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Aus der Sitzung der Gemeindekollegien
vom 9. Januar 1909.
Der Stadtvorstand nimmt die feierliche Beeidigung der neugewählten 5 Mitglieder des Bürgerausschusses vor und verweist die schon seither dem Bürgerausschuß angehörigen 3 Mitglieder auf ihren früher abgelegten Diensteid. Bei der hierauf erfolgenden >Wahl des Bürgerausschußobmannes wird der seitherige Obmann Karl Güthler, Flaschnermeister hier mit 11 von abgegebenen 13 Stimmen wiedergewühlt und als erster Obmannsstellvertreter Friedrich Schulmeister, Schneidermeister mit 10 Stimmen und als zweiter Obmannstellvertreter Hermann Riexinger, Messerschmied mit 10 Stimmen gewählt.
Nachdem der Stadtvorstand dann die neuen Mitglieder mit den Bestimmungen der Gemeindeordnung über den Wirkungskreis des Bürgerausschusses bekannt gemacht und sie zu treuer Erfüllung ihrer Pflichten ermahnt hatte, sprach er den nicht mehr ins Kollegium zurückgekehrten Mitgliedern Kuch und Pfau und ebenso den übrigen Mitgliedern der Gemeindekollegien sden Dank für ihre treue und ersprießliche Mitarbeit bei den wichtigen Aufgaben, welche im verflossenen Jahre zu erledigen waren, aus und bat die letzteren, auch im neuen Jahre ihre Kräfte in den Dienst unseres Gemeinwesens zu stellen. Von den Arbeiten des verflossenen Jahres erwähnte der Stadtvorstand u. a. die Correction der Rennbachstraße, Herstellung des Jmmen- wegs, Erneuerung des Metzgerstegs, Herstellung einer Kanalisation und Wasserleitung in der Prinz Peter von Oldenburgstraße, Erneuerung und Erweiterung der Retorten-Osenanlage der Gasfabrik, Verbesserung der Olgastraße, Herstellung der ausgedehnten Spazierwege im Sommerberg und Vergebung von Baugelände daselbst im Erbbaurecht, die mit der Fertigstellung und Eröffnung der Bergbahn verknüpften Arbeiten, Fertigstellung einer neuen Freileitung des städtischen Elektrizitätswerks für die angeschlossenen Motoren und Aufzüge, Erbauung eines Rodelwegs. Als Aufgaben des neuen Jahres wurden u. a. bezeichnet, die Erbauung eines Realschulgebäudes resp. die Vorarbeiten hiezu, Ausführung der Bätzner- und Parkstraße und weitere Verbesserung der sanitären Verhältnisse unserer Stadt, wobei vor allem sauf die in einigen Jahren notwendige Erbauung eines Krankenhauses hingewiesen wurde. Der Stadtvorstand erklärt, daß es ein Anliegen der Kollegien sein werde, bei allen diesen der Lösung harrenden Fragen mit Rücksicht auf den augenblicklichen schlechten Geschäftsgang und die allgemeine Geldknappheit größte Sparsamkeit und weise Zurückhaltung walten zu lassen.
Zufolge der Revisionsbemerkungen zur Stadtpflegerechnung pro 1906/07 werden dann noch einige Gegenstände erledigt, so wurde beschlossen, daß künftig für die Benützung des Turnplatzes zur Aufstellung von Carussels, Schaubuden usw. eme Gebühr von 5—30 Mk. erhoben wird, die in diesem Rahmen für den einzelnen Fall vom Stadtvorstand festgesetzt werden, daß die Verurkundung der Kapitalaus- stände der Stadtpflege (Herbeiführung eines Anerkenntnisses des Schuldners) alle 3 Jahre stattzufinden habe, daß die Zinsen des Kapitals der früheren aufgelösten Krankenkassen für besondere Zwecke angesammelt werden sollen, daß die Gebühren für die Benützung der städtischen Bodenwage wie seither aus dem Bruttogewicht zu erheben sind und daß die Versicherungsbeiträge des Rathauspersonals wie seither auch künftig von der Stadtkasse getragen werden.
Sitzung vom 15. Januar 19V9
Das Kgl. Oberamt Neuenbürg teilt durch Erlaß vom 9. Dezember 1908 mit, daß es im Hinblick auf die bevorstehende Reform der Arbeiterversicherung dem Gemeinderat zur Erwägung gebe, ob er die Frage der Ausscheidung der in der Stadtgemeinde Wildbad beschäftigten Mitglieder der Bezirkskrankenkasse Neuenbürg aus dieser Kasse nicht zunächst beruhen lassen wolle. Es sprächen hiefür Zweckmäßigkeitsgründe. Die zu erwartendeu Aenderungen in der Verwaltung der Krankenkassen könnten — die Genehmigung des von der hiesigen Stadt gefüllten Antrag vorausgesetzt — möglicherweise
zur Folge haben, daß wieder eine Zusammenlegung der geplanten Ortskrankenkasse mit der Bezirkskrankenkasse stattfinden müßte. Da unter diesen Umständen die Ablehnung des Gesuchs um das Ausscheiden der hiesigen Mitglieder der Bezirkskrankenkasse aus dieser seitens der höheren Verwaltungsbehörde in sichere Aussicht zu nehmen ist, beschließen die Gemeindekollegien, bis zum Zustandekommen der zu erwartenden Aenderungen des Krankenversicherungsgesetzes von weiteren Schritten in dieser Sache abzusehen.
Dem Oberreallehrer Dr. Pfeffer hier, welcher seit 5 Jahren die erste Lehrerstelle an der hiesigen Realschule zur allgemeinen Zufriedenheit versieht und sich auch durch seine Tätigkeit beim Lehrlingsheim verdient gemacht hat, wird eine persönliche Ortszulage von 200 Mk. aus der Stadtkasse einstimmig verwilligt.
Der Bericht der Maschinenfabrik Eßlingen über ^ vermutliche Ursache des diesen Herbst entstandenen Defekts an der Dynamomaschine des städtischen Elektrizitätswerks II wird zur Kenntnis der Gemeindekollegien gebracht, wobei Stadtbaumeister Munk noch die nötigen Erläuterungen gibt und die entstandenen Reparaturkosten auf mehrere 100 Mk. schätzt. Nach den gemachten Feststellungen kann den Maschinisten ein Verschulden nicht nachgewiesen werden, ebensowenig der Maschinenfabrik Eßlingen, deren Garantiezeit überdies schon am 12. Juni 1907 abgelaufen war.
Die von der Ortsschulbehörde aufgestellten Bestimmungen über die Reinigung und Streupflicht vor den Lehrerwohnungsgebäuden, Beleuchtung unbewohnter Stockwerke usw. werden von den Gemeindekollegien gutgeheißen und genehmigt.
Die Pächter des städtischen Jagddistrikts I, Sommerberg-Linie, bitten um eine Ermäßigung des jährlichen Jagdpachtzinses von 835 Mark, weil durch Erbauung der Bergbahn und Herstellung der Rodelbahn die Jagd im Sommerberg eine bedeutende Wertsverminderung erlitten habe. Da die Gemeindekollegien der Ansicht sind, daß die Pachtsumme von 835 Mk. nach den in letzter Zeit von anderen Gemeinden erzielten Jagdpachtzinsen ohnedies eine sehr mäßige und da nach Z. 9 des Jagdpachtvertrages ein Nachlaß am Pachtzins ausdrücklich ausgeschlossen ist, wird das Gesuch einstimmig abgelehnt.
Nachdem die Wasserleitung der Parzelle Nonnennnß erweitert und eine größere Anzahl Häuser daselbst an die Wasserleitung angeschlossen wurden, verlangt die Kgl. Forstdirektion als Eigentümerin der für die Wasserleitung benützten, im Staatswalde III Revier Enzklösterle im Aschenlosck, entspringenden Quelle unter Aufhebung des früheren Abkommens die Eingehung eines neuen Vertrags über die pachtweise Ueberlassung der Quelle an die Stadtgemeinde unter Festsetzung des künftig zu entrichtenden Pachtzinses aus 25 Mk. pro Jahr. Von den Gemeindekollegien wird der neue Vertrag genehmigt.
Es folgen Bausachen, Schätzungen, Decre- turen und andere kleinere Gegenstände. Sitzung Vom 22 Januar 1SVS
DieAbhör derStadtpflegerechnung pro1906 / 7, der Ortsarmenpflegerechnung pro 1906/7 und der Realschulfondspflegerechnung pro 1905/7 wird vorgenommen, nachdem die bei der Prüfung festgestellten Anstände ihre Erledigung gefunden haben und die Prüfung der Wertpapiere der 3 Verwaltungen zu keinem Anstande führte.
Zur Vervollständigung der hiesigen Feuerlöscheinrichtungen, die mit Rücksicht auf die Eigenschaft Wildbads als Fremden- und Bade- stadt in jeder Hinsicht eine vollkommene sein sollten, hat sich die Anschaffung einer neuen mechanischen Rettungsleiter als notwendig erwiesen. Es sind deshalb zu diesem Zwecke schon seit mehreren Jahren Beträge in den Stadtpflegeetat eingestellt worden, die in die Kasse der freiwilligen Feuerwehr abgeführt und dort angesammelt wurden. Nach einer von der Firma Vereinigte Feuerwehr-Gerätefabrik G. m. b. H. in Ulm eingeholten Offerte beträgt der Anschaffungspreis für eine 19 w lange Magirus-Drehleiter Construktion 1). V. 7120 Mark 20 Pfg. und für eine 21 m lange Leiter 8407 Mk. 20 Pfg. Der Vertreter dieser Firma ist in der Sitzung anwesend und zeigt den Gemeindekollegien das Modell der Rettungsleiter
vor. Die letzteren sind der Ansicht, daß wenn der bedeutende Aufwand für eine neue Leiter gemacht werden muß, eine solche beschafft werden sollte, die allen Möglichkeiten eines Brandfalles genüge und die Rettung von Menschen noch aus den obersten Stockwerken der höchsten Gebäulichkeiten der hiesigen Stadt, wie Hotel Klumpp, Bellevue, Post usw., bei denen es sich um Höhen von über 20 in handelt, ermögliche. Nach längerer Beratung entscheiden sie sich daher für Anschaffung der 21 m langen Leiter und genehmigen die Uebertragung der Lieferung derselben an die Vereinigte Feuerwehr- Gerätefabriken in Ulm um den Preis von 8407 Mk. franko Station Wildbad bei 3 jähriger Garantiezeit. Der Staatsbeitrag zu dieser Leiter beträgt 2100 M., die in der Kasse der freiwilligen Feuerwehr vorhandenen Mittel ca. 5500 Mk., so daß noch ca. 800 Mk. in den nächstjährigen Etat einzustellen wären.
Die Anschaffung des zur Ausführung von Mechanikerarbeiten durch die Maschinisten am städt. Elektrizitätswerk erforderlichen Handwerkszeugs mit einem Aufwand von 259 Mk. wird genehmigt. Es folgen Bausachen, Decre- turen, Armensachen und sonstige kleinere Sachen.
):( Wildbad, 29. Jan. Die Zeiten an und für sich und die Vorgänge des vergangenen Jahres im Besonderen waren nicht gerade dazu angetan gewesen, erne lebhafte Beteiligung an der diesjährigen Kaiserseier erwarten zu lassen. Aber trotzdem hatte sich am Abend des 27ten im Hotel zum Ochsen eine stattliche Zahl patriotischer Männer eingefunden, um dem Bankett zu Ehren des Kaiserlichen Geburtstags anzuwohnen. Ihr Erscheinen ist ein erfreulicher Beweis dafür, daß das monarchische Gefühl und die Begeisterung für Kaiser und Reich im Herzen des Schwabenvolks fest gegründet ist und daß in der Einwohnerschaft Wildbads die treue vaterländische Gesinnung fortbesteht. Dieser Tatsache lieh auch der Vorsitzende des Banketts, Herr Stadtschultheiß Bätzner in froh bewegten Worten beredten Ausdruck und sprach seinen herzlichen Dank aus für das zahlreiche Erscheinen. In kurzer markiger Rede feierte Herr Oberpostsekretär Kübel den Kaiser. Seine Ausfübrungen lösten ein begeistert ausgebrachtes Hoch auf Seine Kaiserliche Majestät. Auch die unserem König durch Herrn Stadtschultheiß Bätzner dargebrachte Toasthuldigung fand den freudigsten Wiederhall bei der Versammlung. Gemeinsam gesungene patriotische Lieder, prächtige Vorträge der Gesangvereine des Militärvereins Königin Charlotte, Dirigent Herr Musiklehrer Wörner und des Turnvereins, Dirigent Herr Lehrer Gruhler, sowie Musikstücke der Herren Wörner und Echinger, verschönten den Kaiserabend, an welchem Seine Exzellenz, Herr Generalleutnant von Schott und der K. Badkommissär Herr Freiherr von Gemmingen ebenfalls Teil nahmen.
Neuenbürg, 25. Jan. Der im letzten Jahr neu gegründete Bezirks-Pserde-Versicher- ungs-Verein hielt gestern seine Generalversammlung im Gasthof zum „Bären" hier ab. Vorstand E. Seeger leitete die Verhandlungen mit einer Ansprache ein, in der er die erschienenen Mitglieder begrüßte und den Vereinsorganen den Dank für ihre Tätigkeit im abgelaufenen Jahr aussprach. Kassier Kübler berichtete über die Wirksamkeit und die Entwicklung des Vereins im abgelaufenen Jahr. Darnach hat der Verein seine Tätigkeit mit der Gründung am 25. Januar 1908 begonnen. Er besteht also noch nicht ganz ein Jahr. Gleichwohl ist der Verein vorwärts gekommen und hatte sich eines stetigen Wachstums zu erfreuen. Daß dieses Wachstum ein langsames sein werde, stand im Voraus fest, weil die meisten Pserdebesitzer anderweitig versichert waren und sich von den alten Versicherungsverhältnissen erst los machen mußten. Am Schluffe des Geschäftsjahres betrug die Zahl der Vereinsmitglieder 32, diejenige der versicherten Pferde 76 und der Gesamtwert der Letzteren 67 800 Mk. Das finanzielle Ergebnis anbelangend, hat das Jahr 1908 wider alle Erwartungen gut abgeschlossen. Die früheren Erfahrungen auf dem Gebiet der Pferde-Ver- sicherung waren nicht gerade ermutigend und dieser Umstand mahnte von Anfang an zur