Felix bisherige Schlafstube bewohnen sollte. Kitty hatte Frau von Thingen darauf aufmerksam gemacht, daß das für ihren Bruder bestimmte Zimmer früher feucht gewesen sei. „Das ist lange vorbei", hatte es geheißen. Und wirklich sah der Raum mit seiner frischen Tapete recht freundlich aus. Allein er lag nach Norden und hatte selbst im heißen Sommer eine kühlfeuchte Luft. Und davon sollte er krank geworden sein — hatte der Arzt nicht so gesagt? Kitty hätte aufschreien mögen vor Schmerz. Der Stachel der Selbstanklage ist es, der den Herzenskummer bis zur Unerträglichkeit steigert.
Aber anch maßloser Zorn gegen Alwine durchbebte sie. „Ihre eigenen Kinder hätte sie dort nicht schlafen lassen", dachte sie. „Und es wurde mir nicht einmal geschrieben, daß mein Bruder krank sei! Erst nachdem Heinz mir's mitgeteilt, fanden sie's für gut. Vielleicht hätte man mir jetzt noch nicht einmal erlaubt, zurückzukehren, aus Furcht, Tante Ulrike zu erzürnen, wenn ihr — jener Frau, die sich unsere Mutter nennt —, nicht die Pflege zu viel würde . . ."
„Nun, um so besser, mein Felix! Da Hab ich dich ganz für mich allein und ich will dich schon gesund pflegen. Und dann — Krieg mit allen Mitteln gegen Alwine, wo es dein Wohl erheischt!"
„Oh, ich hätte nicht von dir gehen dürfen, wenn sie auch Alle das Gegenteil hehaupteten. Ich habe ebenso herzlos an dir gehandelt, wie unsere Stiefmutter. Nein, schlimmer — viel schlimmer! Denn sie — sie liebt dich nicht! Und ich habe mich so gut unterhalten, ich war so glücklich auf dieser Reise! Auch das war herzlos. Die Menschen haben recht, die mich so nennen."
„Beweisen Sie den Leuten das Gegenteil," hatte Mansuetos gesagt.
Wie konnte sie? Wenigstens wahr wollte sie sein und nichts erheucheln.
Da kam ihr die Erinnerung an jenen Augenblick vor wenig Wochen, da sie den Wunsch in sich gespürt hatte, einsam und verlassen zu sein, um von jenem Manne getröstet und beschützt zu werden, wie der arine Savoyardenknabe. Würde er sie erwarten? Würde er ein gutes Wort für sie haben? —
Lärm, Hitzx und Staub füllten die große Halle des Münchener Bahnhofs, als der Zug in derselben einfuhr. Auf den Perrons ein Gedränge von Menschen. Kitty schwindelte es, als sie da hinein sah. Die Salzburgerinnen stiegen zuerst aus, dann Martha, sie zuletzt. Da fühlte sie ihre Hand ergriffen mit festem, ruhigem Druck gerade in dem Augenblick, als sie auf dem Mittbrett strauchelte und ohne diese Stütze gefallen wäre. Und eine wohlbekannte Stimme klang an ihr Ohr. Sie faßte den Sinn der Worte nicht, aber sie verstand den Ton. Er war weich und gütig, wie der Sprecher zu jenem Kinde geredet. Ein wohltätiges Gefühl des Geborgen
seins überkam Kitty. Willenlos ließ sie sich von Mansuetos durch das Gedränge führen.
„Sie sehen so erschöpft aus, mein armes Kind," hörte sie ihn endlich sagen, „daß ich wirklich sehe, mein Plan ist der beste und verständigste für Sie. Sie fahren nach unserer Woh- näng. Dort legen Sie sich eine Stunde ruhig hin, dann speisen wir zusammen und ich bringe Sie wieder zur Bahn. Meine Mutter ist ja leider nicht daheim, aber ihre Zimmer stehen zu Ihrer Verfügung. Sie haben Ihr Mädchen bei sich und unsere alte Köchin hat alles für Sie hergerichtet. Ich denke, auch Ihre Tante würde es so gut heißen. Sie hat Sie mir anvertraut und Sie — Sie sind ja ein Kind gegen mich alternden Mann. Ich meine, es kann .. . Ich fürchte wirklich, auf dem Bahnhof ist es zu unruhig für Sie und in einem Hotel fehlt die rechte Behaglichkeit. Bei uns können Sie die Ruhe haben, deren Sie bedürfen?" ,
„Werde ich nicht den Zug versäumen?"
„Sie haben vier Stunden Zeit: Drei fürs Ausruhen, eine für Hin- und Herfahrt ist überreichlich gerechnet. Ich übernehme die Verantwortung."
„Nun — wie Sie es für gut finden."
Andere Bedenken kamen ihr gar nicht. Sie hatte nur Sinn für schnelles Vorwärtskommen, für alles, was nur für Sie förderlich sein konnte.
Schweigend fuhren Sie durch die belebten Straßen. Die Sophienstraße war bald erreicht. Joachim führte seinen jungen Gast in das Zimmer seiner Mutter. Die Fenster nach dem Garten waren geöffnet, ein wenig Kühlung wehte herein. Und es war still und ruhig, eine wahre Wohltat nach dem Gehaste und Getriebe draußen, das Kittys Kopf immer mehr Schmerzen gemacht.
Obst, Getränke und Kuchen standen auf dem Tisch.
„Wasser", hauchte Kitty, indem sie auf den nächsten Stuhl sank. Mansuetos mischte Wasser und Wein in einem Glase und reichte es ihr. Sie trank es in gierigen Zügen.
Mit einem müden Lächeln des Dankes sah sie dann zu ihm auf.
„Nun nehmen Sie Ihr Hütchen ab und legen sich auf die CH aisenlongue. Wollen Sie ein gutes Kindsein? So ists recht. Versuchen Sie zu schlafen. Ich werde dafür sorgen, daß Sie rechtzeitig geweckt werden."
Er gab Martha, die ihnen gefolgt war, halblaut einige Weisungen und ging. Martha deckte darauf die junge Dame mit einem leichten Plaid zu. Nun erschien die Köchin Kreszenz mit einer Schale auf Eis gekühlten Wassers und Leinwand, und gerade als Kitty die müden Augen schloß, wurde ihr eine kalte Kompresse auf die Stirn gelegt. Sie blickte noch eiumal auf in das freundliche, runzliche Gesicht der alten Dienerin des Hauses. .
Forts, folgt. !
NemWes.
— Welche Summen in Warenhäusern stecken! Das Berliner Warenhaus Wertheim ist letzten Winter in eine G. m. b. H. umgewandelt worden. Dabei ist der Grundbesitz der Firma auf 42800000 Mk. veranschlagt, wovon sdie Stadt Berlin als Umsatzsteuer die Summe von 428000 Mark einheimste. Die Baukosten des Deutschen Reichstags-Gebäudes waren s. Z. auf rund 20 Millionen veranschlagt.
(Eine billige Reise). Eine billige Erholungsreise nach Europa hat der Lehrer Ingram von Brooklyn gemacht. Die Reise dauerte sechs Wochen und hat nur 360 Mark gekostet. Er fuhr zuerst als Wärter auf emem Viehdampfer von New-Aork nach London. Hier hielt er sich eine Woche auf, sah sich alles an, was nichts kostete und lebte so billig, daß ihn dieser Aufenthalt nicht mehr als 17 Mark kostete. Dann ließ er sich ein Rundreisebillei durch Holland, Rheinland, die Schweiz und Frankreich zusammenstellen, das 105 Mark kostete. Auf der Reise lebte er wieder sehr sparsam. Er gab fast nie mehr wie 50 Pfg. für eine Mahlzeit aus. So besuchte er Rotterdam, Köln, Koblenz, Mainz, Darmstadt, Heidelberg, dann ging's nach Basel, Zürich, Brienz, Jnterlaken und über Lausanne und Genf nach Paris. Dort hielte er sich wieder eine Woche auf, blieb noch zwei Tage in London, und als er sein Zwischendeckbillet nach London bezahlt hatte, blieben ihm immer noch 30 Mark übrig. Billiger kann man sich kaum eine Vergnügungsreise denken, aber es wird wohl nicht viele geben, die Lust verspüren, es dem amerikani- schen Lehrer nachzumachen.
Stuttgart, 5. Okt. Laut marktamtl. Zu
sammenstellung waren heute 126 Wagen Obst aufgestellt. Die Zufuhren verteilten sich §auf folgende Länder: 3 aus der Schweiz 750—850 Mk. 6 aus Oestereich 950—1000 M., 58 aus Italien 780—970 M. (erzielte Preise per 10000 Kg. bahnamtliches Gewicht Stuttgart.) Nach auswärts wurden 71 Wagen versandt. Kleinverkaus: 4 50—5 Mk. Marktlage: sehr lebhaft.
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Mekunntmuchung
betreffend Verursachung von Bränden durch das Spielen der Kinder mit Zündhölzern und feuergefährlichen Stoffen
Die Tatsache, daß viele Brände durch Spielen unbeausstchtigter Kinder mit Feuerzeug und mit besonders feuergefährlichen Stoffen, wie Spiritus und dergl. verursacht werden, gibt die Veranlassung, Eltern und Personen, deren Obhut Kinder anvertraut sind, vor dem vorschriftswidrigen Herumliegen oder Stehenlassen von Zündhölzern oder feuergefährlichen Stoffen, und dem Alleinlassen von. Kindern ohne Aufsicht, zumal auf dem Lande mit dem Feldgeschäfte, zu warnen Es wird zugleich darauf hingewiesen, daß den durch einen Vrand an ihren Gebäuden Beschädigten eine Entschädigung von der Gebäudebrandversicherung nicht zuteil wird, wenn sie die Entstehung des Brandes selbst durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet haben, daß ss ebenso den Mobiliar-Feuerversicherungsanstalten gesetzlich verboten ist, stgend eine Entschädigung an Brandbeschädigte auszubezahlen, denen p,*?. Fsuerverwahrlosung zur Last fällt und daß eine grobe Fahr- laffigkeit oder eine Feuerverwahrlosung auch in dem Unterlassen genügender Beaufsichtigung der Kinder oder gehöriger Verwahrung der Zündhölzer und der besonders feuergefährlichen Stoffe gefunden werden werden könne.
Alle mit dem Gebrauch oder der Aufbewahrung von Zündhölzern, Spiritus und dergl. zusammenhängenden Verfehlungen gegen ' feuerpolizeiliche Vorschriften werden auch dann mit strenger Strafe ? abgerügt werden, wenn jene Verfehlungen keine unglücklichen Folgen - gehabt haben. »
Wildbad, den 4. Oktbr. 1909.
Stadtschultheitzenamt: -
Stv. Schmid. '
ekunntmuchung
«
Die Ortsarmenpflege-Rechnung pro 1. April 1907/08. ist vom 8. Vs. Mts. ab eine Woche lang zur öffentlichen Einsicht auf dem Rathause aufgelegt, was hiemit bekannt gemacht wird.
Wildbad, den 7. Okt. 1909.
Stadtschultheitzenamt:
Stellv. Schmid.
Wilitärverein Wildbad skLLG,
Der auf nächsten Sonntag in Aussicht genommene
Ausflug
unterbleibt vorerst. Der Vorstand.
Freitag Abend 8 Uhr Singstunde im Lokal. _
Wilitärverein Wikdbad «ALL
Zur Feier des Geburtsfestes Ihrer Majestät der Königin, tritt der Verein am
Sonntag, den 1v Okt. 1SW
vormittags '/Uy Nhr
zum Kirchgang von dem Rathause an.
Die Kameraden werden zu recht zahlreicher Beteiligung aufgefordert.
Den 6. Okt. 1909.
Aer Worstanö-