'Partei in Preußen wahrscheinlich von folgenschwerer Bedeu­tung werden; denn wenn die Regierung den Landtag auf­lost, so könnte die Partei nicht mit einer einheitlichen Parole in den Wahlkampf ziehen, und die Zersplitterirng der Stim- «ncn ihrer Anhänger wird die Folge sein. Aber in Rücksicht auf die Kriegsverhältnisse will die Negierung noch nicht zur Auflösung schreiten, obwohl sie den unabänderlichen Willen des Festhaltens am gleichen Wahlrecht feierlich kundgegeben lhat. Sie will abwarten, was das Herrenhaus zu der Regie­rungsvorlage sagt, und hofft dabei vielleicht doch noch auf eine Verständigung auf diesem Umweg. Wenn auch dann -kein für die Regierung annehmbares Ergebnis heraus- ikommt, wird sie zur Auflösung schreiten, aber erst in einem Zeitpunkt,wo dies nach dem pflichtgemäßen Ermessen der Regirrung mit der Kriegslage vereinbar ist," sagte der Vizepräsident des Ministeriums. Was nun die Regierung drunter versteht, darüber läßt sich heute dieNordd. Allg. Itg." dahingehend aus, daß alle Momente militärischer, politischer und wirtschaftlicher Natur berücksichtigt werden Lvürden. Wenn das geschieht, so dürfte der Zeitpunkt wohl kaum im Kriege selbst eintreten; denn ein Wahlkampf unter solchen Verhältnissen, wie sie durch die Ablehnung des gleichen Wahlrechts geschaffen worden sind, wird mit scharfen Waffen ausgefochten werden.

Unsere gestrige Meldung, daß die Mehrheitsparteien Ver­handlungen führen um das Defizit des Staatshaushalts für 1918 durch weitere direkte Stenern, die die leistungsfähigeren Schulter» trifft, zu decken, hat heute schon ihre Bestätigung gefunden. Ein Antrag von 17 Abgeordneten aus dem Zen- irum, der Sozialdemokratie, der Volkspartei und der Na- tionalliberalen Partei wünscht die Erhebung eines neuen Aichrbeitrages für 1918 aus Einkommen und Vermögen. Die Kriegsabgabe von Einkommen soll von (natür­lichen) Personen erhoben werden, beginnend von 20 000 «<t in einer Staffelung von 3 bis 20 vom Hundert. Berück­sichtigt werden soll die Kinderzahl; unverheiratete und kinderlose Abgabepflichtige sollen eine angemessene erhöhte Abgabe zu entrichten haben. Sodann soll eine erhöhte Kriegsabgabe von der während des Krieges erfolgte« Einkommeusvermehrung gegenüber dem in der Friedenszeit erzielten Einkommen erhoben werden. Auch hier sollen die Steuersätze gestaffelt werden, und zwar beginnend mit 5 «om Hundert bei 30 000 Mehreinkommen. Schließlich wird noch als Ergänzungsabgabe die Erhebung einer Ab­gabe vom Vermögen beantragt. Abgabepflichtig soll sein ein Vermögen im Mindestbetrag von 20 000 Die Steuer soll wieder gestaffelt sein, und zwar von 1 vom Tausend bis 3 vom Tausend. Außerdem ist eine Entschlie­ßung des Reichstagshauptausschusses an die Regierung ge­richtet worden, bei der Erbschaftssteuer die Erbschaf­ten der direkten Abkömmlinge und Ehegatten zu besteuern -und die Steuersätze zu verschärfen. Bei einer mit der Regierung gepflogenen Besprechung waren zwar von dieser gegen die Vorschläge auf Besteuerung de» einfache« Einkommens und des Vermögens schwer« Bedenken geäußert worden, aber der Besteuerung des Mehreinkommens zeigte sie sich geneigter. Nach der Stimmung innerhalb der Mehr- iheitsparteien, zu denen in diesem Fall auch die National­liberalen getreten sind, scheint aber die Absicht nicht auf­gegeben werden zu wollen, den Besitz stärker heranzuziehen. Stresemann sagte im Hauptausschuß, der gewünschte Wehrbeltrag bedeute nicht das Betreten der schiefen Ebene, auf die Steuerbedürfnisse der Einzelstaaten solle Rücksicht ge­nommen werden, aber die Einzelstaaten sollten auch auf die Finanzlage des Reiches Rücksicht nehmen. Man brauche ein soziales und moralisches Moment des Ausgleichs gegenüber der schweren steuerlichen Belastung des Verbrauchs. Die Tatsache der schweren Belastung des Verbrauchs, di« die minderbemittelten Klassen am schwersten trifft, wird auch dadurch nicht aus der Welt geschafft, daß der bayerische Ftnanzminister v. Bräunig behauptete,die Theo­rie, daß die Konsumsteuern in der Hauptsache die große Masse belasten, habe längst Gültigkeit verloren, denn eine stark« Belastung des Konsums habe heut« sofort eine Er­höhung der Löhne und Gehälter im Gefolge". Der Herr Finanzminister scheint vor der Prägung dieses Satzes recht Wenig soziale und volkswirtschaftliche Ueberlegungen über dessen Richtigkeit angestellt zu haben, sonst hätte er wissen müssen, daß durch die Verteuerung des Verbrauchs auf irgend einem Gebiet meistens automatisch alle andern Ware« auch verteuert werden, daß die Steuern mit einem saftigen Trinkgeld weiter auf den Verbraucher abgewälzt werden und daß der Angestellte und Arbeiter nicht in dem MaßstaL eine Lohn- oder Gehaltserhöhung erhält, als die Lebens- haltnng sich verieuert hat. O. 8.

Des gleich« Wahlrecht für d« preußische Abgeordnetenhaus endgültig abgelehnt.

(W.T.B.) Berlin. 14. Mai. Bei der dritten Lesung des Gesetzentwurfes betreffend die Wahl zum preußischen Abgeordnetenhaus wurde der An­trag aus Wiederherstellung des ß 3 der Regierungs­vorlage. die das gleiche Wahlrecht voksieht, mit 2SS g«g«r 1AS Stimmen abgelehnt.

Festhalten der preußische« Regierung an dem gleichen Wahlrecht.

Nachdem auch der Antrag Lohmann (Natl.), nach dem in der Erundstimme unter gewissen Voraussetzungen zwei

Zusatz stimmen gewährt werden können, kn namentlicher Abstimmung mit 338 gegen 73 Stimmen abgewiesen worden war, ebenso der 8 3 der Kommissionsüeschlüsse auf Einfüh­rung des Mehrstimmenwahlrechts mit 220 gegen 191 Stim­men bei 4 Stimmenthaltungen, erklärte der Vizepräsi de nt des Staatsministeriums, Dr. Friedberg: Die Staatsrrgierung hält nach wie vor a» dem gleichen Wahl­recht unverrückbar fest und ist entschlossen, zu seiner Durch­führung alle verfassungsmäßigen Mittel in Auwendung zu bringen. Sie ist jedoch ebenso der Auffassung, daß das Herrenhaus als gleichberechtiger Faktor der Gesetzgeb­ung zu dieser für unser ganzes Staats- und Verfaffungsleben grundlegenden Frage Stellung nehmen mutz, zumal da auch die Neuordnung des Herrenhauses selbst eine» wesentlichen Teil des geplanten Reformwerks bildet. Demgemäß wird auch das Herrenhaus mit der Vorlage befaßt werden. Sollte dieses dem geordneten Gang der Gesetzgebung entsprechende Verfahren entgegen der Erwartung der Staaisregierung innerhalb angemessener Frist nicht zur endgültigen Annahme des gleiche» Wahlrechts führen, so wird die Auslösung des Hauses zu dem ersten Zeitpunkt erfolgen, zu dem dies nach pflichtmäßrgem Ermessen der Staatsregierung mit der Kriegslage verträglich ist.

Zur Lage im Osten.

Fortsetzung der Hetze gegen di« Mittelmächte in der Ukraine.

(WTB.) Berlin, IS. Mai. LautB. L.-A." wird aus Kiew gemeldet: Trotz Einführung der Zensur dauert die Presseagitation gegen die Mittelmächte fort. Die deutsche Politik rbolle Sewastopol als deutsche Flottenbasis verwen­den. Deutschland requiriere Kohlenvorrate und wolle ukrai­nische Handelsschiffe für seine Zwecke billig mieten. Der Ausgang zum Asowschen Meer sei durch deutsche Minen ge­sperrt. Die Regierung tritt dieser Hetzarbeit entgegen.

Unabhiingigkeitserkliirung Ostkaukasicns.

(WTB.) Konstantinopel, 14. Mat. Die Ag. Milli meldet: Ostkaukasien hat seine Unabhängigkeit erklärt. Seins Ab­gesandten in Konstantinopel haben diesen Beschluß der kaiserlichen Regierung bekanntgegeben und den Verbündeten und Neutralen telegraphisch mitgeieilt.

Finnland und Rußland.

(WTB.) Stockholm, 14. Mai. Das finnische Notizbureau teilt offiziös mit, daß diplomatische Beziehungen zwischen Rußland und Finnland noch nicht bestünden. Von solchen könne keine Rede sein, solange die Festung Ino noch nicht ausgeliefert sei, russische Kriegsmannschaften sich noch in finnischen Gewässern befinden» die finnischen Ausrührer in Petersburg beherbergt würden und dort neue Feindseligkei­ten planen könnten und die Behörden in Ost-Karelien feind­liche Maßnahmen unterstützten.

Vermischte Nachrichten.

Der Berteidigungsbund der Mittelmächte auch gegen Westen gerichtet.

(WTB.) Wie«, 14. Mai. Zu dem gestrigen amtlichen Bericht über die Begegnung zwischen Kaiser Karl und Kaiser Wilhelm und den beiderseitigen Staatsmän­nern im deutschen Großen Hauptquartier veröffentlichen die Blätter von unterrichteter Seite folgende erläuternde Be­merkungen: Der alte Zweibund war auf der Grundlage der Verteidigung, und zwar besonders gegen Rußland auf­gebaut. Die Entwicklung im Weltkrieg hat die Vorbedin­gungen dieses Bündnisses als solche nicht erschüttert, im Gegenteil bekräftigt. Wir sind die Angegriffenen und müs­sen uns gegen eine ganze Welt von Angreifern verteidigen. Wir müssen also an dem Defenstobündnis festhalten und für einen Ausbau und eine Vertiefung des Bündnisses, das für alle Zeiten den Charakter eines Verteidigungsbündnisses bei­behalte» wird, nur anders Vorbedingungen schaffen, denn Rußland als eigentlicher bedrohender Faktor der Mittel­mächte hat auf lange Zeit hinaus aufgehört, für uns eine Gefahr zu bedeuten. Dagegen droht au» der ganze« Welt der ander«» Feinde uns die Vernichtung. Unsere Verteidi­gung muß sich dieser Situation anpassen und auch andere Angriffsmöglichkeiten als die Russen allein ins Auge fassen. Dieses Verteidigungsbündnis hat im Rahmen des Völker­bundes, wie ihn die Entente angeblich anstrebt, vollen Platz. Der Völkerbund will Schutz gegen künftige Kriege. Der Zweibund will nichts andere», als sich gleichfalls gegen künftig« Kriege schützen. Sein Grundgedanke ist derselbe, wie der des Völkerbundes. Es ist klar, daß bei der Erörte­rung der BLndniserneuerung auch eine Reihe von Fragen politischer, militärischer und wirtschaftlicher Natur, die in engerem Zusammenhang hiermit stehen, besprochen werden mußten.

Di« Tiroler sür eine kräftige und reinigende Politik in Oesterreich,

(WTB.) Wie», 14. Mai. Den Blättern zufolge nahm der in Sterzing abgehaltene Deutsche Volkstag für Tirol einhellig eine Entschließung an, worin ein vernünf­tiger Frieden, der den großen Waffenerfolgen der Mittel­mächte entspricht, und in der gegenüber Italien Grenzberich­tigungen und Kriegsentschädigung gefordert wurden. Weiter fordert sie die Ausgestaltung des Bündnisses mit dem Deut­

schen Reich zu wlrtschafilicher und militärischer Gemein- schaff, die Einführung des deutschen Sraatscechts und deut­scher Staatseinrichtungen in Oesterreich, die Zurückweisung der nord- und siidslavischen Sonderstaatlerci. die Einheit und Unteilbarkeit Tirols von Kufstein bis zur Berner Klause, schärfste Ablehuung jeder Autonomie der südlicheil Landestcile des sogen. Welschtirols, die Bekämpfung der tirolischcn Jrredenta, keine Amnestie oder Wiedereinsetzung welscher Hochverräter, die Einziehung ihrer greifbaren Ver­mögen, die Besetzung des bischöflichen Stuhls in Trient mit einem Deutschen und eine bessere Verwaltung Tirols, be­sonders im Ernähnmgswesen.

Eine Niederlage der unabhängigen Sozialisten.

(WTV.) Zwickau, 14. Mai. Bet der gestrige» Reichs­tagsersatzwahl im Zwickauer Wahlkreis wurden nach dem bisher vorliegenden Ergebnis abgegeben: für Klug (Natl. Arbeiterpartei) 6096 Stimmen, für Meier (S o z.) 12 433, für Heckert (unabh. Soz.) 5636 Stimmen, für Braun (mitt­lere Stände) 102 Stimmen. Die Wahl Meiers dürfte ohne Stichwahl gesichert sein, da nur noch einige kleinere Orte fehlen. Der Wahlkreis war bisher bekanntlich in dem Be­sitz der unabhängigen Sozialdemokraten.

Eine neue Kriegsgewinnsteuer in Amerika.

(WTB.) Bern, 14. Mai. Nach einer Meldung desMa- tin" aus Washington ist eine neue Kriegssteuer in Vorbereitung, durch di« alle Kriegsgewinne, dir eine be­stimmte Grenze überschreiten, dem Staate zufallen sollen.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 15. Mar 1918.

Das Eiserne Kreuz.

Karl Frohnmeyer, Val. Sohn, aus Althengstett, bei einem Infanterieregiment, hat das Eiserne Kreuz erhalten. Otto Weik aus Althengstett, bei einem Jnf.-Regiment, hat zur Silbernen Verdienstmedaille das Eiserne Kreuz er­halten. Unteroffizier Otto Süßer aus Althengstett, bet einem Feldartillerieregiment, hat zur Silbernen Verdienst­medaille das Eiserne Kreuz erhalten. Krankenträger Ade aus Althengstett» bet einer Sanitätskompagnie, hat das Eiserne Kreuz erhalten. Krankenträger Johanne» Pfrommer von Wiirzbach, hat das Eiserne Kreuz er- halten und wurde zum Gefreiten befördert.

Kriegsauszeichnung.

Musketier Jakob Dittus von Lützenhardt (Gde. Som- menhardt) hat zum Eisernen Kreuz die Silberne Verdienst­medaille erhalten. Ers.-RH. Jakob Burkhardt von Würzbach hat die Silberne Verdienstmedaille erhalten.

Beförderung.

Flieger Karl Schräg von Calw wurde zum Unter­offizier befördert.

Zurückziehung älterer Landsturmleute und der letzten Söhne aus der vordersten Linie.

Wie aus zahlreich eingehenden Gesuchen und Anfragen hervorgeht, herrscht über die seit einiger Zeit für den Aus­tausch der älteren Jahrgänge des Landsturins bestehenden Bestimmungen vielfach Unklarheit. Zur Beseitigung von Zweifeln und Einschränkung aussichtsloser Gesuchs wird da­her bekanntgegeben:

1. Der Austausch erfolgt im allgemeinen nur bei de« Truppen der vorderste« Linie. Solange die Ersatzlage es zuläßt, soll die Maßnahme in besonders berücksichttgungs- werten Fällen auch auf solche Truppen ausgedehnt werden, die zwar nicht zu denen der vordersten Linie gehören, aber trotzdem dem feindlichen Feuer stark ausgesetzt find,

2. Der Austausch erstreckt sich nur auf Mannschaften, die länger als sechs Monat« in vorderster Linie Dienst getan habe». Diese werden aus der vordersten Stellung zurück­gezogen. Eine Zurückversetzung in die Heimat ist dagegen nicht ohne weiteres angängig, da ans die Verwendung auch der älteren Landsturmleute hinter der Front, in rück- wärtigen Formationen und in der Etappe vorläufig noch nicht verzichtet werden kann.

3. Der Austausch war zunächst beschränkt auf die 45jäh- rigen und älteren Landsturmleute. Soweit di« Ersatzlage e« gestattet, soll die Maßnahme auch aus di« nächst jüngeren Jahrgänge ausgedehnt werden.

4. Der Austausch findet im allgemeine« nach dem Alter statt» besondere persönliche, wirtschaftliche, familiäre und ge- sundheitliche Verhältnisse berechtigen jedoch zu Ausnahmen.

5. Das Fortschreiten des Austausches kann nicht gleich­mäßig erfolgen, es ist von der jeweiligen Ersatzlage in den einzelnen Korpsbezirke» abhängig.

6. Ohne Rücksicht auf das Lebensalter können Väter zahlreicher unversorgter Kinder und die letzten überlebende« Söhne von Familien, die durch den Verlust ihrer übrigen Söhne besonders schwer geprüft sind, aus der vordersten Linie zurückgezogen werden, soweit es dis militärischen Ver­hältnisse, insbesondere die Ersatzlage, gestatten. (WTB.)

Zugverkehr.

Die Eiseilbahnbeiriebsinspektion Calw teilt uns mit, daß die Personenziige nach Stuttgart, seither Calw ab 5.18 Uhr vorm. (Werkt ), 12.22 Uhr nachm, und 7.44 Uhr nachm.» vom 15. d. Mts. an schon um 5.04 Uhr vormittags