Wader Monik

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Hiezu: Illustriertes Svnnlagsblatt UNÄ während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 115

Samstag, den 2- Oktober 1909

45. Jahrgang

HlirnöftHau.

Stuttgart, 29. Sept. DerStaatsanzei­ger" widmet dem gestern verstorbenen Oberbau­rat Findeisen folgenden Nachruf: Der so früh Verstorbene zeichnete sich durch gründliche und vielseitige Kenntnisse auf technischem Gebiet wie durch unermüdlichen Fleiß und Schaffensdrang rühmlich aus. Seine wertvollen Arbeiten über die Verbesserung und Vereinfachung der Blitz­schuheinrichtungen haben seinen Namen weithin bekannt gemacht und in den letzten Jahren hat er hervorragenden Anteil an der Ausarbeitung der neuen Bauordnung und an der Vorbereitung der Vollzugsvorschriften für dieselbe genommen. Namentlich hat er sich auch an den langwierigen Verhandlungen über ben Gesetzentwurf in den Kommissionen und den Vollversammlungen der beiden Kammern als Regierungskommissär leb­haft beteiligt. Sein Tod bedeutet für das Ministerium des Innern ei»en schmerzlichen Verlust.

Herrenalb, 26. Sept. Die hiesige Stadt­verwaltung hat die vor dem Rathaus stehende unschöne Scheuer erworben, um sie niederzu­legen und so die Anlagen inmitten der Stadt zu vergrößern- Die Straßenbauinspektion läßt die steile alte Bogenbrücke beseitigen und durch eine solche modernen Systems ersetzen.

Calw, 28. Zept. Die Wirtschaft von Ernst Pfeifle zurTraube" in der oberen Marktstraße ging durch Kauf in den Besitz von Kaufmann Rothfuß hier (gebürtig aus Ebershardt) über.

Calw, 27. Sept. Nachträglich erfährt man, ^ das Stadtschultheißenamt an denLuft­schiffbau Zeppelin" das Ersuchen gerichtet hatte, bei der Rückfahrt von Frankfurt nach Friedrichs- Hafen mit 2III den Weg über Calw zu wählen; das Gesuch war damit begründet, daß 2 III, an ja gern den Schienensträngen folge, in der Linie über KarlsruhePforzheimCalwHorb 7 -Jmmendingen den kürzesten Weg von Frank­furt zum Bodensee finden und damit auch den streitenden deutschen Eisenbahnverwaltungen für den Schnellzugsverkehr zum Bodenseeauf den Trappen" helfen werde; außerdem sei vom ülarm- und verunglückten Begrüßungsschießen vom 4. August 1908 noch Pulver übrig, das wir gerne zu Ehren des 2 III vollends ver­fallen möchten. Darauf ist am 25. September salzende Antwort eingegangen:Euer Hoch­wohlgeboren teilen wir ergebenst mit, daß es dar der außerordentlichen Anzahl der an uns gelangten Gesuche anläßlich unserer Fahrt in aas rheinisch-westfälische Revier uns ganz un­möglich war, sofort eine Antwort zu geben, ebenso waren wir zu unserem Bedauern nicht A der Lage, alle Wünsche, die bezüglich der Nvute des Luftschiffes an uns gerichtet wurden, M befriedigen, zumal die Wind- und Wetter- "echältnisse derartig ungünstig waren, daß wir UHt einmal das vorgesehene Programm durch­fuhren konnten. Wenn Ihr Ort sich unter denen befindet, denen der Anblick des 2 III UW zuteil werden konnte, so bitten wir dies wu den angegebenen Gründen zu erklären und M entschuldigen. Wir hoffen, daß in nicht zu Mner Zeit Ihnen durch den Besuch eines Luftschiffes eine Genugtuung bereitet werden

Freudenstadt, 29. Sept. In reizender Lage, mit prächtigem Ausblick ins Christophs­tal und auf den Finkenberg wird Professor Architekt Bauder hier dem Privatier Bröckel­mann aus Wiesbaden eine Villa auf seinem Bauplatz erstellen, der von Architekt Bauder um 10 000 Mk. verkauft wurde. Bis zu Beginn der Sommersaison 1910 werden dann auf dem 25 Ar großen Bauareal an der Straßburger Straße drei hübsche Villen erbaut sein.

Tübingen, 30. Sept. (Strafkammer). Wegen Unterschlagung im Amt wurde der ver­heil. Zimmermann Klemens Saile in Calw zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Seit 1903 war der Angeklagte als Vorarbeiter an dem städtischen Hoch- nnd Tiefbauamt in Calw gegen einen Jahresgehalt von 1250 Mk. an­gestellt. Es lag ihm der Einzug der Latrinen­gebühren und der Gebühren für Schuttablage­rung ob. Von den so erhaltenen Geldern hat er bis zu seiner Entlassung etwa 600 Mk. unterschlagen und für sich und seine Familie verbraucht. 300 Mk. sind durch die Kaution und 75 Mk. durch zurückbehaltenen Gehalt gedeckt.

Gsöppingen, 29. Sept. Von Göppinger Damen erhielt der Hohenstaufen, der in indis­kreter Weise den Schleier über ihre derzeitigen Toilettenkünste und Geheimnisse gelüftet hatte, folgendes amüsante Briefchen:Verehrlichte Redaktion! Das ist nicht schön von Ihnen, daß Sie uns Göppinger Damen und Fräulein so vor den Mannsleuten blamiert haben, da wir in aller Welt zum Gespött werden. Wir haben noch nicht gepfiffen. Daß Sie's nur wissen und das mit dem Küssen, das ist ganz verlogen. Das hat uns selbige Rednerin gar nicht angeraten, sondern sie hat vielmehr wört­lich gesagt, daß wir immer lachen sollten, und wer es nicht könnte, der sollte pfeifen, daß wir einen kleinen Mund kriegen, weil das schön sei. Uud auch sollten wir unsere Falten mas­sieren, daß wir immer glatt werden und wie ganz jung aussehen. Das mit dem Küssen hat sie gar nicht gesagt, sondern sie hat gesagt, daß wir es vielmehr nicht tun sollen, weil wir dadurch leicht Bazillen bekommen könnten, die in den Barthaaren der Mannsleute herum - lausen. Somit hat sie uns vor dem Küssen gewarnt und nicht dazu angeraten. Dieses zur Steuer der Wahrheit. Der Kaffeekranz Tausend­schön."

Pforzheim, 1. Okt. Auf einen Brief an den Grafen Zeppelin erhielt Herr Karcher, der Besitzer desPrinz Karl", ein Schreiben der Luftschiffbau Zeppelin, G. m. b. H., aus Friedrichshafen, das lautet:Wir haben den Auftrag, Ihnen mitzuteilen, daß bei der nächsten Gelegenheit, wenn eines unserer Luftschiffe nach Norden fährt, die Stadt Pforzheim nicht übergangen werden soll."

Badenweiler, 29. Sept. Seine diesjährige Hauptversammlung, die vor zwei Jahren in Freudenstadt abgehalten wurde, hatte der Verein der Schwarzwälder Gasthofbesitzer in unsere Stadt einberufen. Sie fand vorgestern und gestern statt. Am Montag wurde eine Vor- standssitzung abgehalten, der gestern nachmittag die Hauptversammlung folgte. An derselben nahmen außer den in stattlicher Zahl erschienenen

Mitgliedern des Vereins Vertreter der staat­lichen und städtischen Behörden sowie des bad. Landesverbands zur Hebung des Fremdenver­kehrs teil. Aus dem von dem Vorsitzenden Dießel-Hornberg erstatteten Jahresbericht war zu entnehmen, daß der Verein gegenwärtig 195 Mitglieder zählt. Wie im vorletzte» Jahr wurden auch in dem jetzt abgelaufenen Ge­schäftsjahre erhebliche Ausgaben für Reklame gemacht und 8000 in verschiedenen Sprachen abgefaßte Schwarzwaldsührer versendet. Der Jahresbericht wie die Jahresrechnung, die 11819 Mark 66 Pfg. Einnahmen und 6729 Mk. Aus­gaben aufwies, wurden gut geheißen. Die Versammlung genehmigte sodann einen Antrag auf Erhöhung des Beitrags der Mitglieder, die Besitzer mehrerer Geschäfte sind, und stimmte einer Resolution des Vorstandes zu, durch welche die gegen einen Schwarzwälder Hotelier gerichteten Angriffe eines imHannoverschen Courier" erschienenen Artikels in scharfer Weise und mit Entrüstung als ungerechtfertigt zurück- gewiesen wurden. Die nächstjährige General­versammlung soll in Schönau i. Schw. abgr- halten werden.

Mannheim, 28. Sept. Wie der Polizei­bericht vom Montag meldet, wurde auf der Straße der vorübergehend sich hier aufhaltende Gesangshumorist Richard Seidel aus Leipzig in bewußtlosem Zustande aufgefunden. Ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, starb er gestern früh drei Viertel 6 Uhr. Wie sich nun lautM. Tgbl." herausstellt, ist Seidel das Opfer eines Verbrechens geworden. Sonn­tag früh, als gerade der Tag graute, vernahm eine Frau Lärm auf der Straße. Als sie hinaussah, bemerkte sie, wie ein Mann einen andern an der Gurgel faßte, ihn schüttelte und auf ihn einschlug. Der andere bat:Laß mich doch gehen, ich tu' Dir ja auch nichts!" Schließ­lich wurde aber der um Schonung Flehende von dem andern gepackt und mit aller Gewalt auf die Straße geworfen. Dabei schlug der Kopf auf. Der Mißhandelte blieb regungslos liegen, der andere ging eiligen Schrittes hin­weg. Gleich darauf erschien ein Schutzmann am Tatort, der die Ueberführung des Bewußt­losen nach dem Allgemeinen Krankenhaus ver- anlaßte. Dort ist dieser, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, am Montag früh ge­storben. Der Täter ist verhaftet. Es ist ein Angestellter der Wach- und Schließgesellschaft, der offenbar betrunken war.

Vor dem Frankenthaler Schwurgericht begann die gerichtliche Verhandlung des Falles Bade, der weit über die Grenzen der Pfalz hinaus berechtigtes Aufsehen erregt hatte. Bade hatte vor einigen Jahren hier ein Konservatorium für Musik gegründet, das sich bei der Bürger­schaft guten Ansehens erfreute. Bade selbst war verheiratet und galt als ein durchaus acht­barer Mann. Im Juni d. Js. wurden in der Stadt Gerüchte laut, daß der Verkehr Bades mit seinen Schülerinnen nicht einwandfrei sei. Er wurde beobachtet und, als man genügende Beweise hatte, verhaftet. Bei einer Hausdurch­suchung in seiner Wohnung stellte es sich heraus, daß Bade gewissenhaft über den unzüchtigen Verkehr mit den Mädchen Buch gefühtt hatte. Er ließ sich von den Verführten sogar einen