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fallenen war es, als würde ihm das Rückgrat im Leibe gebrochen. Vor den Augen sing es dem Armen an zu flimmern. Aechzend stemmte er sich gegen die eiserne Umklammerung und wich nach­gebend zurück, doch um Hilfe rief er nicht. Wer sollte dem Be­drängten auch Beistand bringen im tiefen Wald? Diese An­wandlung von Schwäche entging dem Wilderer keineswegs. Mit aller Wucht warf der riesige Mensch seinen Körper nach vorn über. Der Waidmann vermochte dem Anprall nicht zu widerstehen. Rücklings stürzte er zu Boden, und als ihn noch ein Schlag seines erbitterten Gegners in das Gesicht traf, schwand dem Unterlegenen das Bewußtsein. Wie ein blutdürstiges Tier betrachtete der Sieger sein Opfer.Warte!" höhnte er unter teuflischem Lachen;solch' Ungeziefer, wie Ihr, die dem Staate nur unnütziges Geld kosten, muß man vertilgen. Das gebietet die Klugheit. Hättest Du mich überwältigt, kam ich dran. So ist's aber jedenfalls besser. Doch etwas Amüsement muß ich mir für die erlittenen Schuß­schmerzen schon ausbitten!" Der vollständig entmenschte Wüterich zog ein paar dünne Stricke aus der Tasche, band dem Bewußt­losen die Hände auf den Rücken, legte um die Füße eine starke Schleife und trug den Willenlosen bis an eine der hohen Tannen, die in unmittelbarer Nähe des Pfades standen. Hier hob der leibhaftige Teufel die Beine des Unglücklichen in die Höhe und hing sie an einem der unteren Aeste auf. Ein wahrhaft infer­nalisches Freudengebrüll stieß nun der halb vom Wahnsinn Um­fangene aus, als er sah, wie der Kopf seines Opfers gerade auf einen Ameisenhaufen zu ruhen kam.So, mein Junge!" grinste der Schreckliche.Bis der Tag anbricht, ist Alles vorbei und Dein Mund auf ewig stumm. Nun ruhe recht angenehm! Ich kann mit dem besten Willen nicht mehr bei Dir bleiben!" Lachend ging das Ungeheuer davon.

Die aufgestörten Ameisen krochen dem armen Förster in das Gesicht und bespritzten cs mit ihrer ätzenden Säure. Da kam der Ohnmächtige zu sich. Das Blut war ihm zu Kopf geschossen, und er mußte die Augen der bösen Jnsecten wegen wieder schließen. Hilfe!" stöhnte der bedauernswerte Mann. Der abermalige Ruf erstarb auf seinen Lippen, denn unzählige der kleinen erbosten Tiere hatten sofort den Weg in den Mund des Hängenden ge­funden. Verzweifelt zerrte der Gefesselte mit den Füßen am Strick, um die Bande zu zerreißen; auch die Hände drehte der Verlassene hin und her, damit der Knoten sich lockere. Alle Anstrengungen scheiterten aber an der Dauerhaftigkeit des Handgedrehes. In­zwischen hatte sich behutsam und leise ein Mensch der Stätte ge­nähert, der vorsichtig aus dichtem Gebüsch soviel es das Dämmer­licht zuließ, das Terrain zu observiren schien. Der Nahende muß den dumpfen Hilferuf gehört haben, denn er strengte die ganze Kraft seiner Sehorgane an um die Gegenstände zu unter» scheiden. Ein herzdurchschneidendes Wimmern wurde hörbar. Der Forschende trat näher. Jetzt wieder ein qualvolles Stöhnen. Ihm ging der Lauschende nach. Bald hatte er die Tanne er­reicht, an welcher der bedauernswerte Höllenpein erlitt. Ein Blick auf den Unglücklichen ließ ihn die ganze Katastrophe errathen. Herr, Du meines Lebens."In welcher entsetzlichen Lage muß ich Sie hier finden, Herr Förster?" sprach teilnahmsvoll der Mitleidige und leuchtete mit einem angebrannten Zündhölzchen dem Halbtoten in's Angesicht.Ein Schinderhannes hat nicht gräßlicher mit seinen Widersachern gehandelt wie die, welche Sie hier zur Marter aufknüpften!" Geschäftig und gewandt begann dann der Retter in der Not die Fesseln des Röchelnden zu lösen. Der Strick an den Handgelenken aber zeigte sich stark einge­schwollen in das Fleisch. Mit den Zähnen erst gelang es dem Samariter, den Knoten zu öffnen. Nun war Witowsky frei und gleich darauf auch dem Bereich der zornigen Ameisen entrückt.

(Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

Eine deutsche Arbeitsstätte. Die Krupp'schen Werke zu Essen gewinnen immer mehr sowohl räumliche Aus­dehnung, als auch stete Vermehrung des Arbeiterpersonals. Im Jahre 1860 hatte sie 1764 Arbeiter, eine Anzahl, die sich im Jahre 1870 auf 7084 gehoben hat, während sie nunmehr über 20 000 beträgt. Zählt man die Frauen und Kinder, deren Lebensunterhalt von dem Etablissement abhängt, dazu, so ergibt sich eine Arbeiterbevölkerung von nicht weniger als 65 381 Köpfen, von welchen gegen 29000 in den Häusern leben, welche zu den Werken gehören. Die verschiedenen Abtheilungen des Krupp'schen Unternehmens sind acht an der Zahl und begreifen in sich: die Werkstätten zu Essen, 3 Steinkohlengruben zu Essen und Bochum, 547 Eiscngruben in Deutschland, Minen im nördlichen Spanien in der Nähe von Bilbao, die Schmelzöfen, ein Versuchsplatz zu Meppen für Erprobung von Geschützen nebst verschiedenen anderen

Plätzen. Der Schmelzöfen sind 11, der Puddel- und Heizöfen 1541, der Dampfkessel 439 und der Dampfmaschinen 450 mit 185 000 Pserdekräften. In Essen allein nehmen die Werke nebst dem Eisenbahnbetrieb 59 Km. Eisenbahngeleise mit 88 Locomotiven, 893 Wagen, 69 Pferden, 191 Draisinen, 65 K. Telegraphenleitung, 35 Telegraphenstationen und 55 Morse'sche Apparate in Anspruch.

Ein an der Kinzig wohnender Bürgemeister, dessen Ge­meinde viel von vagabundirenden Handwerksburschen und Stromern heimgesucht wird, hat am Eingang des Ortes folgenden Anschlag angebracht:Hier ist Hausbettel verboten. Wer eine freie Nacht­herberge in Anspruch nimmt, muß eine Maß Steine (zu Straßen­material) klopfen." Zu diesem Zwecke liegt der Steinhaufen in der Nähe des Herbergshauses, am Morgen muß vor der Abreise, be­vor die Schriften verabfolgt werden, das bestimmte Maß (ein Kästchen voll Steine) geklopft sein. Welche Wirkung diese An­ordnung auf die Stromer und Tagediebe ausübt, läßt sich leicht erraten. Auch möchte man sie zur Nachahmung anraten.

Ein Freiwilliger, der sein Jahr bei der Artillerie abdiente, dabei ein fideler Bruder war, kam mit seinem monat­lichen Wechsel stets zu früh aus. Er schrieb daher an seinen Vater in der Provinz wiederholt Briefe, in denen er um Geld bat; er motivirte auch anfangs, wofür er es gebrauche oder schon verbraucht habe. Daß er noch einen Säbel, Helm oder der­gleichen haben müsst, durfte er gar nicht mehr schreiben, so oft hatten diese Gegenstände schon herhalten müssen. Als ein Pferd ebenfalls nicht mehr vorgeschoben werden konnte, sendete er eine neue Geldnotadresse ab, ohne nähere Angabe. Da der Vater aber erst kurz vorher eine größere Summe gesandt hatte, frug dieser an, wofür er denn schon wieder Geld gebrauche. Nach einigen Tagen kam die Antwort: er müsse sich eine neue Kanone anschaffen! Der Vater schrieb ihm hierauf: Ich bin mit Krupp bekannt, ich werde Dir die Kanone selbst kaufen, gib mir nur das Kaliber recht genau an! Natürlich Tableau! Die Bezeichnung des Kalibers blieb aus, aber der brave Artillerist heißt seit dieser Zeit bei seinen Freunden noch bis heuteKanone".

Wieder eine neue Pariser Herrenmodel Nach der weißen Kravatte haben nunmehr die Pariser Elegants auch dem weißen Hemde den Krieg erklärt. Man schreibt aus Paris: Seit einigen Tagen sieht man auf den Boulevard junge Leute mit farbi­gem Hemde und weißen Manchetten und Kragen herumlaufen. Gestern Abend bemerkte man im Cirque, sowie im Theatre Franxais einige dieser Modenarren in folgendem Aufzuge: Schwarzen Frack, feuerrothe Cravatte und blaucarrirtes Hemd mit weißem Kragen. Die jungen Lasten können sich rühmen, einen großen Neugierde- Erfolg errungen zu haben.

(Standesgemäß.) Kaufmann:Ist es wahr, daß der Herr Oberbürgermeister den Arm gebrochen hat?" Köchin des Oberbürgermeisters (pikirt):Der Herr Oberbürgermeister haben keinen Arm, sondern einen Oberarm!"

Unzweifelhaft ist dasBerliner Tageblatt" hinsichtlich der Reichhaltigkeit, Mannichfaltigkeit und Gediegenheit seines Inhalts die interessanteste und anregendste Zeitung Deutschlands. In Folge dessen vermochte es sich einen festen Stamm von 70,000 Abonnenten zu erwerben und sich gleichzeitig zu der gelesensten und verbreitetsten Zeitung Deutschlands emporzuschwingen. Durch täglich zweimaliges Erscheinen ist dasB. T" in der Lage, alle Nachrichten stets 12 Stunden früher als jede nur einmal täglich erscheinende Zeitung zu bringen. DasB. T." beobachtet eine gänzlich unabhängige, frei­sinnige politische Haltung und unterhält Spezial-Correspondenzen an allen wichtigen Plätzen, daher rascheste und zuverlässigste Nach­richten; bei bedeutenden Ereignissen umfassende Spezial-Telegramme. DasB. T " bringt ausführliche Kammerberichte des Abgeordneten- und Herrenhauses, sowie des Reichstages. Umfassende Handels­zeitung und Curszettel der Berliner Bärge. Reichhaltige und wohl­gesichtete Tagesneuigkeiten aus der Reichshauptstadt nnd den Pro­vinzen. Theater, Musik und Kunst, Litteratur und Wissenschaft werden im Feuilleton desB. T-" in ausgedehntem Maße gepflegt; außerdem ergcheinen in demselben Romane und Novellen der ersten Autoren. Im Roman-Feuilleton des nächsten Quartals erscheint Quartett", Berliner Roman von Fritz Mauthner;Die Geschichte der stillen Mühle" von Hermann Sudermann. Außerdem erscheint imZeitgeist" die neueste Novelle von Paul HeiserHimmlische und irdische Liebe." Eine weitere Bereicherung des Inhalts hat das B. T." erfahren, indem es jetzt auch Montags mit der feuillet. BeilageDer Zeitgeist" erscheint. Diese Zeitschrift enthält einen hervorragenden Theil der Aufsätze desDeutschen Montags-Blatt", das sich bekanntlich der Mitarbeiterschaft der bedeutendsten zeitge­nössischen Schriftsteller erfreut. Außerdem empfangen die Abonnen­ten desBerliner Tageblatt" drei werthvolle Separat-Beiblätter: das illustrirte WitzblattUlk", das belletristrische Sonntaasblatt Deutsche Lesehalle", dieMittheilungen über Landwirthschaft, Gartenbau und Hauswirtschaft" zu dem enorm billigen Abonne­mentspreise von nur S Mark 2S Pf. für das Vierteljahr. Man beliebe das Abonnement bei dem nächstgelegenen Postamt schleunigst anzumelden, damit die Zusendung des Blattes vom 1- Juli ab, pünktlich erfolge.