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Nr- 47 I

Donnerstag, den 22. April t909-

45. Jahrgang

Hlunöschcirr

Stuttgart, 20. April. Der Würrtem- bergische Bund für Handel und Gewerbe (E. V.) hatte im Bürgermuseum eine Versamm­lung der Handwerksmeister und Gewerbetreiben­den Stuttgarts einberufen, in welcher u. a. auch die Landtagsabgeordneten Dr. Wolfs, Dr. Rübling und Herbster erschienen waren. Nach einleitenden Begrüßungsworten des Vorsitzenden Frobenius referierte der Vorsitzende des württem- bergischen Landesverbands der Tapeziermeister, Th. Fischer, überFestsetzung von Mindest­preisen im Handwerk." Eine Besserung der Lage des Handwerks könne nur durch die Be­seitigung oder Abänderung der ß 100 K der Reichsgewerbeordnung erreicht werden, der eine Festsetzung von Mindestpreisen verbiete. Bei einem Anträge des Zentrumsabgeordneten Irl im Reichstage, dieses gesetzliche Verbot auszu­heben, hätten Sozialdemokratie und Freisinn dagegen gestimmt, trotzdem Beweise dafür er­bracht wurden, daß das Verbot das Handwerk schwer schädige. Nachdem der Redner auf die Bedeutung und den hemmenden Einfluß der gesetzlichen Bestimmung näher eingegangen war, forderte er nachdrücklichste Unterstützung seitens der Handwerker bei den aufrichtigen und energi­schen Bestrebungen, dieses das Handwerk schwer schädigende Verbot wieder aufzuheben. Es sei nur ein Akt der Gerechtigkeit, den Handwerkern das Recht zuzugestehen, Mindestpreise festzusetzen. Die Organisation des Handwerks in Süddeutsch­land und besonders in Württemberg wäre eine entschieden stärkere, wenn der ß 100 lt nicht existierte und nichts sei dem Handwerk not­wendiger, als eine starke und straffe Organi­sation. Nach längerer Diskussion wurde nach­stehende Resolution einstimmig angenommen: Die vom Württembergischen Bund für Handel und Gewerbe einberufene, zahlreich besuchte Versammlung von Handwerksmeistern Stutt­garts hält eine Abänderung des Z 100 p der Gewerbeordnung in der Richtung der Aufhebung des Verbots der Preisfestsetzung für dringend notwendig. Sie bittet die Regierung und die Stände, für diese im Interesse des Handwerks gelegene Forderung einzutreten." Hieraus sprach Landtagsabgeordneter Hiller über die Frage: Was nützt der Bund für Handel und Ge­werbe dem Handwerk?" In eingehender Weise legte der Redner die Gründe dar, die auch die Handwerker zu einem engen Zusammenschluß mahnten. Nur wenn eine geschlossene Organi­sation der Regierung ihre Wünsche diktiere, könne auf einen Erfolg gerechnet werden. Sekretär Hoffmann sprach zum Schluß über: Die Steuerbelastung der Gewerbetreibenden im Vergleich mit derjenigen anderer Berufs­stände."

Stuttgart, 19. April. (Pserdemarkt.) Die Zahl der zu Markte gebrachten Pferde belief sich Heuer aus etwa 1000, ist also etivas größer als im letzten Jahre; aber ein Teil der Stände ungs um die Garnisonskirche blieb doch noch leer. Hinsichtlich der Quantität der Pferde hat der Stuttgarter Markt gegen früher nicht un­wesentlich eingebüßt, dagegen läßt sich erfreu­licherweise konstatieren, daß die Qualität der Pferde von Jahr zu Jahr eine bessere wird.

Die abgetriebenen Mähren, die früher reihen­weise vorhanden waren, sind nur noch in ver­schwindend wenig Exemplaren vorhanden. Ueberall sieht man die breiten, kräftigen und gedrungenen Formen der schweren Arbeitspferde, wie Nor- männer und Belgier, neben dem kaltblütigen Schlag tauchen aber die träftigen, edelgezogenen Oldenburger und Holsteiner Pferde, deren her­vorragende Eigenschaften der Württ. Pferde­zuchtverein längst erkannt hat, immer mehr auf. Auch unter den Luxuspferden, die in den Privat­stallungen untergebracht sind, sind neben dem englischen Blut diese Rassen glänzend vertreten. Der Fremdenverkehr war bei dem prächtigen Frühlingswetter ein sehr bedeutender, und auf dem Markt ging es lebhaft zu. Vormittags bewegte sich der Handel in engen Grenzen, nachmittags dagegen wurden ziemlich viele Käufe abgeschlossen und zwar, wie man hört, zu guten Preisen. Von der Kommission wurden die 25 als Gewinne für die Pferdemarktlotterie be­stimmten Pferde angekauft. Der mittags auf dem Schloßplatz stattfindende Korso hatte viel Publikum angelockt; die Bierbrauereien paradierten mit ihren solid angeschirrten schweren Gäulen, ebenso die Transportgeschäfte. Auch eine Reihe von Lastautomobilen beteiligte sich am Korso, sowie auch die Feuerwehr und andere städtische Fuhrwerke. Eigentliche Luxusfuhr­werke waren nur sehr spärlich vertreten. Der König sah sich den Korso vom Balkon des linken Schloßflügels aus an. An dem üb­lichen Pferdemarkt-Essen im Hotel Marquardt nahmen der König und die Herzöge Robert und Ulrich teil. Nachmittags fuhr der König nach dem Pferdemarkt, zunächst nach der städtischen Reithalle, wo er sich die für die Lotterie ange­kauften Pferde und sodann noch verschiedene Luxuspferde vorführen ließ. Später begab sich der König nach der Gewerbehalle, um hier die Wagen- und Geschirr-Ausstellung zu besichtigen. Vom Hundemarkt ist nicht viel zu sagen, von Rassehunden war wenig zu bemerken. Der Handel in großen Hunden, in Doggen, Leon­bergern u. s. w. scheint sehr zurückgegangen zu sein, wenigstens sah man in der Hauptsache nur mittlere und kleinere Hunde, die den Mangel an Rasse durch rührende Anhänglichkeit an ihre Besitzer ersetzten. (St. Mpst.)

Baiersbronn 20. April. Privatier Gustav Kienzle von Stuttgart erlegte gestern früh im Gemeindewald einen prächtigen Auerhahn, den ersten in dieser Gegend.

Gmünd. In einem kleineren Orte unseres Oberamtsbezirks hob eine ältere Frauensperson Jahre hindurch ihre Ersparnisse lauter schwere, hart verdiente Taler zu Hause auf. Das war an sich schon ein Fehler, denn auf der Sparkasse hätte das Geld Zinsen getragen. Aber noch einen Vorteil hätte die Sparkasse gewährt, nämlich den, daß die Taler, bezw. die Geldsumme, die sie repräsentieren, in ihrem Wert erhalten geblieben wären. Die Frau las nie eine Zeitung und so erfuhr sie nicht, daß die Taler am 1. Oktober 1907 aufhörten, Kurantgeld 3 Mk. zu sein. Sie wußte auch nicht, daß die Silberstücke nur bis 20. Septbr. 1908 von den öffentlichen Kassen umgetauscht werden konnten?"' So ist" sie jetzt ziemlich ge­schädigt, denn der'Silberwert der Taler steht

bekanntlich weit hinter ihrem ehemaligen Geld­wert zurück.

Rottenburg, 19. April. Nach Bekannt­machung des Verbandsrevisors Seider und des Vorstands Lehrer Thoma von der hiesigen Darlehenskasse, soll die Summe der veruntreuten Gelder des Kassiers R. Schnell sich auf ca. 42 000 Mk. belaufen. Zur Deckung dieses Fehlbetrags steht die Kaution mit 5000 Mk., welche von einer ledigen Schwester s. Zt. gestellt würde und die nun um ihr ganzes Vermögen kommt, weitere 20 000 Mk. sollen aus dem Reservefonds zur Verfügung stehen, außerdem sollen unbeträchtliche Beträge erhoben werden können. In einer Mitglieder-Versammlung wurde der Vorschlag gemacht, daß die verun­treute Summe und fehlende Beträge, von Seiten der Mitglieder getragen werden sollen, welchem aber die meisten Mitglieder nicht bei­stimmten. Man kam zu dem Entschluß, einen Rechtsanwalt aus Stuttgart zu beauftragen, daß die fehlenden Beträge von der Vorstand­schaft und den Aufsichtsratsmitgliedern ersetzt werden sollen.

Ulm a. D., 17. April. Dem Vernehmen nach ist gestern von den bürgerlichenIKollegien dem Stadtvorstand, Oberbürgermeister v. Wagner, ein^Dotation von 50 000 Markaus­gesetzt worden, die als Anerkennung für die segensreiche Arbeit Wagners zum Wohle der Stadt zu gelten hat.

Ulm, 17. April. Die Dotation von 50 000 Mark, die von den bürgerlichen Kollegien der Familie des Oberbürgermeisters v. Wagner ge­währt wurde, soll eine Anerkennung für die vom Stadtvorstand vertretene Boden- und Finanz­politik sein, derzufolge die Finanzlage der Stadt trotz der gegenwärtigen schwierigen Zeit sich als sehr günstig darstellt, so daß eine Erhöhung der Gemeindeumlage auch Heuer nicht (nötig wird.

Pforzheim, 20. April. Der Verein Pforz- heimer Hundesport, welcher sich neben der Förderung des Kriegs-, Sanitäts- und Polizei­hundewesens insbesondere die Hochzucht rein­rassiger Hunde angelegen sein läßt, veranstaltet am 25. April ds. Js. in Pforzheim eine große, eintägige Schau von Hunden aller Rassen.

Pforzheim, 19. April. Die organisier­ten Arbeiter im Baugewerbe haben mit 348 gegen 22 Stimmen den sofortigen Streik be­schlossen.

Karlsruhe, 19. April. Ein schweres^,Ver­brechen wurde in der Frühe des 16. Februar in der Gemeinde Eutingen bei Pforzheim ver­übt. Man fand damals den 78 Jahre alten Altbürgermeister Steudle in seiner Scheuer er­drosselt auf. Anfänglich fehlte jede Spur des Täters. Nach und nach regte sich aber ein bestimmter Verdacht, der sich gegen einen rohen, arbeitsscheuen und leichtsinnigen Menschen, den 19 Jahre alten Fässer August Redinger aus Eutingen richtete. Die Pforzheimer Kriminal­polizei nahm sofort die ihr durch den Verdacht gewiesene Spur auf und konnte auch am 17. Februar, morgens gegen 7 Uhr, den Redinger in einer Wirtschaft zu Pforzheim ermitteln und aus dem Bette heraus verhaften. Der Ange­klagte war in der heutigen Hauptverhandlung vollständig geständig. Er erklärte, daß ihm