letzte der Sondershauser Linie, für alle Zeit gesichert bleibt.

Die Frauen des Sultans sind in 23 Wagen mit Dienerschaft nach Skutari überge­siedelt. Der Stadlpräfekt von Konstantinopel hat dem Kommandeur der Komiteearmee feierlich die Schlüssel der Stadt angeboten.

Frankfurt 23. April. Der Frkf. Ztg. wird aus Konstantinopel von hente Mitternacht gemeldet: In der gemeinsamen Beratung von Kammer und Senat waren anwesend 200 De­putierte und 25 Senatoren. Die Absetzung des Sultans wurde in geheimer, bis abends an­dauernder Sitzung offen beraten. Die Versamm­lung gab mit 150 Stimmen ihrer unerschütter­lichen Meinung Ausdruck, daß die Interessen des Vaterlandes die Absetzung des 'Sultans gebieterisch erfordern werden. Einige Abgeord­nete, welche der gleichen Ansicht waren, unter ihnen Ghazi Muktar.Pascha, der frühere Oberkom­missar in Egypten, warnten vor Uebereilungen, da schwere Erschütterungen uud Interventionen möglich seien. Der historische Akt der vereinig­ten Kammern bedeutet keinen direkten Beschluß, sondern ist nur ein Moment, das schwer in die Wagschale fallen wird. Die Absetzung des Sultans kann gesetzlich nur durch ein Fetwa des Scheich ul Islam geschehen. Dieses Fetwa tst jedoch bereit und .wird zugleich mit der Proklamierung Reschads zum Sultan am Sams­tag verkündet werden.

Ais Mt und Ningebung.

Vom 1. Juni bis 15. September wird zur Briefpostbeförderung benützt 'eine tägliche Kraftwagenfahrt zwischen Wildbad und Enz- klösterle.

Vom 15. Mai bis 15. September werden zur Postsachenbeförderung benützt die zwei täg­lichen KrastwagenfahrtenZ zwischen; Gernsbach und Wildbad (über Loffenau, Herrenalb, Dobel und Höfen) unter Wegfall der Personenposten zwischen Herrenalb und Gernsbach und zwischen HerrenalbZund Neuenbürg.

Die Gauversammlung der Ev. Arbeiter­vereine des Enzgaues findet am Sonntag den 25. April, nachmittags von 2 Uhr ab im Gast­haus zumOchsen" in Höfen statt. Herr Arbeitersekretär Fischer wird einen Vortrag halten überDie Bedeutung des Lohnes für das Volks- und Wirtschaftsleben."

Die letzten sonnigen Tage haben die Blüten der Kirschbäume zur vollen Entfaltung gebracht. Die Orte Arnbach, Gräfenhausen, Obernhausen, Niebelsbach und Ottenhausen sind von einem prächtigen Blütenmeer umgeben. Freunde der Natur sollten sich diesen Genuß nicht entgehen lassen.

Neuenbürg, 20. April. Die von Frau Fabrikdirektor Loos vorgestern veranstaltete Wohltätigkeitsaufführung nahm einen recht ge­lungenen Verlauf. Der Stern des Tags war Frau Emma Tester, die auch diesmal ihre Kunst in den Dienst einer edlen Bestrebung gestellt hat. Auch Frl. Fröhlich, die andere Stuttgarter Solistin, die sich als Vortrags­künstlerin bei den lebenden Bildern zuDeutsch­lands Wiedergeburt" betätigte, machte einen tiefen Eindruck und ließ die Herzen in neuer Begeisterung für jene große Zeit aufflammen, die auch in den von Hofphotograph Blumenthal gebotenen Lichtbildern aufs neue vor Augen

geführt wurden. Hohe Anerkennung verdienen außerdem die schönen, von Pfarrer Kazmaier begleiteten Violinsoli von Hauptmann Eilsberger. Reichen Beifall fanden auch die hübschen Doppel- quartette des Liederkranzes und des Turnerge- sangvereins.

IlrrtevtzaLtenöes.

Er soll dem Herr sein.

Erzählung vonC. Aulepp-Stübs.

(Forts.) (Nachdruck verboten.)

Er erfaßt das Händchen und beugt den starren Nacken ein ganz klein wenig nur, dann geht er, begleitet von Hilgegards Bruder, stumm hinaus.

Fräulein Doktor Hildegard Lutz ist allein. Sie setzt sich wieder in den großen Schreib­tischstuhl und starrt in tiefem Sinnen vor sich hin. Ihre Hand nimmt ein elfenbeinernes Falzbein und spielt mechanisch damit. Sie denkt an den schönen, stolzen Mann der ihr vor wenigen Augenblicken gegenüber gestanden hat, wie wenig imponierte dem ihr Wissen, ihre Stellung hier. Er hatte einzig nur die Frau gesehen, die sich zu dem Berus des Mannes gedrängt hat. Wie hochmütig, ja fast ironisch hatte er gesagt: In Amerika gibt es viele Aerztinnen, das sind Kolleginnen waren so­zusagen gar keine Frauen!

Sie hatte während ihres Studiums auch solche kennen gelernt! Aber was gingen sie dieselben an? Mochten sie sich darin gefallen, es den Männern gleich zu tun, und mit kurzen Haaren im Herrenhut herumzugehen sie bleibt wie sie war, innerlich und äußerlich ein echtes Weib, trotz allen Wissens, trotz aller Ruhe und kühlen Sicherheit ihres Wesens. Es wird ihr schwül im Zimmer. Sie öffnet einen Flügel des großen Fensters lehnt sich hinaus. Die Anstalt umgibt ein weitläufiger Park mit alten, herr­lichen Linden- und 'Eichenbäumen. Dicht vor dem Fenster erheben sich einige derselben und hüllen mit ihrem Schatten das Zimmer in grüne Dämmerung. Hildegard atmet die er­frischende Luft ein, in tiefen Zügen hebt und senkt sich die junge Brust. Wie ein schwerer Druck lastet plötzlich die große Verantwortung, die sie übernommen hat, auf ihr. Ob er sie wohl unterstützen wird, bei dem schweren Werk? Oder ob si» wird kämpfen müssen? Gegen seine Vorurteile gewiß aber sein Wissen, sein Mut und seine Energie, die ihr Onkel so sehr gerühmt hat, die werden ihre Hülfe sein.

Ein weiches Gefühl kommt über sie. Sie lehnt das Köpfchen an den Pfosten des Fensters und denkt an ihre Kinderzeit, die sie so glück­lich in der elterlichen Villa verlebte. Dann kam plötzlich das Unglück. sie war noch ein Kind damals, aber sie weiß es noch wie heute. Sie kam so fröhlich aus der Schule gesprun­gen, da reicht ihr eine gewöhnlich gekleidete Frau mit hämischem Grinsen ein Extrablatt.

Hier, mein Töchterchen, ließ man"

Ach, sie hatte auf das Blatt gestarrt, lange, lange die Buchstaben hatten ihr vor den Augen getanzt. Dann hatte sie einen lauten Schrei ausgestoßen und war wie wahnsinnig nach Hause gestürzt, der Mutter an den Hals.

Mama, Mama, wo ist Papa?"

Hilde, geliebtes Kind fasse dich!"

Wo ist Papa?" schrie sie außer sich.

Er ist fort!" preßte die Mutter heraus und hielt in fassungslosem Schmerz das aufge­regte Kind umschlungen, dessen wilder Jammer ihr armes, zermartertes Herz noch mehr "zerriß. O, wie entsetzlich war die Zeit, die nun folgte.

Das junge Mädchen am Fenster legt die Hand über die Augen. Der Tod der gelieb­ten Mutter, dann die Verhaftung, die Verur­teilung des Vaters! Großer Gott, wie zuckt das arme Herz in Schmerz und Weh! In ihrem Innern klafft die Wunde, die nimmer vernarbt. Die unersetzliche Lücke füllte die Liebe zu dem einzigen Bruder wohl kaum aus.

Onkel und Tante hatten die Kinder in ihr schönes Heim, an ihr liebevolles Herz genom­men, vergebens die Lücke blieb. Aus ihrem Leben war der Sonnenschein des Glückes geschwunden sie wurde ein stilles ernstes Kind, ihres Onkels Liebling. Bald begleitete sie ihn in die Krankensäle, die blassen Kinder lernten sie lieben und freuten sich, wenn die lichte, kleine Gestalt, neben der großen, ernsten des Geheimrats, an ihre Bettchen trat. So war sie derkleine Assistent" geworden, wie der Onkel sie oft nannte, und so wurde sie nach langem, schwierigen Studium und glän­zend bestandenem Examen, dann in Wirklich­keit seinerster Assistent" und sozusagen seine erste Hand. Ja, der Sonnenschein war ver­schwunden, doch die Pflicht und die Arbeit, zwei hohe Güter der Menschheit sie waren geblieben. Die Pflichten fast zu groß für diese zarten Schultern, diese schmächtige Ge­stalt, die in schmerzliches Sinnen vertieft, noch immer am Fenster lehnt. Hildegard Lutz atmet hastig, tief und schwer von draußen duften die Lindenblüten und von den Blumen­beeten im Park steigen leise Wohlgerüchte auf. Es ist ihr heute so weh ums Herz. Vielleicht greift die wunderbare Stille sie an; sie muß immer an das Verlorene denken und dennoch ist es ihr wieder, als müßte etwas kommen, etwas Hohes, Heiliges und sie müßte es er­warten in namenlosem Bangen, in Sehnsucht und Schmerz. Endlich schüttelt sie mit Ge­walt den Bann ab, der sie gefangen hält, die Pflicht ruft sie ist wieder ganz ruhig, ganz kühle Sicherheit die erste Assistentin. Fräulein Doktor Hildegard Lutz.

Telegramm der Wildbader Chronik

Konstantinopel, 24. April. Die Be­satzung des Aildiz hat sich der Belagerungs- Armee ergeben.

Atcrnöesbuch-KHr-orrik

der Stadt Wildbad vom 17. bis 24. April 1909.

Geburten:

11. April Bott, Christof Heinrich, Mechaniker hier 1 Tochter.

17. April Paucke, Johannes Otto Emil, Buchhändler, hier, 1 Sohn.

22. April Bott, Robert Karl, Kutscher hier, 1 Sohn.

Ehes chließungen:

17. April Höll, Karl Eugen, Zimmermann hier und Schmid, Pauline Friederike hier.

17. April Rothfuh, Karl Albrecht, Hilfsbremser hier und Linkenheil, Christiane Amalie von Simmozheim.

Aufgebote:

20. April Schuhmann, Ernst Friedrich, Fabrikarbeiter hier und Müller Sofie Wilhelmine in Dobel.

20. April Weber Richard Christian, Koch hier und Kraus, Luise Wilhelmine hier.

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