Amtsblatt

für die Stadt Wii'öbad.

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ELK.

Anzeiger

für Wil'öbaö rr. Umgebung.

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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlisth.

Nr. 2.

WurrdscHau.

Stuttgarts. Jan. Gleich andern deut­schen Fürsten hat auch der König von Württem­berg dem König von Italien seine Teilnahme an dem schweren Erdbebenunglück telegraphisch ausgesprochen.

Die diesjährige Landes-Versammlstwg der Nationalliberalen Partei Deutschen Partei findet am Sonntag den 10. Januar, vormittags 11 Uhr, in Stuttgart in den Sälen des Stadtgartens statt. Es werden sprechen: Reichstagsabgeordneter Dr. Junck (Leipzig) überDie politische Lage im Reich", Reichs­tags- und Landtagsabgeordneter Professor Dr. Hieber überDie politische Lage in Württem­berg." An die Landesversammlung schließt ein gemeinsames Mittagessen (Gedeck L 2 Mk.) im Stadtgarten an.

Stuttgart, 31. Dez. Der Druckfehlerteufel hat den Jüngern der schwarzen Zunft schon manchen Possen gespielt, nicht leicht aber einen größeren als zum Jahresschluß noch dem Staats­anzeiger für Württemberg, der in seinem amt­lichen Teil an erster Stelle unter denUnmittel­baren Königlichen Dekreten" die interessante Nachricht veröffentlicht, daß Seine Majestät den Regierungsassessor Freiherrn Hans Hartmann von Ow-Wachendorf zum Kammerjuker aller­gnädigst zu ernennen geruht habe. Es wird sich doch nicht etwa um ein neues Hofamthandeln ?

Eßlingen, 2. Jan. Gestern erfolgte die Eröffnung der von dem hiesigen Verein für Hebung des Fremdenverkehrs beim Jägerhaus erstellten Rodelbahn. Die Bahn, deren Abfahrts­hütte 471 und deren Zielhütte 355 in über dem Meer liegt, hat bei 1000 in Länge ein Gesäll von durchschnittlich 11,6 Prozent, die durchschnittliche Breite beträgt 4 m. An der Außenseite des weiten Bogeus ist sie gut über­höht, zudem mit einem kräftigen Damm versehen. Telephonleitung verbindet Äbfahrts- und Ziel- Hütte. Unter Benützung eines vorhandenen Fußwegs ist, zum Teil wenige Meter von der Bahn entfernt, ein schöner Ausgang geschaffen. Die gestrige Eröffnung zog eine große Menschen­menge als Zuschauer an und eine große Zahl von Fahrern, darunter namentlich auch Freunde des Sports aus Stuttgart; der Stuttgarter Rodelklub hat das Unternehmen tatkräftig ge­fördert.

Neuenbürg, 2. Jan. Beim Straßenbau im benachbarten Größeltal ereignete sich heute Abend ein schwerer Unglücksfall. Durch das Einrutschen einer Böschung wurden 2 Erdar­beiter völlig verschüttet, wovon der eine bald nach seiner Befreiung im Krankenhaus m Neuenbürg verstarb, während der andere schwer verletzt nach seiner Heimat Calmbach verbracht wurde.

Nagold, 1. Jan. Die bürgerlichen Kolle­gien haben den Neubau eines Schulhauses be­schlossen, das namentlich auch Raum für die Gewerbeschule, Mittelschule und Frauenarbeits­schule bieten soll. Die Kosten werden auf 100000 Mark berechnet.

Heilbronn, 1. Jan. Bei der Erdbeben­katastrophe in Süditalien sind vermutlich auch zwei Heilbronner junge Kausleute namens Schwend und Diem ums Leben gekommen. Die beiden waren in Messina kaufmännisch

Dienstag den 5 . Januar 1909-

tätig und hatten beabsichtigt, in diesen Tagen in Nizza gemeinsam ein Südfrüchtengeschäft zu eröffnen. Ein tragisches Geschick wollte es, daß die beiden dorthin am Tag der Katastrophe nachmittags abreisen wollten, das Erdbeben machte aber ihre Pläne zunichte und seitdem hat man keine Spur mehr von ihnen, sie liegen wohl beide unter den Trümmern Messinas be­graben. (Nach inzwischen eingetroffener Nach­richt wurden die beiden Kaufleute gerettet.)

Ludwigsburg, 2. Jan. Der Zuchthäusler Karle, der am 10. Oktober hier ausgebrochen war und seither sich in der Bodenseegegend Herumgetrieben hatte, ist am 31. Dez. in Tutt­lingen verhaftet und dann in das hiesige Zucht­haus wieder eingeliefert worden.

Freudenstadt, 2. Jan. Der erste Tag deS neuen Jahres war von prachtvollem Winter­wetter begünstigt und die einheimischen sowie die vielen fremden Freunde des Wintersports

in den hiesigen Hotels weilen zurzeit gegen 300 Winterkurgäste! kamen voll aus ihre Rechnung. Der Eissee war sehr stark besucht und die ideal schöne Rodelbahn am Kienberg, wo Stadtgeometer Reißing früh und spät um eine flotte Bahn besorgt ist, war den Tag über von Hunderten benützt. Lebhafter Dank wird überall der Stadtverwaltung gezollt, welche jetzt endlich auch dem Winterkurort Freudenstadt die Wege ebnet.

Friedrichshafen, 2. Jan. Die Luft­schiffbau-Zeppelin-Gesellschaft erteilte die Ge­samtprokura den Herren Theodor Kober, Ober­ingenieur, Ludwig Dürr, Oberingenieur, und Graf Ferdinand v. Zeppelin jr. Zum Hand­lungsbevollmächtigten wurde bestellt Rudolf Peter, Buchhalter.

Pforzheim, 3. Jan. Wie dem Vorstand des hiesigen Kreditvereins von befreundeter Seite aus London gemeldet wird, sind Japaner nach Pforzheim unterwegs, um hier Muster einzukausen. Was sie wollen, sind einzelne Stücke, um sie sich als Vorbilder dienen zu lassen, sowie Maschinen und Werkzeuge zur Bijouteriesabrikation, um mit ihnen dann der Psorzheimer Industrie Konkurrenz zu machen.

DasHeidelb. Tagbl." schreibt hiezu: Wir können den Psorzheimer Fabrikanten, Expor­teuren und Agenten nur dringend raten, hier äußerst vorsichtig zu sein. Japan mit seinen billigen Arbeitskräften ist in der Lage, uns, wenn wir uns nicht unserer Haut wehren, äußerst gefährlich zu werden. Die japanische Fabrikation billiger Uhren hat die amerikanische und schweizerische Konkurrenz aus Ostasien völlig verdrängt und gewinnt selbst an Terrain auf dem amerikanischen Kontinent.

Pforzheim, 3. Jan. Hier herrscht Miß­stimmung darüber, daß einige Geschäfte Maschinen zur Herstellung von Bijouterie in einer Weise ins Ausland liefern, die geeignet ist, eine ge­fährliche Konkurrenz großzuziehen. Namentlich sind solche Maschinen durch englische Vermittlung nach Japan gegangen.

M annhei m. (Holzbericht). Bei den letzten Einkäufen von Rundholz im Wald zeigte sich verhältnismäßig bessere Kauflust als bisher, und die angelegten Preise hielten sich daher auch näher an den Taxen als seither. Dabei sind die Aussichten im Holzgewerbe in letzter

45- Jahrgang

rZeit durchaus nicht günstiger geworden. Seitens der Händler setzte übrigens bessere Nachfrage nach Brettern für nächstjährige Lieferungen ein, die wohl den Befürchtungen entspringen mag, daß die Preise höher gehen. Ueberseeische Hölzer sind anhaltend in steigender Preisbewe­gung. Besonders die nordischen Weißholzbretter, die bei uns für Hobeldielen Verwendung finden.

Berlin, 1. Jan. Die Neujahrsfeier im Kgl. Schloß wurde auch in diesem Jahre durch das große Wecken eingeleitet. Bei dem klaren Frostwetter fand sich schon zeitig eine große Menschenmenge in der Umgebung des Schlosses zusammen. Um 9st. Uhr trafen die Majestäten vom Neuen Palais aus im Kgl. Schloß ein. Nachdem die Majestäten die Glückwünsche der Prinzen und Prinzessinnen des Kgl. Hauses, sowie der Hofstaaten entgegen genommen hatten, begaben sie sich nach der Schloßkapelle. Zu dem feierlichen Gottesdienst hatten sich einge­funden der Reichskanzler, die Mitglieder des Bundesrates, die Ritter des Schwarzen Adler­ordens, die Minister, sowie die Präsidenten der beiden Parlamente. An den Gottesdienst schloß sich die Gratulations- und Defilircour im weißen Saal, an, während im Lustgarten Salut ge­schossen wurde. Der Kaiser und ebenso die Kaiserin reichten bei der Cour dem Reichskanzler die Hand. Nach der Cour empfing der Kaiser zur Gratulation die Botschafter, den Reichskanz­ler und das Staatsministerium, die komman­dierenden Generäle und die Admirale und be­gab sich um Ittti- Uhr zu Fuß nach dem Zeug­haus zur großen Paroleausgabe, unterwegs vom Publikum mit lautem Hurrarufen begrüßt. Im Laufe des Nachmittags fuhr der Kaiser bei den Botschaftern vor.

Berlin. Der sozialdemokratischenFrkf. Volksstimme" ist angeblich ein Schriftstück auf den Tisch geweht worden, das eine neue Er­klärung zu dem viel erörterten Feldzugsplan Kaiser Wilhelms gegen die Buren gibt. Der Reichskanzler hat, wie erinnerlich, im Reichs­tage erklärt, es habe sich nicht um einen wich­tigen Feldzugsplan, sondern nur um Aphoris­men gehandelt. Dazu bemerkt die Zuschrift derVolksstimme":Fürst Bülow hat nichts Falsches gesagt, aber doch das Richtige ver­schwiegen." Es wird dann darauf hingewiesen, daß in den Kasinos der deutschen Offiziere soge­genannte Kriegsspiele veranstaltelt werden, bei denen Truppenteile, Batterien usw, mit bunten Steinchen bezeichnet werden. Die beste Lösung bei einem solchen Spiel wird als Patentlösung bezeichnet. Eine solche Patentlösung war es auch und zwar eine Patentlösung des großen Generalstabes, die der Kaiser als Feldzugsplan mit eigenhändigen Randbemerkungen oder, wie Fürst Bülow sagte, mit Aphorismen versehen, nach England geschickt hat.

Einem Telegramm aus Marburg zu­folge soll ein Marburger Ingenieur eine Lust- Hochbahn erfunden haben, deren Modell bereits fertig gestellt worden sei. Es handelt sich um eine Kombination von Luftschiff und Bahn, bei der ein Luftschiff starren Systems verwandt werden würde, das 60 Personen fasse. Die treibende Kraft werde nicht in dem Ballon selbst, sondern! durch Kabel von außen erzeugt und zugeführt. Der Luftschiffer habe erklärt.