Makler Monik
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Nr. 78 I
Dienstag, den 18. Juni 1912
48. Jahrgang.
Aus Württemberg.
Stuttgart, 17. Juni. Der Vertrag zwischen der Stadt Stuttgart und dem Ministerium des Innern wegen der Landeswasserversorgung wurde in der Samstagssiitzung der beiden Kollegien von Stuttgart angenommen.
Aus Zuffenhausen wird gemeldet: Wie es heißt, soll ein großer Goldregen demnächst über unsere Gemeinde niedergehen, da ein hiesiger Einwohner in Gemeinschaft mit einigen Verwandten sich in eine vom Ausland gemeldete große Millionen- erbschaft teilen werde. — Wenn es nur keine '„spanische" Erbschaft ist.
In Obertürkheim wurde am Samstag ein« Frau durch einen von einem Baugerüst stürzenden Balken erschlagen.
Zn Asperg hat der 15 Jahre alte Karl Sieze! seinen Eltern 50000 M. in Wertpapieren zestohlen und ist damit spurlos verschwunden.
Altensterg, 17. Juni. Am Freitag fiel die etwa 13jährige Tochter des Gerbers Stiehl hier drei Stock hoch vom elterlichen Haus auf die Erde, ohne dabei großen Schaden zu nehmen. Sie kam mit einem Loch im Kopf davon. Der Sturz ereignete sich dabei, als die Kinder, die mit Aufziehen von Holz beschäftigt waren, im Uebermut einen kleinen Knaben in die Höhe zogen. Als der Kleine noch unterwegs am Seil hing, ließ das untenstehende Kind das Seil fahren, so daß das oben am Seil befindliche Mädchen herabgeschleudert wurde.
Schwenningen, 17. Juni. In Oberbaldingen sollte der große Brand, dem drei Wohnhäuser zum Opfer fielen, auch noch ein Menschenleben zum Opfer fordern. Die 76 Jahre alte Frau des mitgeschädigten Jakob Manger hat sich von dem ausgestandenen Schrecken nicht mehr erholt. Sie erlitt einen Schlaganfall und starb.
Blaubeuren, 17. Juni. Bei einer aus Anlaß eines Todesfalles vorgenommenen Inventur wurde in einem alten Kleiderkasten der Betrag von 5000 Mark in Hundertmarkscheinen aufgefunden, der den Erben des Verstorbenen zusällt.
Ellwangen, 17. Juni. Von einem tragischen Geschick wurde der 42 Jahre alte Forstamtmann Dilger in Rosenberg ereilt. Dilger war seit längerer Zeit herzleidend. Am Dienstag schoß er auf dem Anstand einen starken Bock, auf den er schon seit lehn Tagen wartete. Aus Freude hierüber vergaß er sein Leiden und wollte den Bock nach Hause tragen. Doch alsbald brach er unter ihm zusammen. Mit einem Wagen nach Hause gebracht, war es rhm wieder möglich, ohne Hilfe die Treppe zu seiner Wohnung hinaufzusteigen. Bald stellten sich abermalige Herzbeklemmungen ein und in wenigen
Minuten machte ein Herzschlag seinem Leben ein, Ende. Dilger hinterläßt eine Witwe und drei Kinder, denen sich die allgemeine Teilnahme zuwendet.
Friedrichshafen, 17. Juni. Beim Entleeren der letzten Gaszelle des Militärluftschiffs Z. 3 enstand heute abend aus bisher unaufgeklärter Ursache eine Entzündung. Die Außenhülle des Luftschiffs wurde an der Spitze verbrannt und eS wurde auch ein Teil der Träger zerstört. Zwei Arbeiter wurden leicht verletzt.
Fried richshafen, 17. Juni. Die Abnahmefahrt des Luftschiffes Z. 3 durch die Heeresverwaltung wird in den nächsten Tagen staltfinden. Die Abnahmefahrt wird als Schnelligkeits- und Dauerfahrt ausgeführt, die etwa 20 Stunden in Anspruch nehmen wird und bei der sich das Luftschiff in einer kriegsmäßigen Höhe von 1500 Nieter Hallen muß. Das Ziel der Fahrt wird nicht bekannt gegeben.
Vom Bauland, 17. Juni. (Zärtliche Verwandte.) Anfangs der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts wanderte ein junger Mann aus einem Dorfe des Baulandes nach Amerika aus, um dort sein Glück zu suchen. Es war ihm dort auch sehr, hold. Seine Eltern und nächsten Angehörigen sind inzwischen alle gestorben. Vor einigen Wochen suchte er nach äojähriger Abwesenheit den Geburtsort wieder auf, um dort den Rest seiner Erdentage zu verbringen. Den schlicht gekleideten und anscheinend in dürftigen Verhältnissen lebenden Greis wollte aber keiner seiner Verwandten kennen. Erst als man darüber klar war, daß er ein ganz bedeutendes Vermögen besitzt, kamen Verwandte in großer Zahl und alles begrüßte ihn als Vetter. Der Greis aber wandte sich ab, verließ die zärtlichen Verwandten und zog nach Würzburg, wo er ein einsames Leben führt und bereits manche Stiftung zu wohltätigen Zwecken gemacht hat. In die Heimatsgemeinde wird von seinem Gelde wohl wenig kommen.
Aus dem Reiche
Ach ern, 16. Juni. Aus der Pflegeanstalt Hub, in der kürzlich verschiedene Pockenerkrankungen vorkamen, ist diese gefährliche Krankheit nun doch in die Umgegend verschleppt worden. In der Gemeinde Ottersweier erkrankten vor einigen Tagen mehrere Personen, von denen zwei bereits gestorben sind. Der eine der Verstorbenen ist der Bruder des in der Anstalt Hub beschäftigten Heizers. Er kam mit diesem wiederholt zusammen. Durch behördliche Verfügung wurde die Volksschule in Ottersweier geschlossen.
Berlin, 17. Juni. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Wie jetzt bekannt gegeben wird, wird der Kaiser mit dem Zaren in den ersten Tagen des Juli in den finischen Schären Zusammentreffen. In Begleitung des Kaisers wird sich der Reichskanzler befinden.
Berlin, 17. Juni. Botschafter Frhr. Marschall von Biberstein ist heute mittag nach London ab gereist.
Berlin, 17. Juni. Das Reichsmilitärgericht hat als letzte Instanz die Klage des Pfarrers Kratz gegen die beiden Offiziere, die während seiner Predigt in der Charlottenburger Luisenkirche den Gottesdienst verlassen hatten, abgewiesen und damit das Urteil erster Instanz bestätigt.
In Berlin hat in der Nacht vom Samstag auf Sonntag der Buchhalter Zinke seine von ihm getrennt lebende Frau erdrosselt.
Brandenburg, 17. Juni. Nach Beendigung der Schießübungen der 2. Batterie des 2. Brandenburgischen Artillerieregiments wurden auf der Chaussee die Pferde eines Wagens, auf dem Scheiben und andere Gerätschaften verladen waren, plötzlich scheu und rasten gegen einen Chausseebaum. Der Wagen ging in Trümmer und die Soldaten wurden entweder heruntergeschleudert, oder gerieten unter die Trümmer des Wagens. Ein Kanonier ist an den Folgen der Verletzungen gestorben, drei anoere lieg u in bedenklichem Zustande im Garnisonslazarett.
Kiel, 17. Juni. Gestern nachmittag begann der unter dem Protektorat des Prinzen Heinrich von Prenßen stehende große Nordmarkenflug 1S12 mit der Kieler Flugwoche. Infolge des stürmischen Wetters und der starken Regengüsse begann der Aufstieg erst in später Abendstunde. Prinz und Prinzessin Heinrich, sowie Prinz Adalbert von Preußen wohnten der Veranstaltung bei.
In der rechtsrheinischen Rhein Provinz gingen schwere Gewitter mit Wolkenbrüchen, teilweise mit schweren Hagelschäden, nieder. In den Getreidefeldern ist der Schaden sehr groß.
Der Münchener berühmte Frauenkliniker Geheimrat Döderlein hat an einer jahrelang kinderlos gebliebenen jungen Frau den Beweis erbracht, daß künstliche Befruchtung durch Injektion weniger Tropfen Sperma möglich ist. Nach vier Atonalen konnte Schwangerschaft festgestellt werden. — Bei Tieren, insbesondere bei wertvollen Pferden, hat man schon länger derartige Versuche mit glänzenden Resultaten gemacht.
Dinkelsbühl, 15. Juni. Unsere weitbekannte „Kinderzeche" fällt in diesem Jahre in die Zeit vom 13.—17. Juli. Die Aufführung des
Aus Eifersucht.
Roman von Max Hoffmann.
(Nachdr. verb.)
„Das Schrecklichste aber," fuhr Helene Brandt, die Verhaftete, in ihrer Lebensbeschreibung fort, „mußte ick in Paris erleben. Der sechzehnjährige Sohn eines Gesandtschafts-Attachees, bei dem ich engagiert war, erschoß sich meinetwegen —" «Weshalb ?"
, „Er verfolgte mich rnit Anträgen, und ich >mes ihn ab —"
Weide lächelte. „Verzeihen Sie, Fräulein, dieser Ml! ,ft mir bereits bekannt. Er soll wesentlich andern- Art sein, als Sie ihn darzustellen beliebten, «le waren dem jungen Mann gegenüber durchaus acht wie ein Eiszapfen, sondern verführten ihn zu allerlei törichten Ausgaben, um sich putzen und !Mücke» zu können. Der exzentrische Mensch griff mum zuletzt, als Sie ihn bei der Entdeckung des Verhältnisses durch seinen Vater dreist verleugneten, la sogar anklagten, aus Verzweiflung zur Pistole —" «Das ist nicht wahr!" rief sie erregt.
und Sie verdanken es lediglich dem rücksichtsvollen Verhalten jener Familie, die einen Eklat vermeiden wollte, daß Sie nicht bestraft, sondern nur Knall nnd Fall entlassen wurden."
Sie war wieder im Begriff, etwas darauf zu entgegnen, aber Scharffenstein verhinderte es.
„Das interessiert uns ja nicht weiter", sagte er gleichgültig. „Wohin begaben Sie sich dann in Stellung?"
„Ich fand nicht gleich etwas Passendes und ging nach Berlin, wo ich von Sprachunterricht lebte."
„Und hier lernten Sie den Bruno Majewski kennen?"
„Bruno Majewski?" fragte sie verwundert. „Das muß ein Irrtum sein."
„Ich bitte Sie!" fiel Weide ein. „Was soll denn diese Verstellung? Ihr Komplize hat bereits alles gestanden und auf Sie hingewiesen, und Sie wollen uns hier vormachen, daß Sie nicht die Gesuchte wären?"
„Der Elende!" entfuhr es ihr. Sie wußte nicht, daß der Kriminalkommissar die kleine Lüge benutzte, um sie zum Geständnis zu bringen.
„Sie lernten ihn also vor einem halben Jahre kennen?"
Nach einigem Zögern gestand sie leise: „Ja, in einem Kvnzert."
„Das heißt, das ist auch wieder nur die halbe Wahrheit", bemerkte Weide mit unerschütterlicher Ruhe. „Von Majewski haben mir bereits vernoin- ^ men, daß Ihre gegenseitige Bekanntschaft in einem jener Varietes gemacht wurde, die jetzt in der Hauptstadt wie Pilze aus dem Boden schießen und wo man bei freiem Eintritt und von zarter Hand ! kredenztem Bier allerlei Vorträge und Vorführungen ! aus der gesamten Sphäre des Brettls genießen kann."
„Und Sie verliebten sich in diesen Menschen?"
„O, das beruhte aus Gegenseitigkeit! Und warum nicht?" fragte sie trotzig. „Die Herren der Schöpfung, die ich bishur kennen gelernt hatte"— sie biß sich auf die Lippen — „oder vielmehr gesehen hatte, waren höchst schwächliche Exemplare edler Männlichkeit gewesen. Hier aber sah ich Entschlossenheit, Kühnheit, Kraft — und Liebe ist Kraft, meine Herren!"
Mit boshaften Blicken betrachtete sie dabei