iNaderMonik

Amtsblatt

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Dienstag, den 29. September 1914

50. Iabraana.

Kriegsnachrichten.

Auf dem Felde der Riefenfchlacht.

Eine erschütternde Schilderung von einem Kampf­felde in der Nähe von Meaux gibt der Sonder­berichterstatter desGaulois", dem es gelungen war, auf die blutgedrängte Walstatt zu gelangen. Alles ist zerstört," schreibt er,zertrümmert, dem Erdboden gleichgemacht. Es ist, als hätte ein Wirbelsturm von Eisen und Feuer das Dorf ver- wüstet. Dre Kirche ist nur noch ein Skelett. Die Wände sind durchlöchert wie Spitzen. Der Turm ist eingestürzt. Die große Turmuhr ist von einer Granate getroffen, die eine Hälfte der Uhr in ihrer Steinhöhle ließ und die andere auf die Straße warf. Vor einem Tor steht in einsamer Verlassenheit eine Gliederpuppe, die ein Soldat i» spaßhafter Anwendung aus dem Schaufenster einer Modistin herausgenommen und hier aufge- pflanzt haben mag. Ich trete aus dem Dorf und schlage den Weg nach Vareddes ein. Hier harrt meiner eine Erscheinung des Grausens. Das Vemüt ist fieberhaft erregt. Man kann sich un­möglich etwas Erschültenderes und Grauenhafteres vorstellen. So weit das Auge reicht, nichts als Gräber, die über die Ebene zerstreut sind. Schwankend bahnt sich ein von 4 Ochsen gezogener Karren seinen Weg über das Feld. Er ist voll- gepsropft mit Leichen, deren Arme und Köpfe jammervoll herabbaumeln. Das Herz krampst sich zusammen. Die Leichen tragen alle rote Hosen. Ich wende meine Augen nach der anderen Seite. Aber auch hier dasselbe Bild, man sieht ja, Gott sei's geklagt, die roten Hosen so entsetzlich weit. So begegnet man überall in der Ebene, in den Gräben, hinter Slrohhaufen, Hecken und Sträuchern die fatalen, grellen, roten Punkte, die einem unsere Verluste mit erschrecklicher Deutlichkeit zum Bewußt­sein bringen.. .."

Teufelskerle! Der Kriegsberichterstatter von Koschützky schreibt vom östlichen Kriegsschauplatz in derVoss. Ztg.":Die Rassen haben geschworen, jedem deutschen Radfahrersoldat»», den sie fangen, die Augen auszusteche,,. Warum? Weil ein Teufelskerl von einem blutjungen Leutnant ihnen

mit einer Radsahrertruppe seit Beginn des Krieges «die tollsten Streiche spielt. Husarenstreiche von einer Tollkühnheit, daß ich sie nicht glauben ! würde, wenn ich sie nicht aus der sichersten Quelle j wüßte. Mein Leutnant fährt mit seinen sechzig Reservisten wie der Wind mitten in die feindlich« Vorpostenkette hinein. Ein Auto mit russischen Generalstäblern hält da. Die Offiziere sehen die fabelhafte Erscheinung auftauchen, halten sie wahr­scheinlich für einen Spuk, können jedenfalls ihre Verblüffung nicht so rasch bemeister», daß sie von der Waffe Gebrauch machen. Wie der Blitz ist 2 der Leutnant vom Rade, knallt die Generalstäbler über den Haufe», springt ins Auto und saust mit seinen hohen Insassen davon, während seine Leute die ebenso rettungslos verblüffte Bedeckung be- ! schießen. Die Russen sehen nur noch eine Staub- ! wolke, einen Schwarm Radler, und wissen nicht recht, ob sie gewacht oder geträumt haben. In dem Auto aber, in dem der Leutnant seitdem herumfäh't, befinden sich nicht nur die stolzen Generalstabsoffiziere,sondern auch die ollerwichtigsten Aufschlüsse über die Bewegungen und Absichten des russischen Heeres, deren Kenntnis zu dem Siege bei Gumbinnen nicht wenig beigetragen har. Der Flecken Marggrabowa ist von den Russen besetzt. Die Posten stehen vor dem Eingang, die Soldaten schlendern vor den Häusern herum. Plötzlich hören sie es knattern. Die Posten stürzen über den Haufen, die preußische Radfahrerabteilung ist schon zwischen den Häusern, knallt rechts und links alles über den Haufen, was nicht schnell in die Haustüren springt, und ist zum anderen Ende des Städtchens schon wieder ins freie Feld hinaus, als die Russen sich von ihrem Schrecken erholt haben und Alarm blasen. Im Gefecht bei Hohen­stein schwebt ein russischer Flieger hoch über unseren Truppen. Mein Leutnant ist mit seinen Radlern unterwegs, äugt nach dem Vogel da oben. Ihr Leute, was hat der Kerl hier rumzuslattern. Abgesessen, legt an! Gut VorhaltenI Feuert Der Flieger saust herunter. Begraben können ihn andere. Wir haben keine Zeit. Um den linken Flügel herum. Den Russen in den Rücken, ein paar Offiziere von den Pferden herunter, die

Marschkolonne beschossen und in Verwirrung gebracht. Der Leutnant hat bis vorgestern erst einen Mann von seiner Truppe verloren.

Berlin, 24. Sept. Wie dieFrkft. Ztg." hört, konnten in diesem Feldzuge bis jetzt etwa 88000 eiserne Kreuze erster und zweiter Klaffe verliehen werden. Die vor dem Feind« verliehenen Orden und Ehrenzeichen können beim Tode des Inhabers den Hinterbliebenen auf deren Wunsch belassen werden. Auch ist gestattet, diese Aus­zeichnungen auf Wunsch der Beteiligten in den Kirchen aufzubewahren. 380001 Eine beachtens­werte Zahl, wenn man berücksichtigt, daß der hohe Orden satzungsgemäß nur füraußerordentliche" Leistungen zuerkannt werden soll. Aber wenn eben ganze Batterien, Schwadronen oder Bataillone durch ihr Zusammenwirken, Mann für Mann auf seinem Platz, irgend einen besonders wichtigen Erfolg ecrungen haben, dann hat auch jeder einzelne Teilnehmer an der Unternehmung sich ein Anrecht auf gleiche Würdigung erworben. Daß z. B. die gesamte Mannschaft vonll 9" auf der Stelle nach vollbrachter Tat die höchste Aus­zeichnung deutscher Soldaten empfing, wird überall

als eine Selbstverständlichkeit empfunden werden. *

Stuttgart, 25. Sept. Die heutige, vom Staatsanzeiger" veröffentlichte 20. württ. Ver­lustliste verzeichnet, nach 3 Leichtverwundeten , vom Brigade-Ersatz-Bataillon Nr. 52, 3. Komp., vom Reserve-Jufanterie-Regiment Nr. 119 (9. bis 12- Komp.) 74 Namen und zwar: gefallen 27, verwundet 37, vermißt 10. Vom Landwehr- Jnfanterie-Regiment Nr. 119 (1. bis 8. Komp., Stab des 4. Bat. und 13. bis 16. Komp.) sind aufgeführt 119 Namen und zwar: gefallen 15, verwundet 84, vermißt 20. Vom Reserve-Jnf.- Regt. Nr. 121 (1. bis 4. und 9. Komp.) sind verzeichnet 102 Namen, und zwar: gefallen 7, verwundet 61, vermißt 27, erkrankt 6, verletzt 1. Vom Füsilier-Regiment Nr. 122 Heilbronn- Mergentheim (10., 11., 12. Komp, und Maschinen­gewehrkompagnie) sind verzeichnet 269 Namen, und zwar: gefallen 38, schwer verwundet KS, leicht verwundet 156, vermißt 17. Vom Landwehr-

Roman von Franz Wich mann.

261 (Nachdruck verboten.)

Verdammt, den ganzen Tag das Laufen und Rennen, ab und zu, wie in einem Taubenschlag, keinen Augenblick kann man allein sein!"

Der Draußenstehende, der wohl nicht ahnte, wie unerwünscht sein Besuch war, klopfte nur um so Itärker von neuem.

Herein!" rief Otto.

Bist du der Herr hier im Hause?" fuhr der Förster ihn an.Warte, bis ich"

Pardon, ich glaubte, du habest es nicht ge­hört, ich"

Ter Vater ließ ihn nicht ausreden:

Wenn du im Hause zu befehlen hast, so will ich gehen! Klara!"

Er nahm seinen Hut vom Nagel und wandte sich ber Tür zu.

S. Kapitel.

Im Augenblick, da Lorenz Reiner gehen wollte, not Klara mit dem Mantel über die Schwelle des

Nebenzimmers.

Tu willst doch nicht so fort, Vater? Komm, ich helfe dir!"

Während sie beniüht war, ihm den Mantel an- istlegen, öffnete sich die Tür und Herr von Hohlen kanzelte mit eleganter Verbeugung ins Zimmer.

Ei. Verzeihung, ich störe doch nicht?"

O, im Gegenteil," rief die Försterin,herzlich willkommen!"

Sie trat zu ihrem Mann und flüsterte ihm ins Ohr:

So lauf' doch nicht so davon! Was soll der Herr von Hohlen denn davon denken?"

Was er mag!" lautete die kurze Antwort des Försters.

Otto war auf den Freund zugeeilt:

Guten Tag, Robert, habe dich schon erwartet! Du kommst doch mit?"

Er stellte sich so, daß der Vater ihm nicht ins Gesicht sehen konnte, und machte dem Gefährten ein Zeichen; erst als Robert in bejahendem Einverständ­nis leise den Kopf geneigt hatte, fuhr er fort:

Wirst auch eine Einladung zu Lcrchenfelds be­kommen haben?"

Die Försterin suchte noch immer ihren Mann zurückzuhalten:

So warte doch einen Augenblick, ich weiß ja gar nicht, wann du wiederkommst! Es ist wegen des Abendessens! Soll ich"

Der Förster schnitt ihre weitere Rede kurz ab:

Brauchst auf mich nicht zu warten! Ich habe keinen Appetit, und wenn, so kann ich im Wirtshaus essen!"

Aber so bleib' doch wenigstens, bis"

Keine Minute! Besser unter fremden Menschen sein, als unter den Seinen, die einem fremd werden. Ich kann das Gesicht nicht sehen von diesem"

Still doch!" machte die Försterin.

Lorenz Reiner wandte sich um und ging.

Adieu!"

Sogleich nahmen Otto und Robert ihr zuvor be­gonnenes Gespräch in lauterem Tone wieder auf.

Zu Lerchensclds, sagst du?" fragte der letztere- Freilich, babc dort eo ipso Zutritt, gehe aber heute doch nicht hin!"

Und ich glaubte, du kämest, mich abzuholen!" er­widerte Otto; dann neigte er sich plötzlich dicht zum Ohre des Freundes und flüsterte rasch:Weißt du, es ist nur der Alten wegen, ich muß ihnen immer was vorschwindeln von hohen Einladungen und der­gleichen, sonst ließe sich's der Vater gar einfallen, mich im Hause festznhalten!"

Verstehe," entgegnete Robert halblaut,habe mir's gleich gedacht!" Er lächelte in sich hinein.Und sie sind so dumm und glauben es auch?"

Alles, der Papa und die Mama. Heute abend gebe ich ins Elitekonzert bei Pauli: Rehberg und Höchstem kommen auch."

Aha, der Baron und der Graf!" machte Robert verständnisvoll.

Ja, wie ich der Alten aufgebunden habe. Du wirst dich doch auch einfinden?"

Während sie, an das Fenster getreten, im Flüster­ton weiter sprachen, redete die Försterin ebenfalls leise, doch heftig auf ihre Tochter ein:

Was stehst du wieder da wie eine Wachspuppe? Siehst ja aus, als ob du kein Wort reden könntest! Ist das ein feines Benehmen?"

Ich denke, es ist schicklich, zu schweigen, wenn man nicht gefragt wird. Mutter," erwiderte Klara.