279

Aber ein noch jäherer Schreck ergiff ihn, als er um sich blickte und im Lazarethsaal, in dem er lag, bunt durcheinander französsischer und deutscher Uniformen gewahr wurde.

Wo bin ich?" fragte er eine freiwillige Krankenpflegerin, welche an seinem Bette stand.

Im Garnisonsspital zu Sedan!"

Um Gottes Willen - sprechen Sie bin ich gefangen?"

Nein Gott sei's gedankt nein! Doch regen Sie sich nicht auf. Sie sind nicht gefangen, Sedan und die ganze Arme gehört uns. Gefangen ist auch der Kaiser Napoleon!"

Allmächtiger, sei gepriesen!" murmelte der Verwundete ^jetzt, jetzt möchte ich sterben; denn das Leben hat ja nun doch keinen Werth mehr für mich "

Tie Krankenpflegerin, ein Fräulein von L. aus Mannheim (sie ist es, durch welche wir Kenntniß von dieser Geschichte erhielten) beugte sich wieder zu dem Kranken; denn sie dachte, er hätte leise zu ihr gesprochen

Haben Sie irgend einen Wunsch, den ich Ihnen erfüllen könnte?" so fragte sie.Soll ich irgend Jemand Nachricht geben über Sie, brieflich oder mündlich?"

Er schien nachzusinnen.

Wenn Sie so gütig waren, Sich zu unterziehen, an die Familie des Landraths von Hautrapp auf Schloß Hautrapp in der Mark, zwei Zeilen, welche ich Ihnen dictire, zu schreiben, so würden Sie mich verpflichten."

Die junge Dame holte die nötigen Schreibutensilien herbei, improvisirte ein Schreibpult und erklärte sich zum Schreiben bereit.

Ich bitte wie folgt zu schreiben," ersuchte der Hauptmann und dictirte:

Der Hauptmann von Rhansberg des 10. Infanterie- Regiments ist um zwei Fuß kürzer."

Die zum Schreiben bereit gehaltene Feder hob sich vom Papier ab und die barmherzige Krankenpflegerin sah ihn for­schend an.

In dieser Form soll ich schreiben?" fragte sie.Wollen Sie diese traurige Mitteilung an ihre Verwandten oder Freunde nicht schonender eingekleidet wissen?"

Nein," erwiederw der Hauptmann entschlossen und mit sicherer Stimme,so und nicht anders will ich die Mitteilung abgefaßt haben und bitte ich Sie dringend, mir meine Bitte nicht abzuschlagen."

Nachdem sich die Dame vergewissert hatte, daß diese Caprice nicht etwa ein Ausfluß der Fieberphantasie sei, schrieb sie die zwei Zeilen nach seinem Wunsche, setzte aber eigenmächtig hinzu, daß nach Ausspruch der Aerzte begründete Aussicht vorhanden sei, ihn am Leben zu erhalten.

Der Brief ging nach seiner Bestimmung ab.

Vier Wochen waren nach der gräßlichen Verwundung des

Herrn von Rhansberg vergangen, und Dank seiner vorzüglichen Constitution befand er sich bereits auf dem Wege der Recon- valesccnz. Da trat eines Tages der Oberst v. S., Kommandant von Sedan, an das Lager des Genesenden.

Mit der Genehmigung der Aerzte, welche erklärten, daß Ihnen, Herr Hauptmann, Aufregungen freudiger Natur nicht nachtheilig sein können, habe ich Ihnen, zwei Dinge zu über­geben, welche bereits einige Wochen für Sie angelangt sind. Erstens das Ihnen von Sr. Majestät dem König verliehene Eiserne Kreuz erster Klasse, und zweitens ein Schreiben, wenn ich nicht irre" sagte er lächelndvon zarter Frauen­hand geschrieben die Schrift auf der Adresse verwische durch Thränen, gewiß aus schönen Augen stammend."

Gerührt küßte der Hauptmann das Kreuz, dann öffnete er hastig den ihm übergebenen Brief und las, nachdem sich der Oberst entfernt hatte.

Obwohl ich von meinen Eltern, welchen Sie sich anver­traut hatten, es erfahren, und obwohl ich in Ihren Augen gelesen hatte, wie gut, treu und zugethan Sie mir waren, und trotzdem ich in meinem Innersten rechte und wahre Zuneigung zu Ihnen hatte, so wies ich doch muthwillig zweimal Ihre Bewerbung ab. Ich dachte, noch zu jung zu sein, und es war mir schmerzlich, an eine Trennung von meinen Eltern auch nur im entferntesten zu denken. Nachdem ein von Ihnen ausgehendes Schreiben, dessen Inhalt durch die offiziellen Verlustlisten seine traurige Bestätigung fand mich an eine einfältige, scherzhafte Bedingung erinnerte, welche ich bei unserm letzten Zusammensein an Sie gestellt habe, jetzt nachdem diese Bedingung durch das Kriegs­schicksal leider erfüllt ist jetzt komme ich zu Ihnen, trage Ihnen meine Hand an und bitte Sie, dieselbe nicht zu verschmähen. In treuer Freundschaft und Ergebenheit will ich sie durch's Leben geleiten.Der Allmächtige erhalte Sie mir.

Diese Zeilen schreibe ich unter den Küssen meiner geliebten Eltern, welche dem Thun ihres Kindes voll und ganz beipflichten.

Gabriele von der Hautrapp."

* *

*

Sie hatte ihm geschworen daß es kein Opfer sei, welches sie ihm bringe, sondern daß nur wahre, innige Liebe und Zu­neigung sie leite. Und sie hatte ihm auch geschworen, daß sie namenlos und für's ganze Leben unglücklich sich fühlen würde wenn er ihre Hand ausschlüge.

Dann erst willigte er ein und die Hochzeit fand unter großer Beteiligung, namentlich sämmtlicher Offiziere des Regiments, inclusiveDer kurzen Zwölfe," auf »Schloß Hautrapp statt.

Herr von Rhansberg ist als Major in denwohlverdienten" Ruhestand getreten und lebt froh und glücklich mit seiner groß­herzigen, schönen Gattin auf seiner Besitzung in M.

bei Rostock.

Amtliche und Privat-Anzeigen.

§ Z«

Um in würdiger, unseren hiesigen Verhältnissen angemessener Weise die Feier des Nationaltags von Sedan zu begehen, laden auf

Mittwoch'den 2. September, cröenös 7 Whrr in das s-rrr»«res-r Jedermann ein

TOLs.e/er--, MM-«-'- rrrre?

Die

Krankenkasse der Wildvader HanergeseWast in Wikdüad

(Eingeschriebene Hilfskasse)

hält am Sonntag den 30. August d. I., mittags 2V- Uhr im Gasthaus zum iuilliaf eine

General-Versammlung

ab, wobei zahlreiches Erscheinen der Mitglieder gewünscht wird.

Wildbad, den 25. August 1885. Der Vorstand.

H» ; r ,i i» ri «r

Im itN »seliei» von

Kerren- L Damenkleidern

aus jedem Stoff und von beliebigen Farben empfiehlt sich

Frau

blL. Hauptsächlich werden bei der von mir angewandten Methode schwarze Cachemir-Stosfe wieder so schön wie neu. 2)1

Oberamt Nenenb ü r g.

Verakkordmmig Ml Bauarbeiter!.

Dienstag den 1. September l. I., vormittags 10 Uhr

werden auf dem Rathhaus in Neuenbürg nachgenannte Brückenbauarbeiten im öffent­lichen Abstreich verakkordiert.

1. Die Zimmerarbeiten zur Herstellung einer Jnterimsbrücke über die Enz bei Neuenbürg im Voranschiagsbetrag von

811

2. Die Herstellung der Vorlage auf der zu erbauenden eisernen Brücke über die Enz unterhalb Neuenbürg uud deren Zufahrten im Voranschlagsbetrag von

280 20

Akkocdliebhaber, welche der Inspektion nicht bekannt sind, haben sich mit gemeinde- räthlich beglaubigten Vermögens- u. Fähig- keitszeugniffen zu versehen.

Calw, den 25. August 1885.

K. Straßenbau-Inspektion.

Stuppel.

OilironSri

in sehr schöner, frischer Ware empfiehlt

Fr. Keim.