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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblatt UNÄ während der Saison: Amtliche Fremdenlisth.
Nr. 46
Dienstag, den 20- April L909-
I 45- Jahrgang
Wunöschciu
— Bei der diesjährigen 2. Staatsprüfung im Bauingenieurfach find u. a. folgende Kandidaten für befähigt erklärt worden: Eugen Kläger, Altensteig, Max Sieb, Bernbach, O.A. Neuenbürg. Sie haben die Bezeichnung „Regierungsbaumeister" erhalten.
Stuttgart, 17. April. Für die Kaisermanöver sind die Tage vom 13. bis 16. (bezw. 18.) September in Aussicht genommen. Endgültige Bestimmungen sind noch nicht getroffen. Das württ. und badische Armeekorps werden voraussichtlich Kaiserparaden haben. Bezüglich des württ. 13. A.K. spricht man vom Dienstag, 7. Sept., bezüglich des badischen 14. A.K. vom Samstag, 11. Sept. Die badische Kaiserparade soll bei Forchheim-Karlsruhe sein. Am 13. Sept. soll bei den verschiedenen Armeekorp der Vormarsch und die Aufklärung beginnen, am 15., 16. und 17. Sept. werden die eigentlichen Manöver sein, am 18. Sept. der Rücktransport der Truppen in ihre Garnisonen.
Stuttgart, 16. April. In der gestrigen, äußerst stark besuchten Versammlung in der Liederhalle wurde folgende Resolution in Sachen der Reichsfinanzreform angenommen, die auf Vorschlag des Grafen Zeppelin durch eine Abordnung dem Reichskanzler überreicht werden soll: „Wir heute in der Liederhalle zu Stuttgart versammelten Bürger beklagen tief und mit ernster patriotischer Sorge den schleppenden Gang der Verhandlungen über die Reichsfinanzreform. Wir stimmen ein in den Ruf nach schleunigem Abschluß dieses Gesetzgebungswerks. Durchdrungen von der Notwendigkeit der Opfer, die durch die Ehre und die Sicherheit des Reichs gefordert werden, bitten wir Reichstag und Bundesregierungen, alle Kräfte zur Ueber- windung der entgegenstehenden Schwierigkeiten anzustrengen, damit die Reichssinanzresorm zustande kommt, noch ehe der Reichstag in diesem Sommer auseinandergeht. Wir sind überzeugt, daß ohne die Einführung einer Besteuerung größerer Nachlässe oder Erbanfälle neben der vorgesehenen weiteren Besteuerung von Tabak, Bier und Branntwein eine gerechte' und nachhaltige Abhilfe der Finanznot des Reichs nicht zu erreichen ist."
Stuttgart, 15. April. Der kurz vor Ostern den Ständen zugegangene Staatsvertrag zwischen Württemberg und Baden über die Herstellung weiterer Eisenbahn-Verbindungen zwischen den beiderseitigen Staatsgebieten betrifft die Herstellung von Verbindungen von Klosterreichenbach über Schönmünzach nach Weisenbach und von Breiten über Knittlingen und Verdingen nach Kürnbach. Die Bahnen sollen als Nebenbahnen mit voller Spurweite und zwar von jedem Staat für sein Gebiet aus sjgene Rechnung gebaut werden. Unter der Voraussetzung, daß die beteiligten Gemeinden und die sonstigen Interessenten die ihnen angesonnenen Leistungen übernehmen, sollen die Bahnen innerhalb eines Zeitraums von 8 Jahren hergestellt werden. Der Ausbau der Murgbahn wird keine Vermehrung des Güterverkehrs zur ffolge haben, wohl aber wird mit einer namhaften Steigerung des Personenverkehrs gerechnet, da gerade die noch zu erschließende
Teilstrecke Klosterreichenbach—Weisenbach zu den interessantesten Partien des Schwarzwaldes gehört. Andererseits wird sich durch die Fortsetzung der badischen Murgbahn bis Freudenstadt für die württembergische Eisenbahn ein Frachtausfall ergeben. Die Strecke von Klosterreichenbach bis zur badischen Landesgrenze wird eine Länge von 11 Kilometer erhalten und abgesehen von den seitens der Beteiligten zu übernehmenden Grunderwerbungskosten einen Bauaufwand von über 3 Millionen erfordern. Die Bahn Breiten—Kürnbach soll in die Linie Breiten-Eppingen bei der sogenannten Rehhütte, etwa 2 Kilometer von Breiten entfernt, eingeführt werden. Die Betriebslänge der Bahn Breiten—Kürnbach beträgt 15,66 Kilometer, wovon 10,49 Kilometer auf württem- bergisches Gebiet entfallen.
Stuttgart. Anläßlich der Jubelfeier des Infanterie-Regiments Nr. 125 (Kaiser Friedrich 7. Württembergifches) wird im Festsaal der Liederhalle ein Festspiel aufgesührt werden, das voll einem Hauptmann des Regiments versaßt und von Offizieren und Mannschaften dargestellt wirb. Das Festspiel wird aus einer Reihe lebender Bilder und Szenen bestehen, welche Gedenk- und Ruhmestage aus der Geschichte des Regiments von 1809—1909 veranschaulichen. Von seiten des Regiments ist alles getan worden, um dieses Festspiel stimmungsvoll und künstlerisch auszugestalten.
Stuttgart, 15. April. Die Mode der Damenspazierstöcke scheint sich auch bei uns in Stuttgart allmählich einzubürgern. Wenigstens sind dann und wann elegante, schice Damen auf den Hauptpromenadeplätzen der Stadt mit zierlichen Stöcken zu sehen. Hauptsächlich aber beginnt die Mode in Berlin in diesem Jahr immer größeren Umfang anzunehmeu. Dort trägt man die Stöcke fast ausschließlich mit Schleifen, Bändern und Blumen garniert. Als besonders schic gelten zimmtfarbene, lackierte Holzstöcke, um deren Griff sich eine Schleifengarnierung oder ein Blumenstrauß aus Seidenblumen windet. Stöcke mit dicken Griffen dienen dazu, ein vollständiges Schreibzeug oder verschiedenartige Toilettengegenstände, ein Parfümfläschchen, eine Pouderquaste usw. zu enthalten.
Vom Albtal, 15. April. Das längst schwebende Projekt des Ausbaues der ganzen Strecke der Albtalbahn für elektrischen Betrieb geht jetzt seiner Verwirklichung entgegen. Die Arbeiten sind von der Allgemeinen Elektrizitäts- Gesellschaft in Angriff genommen und sollen so gefördert werden, daß bis Spätjahr der Betrieb bis Herrenalb eingerichtet ist und die Psorzheimer Strecke bis nächstes Frühjahr. Die Elektrizitätszentrale bei Rüppur wird ausgebaut und mit wesentlich stärkeren Maschinen ausgestattet, so daß die Talstrecke eine Spannung des elektrischen Stromes auf 7000 Volt erhält. Auch das gesamte Wagenmaterial wird erneuert. Motorwagen mit 86 Sitzplätzen werden den reicheren Verkehr nach Herrenalb vermitteln.
— In Dillstein machte sich bei einer vor 14 Tagen im Hause des Goldarbeiters Kalm- bacher hier abgehaltenen Konfirmationsfeier ein lOjähriges Nachbarkind .den Scherz, dem ebenso alten Sohn des Kalmbacher, dessen Tocher kon
firmiert wurde, den Stuhl wegzuziehen. Der Knabe schlug dabei den Kopf an, doch schenkte man dem Vorfall keine Bedeutung. Am nächsten Tag aber klagte der Junge über Schmerzen und es stellte sich bei der Untersuchung mit Röntgenstrahlen ein Schädelbruch heraus, dem der Knabe gestern erlegen ist.
— Das erste Ziel, das der neugegründete Lustslottenverein verfolgt, ist die Gründung einer „Luftmannsschule." Diese soll am 1. Oktober in Friedrichshafen ins Leben treten und die Mannschaft für die Kriegs- und Verkehrsluftslotte der Zukunst in dreijähriger ernster wissenschaftlicher Schulung und praktischer Unterweisung ausbilden. Die Leitung der Schule wird nach der „Augsb. Abendztg." in den Händen des Generalleutnants v. Nieber liegen. Die Zöglinge sollen nach abgeschlossener Mittelschulbildung und einjähriger praktischer Arbeit im Maschinen- und Schlosserfach in die Fried- richshasener Schule eintreten, im ersten Jahr theoretischen Unterricht erhalten, im zweiten Jahr in einer Luftschiffwerft arbeiten und im dritten Luftfahrten mit Motorluftschiffen und Flugapparaten unternehmen. Hieran wird sich die Ableistung der militärischen Dienstpflicht bei einer Luftschiffertruppe anschließen, und nach dieser, seine weitere Ausbildung fördernden Zeit kann der fertige „Lustmann" in den Dienst des Verkehrsmittels der Zukunft treten.
Pforzheim, 16. April. Ueber Ostern wurden hier 33 000 Fahrkarten für ca. 32 000 Mark verkauft. Ankommende Reisende waren es etwa 40 000.
Pforzheim, 15. April. Nachdem vor einem Jahr schon Frau August Benckiser Witwe, ihren Wohnsitz nach Degerloch verlegt hatte, ist nun auch deren Sohn, vr. August Benckiser nach Maßbach in Unterfranken verzogen, wo der genannte Herr einen schönen Herrschaftsih inne hat. Der Familie gehörte das jHammerwerk, das in der industriellen Geschichte unserer Stadt ein besonderes Blatt füllt. Im dreißigjährigen Krieg haben sich Schweden dieses Namens in Herrenalb niedergelassen, wo die Villa Falkenstein das ehemalige Benckiser'sche Familienhaus war. Von da siedelte 1811 der Nachkomme Friedrich Benckiser nach Pforzheim über, wo er sich da? Hammerwerk käuflich erworben hatte.
Frankfurt a. M., 16. April. Wie der Preßausschuß für den Gesangswettstreit mitteilt, wurde als Preislied Emanuel Geibels Rheinsage „Am Rhein, am grünen Rhein, da ist so mild die Nacht" gewählt.
Gastein, 18. April. An der Vollendung des großen Tunnels zwischen Gastein und Möllbrücke wird rüstig gearbeitet, so daß die Eröffnung der neuen Tauernbahn am 1. Juli laufenden Jahres erfolgen kann. Durch diese neue Strecke wird der Weg Berlin-Triest ganz erheblich (etwa 300 Kilometer) gekürzt.
— Die revolutionäre Gefahr in Frankreich wächst immer mehr. In einer Massenversammlung im Pariser Hppodrom haben sich vorläufig zehntausend Arbeiter und Staatsbeamte verbrüdert, und es scheint, daß diese Versammlung in der Tat einen Wendepunkt in der jüngsten revolutionären Bewegung in Frankreich bedeutet. Es dürfte seit langer Zeit in einem Kultur-