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Hirzu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 1 I

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Stuttgart, 29. Dez. Der Verband deutscher Trikotwarensabrikanten Stuttgart hat in seiner gestern abgehaltenen Generalversammlung den Beschluß gefaßt, den Verband aufzulösen. Schon vor einiger Zeit waren einige führende Firmen der Branche, wie Benger (Stuttgart) und Heinzelmann (Reutlingen), aus dem Verband ausgetreten. Ohne Zweifel war durch diese Austritte der eigentliche Zweck des Verbands untergraben, seine Lebensfähigkeit in Frage ge­stellt.

Stuttgart, 30. Dez. Bei der Ziehung der Reutlinger Kirchenbaulotterie fielen die Haupt­gewinne auf folgende Nummern: 4000Ö Mk. auf Nr. 73 684, 10 000 Mk. aus Nr. 63 322, 2000 Mk. auf Nr. 25 400, je 1000 Mk. auf Nr. 44390, 84 769, je 500 Mk. auf Nr. 5089 46 715, 67131, 24150, 79 533, 97699. (Ohne Gewähr.)

Die Frau Herzogin Wera hat, wie derSt. Anz." berichtet, durch Urkunde vom 7. Novembsr eine durch K. Entschließung vom 23. Dezember genehmigte Stiftung mit einem Vermögen von 166 000 Mk. und dem Sitz in Stuttgart errichtet, welche den NamenZufluchts­stätten in Württemberg" führt und dem Zwecke dient, unehelichen Müttern mit oder ohne ihre Kinder, sowie sittlich gefährdeten und gefallenen Personen weiblichen Geschlechts durch Errichtung von Zufluchtshäusern Unterkunft in der Weise zu gewähren, daß sie darin nicht bloß für kürzere oder längere Zeit Aufnahme und Beschäftigung, sondern auch Rettung für Seele und Leib finden können. Die Stiftung und die von ihr zu errichtenden Zusluchtshäuser sollen in entschieden christlichem Sinn und zwar im Geiste und Sinne der Vereinigung fürstlicher Frauen zur Hebung der Sittlichkeit, deren Zielen und Bestrebungen die Stiftung dient, geleitet werden und Anschluß an die Stuttgarter Stadtmission suchen.

Die ordentlichen Schwurgerichtssitzungen des 1. Vierteljahrs sind in Stuttgart 8. Februar, Heilbronn 1. Februar, Tübingen 18. Januar, Rottweil 18. Januar, Ellwangen 25. Januar, Hall 25. Januar, Ulm 8. Februar, Ravensburg 25. Januar zu eröffnen.

Tübingen. Das Tübinger Tagblatt be­richtetfolgenden originellen Vorfall:D' Schulda- kugel. Ein Bäuerlein steht vor der Freitreppe des Tübinger Rathausneubaus und betrachtet sinnend den darauf angebrachten knieenden Atlas mit der Erdkugel auf dem Rücken. Offenbar kann er sich die Bedeutung dieser Figur nicht recht auslegen. Er bittet deshalb einen gerade vorbeigehenden Weingärtner um Aufklärung. Dieser weiß nun zwar die richtige Deutung der Figur selbst nicht, trotzdem gibt er aber dem Bauern ohne sich lange zu besinnen folgende Aufklärung: Des ischt der Herkules. Der hät solla d'Stadtschulda vom alta ins neu Rathaus nüber traga, aber dia send sogar für da Her­kules d'schwer g'wea. Jetzt hänt se sei Stand­bild mit dr Schuldakugel uf em Buckel do na gstellt, daß dia Stadträt, wenn se ufs Rathaus ganget, jedesmol dra g'mahnt wend' daß dia Schuld», wo se g'macht hend, sogar für da Herkules z'schwer send, g'schweiga für uns Bürger." So, so, meinte das Bäuerlein, des

Samstag den 2. Januar 1909-

rmuaß i doch au meim Schuttes verzähla, so a Mendle könnt uf unserer Rathausstaffel au nix schada; und verständnisinnig schmunzelnd gingen Bauer und Weingärtner ihres Weges.

Oberndorf, 31. Dez. Der 3. Haupt­gewinn der Reutlinger Kirchenbaulotterie mit 2000 Mark fiel in die Kollekte der Firma F. .L. Andre hier u. sind drei Arbeiter der Waf­fenfabrik die glücklichen Gewinner.

Schwenningen, 29. Dez. Die Rodelbahn fordert fortgesetzt neue Opfer. Ueber die Feier­tage haben sich wieder drei Knaben Fußbrüche zugezogen, so daß der Vorstand des hiesigen Schwarzwaldvereins sich zu einer öffentlichen Warnung veranlaßt sah.

Giengen a. Brenz. Die Lieferung einer größeren Orgel mit allen technischen Neuerungen und elektrischem Gebläse Antrieb, für die im Bau begriffene evang. Kirche zu Tsingtau, Deutsch-China, wurde der Firma Gebrüder Link hier übertragen. Die Orgel geht im April auf einen Truppentransportdampfer nach ihrem Bestimmungsort ab und wird in den fernen deutschen Landen den Rufi unseres heimischen Meisters Link gründen.

Von der unteren Jagst, 30. Dez. Wäh­rend der Weihnachtsfeiertage konnte man in vielen Orten süßen Apfelmost trinken, wa§ ge­wiß noch nicht oft dagewesen sein dürste. In den letzten Wochen wurde noch da und dort gekeltert, da noch viel unverkäufliches Obst la­gert, das verwendet werden muß, ehe es zu­sammenhutzelt.

Aus Baden, 29. Dez. Die Kälte hat in den letzten Tagen erheblich zugenommen. Heute früh wies das Thermometer 9 Grad Minus auf. Auch vom Schwarzwald wird starke Kälte ge­meldet. Am zweiten Weihnachtstag fand man zwischen Egerten und der Scheideck (bei Woll- bach) den 19jährigen Fritz Greßlin von Egerten erfroren auf.

In Groß-Rinderfeld (Kreis Mosbach) brach gestern stütz ein großer Brand aus, dem 19 Wohnhäuser, 22 Scheunen, und 30 Neben­gebäude zum Opfer fielen. Bis mittags 1 Uhr war die Gefahr einer weiteren Ausbreitung beseitigt Ueber die Entstehungsursache ist noch nichts bekannt.

Emmendingen, 29. Dez. Den Tod unter dem Weihnachtsbaum erlitt der 55 Jahre alte Sanitätsrat Haupt aus Soden im Taunus durch einen Herzschlag. Der Verstorbene war zur Verlobung seines Sohnes mit der Tochter des Direktors der großherzoglichen Heil- und Pflegeanstalt Geh. Medizinalrat Or. Haardt hierher gekommen und beide Familien waren eben unter dem Weihnachtsbaum versammelt, als Herr Haupt, von einem Herzschlag getroffen, plötzlich tot zusammenbrach.

Basel, 26. Dez. Champagnerflaschen mit Saccharinfüllung sind eine ungewöhnliche Handelsware. Daß und wie sie vorkommt, er­fahren wir aus folgendem Bericht derN. Zürch. Ztg.": Die Speditionsfirma Danzas u. Cie. ist seit Jahren die Vertreterin der Cham­pagnerfabrik Heidsieck in Epernay und besorgt speziell die Versendung für Oestereich-Ungarn. Vor einiger Zeit vernahm die Firma aus den Zeitungen, wie außerordentlich in den letzten Monaten ihre Champagnerausfuhr nach Oester­

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reich gewachsen sei. Man war darüber in den Bureaus Danzas u. Cie. um so mehr erstaunt, als tatsächtlich von irgend einer außerordentlichen Bestellung oder Mehrung des früheren Umsatzes niemand etwas wußte. Um der Geschichte auf die Spur zu kommen, setzte sich die Speditions­firma mit den österreichischen Zollbehörden in Verbindung. Es stellte sich heraus, daß wirk­lich in kurzer Zeit von Basel aus bedeutende Sendungen über die Grenze kamen und als Champagner deklariert wurden. Nun wurde Auftrag gegeben, daß an der Grenze in Buchs die angeblich von Danzas u. Cie. kommenden Champagnersendungen ungehalten würden. Die Kisten nnd Champagnerflaschen wurden geöffnet, und siehe der Inhalt war nicht schäumender Wein, sondern Saccharin. Jetzt galt es, die Absender zu erwischen, und das gelang bald. Zahnarzt Dr. K. in Basel hatte mit einem Angestellten der Speditionsfirma ein' Sozietäts­verhältnis für Saccharinschmuggel ^abgeschlossen. Bei einem Basler Lithographen waren täuschend ähnliche Champagneretiketten hergestellt und be­zogen worden; Verkorkung, Kapselung und die ganze j Verpackung des Heidsieck wurde genau nachgemacht, so daß die Flaschen von den echten nicht zu unterscheiden waren. Dann wurden sie mit Saccharin gefüllt. Anstandslos ging das Geschäft fast ein Jahr lang. Es rentierte großartig. Während der Zoll für Heidsieck etwa 90 Heller ausmacht, beträgt er für das gleiche Quantum Saccharin rund 200 Kronen. Man hat ausgerechnet, daß der österreichische Fiskus um mindestens eine halbe Million Kronen geprellt worden ist.

Köln a. Rh., 29. Dez. Wie die Kölner Mittagsblätter aus Solingen melden, hat der Konkursverwalter der Solinger Bank nunmehr gegen die Aufsichtsratsmitglieder bezw. gegen die Erben eines verstorbenen Aufsichtsratsmit­gliedes die Regreßklage beim Kgl. Landgericht Elberfeld eingereicht. Die Klage ist erhoben in der Höhe von 5 Millionen Mark. Nur gegen ein Aufsichtsratsmitglied, das erst seit dem Frühjahr 1907 die Tätigkeit als Aufsichts­ratsmitglied ausgeübt hat, ist der Klageanspruch auf den Betrag von 1 200 000 Mk. beschränkt.

Wie die Köln. Ztg. erfährt, haben nun­mehr sämtliche deutsche Regierungen mit Eisen­bahnbesitz dem Abkommen wegen Herbeiführung einer Güterwagengemeinschaft zugestimmt, das Mitte letzten' Monats in Frankfurt a. M. zwischen den Vertretern sämtlicher deutscher Eisenbahnverwaltuugen vereinbart worden ist.

Berlin, 29. Dez. Die grimmige Kälte, die seit wenigen Tagen herrscht, nimmt immer mehr zu. Heute Morgen zeigte das Thermo­meter bereits 18 Grad unter Null, eine Kälte, wie sie seit Jahren nicht mehr zu verzeichnen war. Die Asyle sind überfüllt und zahllose Arme und Obdachlose, für die kein Platz mehr vorhanden ist, müssen zurückgewiesen werden.

Aus Zürich wird derFranks. Ztg." geschrieben: Ein niedliches Geschichtchen von ungewöhnlicher Mundfertigkeit eines Hinteregger Bauernbuben (Kanton Zürich) weiß das hiesige Volksrecht" zu berichten. War da auf der Landstraße in der Nähe seines Heimatdörfchens ein Vierkäsehoch mit dem Einsammeln von Roßäpfeln beschäftigt, als ein Automobil in