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Donnerstag, den 30- Dezember t909

j 45- Jahrgang

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Stuttgart, 22. Dez. Dem seit längerer Zeit im Lande fühlbar gewordenen Mangel gesetzlicher Bestimmungen in Bezug auf die behördliche Beaufsichtigung des Kost- und Pflege­kinderwesens ist durch die Verabschiedung des Gesetzes vom 16. August 1909, betreffend die Kost- und Pflegekinder, abgeholfen worden. Das Gesetz wird am 1. Januar 1910 in Kraft treten. Das Ministerium des Innern bemerkt nun gegenüber den zur Ausführung des Gesetzes berufenen Behörden folgendes: Den bei fremden Personen untergebrachten Kindern und unter diesen insbesondere den kleinen hilflosen Kindern sollen die Behörden der Absicht des Gesetz­gebers entsprechend einen wirksamen öffentlichen Schutz angedeihen lassen, bei Betätigung dieses Schutzes aber soll in die Privatverhältniffe der Kostgeber nicht weiter eingegriffen werden, als es die zwingende Notwendigkeit erfordert. Kost- geber, die von edlen Beweggründen geleitet sind, sind unbeschadet einer geordneten Auf­sichtsführung mit möglichster Schonung zu be­handeln, gegen unsaubere Elemente aber werden die gesetzlichen Handhaben mit Nachdruck an­zuwenden sein. Auf ein umfassendes Zusammen­arbeiten der Ortsbehörden mit den zahlreichen im Lande bestehenden, auf dem Gebiet der Jugendfürsorge segensreich wirkenden Vereinen wird seitens des Ministeriums besonderer Wert gelegt. Der Führung der Listen über die Pflegestellen ist seitens der Ortskehörden be­sondere Sorgfalt zu widmen, sie sollen einen klaren Einblick in den jeweiligen Stand der Beaufsichtigung des Kost- und Pflegekinder- wesens der Gemeinde ermöglichen. Die Kgl. Oberämter werden angewiesen, darüber zu wachen, daß die in Paragraph 17 der Voll­zugsverfügung vorgeschriebenen Bekanntmach­ungen der Ortspolizeibehörden rechtzeitig er­folgen.

Stuttgart, 27. Dez. Ein schwerer Ein­bruch wurde am Freitag abend in der Forst­straße verübt. Als die Tochter des Restau­rateurs Mehl bestattet wurde, benützte ein Ver­brecher die Abwesenheit der Eltern, um in die Wohnung einzudringen. Mit einem Stemmeisen sprengte er die Türe zur Wohnung auf, zer­trümmerte mehrere Kästen und raubte etwa 800 Mk. Bargeld, die als Zins und Bier­geld bereit gelegt waren, sowie Wertsachen, die auf etwa 300 Mk. geschätzt werden. Von dem Verbrecher hat man noch keine Spur'

Die Handwerkskammer Reutlingen hat dieser Tage an die Volksschulen sowie an die höheren Lehranstalten ihres Bezirks eine neue Auflage ihresRatgebers zur Berufswahl" zum Zwecke der Verteilung an zur Schulent­lassung kommenden Knaben versandt. Das Büchlein ist wiederum verbessert und wesent­lich erweitert worden und dürfte in dieser Form manchem Vater oder Vormund nützliche Winke jfür die Berufswahl der ins Leben tretenden Knaben geben. Von Wert ist, ins­besondere auch das am Schluß angehaügtc Verzeichnis der für die Handwerker in Betracht kommenden Fachschulen und sonstiger Weiter­bildungsgelegenheiten.

Enin gen (O.-A. Reutlingen), 27. Dez. Die Lokalbahn Reutlingen-Eningen ist um 210000 Mark in den Besitz der Württ. Eisenbahnge­sellschaft in Stuttgart übergegangen. Um das Unternehmen einigermaßen rentabel zu gestalten, ist die Einrichtung des elektrischen Betriebes unter Einbeziehung von Reutlingen-Betzingen und Pfullingen beabsichtigt.

Tübingen, 22. Dez. (Strafkammer). Gegen 8 Wirte von Wildbad wurde heute wiederum wegen Glücksspiels mittelst Automaten verhandelt. Gegen sämtliche wurde das Ver­fahren wegen Verjährung eingestellt.

Kirchheim u. T., 27. Dez. Zum 75. Geburtstag des Oberforstrats a. D. Graf von Uxkull liefen von nah und fern zahlreiche briefliche und telegraphische Glückwünsche ein.

Calw. In das amtsgerichtliche Vereins- register wurde eingetragen: Wintersportverein Calw. Die Satzung ist am 2. Dezember 1900 errichtet. Vorstand: Or. mocl. Schiler (Vor­sitzender), Herm. Georgii (stv. Vorsitzender), Bezirksgeometer Steiff, Lisa Fechter, Maria Schwäble, sämtlich in Calw.

Freudenstadt, 27. Dez. Der volkspar­teiliche Abgeordnete für das hiesige Oberamt, Johann Friedrich Schmid, Metzger und Gast­wirt zumRitter" in Freudenstadt, ist heute nachmittag nach langem schweren Leiden im Alter von nahezu 62 Jahren fgestorben. Er vertrat den Bezirk Freudenstadt als Nachfolger Gallers seit Januar 1909. Schmied hat an dem Feldzug 1870'71 teilgenommen.

Vom Bodensee, 20. Dez. Ein Projekt von höchster Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufschwung im Bodenseegebiet ist in St. Gallen in die Wege geleitet worden; die Erbauung einer Bahn auf den Säntis (2504). Das Ko­mitee, das in St. Gallen feinen Sitz hat, ist mit den Vorarbeiten schon so weit voran, daß bereits nächstes Jahr mit dem Bau begonnen werden kann. Es ist zunächst nur eine Bahn AppenzellMeglisalb in Aussicht genommen. Es wird angenommen, daß es z. B. für Stutt­gart möglich sein wird, mit dem 2.l9 Uhr abgehenden Eilzug nachts noch die Meglisalp zu erreichen, am andern Morgen den Säntis- gipfel zu besteigen und abends 10 Uhr wieder in Stuttgart zu sein.

Das gänzliche Fehlen von Schnee im Schwarzwald und auf der Alb nötigt den in Baiersbronn vorgesehenen Schneeschuhkurs ins württ. Allgäu zu verlegen. Vorzügliche Schnee­verhältnisse (50100 cm Schnee, 20 cm Neu­schnee), sehr günstiges Gelände am Fuße des schwarzen Grats und treffliche Unterknnft im Kurhaus lassen den Wintersportsplatz Groß- Holzleute bei Jsny für einen Kurs be­sonders geeignet erscheinen. Der Kurs findet vom 30. Dez. bis 2. Januar statt. Die für Baiersbronn vorgesehene Kurseinteilung bleibt dieselbe, besonders auch für die Ausfüllung der Abende durch Vorträge sind Lichtbildervorfüh- ruugen.

Aus Hohenzollern, 21. Dez. In Lan- geneislingen wurden wiederholt im Baumgarten desselben Besitzers Baumfrevel verübt, ohne daß der Täter festgenommen werden konnte. In vergangener Woche nun wurden ebenfalls wieder vier schöne, stärkere Bäume durchsägt.

Der Besitzer entschloß sich nun, auf seine Kosten einen Polizeihund aus Frankfurt zu requirieren, und so fand das hochinteressante Experiment mit Zusammenlauf der ganzen Einwohnerschaft am 16. d. Mts. statt, drei Tage nach Begehung des Frevels. Mit frappanter Sicherheit ver­folgte das Tier durch Schneefeld und Wege in weitem Bogen um den Ort seine Spur, um endlich vor dem Hause eines längst Verdächtigen zu halten. Als dann dem begleitenden Wacht­meister heimlich beigebracbt wurde, daß der Verdächtige sich unter der Menge der Zuschauer befinde, mußte das Tier auch diese Suche auf- nehmen, bis es vor dem Verdächtigen laut bellend parierte.

Pforzheim, 26. Dez. Der Familie des hiesigen allgemein beliebten evangelischen Stadt­pfarrers Becker drohte dieser Tage schweres Leid. Herr Becker hörte nachts einen seiner kleinen Söhne stöhnen und ging ins Neben­zimmer, um nach ihm zu sehen. Aber dort sank er alsbald ohnmächtig zusammen, denn es hatte sich infolge eines Fehlers an der Heizanlage giftiges Kohlenoxydgas gebildet. Seiner zu Hilfe kommenden Frau ging es nicht besser, ebenso zwei weiteren Söhnen und die Familie wäre erstickt, wenn es nicht dem Töchterchen gelungen wäre, ein Fenster auf­zureißen. Diese rasche und besonnene Hilfe brachte nach einiger Zeit alle wieder zu sich und es ist zu hoffen, daß sie sich bald wieder völlig erholen.

Pforzheim, 27. Dez. In dem benach­barten Dorfe Kieselbronn gab es am hl. Abend vor der Wirtschaft zum Lamm wegen einer einfachen Anrempelei eine schwere Messerstecherei, wobei der 26 Jahre alte ledige Zimmermann Erwin Rehmann den 19jährigen Sohn des Landwirts Klotz sowie den 20jährigen Sohn des Landwirts Schönthaler mit dem Messer stach. Schönthaler erhielt einen lebensgefährlichen Stich in den Hals. Eine ähnliche Schlägerei am hl. Abend ereignete sich in Kapfenhardt, wobei mehrere Burschen verletzt wurden.

Heidelberg, 24. Dez. Gestern nachmittag ist das dreistöckige Lagerhaus der Garn- und Kurzwaren-Großhandlung von I. I. Lindau vollständig abgebrannt. Der Schaden an Waren­vorräten wird auf ca. 100 000 Mk. geschätzt, der Gebäudeschaden auf 30 000 Mk.

Mannhe im, 2 7. Dez. Ein hiesiger Metzger­meister hatte eine faule Kundin, die mit einer nicht unbeträchtlichen Schuldsumme im Rück­stände war. Eines Tages traf die Frau des Metzgermeisters das Dienstmädchen der Kundin auf der Straße.Wohin?" sagte die Meisterin und das Mädchen erwiderte harmlos:Einen Hundertmarkschein wechseln lassen!"Geben Sie her, ich wechsle Ihnen!" meinte die Meisterin, nahm dem Mädchen den Schein aus der Hand, zahlte ihm unter Abzug des Schuldbetrags der Herrschaft das übrige Klein­geld heraus und segelte triumphierend von dannen. Leider wird die Geschichte ein Nach­spiel haben. Gegen die Meisterin ist ein Ver­fahren wegen Straßenraubs im Gange.

Aus Bayern, 21. Dez. Fürst Albert von Thurn und Taxis in Regensburg, dessen Vor­fahren bekanntlich die Post in Deutschland er­richtet haben, hat bis heute für sich und sein