202
im Allgemeinen von einem großen Geist der Versöhnung geleitet wurde; er hoffte so dem deutschen Reich die Sympathien der Bevölkerung zu erwerben und diese früher oder später mit einer autonomen und regelmäßigen Regierung auszustatten. Das Land wußte ihm großen Dank für seine wohlwollenden und väterlichen Gesinnungen. Der Marschall nimmt die respektvolle Achtung der Elsässer mit sich, welche ihm immer Dank wissen werden für die wohlwollende Haltung, die er ihnen gegenüber beobachtete. Er ist gestorben, ohne sein Werk vollenden zu können, welches er mit Ausdauer verfolgte und welches der besten Erfolge würdig war."
Das war früher anders! Wenn vor 15 und 20 Jahren noch im Ausland ein Deutscher Unrecht erlitt, so mußte er es erleiden. Gott sei Dank, heutigen Tages ist es besser geworden! In Warna in Bulgarien hatten Polizeibeamte zwei Deutsche unrechtmäßig verhaftet. Sofort schritt der deutsche Generalkonsul ein, die deutschen Unterthanen wurden befreit und entschädigt und die bulgarische Behörde mußte sich auch noch höflich für ihre Ungeschicklichkeit entschuldigen.
Wieder ein deutscher Sieg in fernen Weltteilen, der hervorgerufen wurde durch das Eintreffen des in Bremen für Rechnung des Schahs von Werste« erbauten Kriegsdampfers „Persepolis". Und der Dampfer, welcher am 30. April in dem persischen Seehafen Busher eintraf, ist in der That ganz geeignet, den Persern einen hohen Begriff von der Leistungsfähigkeit unserer Industrie beizubringen. Auch wurde dem Ankömmling und dessen ausschließlich deutscher Bemannung ein äußerst ehrender Empfang seitests der Behörden und der Bevölkerung zu theil. Die deutschen Seeleute werden bis auf Weiteres in persischen Diensten verbleiben und gewiß dazu beitragen, daß das Ansehen des deutschen Namens in Persien immer höher steigt.
Karlsruhe soll mit Frankfurt durch eine Fernsprech-Ein- richtung verbunden werden. Zu diesem Ende sind 12000 Mark aufzubringen. Von größeren Bankiers wurden bereits 8400 M. gezeichnet.
Das zweite Quartal der Hffenkurger Schwurgerichts-Sitzungen muß diesmal ausfallen, da kein einziger Fall zur Verhandlung vorliegt. Das Ereigniß wird überall freudig begrüßt. Spaßvögel meinen, Fürst Bismarck werde jetzt wohl seine Vorlage bezüglich „Erleichterung des Geschworenendienstes" zurückziehen.
In Lauda« (Pfalz) mußte einer der zu den Hebungen ein- gezogenen Landwehrmänner, natürlich „a Bierbräuer!" wieder entlassen werden, weil unter den gesummten Beständen der Garnison weder eine Uniform noch eine Säbelkoppel gefunden werden konnte, welche im Stande gewesen wären, die Körperfülle jenes Landwehrmannes zu umschließen.
Jn ZZerlitt und Moabit sinken die Maurer; sie verlangen zehnstündige Arbeit und 50 Pfennige mehr Lohn als bisher.
In Lichtenau bei Paderborn sind am 14. Juni 22 Wohnhäuser vollständig niedergebrannt.
Die Cholera macht in Spanien Fortschritte. Nach den Berichten aus den Provinzen Murcia, Valencia und Castellon sind daselbst in den letzten Tagen 575 Erkrankungen und 222 Todesfälle vorgekommen; in Madrid sind 5 Personen an der Cholera gestorben.
Aus ßincinnati kommt die Meldung von dem Einsturz des unter dem Fluß Tenessee gegrabenen Flußtunnels. Der Einsturz des Tunnels erfolgte in dem Moment, da ein Zug der Südbahn durch denselben fuhr. Die Gasleitungen wurden zerstört und es herrschte nach der Katastrophe die dichteste Finsternis. Das ge- sammte Zugpersonal wurde getödtet. Von den Passagieren sind nach den ersten Berichten 16 Todte und 30 Schwerverletzte. Die Aufregung der Bevölkerung von Cincinnati ist sehr groß. Die Menge zog vor das Verwaltungsgebäude der Südbahn und drohte, dasselbe zu stürmen, wurde aber von der Polizei verjagt. Es wurde schon früher darüber geklagt, daß die Steine des Tunnels unter dem Fluß Tenessee sich lösen und herabfallen.
— Allerlei. Für Provenienzen aus spanischen Mittelmeerhäfen ist in Triest eine zehntägige Observationsreserve verfügt. — In Bern wurde am 20. Juni früh 5 Uhr 17 Minuten ein kurzer, aber ziemlich kräftiger Erdstoß verspürt. — Bei einem Grubenunglück in Cliftonhall (England) sind nach den neuesten Ermittelungen 140 Personen umgekommen. — Dem „Reu- ter'schen Bureau" wird aus Bombay unterm 20. Juni gemeldet, daß 2000 Afghanen als Verstärkung von Kandahar in Herat eingetroffen sind. — Der Verlust an Menschenleben in Folge des Erddebens in Kaschmir ist jetzt amtlich auf 3881 angeschlagen; außerdem sind etwa 70,000 Häuser zerstört worden. — Nach in New-Aork cingegangenen Nachrichten aus La Libertad ist der Frieden in San Salvador wiederhergestellt.
— Die Strikebewegung in Brünn nimmt zu. Dagegen kommt aus Amerika die Meldung, daß der große Streik in Pittsburg durch einen Ausgleich zwischen den Fabrikanten und Arbeitern beendet ist. — Die durch ein gesunkenes Baggerschiff verursachte Sperrung des Suezkanals ist wieder beseitigt. — In Tourcoing fand eine Kesselexplosion in der dortigen Wollwäscherei statt. Der Besitzer Prosper und 14 Arbeiter sind todt, 18 schwerverwundet. Das Etablissement ist völlig zerstört.
<2^ Tnitrchalirndts.
schwarze Wcrbenkopf.
Eine Wilöerergeschichte von K. Itoöoksky.
(Fortsetzung.)
Ein gräßliches Hohngelächter war die einzige Antwort des Davonstürmenden. Während das athemlose Mädchen die schützende väterliche Wohnstätte aufsuchte, hastete der Wilddieb, schäumend vor Wut, in die Nacht hinaus. Ihm war's jetzt ganz gleichgültig, was aus ihm werden mochte. Noch ehe der Tag anbrach, wollte er herausfordernd eines der Rehe schießen, die in nächster Nähe der Försterei ihren Wechsel hatten. Wehe dann, wenn ihm der neue Gehilfe in die Quere kam! Am Ende liebte sie gar den nüchternen und diensteifrigen Vertreter ihres Vaters? „Der Lump erschlich sich durch glattes Wesen Elsas Zuneigung!" wütete der Zweifelnde. „Oder sollte ihr Herz doch einem Anderen bereits gehören? Der Tag, an welchem sie ihrem Liebsten die Hand -reicht," knirschte der Verschmähte, „wird ihr und mein Todestag sein!" Da schien es dem Ueberkochenden, als wenn Jemand, ein Stückchen pfeifend, sich ihm näherte. Der so schmachvoll Heimgeschickte blieb stehen und horchte. Richtig, ein Mensch kam den Pfad dahergegangen. Jnstinctiv trat Wetterhart hinter einen Baum. Er wollte nicht gesehen sein und doch wissen, wer zu solch' nachtschlafender Zeit im Walde umherstreiche. Vielleicht pfuschte ihm ein anderer Dörfler in's Handwerk! Scharf blickte der Spähende aus den Fußsteig. Jetzt bog eine große Gestalt um das Haselgesträuch. Trotz des zweifelhaften Lichtes sah der Aufpasser, daß der dahinschreitende Mann eine Flinte aus dem Rücken trug. Nun hob sich auch die Försteruniform von der Dämmerung ab. Wie ein Luchs starrte der Schwarze auf den Kommenden. „Beim Hackelberg! der Hund ist's!" knirschte er. „Jetzt oder nie! Wir wollen den Schuß von neulich ausgleichen, vermaledeite Blindschleiche! Eigentlich ist's wohl nicht waidmannsgemäß, wenn ich heute nur mit einem Knittel heimzahle; aber 's ist eben so gut gemeint." Der Wegelagerer faßte den oben mit dickem Knorrwerk versehenen Eichenstock fest am unteren Ende und suchte mit Gewalt überlegene Ruhe zu gewinnen. Das Blut kochte dem Jähzornigen noch immer in den Adern und die Augen drohten aus den Höhlen zu treten. Friedlich zog der Förster seines Weges. Er wollte den folgenden Tag ungesäumt in die Stadt eilen, um dem Untersuchungsrichter von dem erfolgreichen Vigiliren Mitteilung zu machen und auch die Vernehmung des jungen Ackerknechts zu veranlassen. Da brach dicht in seiner Nähe ein dürrer Zweig. Der Stutzende hielt den Fuß an und griff nach der geladenen Flinte. Im selben Augenblicke aber schwirrte ein Schlag schwer durch die Luft. Ein greller Aufschrei erfolgte und der Waidmann stürzte blutriefend zu Boden. „Das nimm vorläufig. Du Lump!" krächzte der Wilderer, indem er zu neuem Hiebe ausholte. Wytowsky war nicht auf den Ueber- fall vorbereitet gewesen, und der Schlag hatte ihn auch dermaßen betäubt, daß er sich im Moment nicht auf den Füßen zu halten vermochte. Als er jedoch den drohenden Menschen mit erhobenem Knittel wieder auf sich zustürzen sah, sprang er, ungeachtet der stechenden Schmerzen an der Wange, wie das Wetter in die Höhe und fing den Angreifer mit den Armen auf. Auge um Auge hielten sich nun die beiden Männer umfaßt, und ein Ringkampf auf Leben und Tod begann. Es war ein umheimliches, wütendes Stampfen, das hier zur Nacht im stillen Walde stattfand. Dabei gab keiner der beiden Männer auch nur einen Laut von sich.
Dem Förster stand neben ganz bedeutender Körperzähigkeit eine große turnerische Gewandtheit, die er beim Militär errungen, zur Seite. Rabenkopf ließ die rohe, unbändige Kraft seiner Muskeln spielen. Der Waidmann hatte seinen Gegner schon mehrere Male in die Höhe gehoben und suchte ihn in gewandtem Wurf zu Boden zu wirbeln. Das hatte der Eisenfeste indessen dadurch zu verhindern gewußt, daß er immer wieder präcis auf die Füße sprang. Jetzt ging auch der Schwarze zu energischerem Angriff vor. Er preßte den Feind mit einem Griff über das Kreuz unter Anspannung aller Sehnen an sich. Dem lieber-