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M. 111

Samstag, den 14. September 1912

48. Jahrgang.

A«S Württemberg.

Nach dem „Staatsanzeiger" wird bei der 26. Division das Manöver mit dem 16., bei der 27. Division mir dem 17. September abschließen.

Göppingen, 13. Sept. Die Korpsmanöver deS 13. Armeekorps, die am 19., 30. u. 31. Sep­tember in der Gegend von Geislingen stattfinden Mm, sind wegen der ungünstigen Witterung und der auf der Alb erst teilweise beendeten Ernte ab- zesagt worden. Dis Truppen kehren in Fußmärschen in ihre Garnisonen zurück.

Ellwangen, 13. Sept. Der erste Tag der Divisionsmanöver ist vom Wetter mehr be­lustigt gewesen als die vorausgegangenen Bri- Mmanöver. Die blaue (52.) Jnf.Brig., geführt M Gen.Major v. Dorrer, wurde auf ihrem Vor- mrsch von Ellwangen nach Nördlingen in der Mnger Gegend durch die von Süden vorrückende Ä (51.) Jnf.Brig. unter Gen.Major von Ferling gehalten und gezwungen, sich mit der Front ch Lüden zu entwickeln. Rot hatte eine Stellung in Wöhrsberg (südöstlich von Zöbingen) und in km westlich davon befindlichen Waldleil bezogen, mlche von Blau angegriffen wurde. Dieser An- M hatte nicht den erhofften Erfolg, denn Blau mßte sich nach Norden in der Richtung von Ännhaufen zurückziehen, hart bedrängt durch die » Süden nachrückende rote Partei. Bei Zöbingen !m eS zu einem hartnäckigen Nachhutgefecht, wo­raus Blau seinen Rückzug nach Norden fortsetzte. Dann bezogen beide Parteien Biwak mit Vor­posten, doch werden die Truppen mit Rücksicht ms die Feuchtigkeit des Bodens ohne Zweifel in Notquartiere einrücken dürfen. Der Hebung, welche von GemLeutn. v. Gerok geleitet wurde, wohnte auch der komm. General Herzog Albrecht an.

Stuttgart, 13. Sept. Der komm. General Herzog Albrecht begab sich heute früh von Aalen aus m Kraftwagen in das Manövergelände und wohnt» dort den Uebungen innerhalb der 26. Division an. Sodann fuhr der Herzog nach Ellwangen, wo er bis morgen Quartier bezieht.

Stuttgart, 13. Sept. Zum Generalleutnant befördert wurde Generalmajor Herzog Wilhelm von krach; zu Generalmajoren die Obersten v. Moser Änf.-Regt. 121), v. Grävenitz (Gren.-Regt. 119) unter Ernennung zum Komm, der 29. Juf.-Brig. Zum Komm. deS Gren.-Regts. 119 ernannt: Bron- I»rt v. Schellendorff, K. Preuß. Oberst und Ab- leilungichef im Gr. Generalstabe. — Zu Obersten werden befördert die Oberstleutnants v. GaiS beim vtabe des Jnf.-Regts. 124, unter Ernennung zum Komm, de- Jnf.-Regts. 121; v. Bendler, Linien-

t Kommandant in Straßburg. — Zu Oberstleut- jnants werden befördert: die Majore Renner (122) s unter gleichz. Kommandierung nach Preußen beh. IVerw. als Abteilungschef im Gr. Generalstabe; Grüner im Gr. Generalstabe (bleibt daselbst); Glück (136); Schott v. Pflummern (119). — Zu Balaillonskommandeuren werden ernannt die Ma­jore Feucht (127), Sanier im Gr. Generalstab (kommt zum J.-R. 122), Gerner (119; kommt z. J.-R. 134). - Zu überzähl. Majoren werden be­fördert die Hauptleute Lägeler, Fchr. v. Ellrichs­hausen, May, Diehl und Betz. — Hauptmann z. D. und Bezirksoffizier Gärttner beim Landwehrbezirk Calw erhält den Charakter als Major.

Der deutsche Pfarrertag in Stuttgart nahm gestern eine Resolution gegen die Zulassung der Jesuiten und gegen die Umdeutung des Jesuiten­gesetzes im Hertling'schen Sinne an.

Stuttgart, 13. Sept. Bri der Ziehung der Ebinger Geldlotterie zugunsten der Fohlenweide fiel der Hauptgewinn von 10 000 Mk. auf Nr. 21933, der zweite Gewinn von 5000 Mk. auf 66 585, der dritte Gewinn von 2000 Mk. auf 52 339, 1000 Mk. fielen auf 43 227, je 500 Mark auf 36 983, 15 409. (Ohne Gewähr.)

Stuttgart, 13. Sept. Ein jüngerer Mann ging in den letzten Tagen mit einem Wirte in der unteren Neckarstraße die Wette ein, fünf Pfund Heu mit sieben Eiern zu verzehren, wenn der Wirt ihm drei Flaschen Wein zahle. Das Mahl wurde folgendermaßen zubereitet: fünf Pfund Heu wurden genau abgewogen, dann zu Asche verbrannt, die Asche verrieben und mit den sieben Eiern durch­einander gemischt in der Pfanne gebacken. Der junge Mann ließ sich anfangs die sonderbare Speise recht gut schmecken, aber als er etwa die Hälfte verzehrt hatte, stellte sich „Sankt Ulrich" ein und der Rest der Speise blieb unverzehrt. Zu allem hin mußte der junge Mann selbstverständlich die drei Flaschen Wein zahlen und für den Spott brauchte er auch nicht zu sorgen.

Eßlingen, 13. Sept. Der Streik bei der Bijouteriefabrik Albert Huttenlocher ist nach fast Lwöchentlicher Dauer zu ungunsten des Metaü- arbeiterverbandes seit heute mittag beendet. Die Firma stellt morgen einen Teil und am Montag wohl das gesamte Personal wieder ein.

Tübingen, 13. Sept. Um 2 Uhr 13 Min. heute nacht erfolgte ein ziemlich starkes Erdbeben mit starkem Ruck und längerem Zittern.

Herrenberg, 13. Sept. Mit Rücksicht auf die Fleischteuerung hat auch die hiesige Stadtver­waltung in anerkennenswerter Weise einen See­fischmarkt eingerichtet.

Der Erbe von Nemerow

Roman von B. von der Lancken.

(Fortsetzung)

Peter v. Loewelt überlegte.

Meute ist es unmöglich. Am Nachmittag habe ^ ein Privatissimum zu lesen und für den Abend Me ich mich dem kranken Professor Deichmann ^Mvchen. Vielleicht morgen, wenn es dir dann

, »Gut, also morgen mittag. Wollen wir uns Wo t 1"^ d Um drei Uhr, halte aber auch

»Verlaß dich darauf."

Sie trennten sich; der jüngere warf sich unten >klne Droschke und fuhr leichten Sinnes die K'nab, der ältere lehnte oben am Fenster M folgte mit ernstem Blicke dem Gefährt, bis . iuit die nächste Ecke verschwand. Er war, von ^ peinlichsten Gefühlen beherrscht, zurückgeblieben. . »Eine Viertelstunde", murmelte er mit Bitter- - »und was haben wir da gesprochen? Nicht

ein Wort, das wert wäre, noch einmal gedacht zu werden."

Was war in diesen drei Monaten aus seinem Bruder geworden? Wo war der harmlos heitere Sinn? In jedem Wort, das Paul Ulrich ge­sprochen, hatte er ihm verraten, daß er nur nach Berlin gekommen, um die raffinierten Genüsse der Großstadt voll und ganz zu durchkosten; schon die Begleitung Tempskys, der Aufenthalt in dem luxuriösen, vornehmen Hotel lieferten ihm den Beweis, aber mehr noch als alles dies kränkten Peter Paul Ulrichs Worte über Charlotte. Wie konnte ein Mann seines Weibes so, in einer an daS Frivole streifenden Weise Erwähnung tun?

Am nächsten Nachmittag, pünktlich um drei Uhr, war er bei Hiller und traf den Bruder, dem man deutlich genug die Spuren einer durchschwärmten Nacht ansah, schon auf ihn wartend.

„Du mußt heute mit mir allein fürliebnehmen," sagte er mit etwas gezwungenem Lächeln, „Temps- ky ist nach Potsdam gefahren. Bitte, nimm Platz. Kellner — die Speisekarte und eine Flasche^ Lafittel" j

Peter hatte ein Empfinden, daß auch heute

Horb, 13. Sept. Der Bezirksverein für Natur- und Heimatfchutz ließ die Ruine Staufenberg im Eulinger Tal an der Bahnstrecke Horb—Eutingen renovieren. Er erhielt hiezu namhafte Beiträge.

Aus dem Reiche.

Karlsruhe, 13. Sept. Im Bühlertal sind mehrere Bergrutsche erfolgt, durch die der Verkehr teilweise unterbrochen wurde. — Der Neckar hat den Höhestand von 7,5 Meter erreicht.

Heddesheim,18. Sept. Am vergangenen Sonntag stieß der Waldhüter Eckert aus Virnheim mit 3 Wilderern im Virnheimer Walde zusammen. Einer der Wilderer gab auf Eckert 3 Schüsse ab, der dadurch lebensgefährlich verletzt wurde.

Berlin, 13. Sept. Ueber die Teuerungs­konferenz beim Reichskanzler ist bis zur Stunde noch immer nichts bekannt. Man hat wenig Hoffnung, daß sie zu einem praktischen Ergebnis geführt habe.

Berlin, 13. Sept. Der Stadtverordneten­versammlung in Schöneberg ist zur Behebung der Fleischteuerung eine Petition unterbreitet worden, in der die Bildung einer G. m. b. H. für Groß- Berlin zur Einrichtung von Kaninchenfarmen an­geregt wird. — Infolge der starken Nachfrage sind in Dänemark die Fleischpreise bereits um 8 Pfg. pro Pfund gestiegen.

Mügeln, 12. Sept. Der Kaiser weilte auch am Nachmittag im Manövergelände. Die südlichen Flügel der roten 2. und 5. blauen Armee, die beiden sächsischen Korps, das 13. auf roter und das 12. auf blauer Seite waren heute nachmittag auch an einander geraten und känrpften im Süden des Hubertusburger Forsts. Dort kam es um 4 Uhr zum Sturmangriff.

Oschatz, 13. Sept. Der Kaiser übernachtete im Barackenlager, das er heute früh 4.30 verließ. Er beobachtete den Kampf von Collm und Lampers­dorf aus. Die Manöver wurden um 10 Uhr ab­gebrochen, worauf der Kaiser in der Nähe von Oschatz längere Kritik hielt. Das Wetter ist schön, nachdem am frühen Morgen starker Nebel geherrscht hatte.

Oschatz, 13. Sept. Der Kaiser ist mit Ge­folge im Sonderzug nach Station Wildpark ab­gereist. Er reist am Sonntag nach Wilhelmshaven.

Oschatz, 13. Sept. Heute früh sind in der Nähe des Wasserturms 2 Offiztersflieger abge­stürzt. Der eine erlitt eine Brustquetschung, der andere einen Schenkelbruch. Die Verunglückten wurden dem hiesigen Garnisonslazarett zugeführt.

Duisburg, 12. Sept. Durch eine Schlag­wetterexplosion auf der Zeche Westend in DuiS-

nicht alles war, wie es wohl sein sollte, aber er mochte nicht der Erste sein, eine darauf bezügliche Frage zu tun; hoffte er doch, daß im Laufe des Gesprächs Paul Ulrich ihm einige Mitteilungen machen würde, hatten sie doch noch nicht die aller­herkömmlichsten Fragen nach dem gegenseitigen Ergehen erledigt. Paul Ulrich machte heut» noch mehr als gestern den Eindruck des Zerfahrenen und Unruhigen.

„Wie und wo hast du den gestrigen Abend verlebt?" begann Peter endlich, nachdem die Suppe serviert war, die Unterhaltung, den Bruder, der gerade auf seinen Teller sah, mit raschem Blick streifend; es entging ihm daher auch der Ausdruck der Verlegenheit nicht, welcher sich in seinen Zügen ausprägte, als er antwortete:

„Mit Tempsky und einigen Bekannten im Hotel."

„Was, im Hotel?" erwiderte Peter in auf­richtigem Staunen.

„Ja, mir hatten ein paar Freunde getroffen, ich hatte sie zu mir eingeladen."

„Hm, nimm es mir nicht übel, Paul, aber das finde ich hier in Berlin doch etwa- sonderbar, wo ihr in jedem Restaurant mindestens ebensogut