Amtsblatt
für die Stadt Witöbad-
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Anzeiger
für Witöbad rr. Umgebung.
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Nr. 3
Donnerstag den 7. Januar 1909-
45- Jahrgang
HlirnöscHcrir.
— Der König hat in Gemeinschaft mit der Königin für die bei dem Erdbeben in Sizilien und Calabrien Verunglückten einen Beitrag von 3000 Mark bewilligt.
Stuttgart, 2. Jan. Von der Versicherungsanstalt Württemberg sind im Monat Oktober v. I. 496 292,42 Mk. an Rentenzahlungen geleistet worden. Auf Invalidenrenten entfallen von dieser Summe 418400,09 Mk-, auf Krankenrenten 21401,88 Mk., auf Altersrenten 38 090,45 Mk. und auf Beitragserstattungen 18400 Mark.
Calw, 3. Jan. Am 30. Dez. sind hier wieder die Vertreter der unteren Nagoldtalgemeinden zur Beratung des Sommerfahrplans 1909 zusammengetreten. Das Ergebnis der Besprechungen, denen Direktor v. Leo von der Kgl. Generaldirektion, das Mitglied des Eisenbahnbeirats Fabrikant Koch-Rohrdorf, der Vorsitzende der Handelskammer Calw, Fabrikant G. Wagner-Calw, und Landtagsabgeordneter Staudenmeyer anwohnten,war: Wiederherstellung des früheren Sommerfahrplans und einige weitere Verbesserungen im Verkehr des Nagoldtals mit Stuttgart und der Orte des Tals unter einander.
Herrenberg, 2. Jan. Der Straßenmeister Höschele aus Calw wurde vor einigen Tagen in einem hiesigen Gasthof in bewußtlosem Zustande in seinem Bette liegend gefunden. Den angestrengten Bemühungen des Arztes ist es gelungen, den beliebten Beamten nach längerer Zeit wieder zum Bewußtsein zu bringen, sodaß alle Hoffnung auf eine Wiedergenesung vorhanden ist. Es liegt eine Kohlenoxydgasvergistung vor.
Trossingen, 2. Jan. Seit einiger Zeit macht sich auch in der Harmonikaindustrie eine Geschäftsflauheit bemerkbar. Während früher meistens mit Ueberstunden gearbeitet wurde, ist diesen Winter die Arbeitszeit auf 8 Stunden reduziert worden. Einige Betriebe haben auf drei Wochen die Arbeit ganz eingestellt. Die Harmonikaindustrie beschäftigt 5000—6000 Arbeiter auf dem Heuberg und in der Baar.
Münsingen, 3. Jan. Am Samstag abend vereinigten sich im Hardthotel die Teilnehmer am 1. Schneeschuhkurs, der vom Schwäbischen Schneeschuhbund der Schneeschuhabteilung der Sektion Schwaben des D. u. Oe. Alpenvereins übertragen worden war. Am Sonntag früh teilten sich die Teilnehmer in Gruppen und fuhren auf Schneeschuhen durchs Truppenübungslager zu den Uebungsfeldern. Erstaunlich waren die Fortschritte, die die Anfänger schon am ersten Tag machten. Der Kurs dauert bis Mittwoch, wo nachmittags ein Prüfungssahren sämtlicher Teilnehmer stattfindet.
— In Württemberg hat die Zentral- leitung des Wohltätigkeitsvereins eine Sammlung ür die Opfer des Erdbebens in Italien organi- iert, der bereits namhafte Beiträge zugeflossen ind. Der König und die Königin von Württemberg haben sich mit einem größeren Beitrag an die Spitze der württembergischen Sammlungen gestellt.
Warmbronn, 6. Januar. In der vergangenen Nacht wurden der berüchtigte und vielfach vorbestrafte Wilderer Heinrich Kühnle (der Schwiegersohn des Dichters Christian Wagner) und dessen Schwager Häring (der Sohn des Schultheißen Häring) von Warmbronn durch den Landjäger Lang wieder beim Wildern auf frischer Tat ertappt. Bei der dann vorgenommenen Hausdurchsuchung hat Heinrich Kühnle dem Landjäger Lang 12 Stiche beigebracht, so daß an dem Aufkommen des Landjägers gezweifelt wird. Kühnle ergriff dann die Flucht und beging Selbstmord durch Erschießen.
Vom Bodensee. Auf Ansuchen der Wintersportsvereine hat die österreichische Staatsbahndirektion die Führung eines Wintersportzuges Lindau-St. Anton für diesen Winter probeweise genehmigt.
Aus Bayern, 27. Dez. Einen ungeheuren Aufschwung nimmt der Rodelspvrt hierzulande. Selbstredend ist damit auch eine Vermehrung der Unglücksfälle verbunden. Mit Rücksicht hierauf ordnet ein unlängst an sämtliche Unterbehörden hinausgegangener Erlaß des königlichen Staatsministeriums des Innern die polizeiliche Ueberwachung der Rodelbahnen an. Die Aufstellung von Warnungstafeln sowie die Handhabung einer entsprechenden Bahnpolizei ist als notwendig ^bezeichnet, und die Polizeibehörden sind angewiesen, für einwandfreie Anlage und Benutzung der Rodelbahnen und für genügende Einrichtungen zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen und für eine zuverlässige Feststellung ihrer Ursachen zu sorgen.
Dresden, 2. Jan. Das „ersparte Wort," Das Bestreben, in einem Telegramm Worte zu sparen, ist dieser Tage einem Herrn aus Werdau sehr teuer zu stehen gekommen. Sächsische Blätter berichten nämlich: Der Herr wollte am zweiten Weihnachtsfeiertag einen Winterausflug nach dem Fichtelberg unternehmen und hatte sich zu diesem Zwecke beim Bergwirt Hieke telegraphisch einen Schlitten an den Zug bestellt. Er war nicht wenig erstaunt, als elf stattliche Schlitten bei seiner Ankunft am Bahnhof hielten und doch wollte keiner den Fremden aufnehmen. Denn jeder Schlittenführer behauptete, sein Schlitten sei nicht für den Ankömmling, sondern für einen „Massentransport" bestimmt. Um so größer war daher das Erstaunen, als der Schwarm der Fremden verlaufen war und der Ankömmling den elf Rosselenkern sich allein gegenübersah. Im feierlichen Zuge wurde er nun von ihnen eingeholt, während der sorgsame Bergwirt, der aus das erhaltene Telegramm mit Mühe die elf Schlitten aufgetrieben hatte, bereits auf ein leckeres Mahl der ihn noch überraschenden zahlreichen Gäste bedacht war. ÄRe aber war er nur zu solcher Ehrung gekommen? Der Telegraph hatte die aufgegebene Depesche richtig übermittelt. Sie lautete wörtlich: „Bitte heute früh 11 Schlitten am Zug." Hätte der Absender des Telegramms hinter die 11 das Wort Uhr eingefügt, so wäre ein Irrtum ausgeschlossen gewesen. Das eine ersparte Wort hat ihm also viel Unannehmlichkeiten bereitet.
— Privatstunden auf städtische Kosten erhalten demnächst 24 Knaben der untersten
Volksschulklasse Hannover-Minden. Dieser beachtenswerte Entschluß entspringt allerdings weniger besonderem Interesse für die "Schüler als — Sparsamkeitsgründen. Ohne Nachhilfe können die 24 Schüler zu Ostern nicht versetzt werden, so daß mit Rücksicht auf die zu erwartenden neuen Schüler eine weitere Klasse eingerichtet werden müßte. Um dies zu verhindern, wurde obiger Beschluß gefaßt.
— Wie aus Breslau verlautet, sind in der vergangenen Woche in Schlesien 9 und in der Provinz Posen 6 Personen erfroren aufgefunden worden; in den letzten Tagen waren es in Ostpreußen 6 und in Westpreußeu 4 Personen.
Berlin, 4. Jan. Einem Berliner Telegramm der „Franks. Ztg." zufolge soll der Kaiser als Text der Predigt in der Schloßkapelle am Neujahrstag die Worte gewählt haben: Ich will Frieden haben mit meinem Volk.
Berlin, 4. Jan. Ueber eine Ansprache des Kaisers an die Generäle will das „Berl. Tagbl." folgendes erfahren haben: Am Samstag hat im hiesigen königlichen Schlosse das übliche Diner der kommandierenden Generäle stattgefunden. Nach Aufhebung der Tafel hielt der Kaiser einen sachlich militärisckien Vortrag über die Aufgaben und Lehren der letzten Manöver. Der Kaiser wies an der Hand von Karten auf diejenigen Momente der Manöver hin, die seiner Meinung nach geeignet sein sollten, belehrend zu wirken. Am Schluffe des militärtechnischen Vortrags spielte der Kaiser mit einigen Worten auf die Vorgänge an, die sich im Anschluß an die Veröffentlichung des „Daily Telegraph "-Interviews ereignet haben. Er sprach in sehr ruhiger Weise und das, was er sagte, ließ erkennen, daß die letzten Ereignisse einen sehr ernsten Eindruck auf ihn gemacht haben. Er verlas auch einen kürzlich erschienenen „Revue"-Artikel und fügte hinzu, daß dieser Artikel ungefähr das enthalte, was er selbst über die jüngsten Vorgänge sagen wollte. Als der Kaiser seine Rede geendet hatte, nahm der Rangälteste das Wort, dankte dem Monarchen und versicherte ihn des rückhaltlosesten Vertrauens der Armee.
Berlin, 4. Jan. General Castro ist heute nachmittag in Berlin von Professor Israel operiert worden. Die Operation, die die Hebung eines Blasenleidens bezweckte, dauerte vier Stunden. Castro erklärte nach der Operation, er sei zufrieden, daß er operiert worden sei, denn dadurch erfahre die ganze Welt, daß er nicht nach Europa gekommen sei, um sich seiner Verantwortlichkeit zu entziehen.
Allenstein, 4. Jan. Frau v. Schönebeck, die nach ihrer Enthaftung noch weiterhin in der Irrenanstalt Cortau verblieben war, hat diese am Samstag verlassen, um ein westdeutsches Sanatoriunr aufzusuchen.
— Die Zunahme der Lebensdauer in Deutschland ist. wie neuerdings wieder statistisch festgestellt wurde, in bedeutendem Maße im Wachsen begriffen. Für den Zeitraum von 1891 bis 1900 wurden neue Sterbetafeln berechnet und diejenigen für das Jahrzehnt 1871 bis 1880 gegenübergestellt. Dabei ergab sich das sehr erfreuliche Resultat, daß die mitltlere