Spanien wurde gestern vormittag in Biaritz durch Professor Moure an einem Polypen operiert. Bei demselben Arzt befindet sich König Alfons auch wegen eines Ohrenleidens in Behandlung.
— Der 70 Jahre alte Londoner Juwelenhändler Friedrich Goldschmied verließ vor 14 Tagen mit seinem ältestm Sohne Paris, um nach London zu reisen. Er nahm eine große Menge, angeblich 3000 Edelsteine mit sich. Als Goldschmied in einem Restaurant des Picear- dilly sich in die Toilette begab, wurde ihm seine Handtasche, die er auf den Tisch gestellt hatte, gestohlen. Der Wert der geraubten Edelsteine beträgt 9"- Millionen.
Baden-Baden, 5. Juli. Oberbürgermeister Or. Albert Gönner, früherer Landtagspräsident, ist diese Nacht hier gestorben.
Fahrt des r I dis Metz.
Mittelbiberach, 3. Juli. Das Luftschiff hat kurz nach 11 Uhr bei sternenklarem Himmel die Weiterfahrt nach Metz angetreten. Major Sperling steuert der nach Ulm führenden Bahnlinie zu.
Stuttgart, 4. Juli. Das Luftschiff hat soeben 1 Uhr 50 Min. in flotter Fahrt Stuttgart überflogen in der Richtung nach der Solitude. In den Straßen herrschte eine lebhafte Bewegung, die Menge brachte dem Luftschiff stürmische Huldigungen dar. Von dem westl. Talabhang, konnte man etwa 1 Minute nach °/.2 Uhr in der Richtung vom Neckartal her von der Ferne das Surren der Propeller zuerst vernehmen. Ungeheures Jubelgeschrei, das auf allen Seiten des Stuttgarter Tals ertönte, verkündigte außerdem das bevorstehende Herannahen. Bald war der Ballon selbst in rascher Fahrt sichtbar, innerhalb 10 Minuten war er über das Stuttgarter Tal hinweggefahren in der Richtung auf Leonberg- Pforzheim. Er fuhr in ziemlicher Höhe, erst später schien er sich der Erde zu nähern. Auf dem Bismarckturm brannten als Signal für den Ballon rote Lichter. Um 2 Uhr war der Ballon den Blicken entschwunden.
Pforzheim, 4. Juli. 2 I passierte in der Zeit von 2.35 bis 2.43 in gleichmäßiger schneller Fahrt die Stadt und ihre Umgebung. Man sah nur zuweilen ein Aufblitzen der Lichter in den Gondeln. Ein großer Teil der Bevölkerung war auf den Beinen und begrüßte von den Häusern, Straßen und namentlich den Höhen des Bahnhofs aus das majestätisch dahinfahrende Luftschiff mit stürmischen Hoch- und Hurrarufen. 2 1 entfernte sich in der Richtung auf Karlsruhe.
BLisch, 4. Juli. 2 I passierte Punkt 5.00 Uhr früh Bitsch.
Metz-Frescaty, 4. Juli. Das Luftschiff ist kurz vor 8 Uhr in Frescaty bei seiner Halle glatt gelandet.
Metz, 4. Juli. Um 7 Uhr wurde daS Luftschiff aus Kürzel signalisiert. 7.25 Uhr wurde es von Metz aus gesichtet und erschien 7.30 über der Stadt. Der Anblick des kolossalen Fahrzeuges, das sich unter den Strahlen der Morgensonne von dem blauen Aether mit plastischer Deutlichkeit abhob, war wunderbar und versetzte die ganze Bevölkerung, ohne Unterschied, ob alldeutsch oder lothringisch, in einen förmlichen Taumel der Begeisterung. In sicherer auffallend schneller, dann, nachdem ein Motor abgestellt war, etwas langsamerer Fahrt, zog das Luftschiff nach dem eine Stunde entfernten Exerzierplatz von Frescaty, wo sein neues Heim erst vor wenigen Tagen fertig geworden ist. 7.45 Uhr schwebte es über der Landungsstelle, zehn Minuten später war es gelandet und kurz nach 8 Uhr war auch die Bergung in der Halle glatt und glücklich vollzogen. Major Sperling, Hauptmann George und die übrige Besatzung wurden von der Generalität und dem Offizierskorps begrüßt. Das Publikum, das den Platz in weitem Umkreis umsäumte, brach fortgesetzt in Hurrarufe aus, die nicht enden wollten.
— Major Sperling und Hauptmann George wurden vom kommandierenden General zur Tafel geladen und begaben sich unter stürmischen Hochrufen der inzwischen stark angewachsenen Menge im Automobil zur Stadt. Das Luftschiff, das eine durchschnittliche Geschwindigkeit
von 45 km in der Stunde erreichte, kam infolge der günstigen Witterungs-und Windverhältnisse bedeutend früher, als man erwartet hatte. Alle Fahrtteileilnehmer sahen infolge der Strapazen recht ermüdet und abgespannt aus, waren jedoch über den Jubel des, Empfangs sichtlich erfreut.
An« SM Md Ulllgkdillig.
Neuenbürg. Aus der Bezirksratssitzung vom 2. Juli 1909. Das Gesuch des Wilh. Seyfried, Zigarrenmachers in Calmbach um die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirt- schast in seinem Gebäude an der Würzbacher Straße wurde mangelnden Bedürfnisses halber abgewiesen. Dagegen erhielt Seyfried die Erlaubnis zum Ausschank von nicht geistigen Getränken. August Bechtle, Kaufmann in Wildbad, beabsichtigt am Panoramaweg daselbst ein großes Hotelgebäude zu erstellen und bitttet um die Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft daselbst. Der Bezirksrat hat, davon ausgehend, daß die Erstellung eines solchen Hotels im Interesse der Weiterentwicklung des Badorts Wildbad gelegen ist, das Gesuch genehmigt.
Neuenbürg, 4. Juli. Heute früh ist nach kurzem Kranksein der älteste Mann unserer Stadt, der Privatier Gustav Lustnauer im Greisenalter von nahezu 89 Jahren gestorben. Lustnauer gehörte viele Jahre der Gemeindevertretung an; er war der letzte Ueberlebende der im Jahre 1848 gegründeten Bürgerwehr, sodann war er Mitbegründer der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1859 und Mitbegründer der hiesigen Gewerbebank im Jahre 1867. Ueber 20 Jahre lang versah er die Funktionen eines Kassiers der Bank mit der ihm angeborenen Tatkraft und Gewissenhaftigkeit. Mit dem Verstorbenen wird ein Mann von echtem Schrot und Korn und ein guter Bürger zu Grabe getragen.
AnterheMenöes.
Er soll dem Herr sein.
Erzählung von C. Aulepp-Stübs. (Forts.) (Nachdruck verboten.)
Mögen die Leute sagen, was sie wollen, ich kümmere mich um ihr Gerede nicht und tue, was ich für recht halte I"
„Ja, natürlich. Du bist ja über alles erhaben I Aber ich wasche meine Hände in Unschuld! Keinen Tag länger bleibe ich hier."
„Ist auch gar nicht nötig, wir bedürfen deiner nicht," sagt Hildegard kalt und verläßt, um weiteren Auseinandersetzungen zu entgehen, rasch das Zimmer.
Sie findet einen Brief auf ihrem Schreibtisch.
„Von Richard", flüstert sie, seine Handschrift erkennend, sehr erstaunt und bange. Sie überfliegt nach Oeffnung des Kuverts hastig die wenigen Zeilen. Gott sei Dank, es ist nichts schlimmes, er sagt ihr nur Audieu. Hat sie drüben nicht stören wollen — schreibt er. Sie war schon auf böse Nachricht gefaßt, aber dennoch, es tut ihr weh, daß er so ohne ein liebes Wort von ihr geht. Ihr Herz hängt so sehr an dem Bruder, oem einzigen Menschen, der sie an ihre schöne, sonnige Kindheit, ihr unvergeßlich süßes Mütterlein, ach, an all den Märchenzauber jener herrlichen Tage erinnert, die sie in der Villa am Rhein, vereint mit den geliebten Eltern verlebte.
Es war ihr plötzlich, als ob dieses kleine Briefblatt ihr sagte: „Du siehst ihn wieder, diesen Bruder! Aber das ist ja Unsinn, so etwas zu denken, in wenig Wochen kehrt er ja heim. Aber die trübe Ahnung, daß es vielleicht doch nicht so sein wird, will nicht von ihr weichen. Sie geht langsam in ihrem Zimmer auf und ab, dann geht sie in das dem ihrigen gegenüber befindliche freundliche Zimmer, zu Kurtchen und findet ihn bereits ruhig schlafend in seinem Bettchen. Sie küßt das Kind leise auf die Stirn, fragt Anna, die beim letzten Dämmerschein stickend am Fenster sitzt, noch nach einigen Sachen, das Kind betreffend, und sucht dann ihr Schlafzimmer auf.
Allein die Unruhe ist zu groß, es ist ihr unmöglich, sich niederzulegen, so geht sie in des Onkels Arbeitskabinett, dreht das elektrische Licht auf, setzt sich hin und schreibt an den Onkel.
Aber alles will sie ihm nicht Mitteilen, von ihrem Schmerz und ihrem Kummer schreibt sie nichts, auch desDoktors Erkrankung erwähnt sie nicht. So wird ihr Brief ein seltsames Gemisch von halber Aufrichtigkeit, Sehnsucht und kindlicher Liebe. Die logischen Gedanken, die hohen Geistesgaben und das außerordentliche Wissen seines ersten Assistenten geht wenig daraus hervor und gibt dem Geheimrat beim Empfang desselben zu denken.
Er äußerte seiner Frau gegenüber nichts, um sie nicht zu beunruhigen, aber beschließt, seinen Aufenthalt nicht allzu lange mehr auszudehnen, denn seine Agnes ist ^vollständig wiederhergestellt und ordentlich aufgeblüht, so daß kein Mensch ihr ihre vierundvierzig Jahre ansieht. Der liebenswürdige Geheimrat ist stolz auf sein Weibchen und ein so prächtiger, aufmerksamer Ehemann, daß man fast glauben könnte, sie hätten nicht die silberne, sondern die grüne Hochzeit noch nicht lange hinter sich. — Aber so gern nun Geheimrat Helm auch bei seiner Gattin weilt, es zieht ihn doch jetzt mächtig. heimwärts. Seine Hilde und seine Anstalt sind ihm zu sehr ans Herz gewachsen, und dann behagt dem an angestrengte Tätigkeit gewöhnten Manne das faule Leben auch nicht recht mehr. Er freut sich schließlich auf seine Heimkehr, wie ein Kind auf Weihnachten, und schreibt das auch an Hilde.
Als diese den Brief bekommt, atmet sie tief auf.
Drei Tage sind ins Land gegangen, seit der Doktor schwer darniederliegt und sie in banger Sorge fast vergeht. Seine Fieberphantasien verraten, daß in seinem Innern ein Chaos herrscht, wie wenn ein geistiges Erdbeben dasselbe in seinen tiefsten Tiefen durchrüttelt und mit furchtbarer Gewalt das Heer starker Leidenschaften durcheinander geworfen hat. Das wilde Aufbäumen gegen eine unsichtbare Macht, den trotzigen Widerstand dieser eisenstarken Mannesserle zu beobachten, ist tief erschütternd für Hildegard.
O Gott! Warum war gerade der Onkel abwesend? Warum hatte sie, gerade sie ihn zu vertreten? Wie gern, ach, wie gern wäre sie bescheiden zurückgetreten, wenn dieser Mann früher hier gewesen wäre und sie gewußt hätte, daß nach seiner Karakteranlage es für ihn eine Folterqual, ein wahres Martyrium sein würde, sich einer Frau unterordnen zu müssen. Sie hatte während ihres Zusammenwirkens wohl bemerkt, wie außerordentlich geschickt und begabt der Doktor für seinen Beruf war. Sein gediegenes Wissen bedurfte nur noch ein wenig der ruhigen, sicheren Leitung eines erfahrenen Lehrers, wie Geheimrat Helm, um sich herrlich zu betätigen. Der Feuergeist würde sich unter einer starken Hand ruhig klären, während er sich gegen die ungewohnte Führung kleiner, weißer Frauenhände auflehnte und in gefährliche Gährung überging. Die Macht derselben war so groß, daß die edlen Gefühle beinahe unterdrückt wurden, die bösen aber die Oberhand gewannen. Wie war Hildegard zu Mut, wenn sie so still am Lager des Kranken saß und dieses furchtbare Ringen beobachtete, in dem die Seele des Mannes sich bäumte und wand?
Sie hegte Hoffnung, daß das Fieber nur von kurzer Dauer sein werde, denn dank des energischen operativen Eingriffes war es bereits gelungen, der Blutvergiftung zu steuern. Frei' lich, ein paar Finger der linken Hand würden steif bleiben, aber- bei seiner Geschicklichkeit würde das den Doktor im Beruf wenig hnn dern.
Hildegard nimmt Abschied von Georg, welcher, vollständig geheilt, von den überglücklichen Eltern abgeholt wird. Der Knabe hängt schluchzend an ihrem Halse und auch Isie kann fast nicht sprechen vor innerer Bewegung. Das Kind hat ihr so viel Sorge bereitet — bei der Behandlung seiner schweren, langwierigen Krankheit gab es immer neue, unvorhergesehene Schwierigkeiten zu überwinden, daß ihre Freude, ihn endlich geheilt zu sehen, doppelt groß