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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblstt und während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 35

Dienstag, den 24. März 1914

I 5«. Jahrgang.

MmMümch einer soMkmdrMkii GeiwffeiWstsWchtnri.

Im Herbst letzten Jahres wurde -wie die Südd. Ztg." berichtet von den Metzgerburschen der Großschlächtereien Hensel und Gärtner in Karlsruhe ein Streik inszeniert, dem die Sozial­demokratie durch Boykott der beiden Firmen Nach­druck zu verleihen suchte. Da auch dieses Mittel wenig fruchtete, schritt man zur Gründung einer Genossenschaftsschlächterei, die denkapitalistischen" Betrieben mit dem einfachen Rezept der Konkurrenz ^ den Garaus machen sollte. Ein Schlächter aus dem benachbarten Durlach lieferte den Hauptstreik- ^ sichrem, die im Verein mit ihren Nebengesellen j einige Berkaufslokale in den verschiedenen Stadt-i teilen etablierten, Fleisch- und Wurstwaren. In! den ersten Tagen schienen die Geschäfte recht flott zu gehen. Die Genossen hielten ihre Frauen an, nur die rote Schlächterei zu besuchen. Bald aber fanden die Frauen einHaar in der Suppe". Sie klagten über die Qualität des Fleisches und über die kleinen Wurststücke. Auch der Durlacher Lieferant bekam die Tücken derkapitalistischen Weltordnung" zu kosten. So brachten eines Tages seine Gesellen ein Rinderviertel dem städtischen Tierarzt zur Fleischbeschau. Der Arzt drückte seinen Stempel darauf, wollte aber gar zu gerne noch wissen, was die Metzgerwagen, den die Ge­sellen einige hundert Meter vor dem Schlachthaus stehen ließen, sonst noch in seinem Innern, z. B. unter dem Kutschersitz, berge. Und da entdeckte er ein beträchtliches Quantum Fleisch und Wurst­waren, die der ärztlichen Prüfung nicht standhielten und der Konfiskation verfielen. Solche Verluste konnte der Lieferant nicht verschmerzen, und das Ende war, daß sich dieser Tage der Gerichtsvoll­zieher einstellte. Zu den Leidtragenden gehören, neben der Sozialdemokratie, einige Viehhändler aus Karlsruhe, Grötzingen und Mannheim.

Der kläglicke Zusammenbruch der sozialdemo­kratischen Genossenschaftsschlächterei nach so kurzer Dauer bestätigt wieder einmal die alte Erfahrungs­tatsache, daß es leichter ist, über kapitalistische Be­triebe zu räsonieren, als bessere an deren Stelle zu setzen. Die Karlsruher Sozialdemokratie trifft der Zusammenbruch um so schwerer, als die Wunden, die das Fallissement ihrer Konsumge­nossenschaft seinerzeit geschlagen hat, heute noch nicht vernarbt sind.

Verdiente AWr.

Ein heiteres Histörchen erzählt man sich von dem Hereinfall einer Nürnberger Bleistift-Fabrik, die, um der immer mehr anwachsenden Konkurrenz die Spitze zu bieten, auf den lieblichen Einfall kam, direkt an Private Probesendungen zu schicken. So erhielt kürzlich ein Stuttgarter Baumeister eine solche Sendung mit folgendem Begleitschreiben: Mit gleicher Post gestatten wir uns. Ihnen ein Gros fort. Cederpoststifte zu übersenden, da wir wohl nicht mit Unrecht annehmen, daß Sie der­artige Stifte fortwährend verwenden können. Wir bemerken, daß wir von diesen Stifte» ein größeres Quantum aus Lager haben und sie nur, um da­mit zu räumen, zu dem äußerst billigen Preis von 3.80 Mk. per Gros abgeben . . . Die An­kunft unseres Reisenden bitten nicht abzuwarten, sondern obigen Betrag bei Verfall einzusenden ..."

Der mit dieser Probesendung belästigte Bau­meister sandte hierauf an die aufdringliche Blei­stiftfabrik postwendend folgenden Brief:Ich be­stätige, von Ihnen ein Gros unbestellter blauer Bleistifte erhalten zu haben. Sie werden es mir daher nicht verübeln, wenn ich Ihnen umgehend per Bahn ein Quantum Ziegelsteine übersende, da ich wohl nicht mit Unrecht annehme, daß Sie durch Ihren großen Bleistiftvertrieb Vergrößerungen ihrer Fabrik vorzunehmen haben und dazu die Ziegelsteine nötig gebrauchen können. Zu bemerken habe ich noch, daß sich ein kolossaler Ziegelvorrat in meinen Lagerräumen befindet (durch die flauen Bauzeiten) und ich, um damit zu räumen. Ihnen dieses Quantum sende. Zur Nachbestellung halte ich mich bestens empfohlen. In der Hoffnung, daß Sie für Backsteine mehr Verwendung haben,

vielleicht als Briefbeschwerer als ich für Bleistifte, zeichne ..." Die also geängstigte und ins Bockshorn gejagte Firma drahtete um­gehend:FürBacksteine keine Verwendung. Sendung, wenn irgend möglich, zurückhalten!" Diese Selbsthilfe des Baumeisters dürfte sich zur Nach­ahmung empfehlen!

Aus Württemberg.

Stuttgart, 23. März. Der sozialdemo­kratische Antrag auf Einführung der Listenwahl für den Landtag an Stelle der Bezirkswahlen und auf Verlegung der Wahlen auf den Sonntag er­fuhr im Landtag eine glatte Ablehnung.

Stuttgart, 23. März. Wie aus den Land­tagsverhandlungen bekannt ist, steht eine Erhöhung der Hundesteuer bevor. Sie wird aber in diesem Jahre noch nicht Platz greifen; um so sicherer dürste sie zum 1. April 1915 in Kraft treten und zugleich ein großes Sterben unter unseren treuen vierbeinigen Freunden verursachen.

Stuttgart, 23. März. (Postenbelästigung.) Gestern abend kurz nach 11 Uhr belästigten ungefähr 5 bis 6 junge Leute einen Posten vor dem Halms des Herzogs Albrecht. Als sie auf die Auf­forderung öes Postens, eines Einjährigen, hin nicht weitergingen, sondern ihre Verhöhnungen fortsetzten, griff der Posten einen aus der Zahl der jungen Burschen heraus und nahm ihn fest. Von der herbeigerufenen Wache wurde dieser unter Führung eines Leutnants nach dem Akademie- Hof in das Wachlokal verbracht. Der Vorfall hatte eine große Zahl Neugieriger angelockt, die aber eine ruhige Haltung bewahrten.

Stuttgart, 23. März. In einem Hause in der Lindenstraße in Gablenberg entstand ver­mutlich durch Zündeln eines in der Wohnung ein­geschlossenen 4 Jahre alten Knaben ein Brand, der von der Freiwilligen Feuerwehr gelöscht wurde. Das Kind ist infolge einer Rauchvergiftung gestorben.

Stuttgart, 23. März. Hier wurde kürz­lich ein eben zugereister, 18jähriger Bayer auf dem Hauptbahnhof von einem unbekannten Mann gefragt, ob er Arbeit suche. Als der Fremde dies bejahte, führte ihn der Unbekannte, angeblich um ihm die gewünschte Arbeit zu verschaffen, durch eine Reihe von Straßen in der Stadt herum, sodaß der Stellenlose schließlich nicht mehr wußte, wo er war. Unterwegs gesellte sich ein weiterer Mann zu ihnen, der sich für einen Fahnder auS- gab und die Beiden aufforderte, ihm zu folgen. So betraten sie endlich das Justizgebäude. Dort forderte der angebliche Fahnder zunächst den ver­meintlichen Arbeitgeber auf, ihm sein Portemonnaie auszuhändigen, was auch geschah. Ohne Argwohn übergab nun auch der Bayer auf das Geheiß hin dem Fahnder seinen Geldbeutel. Kaum hatte dieser das Geld, als sowohl der Fahnder wie der Arbeitgeber die Flucht ergriffen. Der Bayer sah erst zu spät, daß er zwei Schwindlern in die Hände gefallen war. Ehe er sich von seinem Schrecken erholt hatte, waren die Gauner brreitS ver­schwunden. Neben einem Gepäckschein enthielt

Die schöne Amerikanerin.

Roman von Erich Ebenstem.

41) ^Nachdruck verboten.)

Silas Hempel war in aller Stille zur großen Seligkeit der treuen alten Kata zurückgekehrt. Sein Gesicht strahlte und er rieb sich alle Augenblicke schmunzelnd die Hände, als fei er sehr befriedigt von dem Ergebnis seiner Reise.

Schon am nächsten Tag sprach er in einem kleinen Vorstadthotel vor, um zwei Herren einen Besuch abzustatten, welche, wie er selbst, am Abend zuvor angekommen waren, das Hotel aber noch nicht mit einem Fuß verlassen hatten.

Seine Unterredung mit ihnen dauerte etwa eine Stunde, dann fuhren alle drei Herren in geschloffenem Wagen nach Dr. Benkes Kanzlei.

Nachdem er die Herren wieder in ihrem Hotel abgesetzt hatte, fuhr er nach Hause, wo seiner eine freudige Überraschung harrte.

Als er sein Zimmer betrat, erhob sich eine jugendlich schlanke Männergestalt vom Sofa und stellte sich lächelnd vor ihn hin.

Meldemich gehorsamst als eingerückt, Meister," sagte FipS stolz,und meine beidenBeweise" habe ich mitgebracht."

Vielleicht zum erstenmal im Leben geriet Hempel außer sich und verlor alle Fassung.

Junge! Fips! Teufelskerl! Das hast du wirklich fertig gebracht?" schrie er jubelnd.

Jawohl, Herr Hempel."

Sage du sage du zu mir, mein Junge! Meiner Treu, du bist es wert, daß ich dich Bruder nenne! Aber wie zum Kuckuck hast du es denn angesangen?"

Hm, es war gar nicht so schwer. Die beiden waren ganz auf dem Hund. Lucy mußte Kellnerin spielen in ihrer Mutter Schnapsschenke ein greuliches Weib übrigens, diese alte Batello! und der Beppo trieb sich hungrig am Hafen herum. Ich machte mich mit der Lucy zuerst bekannt und gab mich für einen Weinbauern aus Ragusa aus, den seine Verwandten um alles betrogen hätten. Dann, als ich ihr Vertrauen gewonnen hatte, faselte ich ihr etwas von einem Schatz vor, der in einer alten Zisterne versteckt sei, und der mir wohl aus der Not helfen könnte, wenn ich einen oder zwei Genossen fände, die mir bei der Hebung helfen wollten. Aber sie müßten ganz unbekannt in Ragusa sein und den Platz erst aus ihren Namen kaufen, ohne daß man von meiner Anwesenheit etwas er­führe. Das schien ihnen sie hatte Beppo so­

gleich ins Vertrauen gezogen erst bedenklich, weil sie beim Kauf ihren Namen nennen müßten. Aber als ich hinwarf, sie könnten sich ja unter frem­dem Namen melden und auch verkleiden, Geld für den Kauf des elenden kleinen Landstückes mit der längst außer Gebrauch gesetzten Zisterne, sowie für die Seefahrt hin hätte ich noch genug, da gingen sie mir ins Garn. So fuhren wir nach Ragusa. Und dort angelangt, legitimierte ich mich vor der Behörde, erbat mir Assistenz und nahm sie in aller Stille fest. Sie sitzen nun sicher in Gewahrsam."

Hempel rieb sich vergnügt die Hände.Und erst was ich und Mahler in petto haben! Diese Schwurgerichtsverhandlung wird sensationell!"

XXIII.

Der Tag der Verhandlung war angebrochen. Ein den besten Kreisen angehörendes Publikum füllte den Saal und draußen vor den geschlossenen Türen standen noch Hunderte, die vergebens Ein­laß zu finden hofften.

Nachdem die Geschworenen ihre Plätze einge­nommen hatten, begann der Zeugenaufruf. Alle von der Staatsanwaltschaft, sowie von Dr. Merker vorgeladenen Zeugen waren persönlich erschienen. Dr. Benke teilte mit, daß die Verteidigung der