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auch mit billigerem Zucker, Reis, Gerste rc. ? Einfach deshalb, weil bei diesen Artikeln eine Täuschung des Publikums bezüglich der Qualität und des Preises nicht so möglich ist. Möge des­halb jeder, der von offenen oder verkappten Agenten angegangen wird, bedenken, daß dieselben nur einen Zweck im Auge haben, nämlick den: eine fette Provision auf seine Kosten zu verdienen, indem sie ihm eine Ware ausschwatzen, die er im nächsten Laden viel billiger bekommt.

TniLrhalttndks. -Ms

Die weiße Wose r>orr AvLes.

Novelle von Theodor von Tillh.

(Fortsetzung.)

Ich bitte um Entschuldigung," sprach der junge Mann den auf ihn zutretenden Hausherrn an, kann ich als Reisediener bei dem alten Herrn eintreten?"

Ich bedaure, daß die Stelle bei meinem Vater bereits be­setzt ist. Wie ist Ihr Name?"

Ich heiße Eugen Blanc, bin in Paris geboren, von wo mein Vater vor zehn Jahren nach Toulon übersiedelte, habe die Handlung erlernt und mich seit mehreren Tagen vergeblich nach einer passenden Stellung in dieser lieben Stadt umgesehen."

Haben Sie denn em Duell gehabt? Woher stammt die kaum vernarbte breite Wunde auf Ihrer Stirne?"

Sie wissen ja," entgegnete Blanc, daß nachdem im März 1871 der Friede zwischen Frankreich und Deutschland geschlossen war und die deutschen Truppen von Paris abgezogen waren, die Kommunards dort ihre Schreckensherrschaft begannen. Unter dem Vorgeben, Paris vor den Prussiens zu schützen, bauten diese Dunkel­männer Schanzen und Barrikaden. Als mir am 19. März 1871 die Nachricht zuging, daß Tags zuvor die beiden Generale Lecomte und Clement Thomas, sowie bald darauf der ehrwürdige Erz­bischof Darbois von jenem zügellosen Haufen in barbarischer Weise ermordet waren, zog es mich mit Gewalt nach Paris hin, um als Soldat der Linientruppen gegen die Kommunards zu kämpfen und die schöne Stadt zu retten. Von den Wunden, die ich in jenen Kämpfen davongetragen, rühren diese Narben her."

Sein Vortrag schien auf die Zuhörenden einen tiefen Ein­druck zu machen.

Haben Sie Zeugnisse über Ihre kaufmännische Ausbildung?" fragte ihn der Hausherr.

Eugen Blanc griff in seine Rocktasche und überreichte ihm die gewünschten Papiere. Nach Durchlesung derselben warf der Kaufherr einen Blick auf das männlich schöne Gesicht des jungen Mannes und äußerte:

Bei meinen weitverzweigten Bekanntschaften wird es mir wohl gelingen. Ihnen eine Stelle zu verschaffen. Bitte kommen Sie nach einigen Tagen wieder."

Meine Geldmittel sind leider sehr beschränkt," entgegnete Blanc mit niedergeschlagenen Augen.Erst nach einigen Tagen soll ich Gewißheit erhalten?"

Die jüngere Dame näherte sich dem Kaufherrn, legte ihm die Hand auf seine Schulter, blickte ihm mit lieblichem Lächeln ins Gesicht und sagte:

Wäre es Dir, mein lieber Bruder, nicht möglich, diesen jungen Mann, der sich um das Vaterland so verdient gemacht hat, in des Vaters ausgedehnten Fabriken entweder hier in Arles oder in Grenoble zu beschäftigen?"

Nun," rief nach einigem Nachdenken der Kaufherr dem Fremden zu:Sie gefallen mir! Ich will Sie zunächst auf eine Probezeit von einem Monat als zweiter Buchhalter in unserer hiesigen Fabrik annehmen und werde Ihnen noch heute einen Gehaltsvorschuß von hundert Francs durch meinen Kassirer zahlen lassen."

Schweigend küßte die junge Dame Blanche Lenoir ihren Bruder auf die Wange. Ihre ältere Schwester Marie drückte ihm mit verständnisinnigem Blick die Hand. Eugen Blanc war überselig. Noch an demselben Tage trat er sein Amt an.

III.

Durch Pflichttreue und rastlose Thätigkeit im Geschäft erwarb sich Eugen Blanc bald das volle Vertrauen und die Liebe seines Prinzipals Lenoir. Es war nicht allein die Pflicht der Dank­barkeit gegen diesen, die ihn alle seine Kräfte anspannen ließ, es war noch ein anderes Gefühl, welches ihn dazu anspornte. Manches liebliches Bild stand beständig vor seiner Seele und schlich sich des Nachts in seine Träume ein. Sehnsuchtsvoll er­wartete er an jedem Sonn- und Festtage die Mittagsstunde, in der es ihm vergönnt war, sein Traumbild zu sehen. Herr Lenoir

hatte ihm nämlich einen Beweis der Anerkennung seiner hervor­ragenden Leistungen auch dadurch gegeben, daß er ihn eingeladen hatte, an jedem Sonn- und Feiertage mit ihm, seinem Sohne Georg und seinen beiden Töchtern Blanche und Marie gemein­schaftlich zu diniren.

Eines Sonntags sah Eugen, als er nach dem Diner den Speisefaal verließ und über den Korridor hineilte, durch die offenstehende Thür eines Zimmers einen prachtvollen Erardschen Flügel stehen. Er setzte sich an das Instrument und spielte Chopins Trauermarsch, dessen Notenheft auf dem Notenhalter aufgeschlagen lag. Seine Augen glühten von Feuer und Be­geisterung, die Blicke schwärmerisch erhoben, schwelgte er in diesen ergreifenden Melodien. Ein wunderbarer Zauber lag in seinem Vortrage. Welch eine Welt von tiefernster poetischer Empfindung siegelte sich in dem Gesammteindrucke. Wie Himmelsharmonieen klangen die Töne aus dem Flügel heraus, bald leicht anschwcllend, bald sanft verklingend wie wenn der Zephir leise flüsternd über die Saiten der Aeolsharfe weht.

In vollständigem Selbstvergessen hatte Blanche an der offenen Thüre diesen Melodien gelauscht. Sie schob die Falten der Portiere ein wenig zur Seite und schaute gespannt durch die Thür. Die Töne, welche an ihr Ohr schlugen, berührten ihr Herz mit süßem Zauber. Sie fühlte sein lautes Pochen und wagte kaum zu atmen.

Wie schön erschien ihr dieser Mann? Sie schloß die Portiere und eilte auf ihr Zimmer. Dort preßte sie die Hände auf ihr Herz und flüsterte zu sich selbst:

Glücklich das Weib, das von einem solchen Manne geliebt wird!"

(Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

König Humbert's Bart. Das Haupthaar und der martialische Schnurrbart des Königs von Italien, welche schon seit längerer Zeit ergraut waren, sind jetzt völlig weiß geworden. Die liebliche Königin Margherita, welche sich darüber kränkt, daß ihr geliebter Gatte älter erscheint, als er ist, (König Humbert w> .-de im März 1844 geboren), ließ aus Paris ein Kästchen mit Haar­farbe von einem der ersten Parfümeure kommen und überreichte dieses ihrem Gemahl, begleitet von den süßesten Schmeichelworten. Der König nahm die Gabe an. Als am nächsten Morgen die Königin in ihr Gartenhaus kam, sah sie daselbst zu ihrem Entsetzen ihren Liebling, ein weißes Löwenhündchen, völlig grün gefärbt. Die Königin weinte vor Zorn. Da sagte König Humbert: Beruhige dich, Margherita, ich mußte das Mittel doch vorher probieren, ob es haltbar und nicht schädlich sei. Morgen mache ich den zweiten Versuch bei deinem brasilianischen Kakadu." Als der König Abends in sein Zimmer kam, fehlte die französische Parfümerie; die Königin hatte sie vernichtet.

Der französische Dichter Honorö de Balzac lag einmal Nachts in seinem Bett, ohne zu schlafen. Ein Geräusch an einem Schloß erweckte seine Aufmerksamkeit; er wendet den Kopf um und sieht beim Licht seiner Nachtlampe einen Dieb, der seinen Sekretär aufbricht. Es. war ein kritischer Augenblick, Balzac aber lachte laut auf. Der Spitzbube glaubte sich entdeckt und hielt mit seiner Arbeit inne. Der Dichter lachte immer lauter.Worüber lachen Sie?" fragte endlich unwirsch der Dieb. Worüber ich lache? Darüber, daß Sie, auf die Gefahr hin, ins Bagno geschickt zu werden, sich bei Nacht mit einem falschen Schlüssel hierher schleichen und in einem Möbel Geld suchen, in welchem ich, bei Hellem lichten Tag und mit dem richtigen Schlüssel bewaffnet, keines finde." Dieselbe Geschichte soll übrigens schon mehreren Lieutenants begegnet sein, und zwar jedesmal mit dem­selben negativen Erfolg für den betreffenden Herrn Spitz buben.

Der edle Spaniole, welcher in Madrid das Gebäude der deutschen Gesandtschaft erklettert und die Fahne und das Wappen herabgerissen hat, heißt Antonio Alvaran Garicia, ist 31 Jahre alt und aus Altona gebürtig. Außer ihm sind noch 40 Männer und Jünglinge verhaftet worden, die aber sämmt- lich nicht allzu guten Rufes genießen. Also zumeist Gesindel.

Getragen von der Gunst des Publikums, beliebt als das angenehmste und wirkungsvollste Hausmittel sind heute die in fast jeder Apotheke erhältlichen Apotheker R. Brandt's Schweizer­pillen. Wer an Verstopfung, Magendrücken, Blutandrang, Kopf­schmerzen rc. leidet, sollte sich durch einen Versuch von der aus­gezeichneten Wirkung überzeugen. Jede ächte Schachtel (erhält­lich Mark 1 in den Apotheken) trägt als Etiquett ein weißes Kreuz in rotem Feld und den Namenszug R. Brandt's.