Wader Mimik

Amtsblatt

für die Stadl Wildvad.

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Nr. 116

Dienstag, den 5- Oktober 1909

45. Jahrgang

WrrnöscHciu.

Stuttgart, 2. Okt. Im Bijouteriege­schäft von Eugen Kaufmann, Friedrichstraße 64 hier, wurde heute nacht ein Einbruch verübt und Goldwaren, Schmuckgegenstände, bar Geld usw. im Wert von etwa 150 000 Mk. gestohlen. Die Wertsachen und einige tausend Mark bar Geld waren in einem Kassenschrank ältesten Systems aufbewahrt, den die offenbar routinier­ten Einbrecher mit Brechwerkzeugen, Eisen­bohrer, Zentrumsbohrer uxd Brecheisen öffne­ten. Die Täter sind von niemanden bemerkt worden und sind ungestört entkommen. Es ist zu vermuten, daß die gestohlenen Sachen auch außerhalb von Stadt und Land abgesetzt wer­den. Unter anderem sind folgende Schmuck­gegenstände entwendet worden: 1 Blumenkorb, Broschanhänger mit Perlen i,md Farbsteinen Wert 800 Mk. 1 Collier mit Brillanten in Platinfassung, Wert 1550 Mk., 1 Brosche mit Brillanten, Wert 750 Mk., 1 Anhänger, grüner Turmalin mit Brillanten, Wert 520 >Mk , 1 Anhänger mit Chryfolitz-Diamanten, Wert 270 Mk., 1 Brosche mit Saphir-Cabocho-Diamanten, Wert 150 Mk., 1 Brosche mit Brillanten, Per­len und Diamanten, Wert 885 Mk., 1 Brosche mit Anhänger, Brillanten und Perle, Wert 1050 Mk. Vor Ankauf wird gewarnt. Sach­dienliche Mitteilungen werden an die Kriminal­polizei erbeten. Herr Kaufmann ist durch Versicherung gedeckt.

Stuttgart, 29. Sept. Durch allerlei Hokus­pokus ist es hier einer etwa 30 Jahre alten, bis jetzt noch unbekannten Zigeunerin, gelungen, einer in törichtem Aberglauben befangenen Wirts- fruu in der Bahnhofstraße nach und nach nicht weniger als 1300 Mk. abzuschwindeln. Die Zigeunerin machte der allzuleichtgläubigen Frau weiß, es stehe ihr ein großes Glück durch Ge­winn bevor und trieb dabei mit drei Hühner­eiern allerlei Humbug. Bei einem ihrer Besuche gab die Zigeunerin der Wirtssrau zwei Lose von einer Kirchenbaulotterie im Kaufwerte von 2 Mk. und brachte es soweit, daß ihr dafür 500 Mk. ausbezahlt wurden. Die Sache kam erst an den Tag, als der Mann, der auf den 1- Oktober umziehen wird, Geld brauchte. Nun bemerkte er nicht nur einen schweren Geldverlust, sondern er erfuhr auch noch, daß seine Frau, um die Zigeunerin bezahlen zu können, bei Bekannten Geld geborgt hatte. Er erstattete gegen die Schwindlerin Anzeige, nach ber jetzt gefahndet wird.

Am 1. Okt. ist bekanntlich das neue Scheckstempelgesetz in Kraft getreten; von diesem Tag an müssen Schecks sowie Quittungen über Ab­hebungen aus Bankguthaben gestempelt werden. Die Steuer beträgt 10 Pfg. für jeden Scheck und jede Quittung ohne Rücksicht auf die Summe. Die Entrichtung der Steuer geschieht durch Auf­kleben einer Stempelmarke zu 10 Pfg., die bei Schecks auf der Vorder- oder Rückseite, bei Quittungen auf der das Empfangsbekenntnis enthaltenden Seite an einer beliebigen Stelle aufzukleben und durch Ueberschreiben mit Tinte M entwerten ist. Die Entwertung muß ent­weder in der Weise geschehen, daß die Schrift oder Unterschrift des Schecks oder der Quittung über die Marke von einem Rand zum entgegen­

gesetzten Rand hinweggeführt wird, oder dadurch, daß Tag, Monat und Jahr der Verwendung auf die Marke geschrieben werden. In letzterem Falle ist es gestattet, dem Entwertungsvermerk die Firma oder den Namen des Verwendenten ganz oder teilweise hinzuzufügen. Die auf die Marke gesetzten Schriftzeichen müssen leserlich sein und dürfen keinerlei Rasuren, Durchstreich­ung oder Ueberschreibung aufweisen. Die Ent­wertung durch Eintragung des Tages der Entwertung kann auch ganz oder teilweise mittels Schreibmaschine oder Stempelaufdruck hergestellt werden; der Entwertungsvermerk muß aber alsdann in seinem ganzen Umfang (Monats-, bezeichnung, Tages- und Jahreszahl) auf die Stempelmarke kommen. Außerdem kann die Entrichtung des Stempels auch durch Ver­wendung amtlich gestempelter Formulare er­folgen.

Herrenalb, 2. Okt. Heute nacht um 2 Uhr brach in dem Wirtschafts- und Pensions­gebäude z.Waldhorn" Feuer aus. Dem ener­gischen Eingreifen der hiesigen Feuerwehr gelang es eine Ausdehnung des Feuers zu verhüten, so daß nur der Dachstuhl und das Treppenhaus zerstört wurde. Der Schaden beträgt etwa 8000 Mark. Der Besitzer Karl Knöller ist als dringend verdächtig, den Brand vorsätzlich gelegt zu haben, alsbald festgenommen worden. (Enzt.)

Heilbronn, 1. Okt. Wegen Untreue und Unterschlagung wurde gestern von der hiesigen Strafkammer der 56 Jahre alte Bienenzüchter Karl Ludwig Stahl von Vaihingen a. Enz zu 6 Monaten Gefängnis, abzüglich 2 Monate Untersuchungshaft, verurteilt. Er hatte als Hauptkassier der Bezirkskrankenkasse nach und nach, da er öfter in Geldverlegenheit war, der Kasse 2000 Mk. entnommen und für sich ver­wendet.

Bad Mergentheim, 28. Sept. Das vor 3 Jahren von Grund aus renovierte und neu eingerichtete Kurhaus war bekanntlich wäh­rend der Dauer des diesjährigen Kaisermanövers vom 12. bis 17. Sept. Hauptquartier des Kai­sers, der zu diesem Zweck das ganze Kurhaus gemietet hatte. Wenige bauliche Veränderungen für die zum persönlichen Gebrauch des Kaisers bestimmten Zimmer waren notwendig. Während der Manövertage bewohnte das Kurhaus außer dem Kaiser noch Erzherzog Franz Ferdinand von Oestreich. Prinz Oskar, Fürst von Fürsten­berg, Lord Lonsdale und noch eine Reihe wei­terer hoher Manövergäste, im ganzen über 100 Personen. Der Kaiser war, wie man hört, mit der Unterbringung sehr zufrieden und hat sich mehrfach in diesem Sinne geäußert. Auch hat er sich zur bleibenden Erinnerung vor seiner Abreise mit Erzherzog Franz Ferdinand und sämtlichen sonstigen im Kurhaus wohnenden Fürstlichkeiten und Manövergästen in das künst­lerisch ausgestattete Fremdenbuch eingetragen.

Pforzheim, 2. Okt. Der hier bei einem Bijouteriefabrikanten in Dienst stehende 32 Jahre alte Chauffeur Friedrich De eg aus dem benachbarten Ellmendingen lud bei einer Fahrt mit dem Auto seines Herrn seinen ihm begeg­nenden Bruder, den Goldschmied Gustav Deeg, zum Milfahren ein und raste derart durch Ell­mendingen, daß sein Bruder aus dem Auto fiel und nach 10 Minuten tot war. Friedrich

Deeg hat sich deshalb vor der Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten. Es stellte sich aber heraus, daß Gustav Deeg im Auto aufgestanden war und den Hut ge­schwenkt hatte. Deshalb wurde sein Bruder freigesprochen.

St. Ingbert (Bayern), 27. Sept. In unserer Gegend hofften zahlreiche Familien auf eine Millionenerbschast aus dem Nachlaß eines schon lange verstorbenen holländischen Generals Wirtz, der aus der St. Jngberter Gegend stammen soll. Diesen Hoffnungen hat nun der Kaiserlich deutsche Generalkonsul für- Holland ein jähes Ende bereitet, indem er mitteilte, daß die Erbschaft verjährt sei und daher nicht ausbezahlt werde.

Dem Hofschauspieler und Regisseur Emil Reubke am Hoftheater in Dessau wurde die goldene Medaille für Kunst und Wissen­schaft am Bande des Ordens der württ.. Krone verliehen.

Frankfurt a. M., 1. Okt. Der Ruthen- berg-Ballon hat mit seiner gestrigen Fahrt den Zeppelin-Preis in Höhe von 10000 Mk. ge­wonnen. Der Preis war ausgesetzt für den kleinsten Lenkballon, der 5 Fahrten von minde­stens einer halben Stunde unternimmt und an den Aufstiegsplatz zurückkehrt.

Unlängst wurde ein Forstaufseher im Walde bei Gehren in Thüringen von Wild­dieben durch einen Schuß getötet. Um die Täter zu ermitteln, wurde am nächsten Tage der Erfurter PolizeihundCleo" herbeigeholt. Das führte dazu, daß die Wilddiebe alsbald ausfindig gemacht und verhaftet werden konnten. Jetzt veröffentlicht dasGehrener Bezirksblatt" eine Schilderung, wie der Hund die Spuren verfolgte und die Beamten zu den Tätern führte. Danach beroch das Tier, an den Ort der Tat gebracht, die dort Vorgefundenen beiden Gegen­stände, einen Regenschirm und einen Rucksack. Gleich darauf hatte der Hund die Spur der Wilddiebe gefunden, die über das Wildgatter führte, über welches auch der Hund seinen Weg nahm. Schon nach Zurücklegung einiger hundert Meter brachte der Hund das von den Wild­dieben fortgeworfene Fleisch des von ihnen er­legten Hirsches zum Vorschein. Gegen mittag war der Ort Gillersdorf erreicht. Der Hund eilte hier zum Wohnhaus des Taglöhners Berg­mann. Als die Haustür geöffnet wurde, sprang er auf einen Kleiderschrank zu und holte, als dieser geöffnet worden war, ein Paar Hosen hervor, die, wie sich später herausstellte, Berg­mann bei Begehung der Tat getragen hatte. Die Hose zeigte Blutflecke. Die Spur führte dann nach Friedersdorf, nach dem am entgegen­gesetzten Ende des Dorfes gelegenen Wohnhaus des zweiten Wilddiebs, des eigentlichen Mörders Lutz. In einer Kammer hier fand der Hund die Stiefel, die Lutz am Sonntag getragen, und an welchen ebenfalls noch Blutflecken sicht­bar waren. Sogar einen am Zaun hängenden Sack, in welchem Lutz jedenfalls des öfteren Wild nach Hause gebracht, zerrte der Hund herunter und übergab ihn seinem Herrn. Berg­mann wurde sofort verhaftet und mit nach Gehren genommen, während Lutz in seiner Wohnung nicht angetroffen wurde. Er wurde in einer Restauration in Willmersdorf festge-