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WaderMonik

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Nr. 32 I Dienstag, den 17. März 1914 I 50. Jahrgang.

Ludwig Seeger.

Zu seinem 60. Todestag am 22. März.

In der Schwäbischen Heimalgeschichte ist der Name Seeger auch heute noch ein wohlbekannter. ES darf deshalb wohl mit Recht auch an einen Mann erinnert werden, dessen 50jähriger Todes­tag auf den 22. März fällt. Ludwig Friedrich Wilhelm Seeger hat im politischen und literarischen! Leben Schwabens eine nicht unbedeutende Rollen gespielt. Der Sohn eines Reallehrers in Wildbad, ! sollte er, wie so mancher andere, im Tübinger! Stift sich für die theologische Laufbahn vorbereiten, wandte aber schon dort, wo namentlich Kaußler und Hermann Kurz seine Freunde wurden, seine Neigung der Philologie und schönen Literatur zu und wurde dabei ein bevorzugter Schüler Uhlands. Wie Hermann Kurz, stand er nicht allzulange in theologischen Diensten, nahm dann eine Hauslehrer-! stelle in Bern an, wurde dort später Gymnasial-! lehrer und Privatdozent an der Universität und kehrte in dem unruhigen Jahre 1848 in die Hei-! mat zurück. Schon war er in Journalen, nament-! lich im Morgenblatt, als Dichter an die Oeffent- lichkeit getreten, hatte 1843 unter dem Titel:Der! Sohn der Zeit" eine Sammlung sozialer und politischer Lieder herausgegeben, die schon 1847 eine zweite Auflage erlebten, und hatte Beraugers, sowie des Aristophanes Werke in mustergültiger Uebersetzung verdeutscht. In Ulm redigierte Seeger 1848 bis 1850 die damals auf der Höhe stehendeUlmer Schnellpost", wurde 1850 vom! Oberawt Ulm in den Landtag gewählt und siedelte! nun mit seiner Familie nach Stuttgart über. In den Jahren 1851/53 und 1854/55 war er der Vertreter Walvsees in der Zweiten Kammer und ewann hier, als tatkräftiges Mitglied der liberalen artei, einen entscheidenden Einfluß, den sein >roßes Rednertalent vielseitig förderte und stärkte, ifrig beschäftigte er sich auch daneben mit jour­nalistischen und literarischen Arbeiten auch dann, als ihn 1862 Ulm wiederum in den Landtag sandte und das öffentliche Vertrauen ihn zu man­chem Ehrenamts berief. Die Schleswig-Hol­steinische Frage stand jetzt im Vordergrund des politischen Interesses und auch Seeger nahm in Wort und Schrift lebhaften Anteil an ihr. Da­neben her war er stets eifrig schriftstellerisch und dichterisch tätig. Eine Uebertragung von Victor

Hugos Werken war eine treffliche Arbeit, seine Uebersetzung Thomas Moor blieb ein Druckstück, und zu der Dingelstedt'schen Shakespeare-Ueber- setzung steuerte er König Johann, Hamlet, Timon von Athen und Teile des Othello bei. In den Jahren 1863/64 sammelte er seine Dichtungen, vereinigte in demDeutschen Dichterbuch aus Schwaben" 1664 eine Reihe deutscher Dichter und redigierte daneben noch 1863 dasStuttgarter literarische Wochenblatt", die Beilage desEulen­spiegel". Am 22. März 1864 starb er nach schwerem Leiden.

Ludwig Seegers Name mag in seiner weiteren schwäbischen Heimat wohl nicht mehr allzuoft ge­nannt werden. Er teilt dadurch das Los mancher seiner Landsleute und Dichterkollegen. Vielleicht daß in der Schwäbischen Residenz, die, nicht immer zu ihrem Vorteil, an ihrer literarischen Vergangenheit gar treu festhält, man in engeren Zirkeln noch seiner gedenkt. Und wer ihn genauer aus seinem Leben und Dichten kennt, der wird von ihm als einem Manne reden müssen, der die Aufgabe des Daseins als heilige und ernste Pflicht nahm, und hinter allem, was er tat und schrieb, mit dem ganzen Mute seiner unerschütterlichen Ueberzeugung stand. Er war ein Dichter voll von Klarheit, Schwung der Sprache und einem ausge­prägten Formsinn, der ihm namentlich auch als Uebersetzer zu gute kam. Er ging auch in seiner politischen Poesie immer von dem tiefen und ernsten Gedanken aus, und mied, im Gegensätze zu Georg Herwegh, die flache und flüchtig blendende Rhetorik. Er war grundehrlich in seinem Zürnen und Hassen, das er gerne auch in das Gewand d,es Spottes und der scharfen Satire kleidete, und war immer glücklich in der Wahl seiner Bilder, namentlich auch da, wo es galt, die Schönheit der Natur zu schildern. Es war ihm keine Aufgabe zu schwer, wenn er sich einmal an ihre Lösung gemacht hatte. Sein Sinn ging allezeit auf das Gute und Edle undGroße gerichtet, und gegen alles, wasLüge, Dumm­heit und Feigheit war, stand er als grimmiger Feind. Er hat den freiheitlichen Idealen seiner Zeit treu und ehrlich gedient, und war eine Persönlichkeit, die immer auf geradem Weg ging. Un>ere poli­tischen und literarischen Ziele sind in den 50 Jahren seit Seegers Tode andere geworden. Wir erachten es als eine müßige Frage, wie er sich zu unserer Entwicklung in dieser Zeit gestellt hätte. Als einer von denen, die in den Tatsachen der Geschichte -

auf dem Wege zur Höhe und geistigen wie sozialen Reife nur immer Etappen sehen, hätte auch er nicht in unfruchtbarem Eigensinn die Vergangenheit in die Wagschale geworfen, sondern wäre mitgeschritten und hätte mitgestritten für unsere nationale Frei­heit! Darum sei auch heute sein Gedächtnis geehrt. Das ist der Mann, nach dem auch in Wildbad eine Straße benannt ist.

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DieFrance militaire" veröffentlichte am 12. März einen LeitartikelDie französisch-russischen Beziehungen", der Aufsehen erregen muH, da er ein wahres Spiegelbild franz. Stimmungen gibt. Der bekannte Artikel der Köln. Zeitung vom 24. Febr. über die russische Kriegsgefahr so heißt es ist nur ein tendenziöses Manöver des Reichskanzleramts, um das deutsche Volk zur Lehre vom Präventivkrieg zu bekehren, der Friedrich II. zu einem großen Feldherrn, Bismarck zu einem großen Kanzler, die preuß. Sümpfe zu einem mächtigen Königreich, aus einem Land ohne Einheit das gefürchtetste Reich machte. Vielleicht soll auch dadurch ein Druck auf Rußland ausgeübt werden zur Erneuerung der Handelsverträge, unter deren Wirkung Rußland spielend eine deutsche Kolonie wurde. Oder will man hiedurch eine ueue Heeres­vorlage vorbereiten, die 2 °/o aller Wehrpflichtigen zu den Waffen ruft, wodurch Deutschland leicht eine Friedensstärke von etwa 1 300 000 Mann erhalten könnte? DieFrance militaire" findet es im übrigen ganz begreiflich, daß Deutschland anfängt, sich zu ängstigen, da im Herbst 1914 900 000 Deutschen 785 000 Franzosen an den Vogesen und 1400000 Russen an der Weichsel gegenüberstehen, während es an seinen Verbündeten eine nur sehr mäßige Unterstützung finven wird. Denn diese haben mehr Interesse daran, sich ein möglichst großes Stück vom albanischen Kuchen abzuschneiden, als für den König von Preußen zu arbeiten. Ganz auf sich selbst angewiesen, ist Deutschland auf einmal untröstlich, daß die Zeiten vorbei sind, zu denen es mit der Stärke feiner Armee und seinem militärischen Kriegsruhm imponieren konnte. Ja die Zeiten sind vorbei, zu denen die Völker, eingewiegt in schöne Friedens­träume, mit Andacht zu dem militarisierten, kaporalisierten, prussifiziertenDeutschlandaufblickten, Nach vielen Zugeständnissen, die sie machen mußten! und die nur dazu beitrugen, den Heißhunger des

Die schöne Amerikanerin.

Roman von Erich Ebenstein.

38) (Nachdruck verboten.)

XXI. '

Acht Tage später bekam ein blutjunger Detektiv, der seit zwei Jahren vergeblich darauf wartete, in irgend einem Falle von Bedeutung verwendet zu werden und dadurch die Aufmerksamkeit seines Ehefs auf sich zu lenken, ein Billett mit der Auf­forderung, sich unverzüglich bei Herrn Silas Hem­pel einzufinden.

Konrad Fips zögerte keine Minute, dieser Auf­forderung Folge zu leisten. Schon eine halbe Stunde später stand er vor dem Meister, die scharfen, grauen Augen erwartungsvoll auf den Detektiv gerichtet.

Hempel betrachtete ihn eine Zeitlang stumm und eingehend, als wolle er ihn bis in den letzten Winkel der Seele auskundschaften. Dann nickte er und begann lächelnd:Sie sind sehr ehrgeizig, junger Mann?"

»Ja," gab Fips ohne Zögern zu.

Schön. Man hat bisher nicht viel von Ihnen gehört, aber ich habe Sie einmal beobachtet, als

Sie einen Taschendieb im Praterbeschatteten". Ihre Art dabei hat mir nicht übel gefallen, und ich glaube, es wäre etwas aus Ihnen zu machen."

Fips strahlte.

Mir fehlte bisher nur Gelegenheit, Meister. Gäbe man mir die ich wollte sie schon be­nützen I"

Hm. . . Gelegenheit ist jetzt da. Nun wird sich's zeigen, ob was in Ihnen steckt oder nicht. Können Sie Urlaub nehmen?"

Jeden Augenblick. Haben Sie einen Auftrag für mich?"

Hempel schob ihm statt aller Antwort zwei Bilder zu.Lucy und Beppo Batello," sagte er.

Fips machte ein überraschtes Gesicht.

Ah, die Mulattin und ihr Neffe aus dem Fall Witt-Henderson, die man steckbrieflich ver­folgt, aber nicht finden kann!"

Ich sehe, daß Sie informiert sind."

Ja. Aber woher haben Sie die Bilder, die Polizei konnte keine auftreiben."

Dumm genug. Sie lagen sozusagen aus der Straße für den, der sehen kann."

Ich wußte nicht, daß Sie auch an dem Fall arbeiteten, Herr Hempel."

Hempel lächelte pfiffig.

Nun, bis jetzt war ich nuroutsider", aber es kann geschehen, daß na, darüber später." Wollen Sie morgen früh abreisen, um die beiden Vögel da zu fangen? Ich schätze, daß ich Ihnen einen Fingerzeig geben kann, wo sie sich vielleicht verkrochen haben."

Natürlich werde ich abreisen!"

Können Sie italienisch?"

Ja."

Sind Sie mit dem Gebaren der Matrosen, Hafenarbeiter oder Fischer so vertraut, daß Sie eine dieser Typen mit Erfolg mimen können?"

Alle drei, wenns nötig ist."

Gut, dann sind Sie mein Mann."

Silas Hempel holte ein Kistchen Zigarren und eine Flasche Wein, nötigte Herrn Fips, neben ihm auf dem Sofa Platz zu nehmen, und ver­tiefte sich nun in ein langes, eingehendes Gespräch mit dem jungen Mann, dessen Kosten indessen er fast allein trug.

Fips hörte gespannt zu und seine klugen grau­grünen Augen wurden immer größer dabei. Zu­letzt sprang er erregt auf und HempelS Hand mit impulsiver Heftigkeit schüttelnd, rief er strahlenden Blickes:O Meister, was sind Sie für ein Kopf! Das konnten nur Sie herausbringenl"