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Amtsblatt

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Nr. 151

Dienstag, den 28- Dezember 1909

45- Jahrgang

Wunösctzau.

Stuttgart, 21. Dez. In dem Befinden des Grafen Zeppelin ist erfreulicherweise eine erhebliche Erleichterung eingetreten. Der Furunkel­herd hat sich lokalisiert, die Schmerzen und die Fiebererscheinungen sind gewichen, so daß Hoff­nung besteht, daß der hochverehrte Patient wenigstens über den Weihnachtsabend in seinem hiesigen Heim verweilen kann. Er wird als­dann freilich noch 'einige Zeit in das Hospital zurückkehren, da die furunkulosen Entzündungen gründlich ausgeheilt werden sollen.

Stuttgart, 22. Dez. Die Landesver­sammlung der Volkspartei wird am Donners­tag den 6. Januar im Konzertsaal der Lie­derhalle abgehalten. Der Parteivorstand, Professor Hofmann, wird den Geschäftsbericht erstatten, Landtagsabgeordneter Liesching wird über die Verhandlungen des Landtags und der Abgeordnete Haußmann über die des Reichstages berichten, während Präsident von Paper über die Fusion der linkslieberalen Parteien sprechen wird.

Stuttgart, 20. Dez. Nachdem die Ver­einbarung über die gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse die Zustimmung aller deutschen Bundesregierungen gefunden hat, ist sie nach einer Verfügung des K. Kultministe­riums vom 10. Dez. für Württemberg sofort in Kraft getreten. Da Klagen darüber laut geworden sind, daß die an den höheren Schulen üblichen Klassenausflüge zuweilen eine über­mäßige Ausdehnung nach Zeit und Ent­fernung annehmen und dadurch den Eltern unverhältnismäßig große Kosten verursachen und auch,die Schüler manchmal überanstrengen, so hat die Ministerialabteilung für die höheren Schulen die Aufmerksamkeit der Vorstände auf diesen Punkt gelenkt.

Stuttgart, 23. Dez. Die Landtagsver­sammlung der nationalliberalen (Deutschen) Partei Württembergs; soll am Sonntag 9. Jan. 1910 im Stadtgarten gehalten werden. Ueb?r die politische Lage in Reich und Land spricht Reichs- und Landt.Abg. Prof. I)r. Hieber, über staatsbürgerliche Erziehung der R.T.Abg. Prof. Wetzet. jAuch ein Referat über Neckarkanal und Stromgemeinschaften ist in Aussicht ge­nommen. Am Samstag nachmittag geht eine Vertreterversammlung voran.

Stuttgart, 21. Dez. Schon seit Wochen spricht man, wie die Schw. Tagw. meldet, in der hiesigen Geschäftswelt von Differenzen, die zwischen den beiden Inhabern der altbekannten Juwelierfirma Eduard Föhr aus der König­straße schweben. Auf Antrag des jüngeren Teilhabers ist jetzt vom Handelsgericht eine einstweilige Verfügung ergangen, durch die dem älteren Teilhaber bis zur rechtskräftigen Ent­scheidung des Streites die Vertretung der ge­nannten Firma entzogen wird. Die Differenzen sind geschäftlicher und privater Natur.

Stuttgart, 19. Dez. Infolge der vielen finglücksfälle, die hier beim Rodeln auf den abschüssigen Straßen, insbesondere auf der Hasenbergsteige schon vorgekommen sind, nimmt das Projekt der Erbauung einer gefahrlosen Doppelschlittenbahn von der Feuerbacher Heile durch den Kräherwald ins Feuerbacher Tal

jetzt greifbare gestalt an. Von den Kosten im Betrage von 25000 Mk. sind bereits 17 000 Mk. gedeckt. Den Grund und Boden für die Bahn gibt die Stadt her.

Stuttgart, 23. Dez. In letzter Zeit sind hier und auswärts falsche Fünfmarkstücke in Umlauf gesetzt worden. Sie tragen teils das Bildnis des Großherzogs Friedrich von Baden, teils das des Königs Albert von Sachsen oder das Wappen der Stadt Ham­burg, das Münzzeichen 6, L oder und die Jahreszahl 1876, 1865 oder 1901.

Freudenstadt, 22. Dez. Der Winter­sport im württ. Schwarzwald, vor allem der Schneeschuhsport, hat in den letzten Jahren einen ungeahnten Aufschwung genommen. Be­sonders Freudenstadt erfreut sich wegen seiner vorzüglichen klimatischen Verhältnisse und der Gelegenheit zu Wintersport aller Art auch als Winterkurort steigender Beliebtheit. Vom 13. bis 16. Jan. 1910 veraustaltet der dortige Schneeschuhbund einen Lernkurs im Schnee- schuhsahren. Die Leitung des Kurses liegt in den Händen von erfahrenen Leitern (Damen und Herren) des Schwäb. Schneeschuh-Bundes.

Aus Ludwigsburg wird von einer Eßwette berichtet, die sich von anderen da­durch unterscheidet, daß sie von einem Witzbold eingegangen wurde. Saßen da vor einigen Tagen in einer Wirtschaft zwei bekannte Hand­werksmeister beieinander, von denen der eine die Wette einging, daß er und sein Frennd zwei Portionen Rostbraten und ein Simri Kartoffel aufzehren würden. Die Wette kam nun am letzten Sonntag zum Austrag und das Lustige an der Sache war, daß der eine dem andern einen lebenden Ochsen in der Wirtschaft als seinen Freund vorstellte. Dieser mußte, da er sich in der Gesellschaft nicht recht behaglich zu befinden; schien, die Kartoffeln im Stalle verzehren, während sein Freund, der keine so vegetarianischen Neigun­gen besitzt, sich über die beiden Rostbraten hermachte. Der seltsame Freundschaftsbeweis versetzte natürlich die übrigen Gäste in die heiterste Stimmung und erregte allgemeines Gelächter.

Heilbronn, 21. Dez. Wegen Wander­steuergefährdung wurde der 60 Jahre alte Schweinehändler Jakob Fugmann von Dür­renzimmern zu der Geldstrafe von 135 Mark und zur Tragung der Kosten verurteilt. Der Angeklagte, der denASchweinehandel in großem Maßstab betreibt, hat es unterlassen, einen Gewerbeschein zu lösen.

Pforzheim, 22. Dez. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein! Die Wahr­heit dieses Sprichworts mußte der Goldarbeier Emil Friedrich Schüler im benachbarten Eutingen erfahren. > Er ließ an einem Sonn­tag durch ein Schulmädchen bei dem Kaufmann Judt Flaschenbier holen und zeigte 14 Tage später durch einen anonymen Brief an die Staatsanwaltschaft den Judt wegen Uebertre- tung der Gewerbeordnung an. Allein er wurde als Absender des Briefes erkannt. Zwar erhielt Judt einen Strafzettel von drei Mark, aber auch der Angeber Schüler erhielt wegen Anstiftung" zu dem Bierverkauf einen Zettel und zwar von zehn Mark. Er ließ die

Sache vor das Schöffengericht kommen und dieses besserte ihm in Anbetracht der bewiesenen niederträchtigen Gesinnung auf zwanzig Mark auf.

Wie aus Baden-Baden gemeldet wird, kommt die Luftschiffhalle in die Nähe des Bahn­hofes Baden-Oos zu stehen. Während der Saison wird in dieser Halle 2 IV stationiert sein, um Flüge in die Umgegend von Baden- Baden zu unternehmen. Im Hinblick auf die künftige Bedeutung Baden-Badens für den Luft­schiffverkehr (zwischen der Badener Halle uud Friedrichshafen soll die erste Betriebslinie ein­gerichtet werden) hat der Stadtrat eine Eingabe an das, Eisenbahnministerium gerichtet, um entsprechende Verbesserung des Fahrplans. Be­sonders soll auf direkte Wagenverbindungen nach und von Baden Bedacht genommen werden.

Die Reichsboten sind in den Ferien. Sie erfreuen sich und uns nicht mehr mit schönen Reden, sondern haben ihre Gedanken wohl auf den bunten Lichterbaum gerichtet. In dieser Pause zwischen den Redeschlachten kann man einmal die Frage aufwersen, wie teuer uns eigentlich unsere Volksvertreter zu stehen kommen. Ein nettes Sümmchen findet sich da zusammen. Die Diäten, die sich die Herren mühsam erkämpft haben, verschlingen allein 1015000 Mk. Dazu kommen noch die erheblichen Ausgaben für die Instandhaltung und Ausschmückung des Reichstagsgebäudes und der Präsidentenwohnung. Auch das Restaurant im Reichstage erfordert einen klingenden Zu­schuß, damit die Herren auZ Nord und Süd eine möglichst weitgehende Berücksichtigung ihrer kleinen Wünsche und Liebhabereien finden können. Füü das stenographische Bureau, für Besoldungen aller Art, für die Bibliothek usw. werden beträchtliche Gelder ausgegeben. Auch die wenigen deutschen Privatbahnen, die noch ihr Dasein fristen, zehren vom Reichstage. Sie erhalten für die Bewilligung freier Fahrt an die Abgeordneten ganze 4000 Mk. Alles in allem kostet uns der Reichstag nicht weniger denn zwei Millionen Mark zum sReichshause. Jeder Abgeordnete ist uns also jährlich mindestens 5000 Mk. Wert. Das ist aber nicht einmal übertrieben hoch, denn andere Parlamente zahlen noch viel höhere Diäten.

Berlin, 21. Dez. In einem Coupe erster Klasse des Berlin-Hamburger Schnellzugs fuhr letzthin ein elegant gekleideter Herr. In Ham­burg wurden nur Hut, Mantel und Reisetasche vorgefunden, der Reisende selbst war verschwun­den. Er wurde in der Nähe von Pritzier neben dem Geleise aufgefunden. Mit schwacher Stimme konnte er angeben, daß er beim Oeffnen des Fensters aus dem Coupe gestürzt sei. Anschei­nend hatte er die Türe nicht richtig geschlossen. Bald nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus verstarb der Schwerverletzte, der als der frühere Kaufmann Krummbein festgestellt wurde.

Kiel, 21. Dez. Der Marine-Oberingenieur Roggensack, der in der Werftunterschlagungssache betreffs des KreuzersDanzig" zur Dienstent­lassung und 3 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, erschoß sich in seiner Wohnung, nachdem sein Gnadengesuch abschlägig beschieden worden war.

Berlin, 21. Dez. lieber den neuen König der Belgier wird folgende Anekdote er-