Amtsblatt
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Hiezu: Illustrie rtes Sonntsgsblstk und während der Saison: Amtliche Fremd en l i II lf Kr. 122 j
Samstag, den 8. Oktober 19 tt
1 50. Iudraailti.
Kriegsnachrichten.
Einen vom Generalkommando zur Veröffentlichung genehmigten Feldpostbrief, welcher sehr anschaulich die vom 7. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 125 mitgemachte 4-Tageschlacht in der Gegend von Vaubecourt schildert und für uns Wild- bader umso interessanter ist, als viele unserer Söhne bei diesem hart mitgenommenen Regiment stehen, entnehmen wir dem „Schwab. Merkur". Derselbe lautet:
I-. (GKG.) Ich will versuchen. Euch in Nachstehendem eine ungefähre, möglichst getreue Schilderung der von mir „och miterlebten, furchtbaren 1 Tageschlacht in der Gegend von Vaubecourt zu geben. Es ist ja fast unmöglich, und die Feder sträubt sich, diese fürchterlichen Greuel einer solchen Schlacht zu beschreiben. Auch ist der Gesichtspunkt des einzelnen Mannes viel zu klein, um einen größeren, umfassenden und verständlichen Bericht abzufassen. Nur Episoden, deren direkter Augenzeuge man war, kann man beschreiben; das große Ganze besorgt ja die Zeitung.
Nachdem wir Freitag abend (4. Sept.) nach anstrengendem Marsch in glühender Sonnenhitze eine Stelle von etwa 5 Irin von El. erreicht hatten und uns schon auf die so nötige Ruhe auf dem nackten Boden sehnten, kam der Befehl, daß in der Nacht das schön gelegene El. mit dem Bajonett gestürmt werden solle. Nun wußte» wir, daß es wieder einmal, wie schon so oft, nichts wurde mit dem Schlafen. Um 12 Uhr gab's denn auch Alarm und in aller Stille wurden die Kompagnien aufgestellt, ganz an der Spitze, wie immer, das bereits sehr zusammengeschmolzene 3 . Bataillon Vcs JnfanterieiRegiments 125 . Der nun folgende Befehl, die Gewehre zu „entladen", wurde etwas zögernd ausgeführt, denn es ist ein eigenartiges Gefühl, mit ungeladenem Gewehr dem nahen Feinde enlgegenzutreten. Aber Ihr kennt ja den unerschütterlichen Gehorsam und das große Vertrauen unserer Braven in ihre Offiziere. Nun wurde das Seitengewehr aufgesteckt, und um 1 Uhr früh ging's unter großem Schweigen los. Nichts war zu hören als das Stampfen der vielen schweren Stiefel auf
dem Boden. Da tauchen in der Dunkelheit die ersten Häuser der kleinen Stadt auf. Jeder hält krampfhaft sein Gewehr umspannt; jeden Augenblick erwarten wir den ersten Bleihagel in unsere geschlossenen Reihen. Jeder schaut angestrengt in das Dunkel hinein. Doch nichts erfolgt; kein Schuß fällt; 2 Rotten rechts, 2 links, ganz an die Häuserreihen gedrückt, geht's durch die Straße»; verlassen ist die Stadt.. Jenseits, am Rande der Stadt, wird Halt gemacht und wachend in einem Obstgarten erwartet unsere Kompagnie den Morgen. Wie froh sind wir, als es Heller wird und wir unsere „Knarren" wieder laden dürfen. Bis 12 Uhr mittags liegen wir da, dann geht's weiter über A., Fr., W. auf Ev. Glühend heiß brennt die Sonne wieder, es ist Samstag. 5. Sept. Da kommt die Meldung, daß zwei Divisionen feindliche Kavallerie, sowie starke Infanterie uns angreifen werden. Sofort werden Schützen- und Deckungsgräben ausgehoben. Eine eigene Batterie neben uns giebt einige Gruppen ab und schon wird der Rückzug des Feindes gemeldet. Nun schleicht sich unsere großartige Feldküche heran und jeder erhält seinen Kochgeschirrdeckel voll gekochten Reis mit Fleisch, ein herrliches Essen. Und nun hinein in das soeben ausgehobene Loch, das unser Bett für die Nacht wird. Gott, wie schnattere ich mit meiner vollständig nassen, durchschwitzten Unter- und Oberkleidung! Auch meine Strümpfe sind ganz naß, denn ich war bis über die Beine in einen Sumpf geraten. Den erquickenden Schlaf könnt Ihr Euch denken. Aber wir sind schon zufrieden, wenn's nur vorwärts geht. Wir alle wissen, fühlen, daß es, morgen heiß hergehen wird, denn morgen ist's Sonn-' tag, heiliger Sonntag, und immer Sonntags hatten' wir die fürchterlichen Schlachten. Abwechselnd wird gewacht nachts, in jeder Gruppe ein Mann. Es wird hell, die Sonne zeigt ihre ersten Strahlen, alles atmet Ruhe um uns her. Das Wetter verspricht schön zu werden. Wir liegen nun alle wach im Graben, jeder hängt seinen Gedanken nach und man hört aus einzelnen Aeußerungcn, daß die braven Kameraden mit ihren Gedanken zu Haus bei ihren Lieben weilen, bei ihren Lieben, die sich jetzt wohl zum sonntäglichen Gang in die Kirche
richten. Doch die Feldküche ist gemeldet und zugweise wird Kaffee gefaßt. Wie das gut tut, dieser Becher voll Kaffee ohne Zucker und Milch I Gleich geht's wieder in die Gräben. Schon glauben wir, es gebe wieder einen neuen Marschtag ohne Kampf, als plötzlich, etwa um 8 Uhr, die erste französische Granate mit dem bekannten schnellzugsartigen Sausen und furchtbaren Krach uns den ersten Morgengruß bringt. Und nun folgt Krach auf Krach, vor uns, hinter uns, neben uns. Wir fühlen sofort: hier können wir nicht bleiben; also vorwärts im fürchterlichen feindlichen Artilleriefeuer. Durch die Löcher der soeben geplatzten Granaten springen wir, in lichten Schützenlinien. Schon rufen wieder arme, verwundete Kameraden um Hilfe, aber wir dürfen ja nicht, nur vorwärts, einen kahlen Hang hinunter, durch ein Dorf, in dem die feindlichen Granaten dutzendweise auf den Straßen krepieren, durch einen Bach, eine Anhöhe hinauf und hier, in einem kleinen Obstgarten, nehmen wir Stellung. Wir sind etwa ein Zug, mit einem Vizefeldwebel und einigen Unteroffizieren, jedoch ohne Offizier; etwa 800 m vor uns liegt ein Wald und am Rands des Waldes unterscheiden ivir nun die feindlichen Schützengräben. Jetzt können wir uns wenigstens wehren. Ich lege eben an zum ersten Schuß, als mein Nebenmann einen dumpfen Laut von sich gibt. Ich setze ab, sehe hin und blicke in das verzerrte Antlitz eines Toten. Armer Kerl! Doch nun schieße ich auch. Bereits verlassen die Franzosen ihre Stellungen, doch wie sie ausstehen, werden sie von unseren Kugeln hingemäht. Schon hört man den Ruf: der Gegner geht zurück, da will sich mein Vizefeldwebel mit dem Glas überzeugen, richtet sich ein wenig auf, nimmt das Glas an die Augen und fährt im nächsten Augenblick mit eurem Aufschrei zurück. Ich rufe: Wo fehlr's l Da lacht er und zeigt mir sein vollständig zertrümmertes Glas. Ec halte keinerlei Verletzung! Es geschehen Wunder! Und nun geht's wieder vorwärts, an Verwundeten, Sterbenden, Toten vorbei, im furchtbaren feindlichen Feuer, immer vorwärts. Der Wald ist erreicht, hindurch mit aufgepflanztem Seitengewehr und Hurrah! Mein letzter, lieber Leutnant d. R. D. fällt; meine armen Kameraden bleiben rechts und links liegen
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
801 (Nachdruck verboten.)
„Ich verbitte mir deine dummen Scherze!" sagte sie heftig.
„Ein Scherz," meinte Robert, „und so böse sein, das stimmt nicht zusammen!"
Klara öffnete rasch die Tür zum Nebenzimmer.
„Du weißt, daß ich es nicht liebe!" sagte sie kurz.
Die Försterin rauschte im größten Staat herein.
„Pardon, daß ich Sie ein wenig habe warten lassen!" lächelte sie.
„Ich bewundere Ihre Schnelligkeit, gnädige Frau!" schmeichelte Robert. „Nicht alle Damen verstehen es wie Sie! Die Kunst der Toilette ist vielleicht die Müßte, schwierigste aller Künste!"
Frau Adelheid war entzückt!
„Ach, nicht wahr, das habe ich auch immer geglaubt!" Sie betrachtete sich wohlgefällig im Spiegel. »Ich bin wirklich sehr zufrieden!"
„Aber jetzt allons, Mama," rief Otto ungeduldig, «es ist höchste Zeit, das Konzert wird bereits begonnen haben!"
„Tut nichts," meinte die Försterin, „es ist ja nur sei», ein wenig zu spät zu kommen, gerade wie im Theater!"
„Ja, ja, die gnädige Frau Mama weiß schon, was -um guten Ton gehört!" lächelte Robert Otto zu.
„Ei. ich müßte mich ja schämen, wenn es anders Wäre!" sagte diese, die seine Worte gehört hatte.
. Otto trat zu ihr.
„Deinen Arm, Mama!"
„Immer galant!" schmunzelte Frau Adelheid, und nahm den Arm des Sohnes. „Was der Vater auch sagt, du bist doch ein Herzensjunge!"
Und ohne sich weiter um Klara zu kümmern, die sich noch im Nebenzimmer zu tun machte, verließen die drei die Wohnung.
6. Kapitel.
Als Klara das Wohnzimmer wieder betrat, warf sie sich auf das Sofa und stützte den Kopf in die Hände.
„Sie gehen alle," sprach sie vor sich hin, „ohne mir Adieu zu sagen, und lassen mich allein! Es ist wahr, ich will es so. Es ist auch das beste!".
Entschlossen die Anwandlung sentimentaler Schwäche von sich abschüttelnd, sprang sie aus und trat an das Fenster.
Drunten auf der Straße sah sie eben noch die Ihren vorübergeben. Ein wehmütig-bitteres Lächeln umspielte ihren Mund.
„Es ist Heuchelei von ihm, ich weiß es," fuhr sie fort, laut zu denken, „nicht ihr zulieb, des Geldes wegen tut er's! O, Gott, daß es so weit mir ihm kommen mußte! Aber dieser Herr von Hohlen und die anderen, es sind die bösen Geister, die ihn verführen! Wenn er einen andern Umgang hätte, mit einem wahren Mann wie Hellborn, aber nein," unterbrach sie ihr Selbstgespräch, „ich will gar nicht daran denken, es ist ein Unglück dabei. An jenem Tage, da ich mit ihm sprach, habe ich das goldene
Herz verloren. Wenn der Vater es bemerkte! Er glaubt, es hänge noch an der Schnur, die ich um den Hals trage!"
Sie öffnete das Fenster und lehnte sich ein wenig hinaus.
„Könnte ich ihn nicht auch sehen?" fuhr es ihr durch den Sinn. „In der Union findet sein Vortrag statt, nicht sechs Häuser von hier, das große Gebäude mit dem Säuleneingang, das man von hier aus sehen kann."
Sie blickte nach der Uhr. Es war noch viel zu früh-
„Ach, wenn ich hinüberfliegen könnte, ein paar Minuten." sann sie weiter, „eine Viertelstunde nur, niemand würde mich vermissen und ich könnte ihn hören, seine Stimme!"
Jäh stockte ihr Gedankengang.
„Mein Gott, was ist denn das?" flüsterte sie. „Steht dort vor dem Hause" — sie beugte sich rasch aus dem Fenster, zog sich aber ebenso rasch mit ganz roten Wangen wieder zurück, — „die Gestalt — er ist es, Hellborn! Er blickt hierher, und jetzt — jetzt geht er, o, wie schade, geht! Nein, Herr im Himmel, er kommt hierher, ja, er ist es wirklich, und, mein Gott, er grüßt mich!"
Sie konnte nicht anders. An allen Gliedern bebend, mußte sie seinen Gruß vom Fenster herab erwidern. Dann aber wich sie verschüchtert vom Fenster hinweg und verbarg sich hinter der Gardine, um hennlich seine weiteren Schritte ru beobachten.