sondern eine Goschen, ja auch keinen Kopf, sondern einen Schädel, statt der Hände endlich Pratzen, und statt der Füße Haxen.

Berlin, 10.Juli. Die Morgenblätter melden: Ein durch seine Begleitumstände besonders tragischer Unglücksfall ereignete sich gestern abend in Neu­kölln. Durch das scheugewordene Pferd eines städt. Krankenwagens wurde der Wagen an einen Laternenpfahl geschleudert, sodaß er umstürzte. Die Insassen des Wagens, der Arbeiter Fiedler, der sein kurz vorher überfahrenes 3jähr. Töchter- chen ins Krankenhaus bringen wollte, sein Begleiter, ein Arbeiter Koclitz, sowie die Führer des Wagens, zwei Feuerwehrleute, wurden aufs Pflaster ge­schleudert und erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Das schon bedenklich verletzte Kind wurde getötet.

Johannistal, 10. Juli. (Ein neuer Höhenweltrekord). Gestern morgen 3 Uhr 15 Min. stieg der Rumpler-Flieger Linnekogel auf einem Rumplereindecker auf, um einen An­griff auf den Höhenweltrekord zu unternehmen. Linnekogel erreichte eine Höhe von 6 600 Metern. Den Höhenweltrekord hatte bisher der vor einigen Tagen tödlich verunglückte Flieger Legagneux mit 6100 Meter.

Bilbel bei Frankfurt, 10. Juli- An den Folgen eines Katarrhs sind Mittwoch früh die Bilbeler siamesischen Zwillinge gestor­ben. DaS eine Kind starb in den frühen Morgen­stunden, etwa 3 Stunden später folgte ihm das andere in den Tod. Das mit den Köpfen zu- sammrngewachsene Zwillingspaar wurde im Januar 1912 geboren, hat also ein Alter von 30 Monaten erreicht. Jedes der Kinder bildete einen selbst­ständig lebenden Organismus für sich. Gemeinsam hatten sie nur die Schädeldecke.

Bier in Essen verhaftete Italiener waren im Besitz von etwa 3000 Mark falscher Zwei- und Dreimarkstücke. Für etwa 2000 Mark hatten sie bereits solches Falschgeld in den Umlauf gebracht. Das falsche Geld war in eigens dazu angefertigten Gürteln, welche die Italiener auf dem Leib trugen, aus Italien eingeschmuggelt worden.

Apenrade, 10. Juli. Bei einem Brand in Tingleff ist gestern abend eine junge Frau mit ihrem 3 Monate alten Kind verbrannt. Das Feuer ist dadurch entstanden, daß die Frau, die eine brennende Lampe trug, einen Krampfanfall erlitt.

Altona, 10. Juli. Nach dem Genuß ver­dorbenen Fleisches sind mehrere Personen lebens­gefährlich erkrankt. Der Handlungsgehilfe Brandt ist im Krankenhaus bereits gestorben. Die Polizei ermittelte einen Schlächtermeister als Verkäufer des verdorbenen Fleisches und verhaftete ihn und sein» Frau.

Leipzig, 10. Juli. Bor dem 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts begann gestern vor­mittag um 9 Uhr der Hochverratsprozeß gegen den am 23. Februar 1873 in Colmar ge­borenen Kunstmaler Waltz, genannt Hansi, wegen Verbrechens im Sinn der 86 und 81 Ziffer 3 des Strafgesetzbuchs. Gegen das letzte Urteil von 3 Monaten Gefängnis hat der Angeklagte Revision eingelegt, über die erst im Oktober ent­schieden werden wird. Der Angeklagte ist der Beleidigung deutscher Offiziere schuldig befunden worden, weil er einen Stuhl im Zentralhotel in Kolmar, auf dem kurz vorher ein i deutscher Offizier gesessen halte, durch brennenden Zucker desinfiziert hatte. Rechtsanwalt Or. Drucker bemängelte den Ueberweisuntsbeschluß des Colmarer Landgerichts, durch den der Angeklagte lediglich der Vorbereitung

eines hochverräterischen Unternehmens (Losreißung Elsaß-Lothringens vom Deutschen Reich) für ver­dächtig erklärt wird. Senatspräsident vr. Menge gab zwar zu, daß der Beschluß mangelhaft sei, erklärte aber, daß die Tat in der Veröffentlichung des Buches des AngeklagtenNon Vlllags" er­blickt werde. Das in Paris erschienene Buch wird darauf in deutscher Uebersetzung verlesen. Der Oberreichsanwalt ließ die Anklage ivegen hoch­verräterischer Umtriebe fallen und beantragte die Verurteilung des Angeklagten wegen Aufreizung verschiedener Bevölkerungsklassen und wegen Be­leidigung der Gendarmen und Lehrer in Elsaß- Lothringen zu 1 Jahr 6 Mon. Gefängnis und seine sofortige Verhaftung wegen Fluchtverdachts.

Straßburg, 9. Juli. Gestern abend erschoß der Posten des Forts von der Tann den Musketier Podatzny von der 6. Kompagnie des Jnf.-R, 132. Der Angeschossene war sofort tot. Es soll Unvor­sichtigkeit vorliegen.

Colmar, 10. Juli. In einem Rebstück in Türkheim wurde heute Morgen die in den 60 er Jahren stehende Witwe Buob ermordet aufgefunden. Von dem Täter, der die Frau durch zahlreiche Messerstiche getötet hat, fehlt bis jetzt jede Spur.

Aus dem Arrskcrnd

Bern, 10. Juli. Heute vormittag 11 Uhr ist der Durchschlag des Hauensteinbasistunnels bei Olten erfolgt.

Bergen, 10. Juli. Nach dem Eintreffen der Aacht Hohenzollern in Odde machte der Kaiser einen kurzen Spaziergang am Ufer des Fjord. Mittags wurde die Fahrt nach Bergen angetreten. Bei der Ankunft, die um V-8 Uhr abends erfolgte, klärte das Wetter, das morgens regnerisch und neblig gewesen war, sich etwas auf.

Wien, 10. Juli. Das Neue Wiener Tagblatt ! erfährt aus Ischl; Der Kaiser genehmigte den vom ! gemeinsamen Ministerrat für die innere Lage in l Bosnien in Aussicht genommenen Kurs. Demnach ! werden in Bosnien eine Reihe von Veränderungen ^ verwaltungstechnischer Natur auf dem Gebiete der .Polizei, der Schule und des Verwaltungswesens ^ zu erwarten sein, womit zugleich eine straffere , Handhabung der Grenzpolizei zu erwarten sei. Ein Schritt bei dem serbischen Kabinett werde in kürze- ster Zeit erfolgen. Er werde, wie mit Bestimmt­heit gesagt werden kann, keinen Eingriff in staat­liche Hoheitsrechte Serbiens enthalten. Nichts werde der serbischen Regierung zugemutet, was als Affront oder Demütigung gedeutet werden könnte. Daher sei zu erwarten, daß die serbische Regierung den östr. Forderungen auf Bestrafung der an der Anstiftung des Attentats beteiligten Personen und auf Vorkehrungen zur Abstellung jener Uebelstäude, deren Weiterbestand einen korrekten Nachbarverkehr ausschließeu würde, voll und ganz Rechnung tragen wird. Die serbische Regierung werde aufgefordert werden, gewisse Sicherheiten zu bieten, daß auch in Serbien zukünftig die großserbische Propaganda auf dem Gebiete der Monarchie seitens der serbischen Regierung nicht nur nicht begünstigt, sondern mög­lichst vermieden wird-

Wien, 8. Juli Der beim 5. Infanterie- Regiment stehende Leutnant Schmied begab sich vor einigen Tagen krankheitshalber auf Urlaub in die Ortschaft Ostrom. Vorgestern wurde er vom Stationsvorstand dabei betroffen, wie er die dor­tige wichtige Eiseubahnbrücke vermaß und zeichnete. Der Stationsvorstand verständigte das Reginrents­kommando des Offiziers in Tarnopol und die

Gendarmerie. Schmied wurde, noch während er bei der Brücke weilte, von einem Gendarmen M vorgehaltenem Bajonett festgenommen und dem Militärgefängnis in Tarnopol eingeliefert. Bei ihm fand man eine große Anzahl Briefe und Auf­zeichnungen, aus denen seine Schuld klar hervorgeht.

Wien, 9. Juli. In einer Demarche wird die serbische Regierung aufgefordert, gewisse Sicher­heiten zu bieten, daß auch in Serbien zukünftig die großserbische Propaganda auf dem Gebiete der Monarchie seitens der serbischen Regierung »ich, nur nicht begünstigt, sondern möglichst verhindert werde.

Letzi« Nachrichten.

Wien, 10. Juli. Aus Skutari wird gemeldet: Kürzlich sollte eine Versammlung der hies. Moham­medaner in Kvpliku bei Skutari stattfinden. Die hiesige Polizei erfuhr davon. Frühmorgens wur­den etwa 200 bewaffnete Mohammedaner von der Polizei angegriffen, die auch die Truppen alar­mierte. Drei Polizisten und ein Gendarm wurden verwundet. Der österreich-ungarische Major Peter ordnete um 3 Uhr morgens einen plötzlichen An­griff der europäischen Truppen an, wodurch die Mohammedaner zerstreut wurden und sich zurück­zogen. Sie hatten angeblich vier Tote und einige Verwundete. In der Stadt herrscht große Er­regung; man befürchtet Mordtaten, falls Oberst Philipps, der Kommandeur der europäischen Truppen in Skutari, nicht die nötigen Vorsichts­maßregeln treffen wird.

Durazzo, 10. Juli. Die Epiroten nebst griechischen Truppen haben alle Gebiete, die aus Grund der Londoner Abmachungen geräumt worden waren, wieder besetzt mit Ausnahme von 4 Dörfer». Auch diese werden von den albanische» Streitkrästen wegen der Aussichtslosigkeit einer Verteidigung gerräumt werden. Die Bevölkerung flüchtet nordwärts.

Budapest, 10. Juli. Nach verläßliche» Mitteilungen waren an dem Attentat auf das Thronfolgerpaar direkt 14 Personen beteiligt, von denen sich 13 bereits in Haft befinden. Nach einer hierher gelangten Meldung wurde in Prag der Arzt Dr. Mirko Tschubrilowitsch, ein Bruder eines der Attentäter, verhaftet. Er wird ebenfalls nach Serajewo gebracht.

London, 10. Juli. Das WochenblattJohn Bull" veröffentlicht eine aufsehenerregende Mittei­lung, worin es die hiesige serbische Gesandlschajl der Mitschuld an dem Attentat von Serajewo an- klngt. Es wird erzählt, daß Serbien vor etwa acht Monaten ein Geheinrbüro in seiner Londoner Gesandtschaft errichtete, nur gegen Oesterreich za agitieren. Dieses Geheimbüro habe in der hiesige» serbischen Gesandtschaft die Verschwörung gegen den Erzherzog Franz Ferdinand ausgeheckt. Das Blatt fügt hinzu, daß es das eigentliche Gesandtschafts- Personal nicht ohne Beweise anklagen wolle. Bei dem Umzug der Gesandtschaft von Beigrave Man- sionshotel nach Queengate im vergangenen April seien viele wichtige Dokumente verbrannt worden.

U/ürrs

ist «inrigk

Die TestamentsklauseL.

Roman von H. Courths-Mahler.

(3b) ^Nachdruck verboten.)

Bis nach 10 Uhr war Eva Marie umhergelaufen, von innerer Unruhe getrieben. Nun war sie so müde, daß sie nicht mehr weiter konnte. Sie wußte auch nicht mehr, wo sie sich befand, die Gegend war ihr fremd. Hierher war sie nie ge­kommen. Es war wohl an der Zeit, Frau von Soltenau aufzusuchen. Sie rief einen Taxameter an und gab dem Kutscher die Adresse auf. Fast eine halb« Stunde mußte sie fahren, ehe der Wagen hielt. Nachdem sie den Kutscher entlohnt hatte, betrat sie das Haus und erfuhr vom Portier, daß Frau von Soltenau in der ersten Etage wohne. Langsam und müde stieg sie die Treppe empor und zog oben an der breiten Eingangstür die Klingel. Ein Mädchen im blauen Waschkleid mit weißer Schürze und weißem Häubchen öffnete und sah fragend auf Eva Marie.

»Ist Frau von Soltenau zu sprechen?"

Gnädige Frau empfangen jetzt-noch nicht."

Eva Marie reichte ihr eine Karte.Bitte, geben Sie das ab, ich glaube, ich werde erwartet."

Ah, Sie sind vielleicht das neue Fräulein?" »Ja."

Das ist etwas anderes. Bitte, treten Sie ein, gnädige Frau haben Befehl gegeben, Sie so­gleich vorznlasfen."

Eva Marie folgte ihr mit klopfendem Herzen. Das Mädchen öffnete eine Tür und ließ sie ein- treten. Dann verschwand sie. Eva Marie befand sich in einem geräumigen Salon mit Hellen, im Empirestil gehaltenen Möbeln. Ehe sie sich lange Umsehen konnte, trat mit raschen Schritten eine stattliche, hübsche Dame ein und kam mit erfreuten, Gesicht auf sie zu. Sie hatte frische Farben, sehr hellblondes, welliges Haar, etwas kurzsichtige, blaue Auge» und in den Bewegungen ihrer »och jugend­lichen Gestalt verriet sich Energie und Lebhaftig­keit. Während sie auf Eva Marie zutrat, setzte sie schnell einen Kneifer auf und warf einen alles umfassenden, forschenden Blick auf das junge Mädchen.

Fräulein Delius", rief sie lebhaft und an­scheinend mit dem ersten Eindruck zufrieden,so früh hätte ich Sie wirklich noch nicht erwartet. Ich freue mich aber sehr, daß Sie gekommen sind. Eine Andere wäre vielleicht empfindlich gewesen, daß man ihr jemand vorgezogen. Aber ich rechne es Ihnen hoch an, daß Sie mich ans dieser Ver­legenheit reißen. Wie ich schon schrieb, war es

nur Ihre Jugend, die mich abhielt. Sie gleich »>» fangs vorzuziehen."

Hoffentlich erringe ich mir trotz meiner Jugm Ihre Zufriedenheit, gnädige Frau. Jedenfalls will ich mir redlich Mühe geben und bitte s>e, im Anfang etwas Nachsicht zu habe», da ich noch nie in Stellung war."

Schon gut, schon gut, liebes Fräulein. We»» Sie den guten Willen haben, ist die HauptsE schon vorhanden. Wir wollen gegenseitig GedB miteinander haben, nicht wahr? Meine beide" jüngsten Töchter, die Sie unterrichten solle», D ein paar unruhige Geister. Da werden Sie Geduld haben müssen. Aber sie sind gottlob M artig und weichherzig, trotz aller Wildheit.

§ hoffe, Sie freunden sich, gerade weil Sie jung st»-'i ! leicht mit Ihnen an. Aber bitte, komme» gleich mit hinüber ins Wohnzimmer, da kann Sie gleich mit der ganzen Familie bekannt mache»- .

Gleich darauf stand das junge Mädchens einem wunderhübschen, traulichen Wohnzm»» mit reizenden Schmollwinkelchen, bequemen »» doch eleganten Möbeln und in warmen Un ­gehaltenen Decken, Kissen und Portieren, Fenster saß ein sxhr großer, fast zu schlanker mit graumeliertem Haar, mit einer Ost" > beschäftigt. (Fortsetzung M-