpraktische Mängel hat und verbesserungsfähig ist; eine Verbesserung aber kann nur durch kräftiges, verständniß- voll - hingebendes Zusammenwirken aller Faktoren der Berufsgenossenschaften mit dem Reichsversicherungsamte geschaffen werden. Dann werden wohl auch baldigst die Prinzipien echter Humanität, aus welchen dieses Gesetz hervorgegangen ist, ihre segensreichen Wirkungen zum Wohle des Arbeiterstandes unseres deutschen Vaterlandes entfalten. (N. Tagbl.)
Württemberg
Hleuenöürg, 6. Okt. Morgen verläßt Herr Kameralver- walter" Haug den Bezirk, um in gleicher Eigenschaft sein Amt in Leonberg anzutreten. Zur Abschiedsfeier in ansehnlicher Ver
13SS
sammlung widmete Hr. Forstmeister Graf v. Uxkull in treffenden Worten den Trinkspruch auf den hochgeachteten Mann, pflichttreuen und zuvorkommendenten Beamten. Möge dem Scheidenden der herzliche Karakter der letzten festlicken Stunden in freundlicher Erinnerung bleiben.
Ludwigsöurg, 7. Okt. Auf der Ortsstraße in dem benachbarten Oßweil ist letzten Sonntag Nacht ein reisender 38 Jahre alter Bierbrauer Schl, aus Kirsau in Baden in bewußtlosem Zustande aufgefunden worden. Man konnte anfangs keine äußeren Verletzungen an dem fremden Manne bemerken und glaubte, es mit einem Betrunkenen zu thun zu haben. In den Spital nach Ludwigsburg verbracht, gab derselbe, ohne zum Bewußtsein gekommen zu sein, nach 18 Stunden den Geist auf. Die heute Vormittag im hies. Krankenhause vorgenommene Sektion der Leiche hat ergeben, daß der Tote nicht verunglückt, sondern von Raufbolden geschlagen und zu Tode getreten worden ist. Die inneren Teile des Kopfes, das große und kleine Gehirn, waren schwerverletzt. Den rührigen Nachforschungen des Stationskommandanten Schwegler ist es zu verdanken, daß über die dunkle That einiges Licht verbreitet wurde. Derselbe hat bis jetzt drei Dienstknechte beigebracht. Einer der Verhafteten soll bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt haben, daß der That keinerlei Händel vorausgingen und der Dahingeschiedene von den betrunkenen Gesellen aus Rohheit und Uebermut mit den Stiefeln zu Tod getreten wurde. Bei dem Entseelten fand sich kein Geld mehr vor, seine Papiere waren geordnet; es ist anzunehmen, daß ein Raub an dem Bewußtlosen nicht ausgeführt wurde.
ßatw, 7. Okt. In Stammheim sind verflossene Nacht acht Häuser niedergebrannt.
Mezingen, 7. Okt. Heute bezog ein auf einer taktischen Uebungsreise der 26. Division angehöriges Kommando in der Stärke von 25 Offizieren, 2 Unteroffizieren, 35 Mann und 43 Pferden hier Quartier. Der größte Teil ist im Hotel Sprandcl untergebracht.
Isny, 7. Okt. Das Reinigen des Bettes der Aach, soweit dieselbe in gräfl. Besitz ist, heißt das Aachrühren. Dasselbe wird alljährlich im Herbst vorgenommen und übt hauptsächlich wegen des damit verbundenen Ausfischens des forellenreichen Wassers immer große Anziehungskraft auf zahlreiche Zuschauer aus. Die heute erzielte Beute an edlen Bachforellen beträgt rund 3 Ztr., was im Hinblick aus die Kürze der ausgefischten Strecke (ca. IVs Ir in.) nicht wenig ist.
Rundschau.
Werkln, 7. Okt. Im Prozeß Gräfu. Gen. sind sämmtl. Angeklagte freigesprochen worden. (Damit endet ein Prozeß, der die Berliner Bevölkerung 8 Tage hindurch in Aufregung gehalten hat. Der Hauptangeklagte war der bekannte Historien- und Porträtmaler Professor Gräf, Mitglied der Akademie der Künste, Schöpfer des Bildes „Die Versöhnung Wittekinds mit Karl dem Großen" im Kuppelsaale des neuen Museums, der 4 Herkules- und Theseusbilder im Portikus des alten Museums, des „Auszugs der ostpreußischen Landwehr" in der Nationalgalerie, des vielbekannten „Märchens" und zahlreicher Porträts re. Er ist am 14. Dezember 1821 zu Königsberg i. Pr. geboren. Die Anklage gegen ihn lautete auf wissentlichen Meineid, Anstiftung zum Meineide und wiederholtes Verbrechen gegen die Sittlichkeit. Professor Gräf hatte vor mehreren Jahren die Bekanntschaft eines Modells, einer gewissen Bertha Rother, gemacht. Diese, ein bildhübsches aber schon früh dem Verderben anheimgefallenes Mädchen, übte auf den Künstler eine Begeisterung aus, daß er sie Jahre lang an sich fesselte und ihren Diensten erhebliche Opfer
Samstag, den 10. Oktober