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Nr. 110 I

Samstag, den 5. September 1914

50. Jahrgang.

Kriegsnachrichten.

Durch Extrablatt konnten wir gestern früh fol­gende neue Erfolge der deutschen Truppen bekannt geben:

W. T.-B. Großes Hauptquartier. Bei der Wegnahme des hoch in Felsen gelegenen Sperrforts Givet haben sich wie beim Kampf um Namur die von Oesterreich zugesandten schweren Motorbatterien durch Beweglichkeit, Treffsicherheit und Wirkung vortrefflich bewährt und ausgezeichnete Dienste geleistet.

DieSperrbefestigungenHirson,lesAprelles, laFöre, Laon sind ohne Kampf genommen. Damit sind sämtliche Sperrbefestigungen Nord» frankreichs außer der Festung Maubeuge in unseren Händen.

Gegen Reims ist der Angriff eingeleitet.

Die Kavallerie des Generalobersten v. Kluck

streift bis Paris.

Das Westheer hat die Aisne-Linie über­schritten und setzt den Vormarsch gegen die Marne fort; einzelne Vorhuten haben sie erreicht.

Der Feind vor den Armeen der Generalobersten v. Kluck, v. Bülow, v. Hausen und des Herzogs von Württemberg ist im Rückzug auf und hinter die Marne; vor der Armee des deutschen Kron­prinzen leistete er im Anschluß an Verdun Wider­stand, wurde aber gegen Süden zurückgeworfen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Generalobersten von Heeringen haben immer noch starken Feind in befestigten Stellungen.

Französtsch-Lothringen gegenüber im Oberelsaß streifen deutsche und französische Abteilungen unter gegenseitigen Kämpfen.

Im Osten ernten die Truppen des General­obersten v. Hindenburg weitere Früchte des Sieges. Die Gefangenenzahl wächst täglich (jetzt bereits öüObv). Wieviele Geschütze und sonstige Siegeszeichen noch in preußischen Wäldern und Sümpfen stecken, läßt sich nicht übersehen. An­scheinend sind nicht zwei, sondern drei russische kommandierende Generale gefangen. Der russische Armeeführer ist nach russischen Nachrichten gefallen, v. Stein, Generalquartiermeister.

Zum erstenmal haben kürzlich die deutschen Truppen unter den Augen des Kaisers gekämpft. Das Hauptquartier, das zuletzt in Koblenz war, ist nunmehr auf französischen Boden verlegt worden. Es läßt sich denken, daß die Anwesenheit des obersten Kriegsherrn eine anfeuernde Wirkung auf unsere Soldaten ausgeübt hat, vorausgesetzt, daß es überhaupt möglich ist, ihren vorwärtsstrebenden Siegesmut noch weiter zu steigern.

Die militärische Lage ist nun also die: Zehn französische Armeekorps, die große mittlere Heeres­gruppe der Franzosen, sind am 1. L>ept. zwischen den beiden Festungen Verdun und Reims zurück­geworfen und inzwischen weiter verfolgt worden. Reims selbst ist bereits angegriffen, da dessen Be­sitz für die rückwärtigen Verbindungen wichtig ist. Die Franzosen haben versucht, von Verdun aus und im Anschluß an Verdun Vorstöße zu machen, wurden aber abgewiesen. Obwohl gestützt auf zwei Festungen, konnten die Franzosen unseren Vormarsch nicht aufhalten. Einzelne deutsche Vorhuten haben bereits die Marne erreicht, ja die Kavallerie des Generalobersten v. Kluckstreift bis Paris". Wer das den Franzosen vor vier Wochen gesagt hättet Aber manch schwerer Kampf wird noch zuvor um die anderen festen Plätze auszufechten sein, ehe man der französischen Hauptstadt energisch auf den Leib rücken kann.

Nach einer unten mitgeteilten Mitteilung eines Baseler Blattes wird auch um Belfort bereits heftig gekämpft. Alan darf gewiß sein, daß auch auf den übrigen Operationsfeldern die Kämpfe fortdauern, so daß auf der ganzen Westgrenze unsere Offensive vorwärts rückt und sich immer mehr der Mitte Frankreichs zu bewegt.

Auf französischer Seite mögen bei den letzten Kämpfen zwischen Verdun und Reims etwa 350000 Kämpfer gestanden haben. Nimmt man an, daß die deutschen Kräfte ebenso stark waren, so ergibt sich eine Riesenschlacht von 700 000 Streitern, wie sie noch nirgends aufeinandergestoßen ist, auch nicht in der großen Lothringer Schlacht.

Die Deutschen vor Belfort.

DerBasler Anzeiger" berichtet über neue

Vorstöße im Oberelsaß vom 2S. August: Gestern drangen deutsche Reiterabteilungen mit reitender Artillerie zu einer gewaltsamen Rekognoszierung der französischen Stellungen gegen Delle vor. Die Forts von Belfort begannen sofort ihr Feuer, namentlich das Fort Bosmont. Die Kavallerie­abteilungen lieferten ein Gefecht auf der ganzen östlichen Festungslinie und zwangen auch die vor­geschobenen Feldsortifikationen der' Franzosen zum Feuern. Die Franzosen hatten die Anhöhe bei Lepuix stark befestigt. Um diese Stellung wurde heftig gekämpft. Der wichtigste Kampf ging um die Besetzung des welschen Belchen vor sich. Diese Stellung hatten einige Male beide Teile inne, im Laufe des Nachmittags brachten indessen die Deutschen schwere Haubitzen ins Feuer. In der Nacht wurde die Stellung genommen und befestigt. Jenseits der deutschen Grenze besetzten die Deutschen den südlichen Abhang der Vogesen auf französischem Boden. Die Franzosen haben sich bei Belfort erheblich verstärkt. Ein Armeekorps, welches vor wenigen Stunden abmarschiert ist, wurde wieder zurückgerufen.

*

* *

Paris, 2. Sept. (W. T.-B.) (Nicht amtlich.) Der Matin veröffentlicht den Brief eines französischen Soldaten, wahrscheinlich eines Angehörigen des befestigten Lagers von Paris, welcher interessante Schlaglichter auf die zur Zeit vorherrschende Geistesverfassung des französischen Volkes wirft. Der Schreiber sagt: Den Soldaten wird Zuversicht für die Zukunft eingeflößt, aber es gibt zwei Umstände, welche uns mißfallen. Als unser Bataillon auf Eilmärschen unter Strapazen durch Ortschaften kam, zeigten die Leute immer ernste Gesichter und traurige Blicke, finstere Stirnen und führten die Taschentücher an die Augen.Es gehl- doch kein Leichenzug vorbei", sagten die Soldaten. Wir hätten mit Stolz und Freude in den Krieg ziehen können, mit Lächeln selbst in den Tod, aber dieses Lächeln wollen wir auch bei anderen sehen. Wer weint, soll drinnen bleiben. Die Truppen brauchen eine freundliche und zu­versichtliche Begrüßung beim Durchzug. Zweitens bedrückte die Soldaten der Anblick der schmächtigen

iS»

Gerichtet.

Roman von Franz Wichmann.

UI (Nachdruck verboten.)

«Ja, ich werde Robert wieder aufsuchen. Er ist vorangcgangen zum Ochsenwirt. Wir denken dort ein paar Bekannte aus der Stadt zu treffen, die mit uns nach Fernau gefahren sind. Apropos, Papa, cs wird lustig dort zugehen und mein Geld ist alles sür die Reise draufgegangen. Kannst du mir nicht"

Der Förster ging, noch ehe Otto ausgesprochen, langsam an den Schrank und nahm eine Rolle Geld heraus.

»Schon recht, du sollst dir nichts abgehen lassen, steige es ihnen von der Stadt, daß wir vom Lande es auch verstehen, uns einen vergnügten Tag zu wachen. Ich habe heute meinen Gehalt in Fernau erhoben und will dir gleich das Nötige für das nächste Semester geben. Da nimm, aber sei sparsam damit!"

Otto streckte die Hand aus und ließ triumphierend die schwere Rolle in seiner Tasche verschwinden. Das ömg ja besser, als er erwartet hatte, und während der Vater den Schrank wieder schloß, dachte er:

So, jetzt ist uns geholfen. Aber die Mama muß auch noch Herausrücken l"

«Und bleibe nicht zu lange!" fügte der Förster hinzu.

Gewiß nicht! Des Löwenwirts Wagen ist noch hier, und da er die gleiche Straße zurückfahren muß.

werde ich ihn benutzen, um schneller zum Ochsenwirt zu kommen. Adieu, Papa!"

Lebe wohl bis zum Abend!" gab der Förster ihm zurück.

Dann schloß die Tür sich hinter dem sich Ent­fernenden.

3. Kapitel.

Als der Student gegangen war, schritt Lorenz Reiner einige Augenblicke, wie um sich zu sammeln, schweigend auf und ab. Dann öffnete er die Tür und rief nach der Küche hinüber:Klara!"

Langsam, mit gesenkten Blicken kam das Mädchen herein.

Der Förster trat dicht vor sie hin und blickte sie scharf und prüfend an.

Kommst du mit solchem Gesicht zu deinem Vater, Mädel? Dahinter steckt etwas anderes! Hast kein reines Gewissen, was?"

Doch, Vater!" Sie sah, den Blick erhebend, ihm voll und fest in die Augen.Ich bin mir keiner Schuld bewußt!"

Dein Aussehen straft dich Lügen! Kannst du mich doch nicht ruhig ansehen! Warum blickst du schon wieder zu Boden? Dein Auge ist trüb! Komm mir mit keiner Unwahrheit! Was hast du mit dem Apostel, dem Hellborn, zu schaffen?"

Wenn du es denn wissen willst"

Sie stockte und die innere Erregung ließ den schlanken Körper leicht erzittern.

Ich will es!" herrschte der Förster sie an.

So muß ich dir die Wahrheit sagen, weil du sie

zu wissen verlangst. Was ich vorhin sprach, kam mir vom Herzen!"

Einen Augenblick schwieg der Förster betroffen. Dann brach er aus:

Klara, Klara, auch du angesteckt von dem Gifte dieser neuen Zeit? O, meine Kinder stehen auf gegen mich! Das ist der Fluch des Himmels, die Strafe für unsere Sünden! Die Zeit will kommen, von der die Schrift sagt: daß sich die Kinder empören wider ihre Eltern!"

Das Mädchen faßte sich; das schon begonnene Geständnis gab ihr Kraft und Mut, alles zu sagen.

Jede Zeit, Vater, hat ihr Recht," erwiderte sie, ihr Schlechtes und ihr Gutes. Wenn das Alte ab­stirbt, muß das Neue kommen!"

Und was ist dieses Neue?" fragte der Förster mit verhaltener Stimme.

Die Rückkehr zum Vergangenen, zur Ein­fachheit, zur Arbeit und Tugend!" antwortete das Mädchen fest.

Oho," meinte der Alte erstaunt,das klingt ja ganz anders als die Reden Ottos! Ist aber auch nur eitel Wind und darum nichts als Wortgeklingel von Narren und für Toren! Aber, Mädel, das kommt nicht aus dir, das redest du einem andern nach!"

Ich leugne es nicht," entgegnete sie ruhig.Ich vernahm es aus seinem Munde!"

Der Förster verfiel in seine alte Heftigkeit.

(Fortsetzung folgt.)