Wildlinder Ehrnnik.
Amtsblatt für die Stadt Witöbaö.
Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.
Krnurrdzrvcrnzigstev Jahrgang.
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Uro. SS.
Egypten, der Sudan, die Engländer, Türken und Italiener
bilden, wie der „Polit. Corresp." berichtet wird, gegenwärtig vor allem das Gesprächsthema der Pariser politischen Kreise. „Es steht zweifellos fest, daß zur Stunde zwischen den Diplomaten, namentlich in Konstantinopel, ein Meinungsaustausch über die schwebenden Fragen stattfindet. Was jedoch die Jnswerk- setzung der etwa zu fassenden Beschlüsse betrifft, so wird man dazu nicht vor dem Monat November schreiten können. Es schwebt noch in vieler Beziehung im Ungewissen, welche Wendung die Dinge nehmen werden, trotzdem äußert man in den maßgebenden Kreisen keine Besorgnis wegen der schließlichen Regelung der egyptischen Frage. Die Aufgabe der Engländer ist gegenwärtig eine leichtere, da im Lager der Sudanesen Spaltungen bestehen. Außer der Rivalität der Lieutenants des Mahdi scheint ein Aufstand unter den Truppen ausgebrochen zu sein, die den Neffen und Nachfolger des Mahdi in Khartum ermordet haben sollen, um sich des Schatzes zu bemächtigen. Es heißt, daß es gegenwärtig die Derwische sind, die im sudanesischen Lager befehligen. Wenn im Herbst eine Expedition unternommen wird, werden viel weniger Hindernisse zu überwinden sein. Es fragt sich nun, ob diese Expedition von den Engländern und Italienern gemeinsam unternommen werden wird. Man spricht davon, man unterhandelt sogar, aber die Bedingungen für dieses Unternehmen sind schwer festzustellen, und trotz der in italienischen Blättern auftauchenden Gerüchte läßt sich mit Bestimmtheit annehmen, daß Thatsächliches in dieser Richtung noch nicht erfolgt ist. Auch die Gerüchte von einem englischen Protektorate in Egypten verdienen keinen Glauben; nichts Aehnliches ist ernstlich in Erwägung gezogen worden, und man würde auch zu keinem Resultate gelangen." —
Württemberg.
Stuttgart, 24. Aug. Die „Landesztg." schreibt: Unsere Arbeiterverhältnisse in Württemberg werden mit Recht allüberall lobend hervorgehoben. Die Leute bleiben hier gern in ihren Arbeitsstätten und werden umgekehrt auch von den Arbeitgebern lieb und wert gehalten. Wir haben neulich über die Prämiirung von Arbeitern in der Baumwollspinnerei Honau durch Herrn Kommerzienrath Heinrich Solivo berichtet, von Arbeitern, die schon seit dreißig Jahren- dort beschäftigt sind. Heute wollen wir hervorheben, daß die gleichen erfreulichen Zustände in Bezug auf das Arbeitswesen auch in dem Kuhn'schen Etablissement in Berg herrschen. Eine sehr große Anzahl von Arbeitern sind dort weit über 25 Jahre in Arbeit. Heute wieder feiert in der Kesselschmiede dort ein Arbeiter sein 25jähriges Jubiläum, bei welcher Gelegenheit dem Gefeierten ein kleines Fest gegeben wird und ihm Seitens des Herrn Kuhn 100 Mark gespendet werden.
Stuttgart, 24. August. Der Trunk hat gestern, Sonntag Abend 6 Uhr, ein schreckliches Ereignis veranlaßt. Der in der Champignystraße wohnende, 33 Jahre alte Kartoffelhändler, ehemalige Bäcker, Schnabel, war schon vom frühen Morgen an von Wirtshaus zu Wirtshaus gezogen und gelangte schließlich in seinem Rausch unv seinem Uebermut dazu, eine Droschke zu nehmen und in ihr in der Stadt herumzufahren, bis es ihm einfiel, auch seine Frau, welche daheim bekümmert ihres Gatten harrte, zur Drotschkenfahrt einzuladen und abzuholen. Als aber die arme Frau, statt auf den Vorschlag ihres Mannes einzugehen, ihm über sein Leben und Treiben und seine wahnsinnige Verschwendung Vorwürfe machte, wurde der Trunkene rabiat, umfaßte die Arme, drängte sie zum Fenster hin und stürzte sich mit ihr, zwei Stockwerk herab, auf die Straße. Der Mann fiel
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mit dem Kopf auf einen Eckstein und wurde, mit zerschmettertem Schädel, tot aufgehoben. Die Frau entging wie durch ein Wunder dem Tode, erlitt aber einen Armbruch und trug ein Loch im Kopf davon. Sie wurde nach dem Spital gebracht.
— (Herbstmanöver.) Am 19. Sept., wahrscheinlich um 10 Uhr vormittags, findet die große Parade des Armeekorps auf dem Felde bei Pflugfelden ähnlich wie im Jahre 1876 statt, Aufstellung in 2 Treffen mit Front nach Süden. Der Paradeplatz wird mit einem Drahtzaun umgeben und auf der Südseite desselben voraussichtlich für die Zuschauer eine Tribüne erbaut werden, zu welcher die Billete von dem erbauenden Werkmeister Kirschner in Ludwigsburg erkauft werden können. Nach der Parade rücken die Truppen in die, ihnen mit Rücksicht auf die am 21. und 22. Sept. folgenden 2 Manöver des Armeekorps in 2 Abteilungen gegen einander angewiesenen Kantonnements in der Umgebung von Vaihingen und Leonberg. Die beiden Manöver finden in dem Terrain zwischen Strudelbach und Glems statt und werden die Truppen bei guter Witterung in der Nacht vom 21. auf 22., wie in der Nacht vom 22. auf 23. Sept. bivakiren. Am 23. Sept. wird ein Manöver des ganzen Armeekorps gegen einen markirten Feind in der Gegend von Münchingen gehalten werden, nach dessen Beendigung die Truppenteile direkt in ihre Kasernements teils zurückmarschiren, teils per Bahn zurückbefördert werden.
— Von maßgebender Stelle erfahren wir, daß häufige Gesuche um vorzeitige Entlastung von im aktiven Dienste befindlichen Mannschaften unter Umgehung des vorgeschriebenen Dienstwegs unmittelbar an das Generalkommando oder an die Person des kommandirenden Generals gerichtet werden. Da nun den Beteiligten durch die Aufstellung solcher Gesuche nicht unerhebliche Kosten erwachsen, ohne daß der beabsichtigte Zweck erreicht würde, so glauben wir die beteiligten Kreise in ihrem eigenen Interesse darauf aufmerksam machen zu sollen, daß Reklamationsgesuche nach den gesetzlichen Bestimmungen nur dann Aussicht auf Berücksichtigung haben, wenn dieselben durch die zuständigen Behörden, d. h. durch das Oberamt bezw. die Ersatz-Kommission des Heimatsortes an den Ober-Rekrutierungsrat und erst dann an das Generalkommando gelangen.
Kakw, 21. August. (Richtfeier.) Nachdem der Rohbau unserer evangelischen Stadtkirche vollendet und glücklich unter Dach gebracht worden ist, wurde nach altem Brauch am 20. d. Mts. Nachmittags 5 Uhr eine „Richtfeier" veranstaltet, wozu sich sämmtliche Arbeiter und Meister, die bürgerlichen Kollegien, die Schuljugend mit ihren Lehrern und eine große Anzahl hiesiger Einwohner eingefunden hatten. Nach gemeinschaftlicher Absingung des Liedes: „Nun danket alle Gott" sprach Herr Dekan Berg ein ergreifendes Gebet, wo er namentlich auch Gott den Dank dafür aussprach, daß er bei 1'/-jähriger Bauzeit uns vor jedem Unfall bewahrt hat. Es folgte noch eine kurze Ansprache des Baumeisters, der Zimmerspruch eines Gesellen und gemeinschaftlicher Gesang, damit war der offizielle Teil des Festes beendigt. Abends vereinigte sich eine größere Anzahl hiesiger Herren mit den Meistern und Arbeitern im Dreiß'schen Saale, wo jeder der letzteren mit Speise und Trank bewirtet wurde. — Die in edlem gothischen Style gehaltene Kirche soll bis Herbst 1886 vollendet werden. Auch die im Neubau stehende katholische Kirche ist unter Dach gebracht und soll noch dieses Jahres dem Gebrauch übergeben werden.
Won der Magold, 24. August. Einen Apparat zur Lebensrettung bei Brandfällen erfand und konstruirte in Verbindung mit den Mechanikern Heim und Scherer in Karlsruhe der Schullehrer Heim in Leonbronn, welcher schon in den 70er Jahren
Mittwoch, den 36. August