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Nr. 105 I
Dienstag, den 25. August L914
50. Jahrgang.
Kriegsnachrichten.
Jedes deutsche Herz schlägt rascher und freudiger infolge der neuesten Nachrichten von den Kriegsschauplätzen. Siege über die mit englischen Truppen untermischten französischen Streitkräfte, Siege über die Russen I Und durch wen? Unser Kaiser hat sein deutsches Bolk freudig überrascht: Die Thronfolger Preußens, Bayerns und Württembergs sind es, welche, unterstützt durch die tüchtigsten Generale, die ersten großen Siege in diesen! gewaltigen Feldzüge errungen haben. Ströme von Blut müssen (bei der modernen Bewaffnung der Heere) dabei geflossen sein, denn es standen sich gegenseitig etwa 400000 Streiter gegenüber, also mehr als bei Leipzig und Mulden I Und daß erbittert gekämpft wurde, unterliegt wohl keinem Zweifel; die Verlustlisten werden es beweisen. — Daß aber der deutsche Boden von den Franzosen und wohl auch von den Russen gesäubert ist, das ist ein großes Opfer wert, denn es sah immerhin etwas gefährlich aus.
Wir lassen die Sonntag und Montag eingetroffenen Meldungen hier folgen.
Berlin, 23. Aug. (W. T.-B.) Weitere Versuche des Gegners, im Oberelsaß vorzudringen, wurden durch dm Sieg in Lothringen vereitelt. Der Feind zieht auch im Oberelsaß ab.
Berlin, 24. Aug. (W. Tel.-B.) Unter dem bayerischen Kronprinzen in Lothringen siegreiche Truppen überschritten die Linie Luneville-Blamont- Cirey. Das 31. Armeekorps zog gestern in Luncville ein. Die Verfolgung beginnt reiche Früchte zu tragen. Außer zahlreichen Gefangenen und Feldzeichen erbeutete in und an den Vogesen der vorgehende linke Flügel bereits I ÜO Geschütze.
Die Armee des deutschen Kronprinzen setzte gestern den Kampf und die Verfolgung vorwärts Lougwy fort.
Die zu beiden Seiten von Neuchateau vorgehende Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg schlug gestern eine überden Semvis vorgedrungene französische Armee vollständig; dieselbe befindet sich in Verfolgung. Zahlreiche
Geschütze, Feldzeichen und Gefangene, darunter mehrere Generale, fielen ihr in die Hände.
Westlich der Maas dringen unsere Truppen gegen Maubeuge vor und schlugen eine vor ihrer Front auftretende englische Kavalleriebrigade.
Berlin, 23. Aug. (W. T.-B-) Starke rus« fische Kräfte gingen gegen die Linie Gumbinnen- Angerburg vor. Unser 1. Armeekorps griff am 20. August den erneut auf Gumbinnen vorstoßen- den Feind an, warf ihn, machte achttausend Gefangene und erbeutete acht Geschütze — Von einer beim Armeekorps befindlichen Kavallerie- division fehlte längere Zeit Nachricht. Sie hatte sich mit 2 feindlichen Kavalleriedivisionen herumgeschlagen und traf jetzt wieder mit 50V Gefangenen beim 1. Armeekorps ein.
Berlin, 23. Aug. (W. Tel.-B.) Auf das japanische Ultimatum wurde dem hiesigen japanischen Geschäftsträger heute vormittag folgende mündliche Erklärung abgegeben: Auf die Forderung Japans hat die deutsche Regierung keinerlei Antwort zu geben; sie sieht sich daher veranlaßt, ihren Botschafter von Tokio abzurufen und dem japanischen Geschäftsträger in Berlin die Pässe zuzustellen.
(Letzte Telegramme am Schluß.)
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Berlin, 23. Aug. Admiral z. D. v. Knorr, der an Jahren Und Dienstalter älteste Seeoffizier unserer Marine (geb. 1840), der schon im Kriege 1870,71 unsere Flotte als Korvettenkapitän durch den Sieg bei Havanna zu Ehren brachte, schreibt der „Täglichen Rundschau": „Es gilt in diesen Tagen, vor den entscheidenden Zusammenstößen unserer Heere mit dem Feinde an der Westgrenze die drückende Ungeduld in eigener Brust mit würdiger Ruhe und festem Vertrauen auf den endlichen Sieg unserer gerechten Sache zu dämpfen; wie für die Unternehmungen zu Lande, so auch für die auf de» Meeren. Die englische Flotte wird, wenn die englische sogenannte Expeditionsarmee unter ihrem Schutze auf französischem Boden gelandet worden ist, wohl nicht lange zögern, an der deutschen Nordseeküste zu erscheinen. Damit ist erst der Beginn für die Unternehmungen auf
! dem Wasfer gegeben. Das deutsche Volk mag sich aber dessen versichert halten, daß deutsche Tatkraft und Opferfreudigkeit Herz und Seele unserer Schiffsbesatzung erfüllen, daß sie auch erdrückender Uebermacht gegenüber, immer und überall ihre Schuldigkeit tun und zu sterben wissen wird. Darum: „Aufgeschaut und Gott vertraut!"
Berlin, 23. Aug. Ein Maat des „Göben" schildert vom 6. ds. aus Messina auf einer Postkarte hieher die Beschießung von Philippe- ville: „Wir fuhren 300 Meter an den Hafen heran. Bei der ersten Salve stürzte die 10 Nieter hohe Mole ein, bei der zweiten explodierten zwei große Petroleummagazine, die übrigen Salven vernichteten mehrere Kräne, Eisenbahnanlagen und einige Schiffe. Als wir weiterfuhren, stand alles in Flammen. Wir sind von der Festung mit Haubitzen beschossen worden, allerdings nur wenige Schüsse, und die fielen auch noch 1200 Meter von uns entfernt ins Wasser. Eine deutsche Artillerie hätte das nicht sein dürfen. Desto besser für uns. — Der Engländer war auch einmal in unserer Nähe."
Berlin, 23. Aug. Zur Veröffentlichung des Telegrammwechsels zwischen Berlin und London sagt die fortschrittliche „Vossische Zeitung": Deutschland hat den Frieden mit Rußland gewollt und dazu geeignete Vorschläge gemacht. Rußland hat diese Bemühungen vereitelt und die Kriegsfurie entfesselt. Deutschland hat den Krieg mit Frankreich verhüten wollen, um den Preis der gewährleisteten Neutralität. England hat , es abgelehnt, die französische Neutralitätserklärung auszuwirken und zu verbürgen. Wer ist schult» au dem deutsch- französtscheu Krieges In erster Linie England. Die Verantwortung für den jetzt entbrannten beispiellosen Weltkrieg fällt also mit voller Schwere dort auf Rußland, hier auf England. Die Aktenstücke beweisen unwiderleglich, daß Deutschland für den Frieden eingetreten ist, solange es in Ehren überhaupt noch möglich war.
München, 23. Aug. Eine Anzahl hier lebender Engländer hat dem Roten Kreuz einen Geldbetrag übermitelt. In einem Begleitschreiben wird die Spende als ein Protest gegen die schmach-
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
81 (Nachdru.k verboten.)
„Der Vater hat recht," meinte Klara, „die armen Tiere müssen haben, was ihnen znkommt!"
„Gnädiges Fräulein besitzen die höchste Tugend des Weibes," lächelte Robert von Hohlen, „ein weiches Herz!"
„Und ein sentimentales Gemüt!" fügte Otto hinzu.
Aber die Försterin hatte schon wieder zu tadeln.
„Wer wird denn jetzt wohl an die unvernünftigen Tiere denken, wenn wir das seltene Glück haben uns W geistreich unterhalten zu können!" sagte sie hochtrabend.
„Davon werden die Tiere nicht satt!" ließ Klara ßch indes nicht beirren.
Die Antwort empörte die Mutter nur noch mehr.
„Du bist ein naseweises Ding," verwies sie die Tochter, „und hast gar kein Verständnis für feinere Bildung! Ach ja," wandte sie sich zu Herrn von Hohlen, „das ist eine Unterhaltung, wie ich sie gar zu lange habe entbehren müssen. Sie begreifen, wie entsetzlich es hier draußen in der Einsamkeit ist. Einst konnte ich es ja auch täglich hören, wie die feine Alelt sich unterhält. Sie müssen nämlich wissen, ich war in der Residenz bei Frau von Bezau, — da vernahm man nur die Sprache der Eleganz, der Noblesse!" , «Sie würden noch mehr staunen, gnädige Frau,"
entgcgncte Robert von Hohlen, „wenn Sie sie heute hörten. Wir befinden uns ä In tin cku sidcle. Da ist alles schärfer, zugespitzter. Geist und Laune sprühen wie Raketen und der Witz wirft seine Leuchtkugeln dazwischen."
Die Augen der Försterin leuchteten vor Vergnügen.
„Nein, wie Sie sprechen können!" rief sie. „Nicht wahr. Sie nehmen sich unseres Otto ein wenig an? Seine Kindheit hier auf dem Lande, die ersten Jahre in der Einsamkeit, das haftet ihm noch immer etwas an!"
„Das ist begreiflich, aber unbesorgt, gnädige Frau, ich versichere Sie, er ist sä on auf dem besten Wege!" versetzte der Freund des Sohnes.
„Will es hoffen," mci...e die Försterin mit einem ermunternden Seitenblick >,.nf ihren Liebling.
Im gleichen Augenblick kam ihr Gatte wieder zurück, und den Tisch mit den Blicken überfliegend, meinte er:
„Jetzt ist's aber genug geschwatzt, nun denkt auch einmal ans Essen und Trinken!"
Er setzte sich wieder und langte selber zu. Offenbar schmeckte es ihm jetzt viel besser, nun er die Hunde gesättigt wußte.
Otto nahm sich ein Stück Topfkuchen.
„Der Papa hat recht," sagte er, „ehrliche Hausmannskost ist nicht zu verachten, so etwas sucht man in der Stadt vergebens!"
Er versuchte den Bissen, legte ihn aber, sobald es unbemerkt geschehen konnte, wieder beiseite.
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„Ja, ja," griff der Vater seine Bemerkung auf, „wenn wir erst in der Stadt sind, wird es uns nimmer so schmecken wie hier! Darum greift nur tüchtig zu!"
Klara legte die Hand auf seinen Arm.
„Denke doch nicht immer daran, Vater!" bat sie. „Mit Geduld findet man sich auch in das Widerwärtigste!"
„Hast recht, Kind," knurrte der Alte, „man soll nicht unzufrieden sein mit seinem Los; Hab' dich das selbst gelehrt. Aber schwer ist's doch! Sapperment!"
Otto nahm eine wichtige Miene an.
„Die Philosophie, Papa, hat Trost für alles," sprach er. „Das habe ich auf der Hochschule gelernt. Ein Weiser wird sich in jede Lage zu finden wissen!"
Lorenz Reiners Stirn legte sich in leichte Falten.
„Die Philosophie?" wiederholte er. „Früher sagte man: der Glaube, die Religion. Aber jetzt hat man für alles neue Namen!"
Herr von Hohlen zuckte die Achseln.
„Die Religion ist ein überwundener Standpunkt!" sagte er überlegen.
„Das war er für die Gottlosen immer!" antwortete Klara schlagfertig.
„Aber, Kind, wer wird so etwas Ungebildetes sagen!" rief die Försterin entsetzt.
Lorenz Reiner, der seine Pfeife wieder angezündet hatte, stand auf.
(Fortsetzung folgt.)