Luftschiffahrt zeigt. Natürlich ist das auch da und zwar in würdigsten Rahmen, in der großen, schönen Festhalle, die von der Stadt Frankfurt mit einem Aufwand von fünf Millionen Mark entrichtet wurde. Man kann nach dem Zudrang von Ausstellungsgegenständen aus dem In- und Ausland es gibt be­sondere französische, englische, schwedische und russische Abteilungen sogar sagen, daß eine ziemliche Vollständigkeit erzielt wurde, eine Art vonInventur-Aufnahme" alles dessen, was die Menschheit bisher auf einem Uebiet geleistet hat, das sie vor wenigen Jahrzehnten hoffnungstrunken betrat. Aber damit hat man sich nicht begnügt. Der Ehrgeiz der Frank­furter ging weiter. Nicht nur die Theorie der Lustschiffahrt sollte gelten, sondern vor allem auch die Praxis. In der freien Lust sollen dieschwebenden Fragen" behandelt und gelöst werden. Das Experiment und der Wettkampf soll entscheiden, damit aus der Fülle der neuen Ideen, die sich in Frankfurt zum ersten Mal ans Licht wagen, das Wertvolle, Bleibende, Zukunftsreiche herausgelöst und als Grund­lage für die internationale Weiterarbeit dienen soll. Natürlich soll neben dem Neuen auch das Bewährte vorgeführt werden, und es wird wohl kein Tag vergehen, an dem nicht irgend ein großes flugsportliches Ereignis in weiten Kreisen den Wunsch wecken wird, dabei sein zu können. Nicht weniger als dreißig Wett­kämpfe von Freiballons sind festgesetzt, darunter ein Internationales Wettfliegen vom 30 . August bis 1. September, ein Wettbewerb des Aero- Club de France mit einem Dutzend Ballons, Vereinstage der italienischen, österreichischen und englischen Luftschifferverbände. Das neueste Luftschiff Parsevals, Parseval lll, der größte unstarre Motorballon der Welt, soll bereits am Eröffnungstag der Ausstellung flugbereit sein. Dazu kommen in eigenen Hallen Luftschiffe nach den Plänen von Gans- Rodeck, sowie der Lenkballon von Erbslöh, der so bald als möglich vom Niederrhein nach Frankfurt fliegen soll. Von August ab wird dann das stärkste und stolzeste Luftschiff, das bisher überhaupt auf Erden hergestellt wurde, ständig in der Ausstellnng stationiert sein: Zeppelin III, ein Riesenbau mit drei Motoren und 450 Pferdekräften. Alle diese Luftschiffe und auch eine Reihe von Freiballons machen bei günstigem Wetter Passagierfahrten, unter­stützt von eigenen aerologischen Stationen und einem ausgebreiteten Gewitterdienst. Auch ein Fesselballon von Riedinger-Augsburg schwebt über dem Ausstellungsgelände und gewährt den Besuchern die Möglichkeit, das Gefühl des Höhenbewußtseins und der Seekrankheit auszukosten. Eine Welt für sich ist der große Flugplatz, der für die Kämpfe der Maschinen schwerer als Luft" bestimmt ist. Der Haupt­teil der Preise, die 200 000 Mk. fast erreichen, ist für die erfolgreichen Aviatiker, sowie auch für die mutigen Anfänger des Gleit- und Mäschinenflugs bestimmt. In der ersten Woche nach der Eröffnung beginnt bereits August Euler, der am weitesten vorgeschrittene deutsche Aviatiker, auf dem Flugplatz seine Versuche mit Voisinapparaten, die er bisher mit Unterstützung der deutschen Militärbehörde betrieben hat. Auch alle anderen Systeme wird man teils im Modell, teils in der Praxis studieren können. Der wissenschaftliche Ernst der Veranstaltung zeigt sich auch darin, daß eine Station von der Internationalen Gesell­schaft zur Erforschung der Luft (Geheimrat Hergesell) eingerichtet und daß neben populären Erläuterungen auch eine Reihe bedeutsamer Fachvorträge gehalten wird. Den Reigen eröffnet Major v. Parseval mit einem Vortrag über seinen Ballon. Doch nicht nur der Ernst des Lebens, auch das Vergnügen kommt zu seinem Recht. Ein Vergnügungspark variiert das Thema der Luftschiffahrt nach der unter­haltenden Seite. Auch dieser Teil der Veran­staltung soll auf nicht gewöhnlicher Höhe stehen. Im übrigen wollen sich die Frank­furter bemühen, die Gäste aus aller Welt, die sie erwarten, möglichst gut zu versorgen. Ein Wohnungsnachweis übernimmt die Garantie dafür, daß man gute Unterkunft mit Früh­stück schon von 2.50 Mk. an bekommt. Diese Sorge für das Kleine wird den Genuß des Großen sicherlich erhöhen.

Lokales.

Wildbad, 10. Juli. Letzten Mittwoch wurde unsere Badestadt von einer großen An­zahl von Teilnehmern am Verbandstage deutscher Müller in Stuttgart mit einem Besuche beehrt. Die auf Zug 11.17 Uhr hier ankommenden Gäste wurden am Bahnhof von unserem Stadtvorstand ü. von einem Festkomitee mit Musik empfangen. Nach einer Fahrt auf den Sommerberg wurde in den dortigen Re­staurationsräumen ein gemeinsames Frühstück eingenommen, bei dem sich trotz strömenden Regens bald eine recht gemütliche Stimmung entwickelte. Stadtschultheiß Baetzner hieß die Gäste in einer freudigen Wiederhall fin­denden, humorgewürzten Rede herzlich will­kommen und gab dem Wunsche Ausdruck, daß es den Gästen in unserem Wildbad trotz der ungünstigen Witterung recht gut gefallen möge. Herr Commerzienrat Bauriedel von Nürn­berg, Vorstand des Verbandes, dankte für den freundlichen Willkomm und versicherte, daß alles, was die Gäste bisher hier gesehen hätten, den besten Eindruck gemacht habe, was ja bei dem guten Ruf, den unsere Badestadt überall genieße, nicht anders zu erwarten ge­wesen wäre. Nach einer Besichtigung des neuen Sommerberghotels kehrten die Gäste hierauf in die Stadt zurück, wo im Kgl. Bad­botel, Hotel Post, Russischer Hof und Hotel z. gold. Roß das Mittagessen eingenommen und hierauf die Bad-Anlagen besichtigt wurden. Ein von der Kgl. Badverwaltung veranstalte­tes Festkonzert vereinigte die Gäste dann in der Trinkhalle und befriedigt von dem Gesehenen und in bester Stimmung verließen dieselben mit Zug 6.02 Uhr unsere Stadt.

Wildbad, 12. Juli. Das Offiz. Organ des Verbands der kaufmännischen Vereine Würt­tembergs enthält u. a. eine Beschreibung über einen Ausflug des Kirchheimer Kaufm. Vereins nach Wildbad, dem wir folgendes entnehmen: Unser Vorstandsmitglied, Herr Hagmayer, ein gebürtiger Wildbader, hatte schon öfters den Vorschlag eines Besuches seiner Vaterstadt ge­macht, aber mit Rücksicht auf unsere, oft selbst der Erholung bedürftige Kasse, wurde dieser Plan von Jahr zu Jahr verschoben. Heuer nun hat die Vorstandschast unseres Vereins sich bereit finden lassen, den Mitgliedern den Ge­nuß einer kurzen Badereise nach Wildbadzu gewähren. Da die Fahrt über Calw ging, konnten wir uns schon von da ab an den Schön­heiten des Schwarzwaldes und des Nagoldtales erfreuen. Pforzheim bei Sekte liegen lassend, fuhren wir ins Enztal ein, dem ganz zwischen Höhen eingebetteten Ziele zu. Sofort nach Ankunft lenkten wir unsere Schritte zu der Bergbahn, um sobald als möglich auf den Sommerberg zum Vesper oder Frühstück zu kommen, das der Magen verlangte. Durch die Errichtung der Bergbahn haben die Wildbader den Vorzügen ihres Bades einen weiteren großen Vorteil hinzugefügt, inderü es nun den Gästen möglich gemacht ist, mit den Bädern eine Höhen­waldluftkur zu verbinden. In wenigen Minuten hebt uns die eine riesige Steigung aufweisende Drahtseilbahn mehrere 100 Meter über die Stadt, mitten in die herrlichsten Tannenwald­ungen hinein. Das unbedingte Vertrauen in die hochentwickelte moderne Technik läßt trotz des vollgefüllten Wagens, der zwischen Erde und Himmel hinanzuschweben scheint, kein Ge­fühl des Bangens in uns aufkommen. Auf der Höhe angelangt, eröffnet sich von den an die Bahnhalle in Gestalt einer Aussichtswarte an­gebauten Wirtschaftsräumlichkeiten ein entzücken­der Blick auf das Enztal und das unter uns gelegene Bad und wir fühlen uns gar wohl in der gastlichen Warte. Doch es galt die Zeit zu nützen und bald gings auf gut angelegten sandigen Pfaden in den Wald hinein. Stolz streben die kerzengeraden, zum Teil riesig hohen und starken Tannen dem Himmel entgegen, eine ozonische balsamische Lust umgibt uns. Moos und das niedliche Gesträuch der Heidel­beere überwuchert den grotesk mit Steinbrocken besäten Boden. Ueberall laden uns Bänke, Schutzhütten und sonstige Ruheplätze zum Ver­weilen ein. In dieser reinen Lust, bei dieser tiefen Ruhe können sich schwache, mitgenommene Nerven wieder kräftigen und stählen. Kein Ge­rassel und Getöse stört uns, kein Auto kann.

uns die Lust verstauben, nur das Wehen der Windes in den Wipfeln der Bäume, das Ge­zwitscher und Jubilieren der Vögel belebt die sonst tiefe Stille. Heilig ist dieser Waldes­srieden, von dem wir uns nur ungern trennen, um nach kurzer Talfahrt noch einen Teil der schönen Kuranlagen zu besichtigen. Nach kurzer Kostprobe des Wassers in der Trinkhalle eine Bier- oder Weinprobe wäre wohl nicht so schnell verlaufen vereinigten wir uns im Saal des Gasthauses z. gold. Roß zum Mittag­essen. Daß die Bewirtung eine ganz vorzüg­liche war und das überaus reichlich gebotene allerseits höchlichst befriedigte, möchten wir nicht unerwähnt lassen. Unser Vorstand, Herr Pro­kurist Herrmann, gedachte bei Tisch der alten schwäbischen Treue, die den Grafen Eberhard aus Wildbad vor seinen Feinden gerettet hatte, und die sich auch heute noch in jedem warmen Schwabenherzen ungemindert wiederfindet. Sein Hoch auf unser liebes engeres Vaterland fand freudigen Widerhall. Herr Prokurist Hagmayer dankte der Leitung des Vereins für die Veran­staltung des Ausfluges und würzte das Mahl durch einige humoristische Satiren. Nachmittags zerstreuten sich dann die Mitglieder zur Besich­tigung des alten und neuen König Karl-Bades, des Schwimmbades, der Enzanlagen und der sonstigen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Gegen Abend fanden sich die meisten noch im Kur­haus-Restaurant beim Pilsner Bier zusammen, um dabei den Klängen der Kurkapelle unter Leitung des Altmeisters Prem zu lauschen und als die Zeit der Abfahrt nahe rückte, wurde allgemein bedauert, daß man nicht das ganze Konzert mitanhören konnte. Zur Vermeidung jeden falschen Verdachtes können wir bestätigen, daß dieses Bedauern tatsächlich sich auf die Musik und nicht aufsPilsner" bezogen hat. Mir den schönsten, nachhaltigen Eindrücken schieden wir von Wildbad. Die Abendsonne goß nochmals ihre ganze Glut auf die wald­bedeckten Höhen aus, warf auch einen Abglanz in die niedlichen Seitentälchen der Enz und Nagold, an denen uns der Zug in rascher Fahrt vorbeiführte.

Mntertzcrttenöes.

Er soll dein Herr sein.

Erzählung von C. Aulepp-Stübs.

(Forts.) (Nachdruck verboten.)

Diesen Monolog hielt die Mrdige Pflegerin, die bereits zwanzig Jahre im Haus ist und Hilde als Kind schon lieb gehabt, mit sehr ernstem Gesicht. Sie sorgte sich wirklich sehr, die gute Seele und als sie abgelöst wurde, führte sie ihr Vorhaben aus und schrieb an den Geheimrat einen langen Brirf.j 8. Kapitel.

Das, was Hildes letzter Brief ihn ahnen ließ, fand der Geheimrat Helm, beim Empfang des Schreibens der alten Pflegerin Johanna bestätigt. Er wußte es ihr Dank, daß sie ihm alles mitteilte. Seiner Frau erzählte er es jetzt und war sie sehr damit einverstanden, schon früher wie beabsichtigt heimzukehren. Sie war Hildegard stets eine liebevolle Mutter gewesen und als sie hörte, daß der Assistenz­arzt krank und das junge Mädchen fast die ganze Arbeitslast allein bewältigen mußte, trieb sie förmlich zur Abreise.

Nein, nein! Das fehlt gerade noch", sagte sie zu ihrem Galten,ich lasse es mir hier wohl sein, und das arme Kind rackert sich zu Hause ab. Ich bin jetzt gesund und habe es, Gott sei Dank, nicht mehr nötig, nur an mich zu denken, wie du es mir anbefohlen hast, mein Heimchen! Also mal zu, immer einge­packt morgen mit dem frühesten reisen wir nach Haus."

Onkel Helm lächelt vergnügt und streicht sich mit der gepflegten, etwas fleischigen Hand wohlgefällig den weißmelierten Backenbart. Er neigt ein wenig zum Embonpoint, das gibt ihm, besonders wenn der gutmütige, joviale Zug in seinem Gesicht so hervortritt wie jetzt, etwas sehr gemütliches. Bei ihm erinnern eigentlich nur die hohe Gslehrtenstirn und die oft so eigentümlich scharffixirenden, sinnenden Augen an den großen Arzt, man vermutet eher in ihm einen höheren Beamten oder Groß­industriellen.