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Nr. 187

Montag, den 12. August 1929

108. Jahrgang

Zehn Jahre Weimarer Verfassung

Die Berfassungsfeier im Reichstag

TU. Berlin» 12. Aug. Am Sonntag mittag fand im festlich geschmückten Plenarsaal des Reichstages die Berfassungs­feier der Reichsregierung statt. Das diplomatische Korps war unter Führung des päpstlichen Nuntius Pacelli fast vollzählig erschienen, ebenso sämtliche in Berlin anwe­sende Reichs- und preußische Staatsminister. Um IS Uhr, betrat, während sich di« Anwesenden von den Plätzen er­hoben, Reichspräsident von Htndenburg in B Gleitung des RetchSwehrmtnisterS Grüner und des Reichstagspräsi- denten LSbe den Saal und nahm in der früheren Hofloge Platz.

Nach einem einleitenden Musikvortrag nahm Neichsmiui- per Severing das Wort zu seiner Festrede, tn der er u. a. anSsührt«, Laß die Verfassungsfeier der deutschen Republik in eine Zeit falle, in der die Schicksalsfrage der deutschen Nation darüber hinaus der ganzen Welt zur Entscheidung stände. Man könne diesen Tag deshalb nicht besser einlei. teu, als daß man der Öffnung Ausdruck gebe, es möge den Bemühungen der Staatsmänner der ganzen Welt gelingen, den Völkern Recht, Frieden, Wohlstand und Glück zu brin­gen. Wenn auch an der Wiege der Republik bittere Not und härteste Entbehrung gestanden habe, so sei dieser Tag doch htn Tag der Freude, die nicht durch die Kleinigkeiten des Alltags geschmälert werden dürste. Bei einer Betrachtung dessen, was geschaffen ist, dürfe man auch die alte Zeit, tn der wir Großes erlebten, nicht schmähen. Wenn wir so LaS Gute der Vergangenheit ehren, dann dürfen wir erwarte», baß diejenigen, die noch mit ihrem ganzen Gefühlsleben in der Vergangenheit wurzeln, dem Neuen dieselbe Achtung entgegenbrtngen «nb es dankbar, begrüßen, daß di« Weima­rer Verfassung die Reichseinheit erhalte und die Arbeiter­schaft »um Staat geführt hat. Für das Deutschland -eS brüderlichen Zusammenhaltens aller Stände schaffe« wir, an dieses Dentschland glauben wir.

Darnach richtete in Vertretung des erkrankten Reichs­kanzlers Müller Reichswehrminister GrSner ein« Ansprache an die Versammlung. Am Schluß seiner Rede brachte er et« Hoch ans das in Ler Republik geeinte deutsche Volk ans. Der gemeinsame Gesang des Deutschlandliedes beendete die Feier. Bor dem ReichStagsgebände, wo sich eine viel»

tausendköpftg« Menschenmenge angesarmnelt hatte, schritt dann der Reichspräsident mit stürmischen Hochrufen begrüßt die Front der Ehrenkompagute ab.

Fm Deutschen Stadion im Grunewald veranstalteten an­läßlich des Versassungstages die preußische Staatsregiernng und die Stadt Berlin «in Festspiel, das unter Leitung von Reichskunstwart Dr. Redslob stand. Reichsmintster v. G « « rard führte in einer Ansprache n. a. aus, der Verfas­sung sei eS zu danken, daß dem deutschen Volk in schwer, ster Zeit der Sorge die Einheit gewahrt worden fei. Dank Weimar sei das Deutsche Reich wieder ein gewichtiger Fak­tor der großen Politik geworden. Er wandte sich dann an die Jugend mit der Aufforderung, den deutschen ReichSbau zur Vollendung zu führen.

Kommunistische Gegendemonstrationen gegen de« Verfaffnngktag.

Die kommunistischen Organisationen Berlins hatten für Sonntag vormittag eine Gegendemonstration gegen den Verfassungstag im Lustgarten beabsichtigt. Da diese Demon­strationen verboten wurde, hatten sich die kominnnisttschen Organisationen entschlossen, ihr« Gegendemonstration auf Len SamStag abend zu verlegen. Sie fanden an den ver­schiedensten Plätzen Berlins statt. Der Besuch war nur sehr spärlich. Z« Zusammenstößen kam es nicht.

Verfassungsfsier im Haag

TUHaag, 11. Aug. Der BerfassrmgStag wurde auch durch die deutsche Abordnung im Haag feierlich begangen. An den Reichspräsidenten richtete Dr. Stresemann namens der gesamten Abordnung nachstehendes Telegramm:

Durch die Verfassung von Weimar hat bas deutsche Bott sich ei« neues Fundament seines Wiederau fbanes ge s chaffen. Zur Ivjährige« Wiederkehr dieses denkwürdige« Tages ge­denke« die im Haag anwesenden Neichöministcr mit der ge­samte« deutschen Delegation in dankbarer Ehre rbi e t u n g beS Oberhauptes beS Deutsche« Reichs. Im Ringen «m Deutsch, lands Freiheit »nb Anfstteg wird «nS «nb dem gesamte« Bott di« treue und aufopferungsbereite Hingabe unseres Reichspräsidenten Vorbild «nb Ansporn sein."

Am Abend fand tn -er deutschen Gesandtschaft ein« Ver- fassungsseier statt, in deren Verlauf Reichsauhenminister Dr. Stresemann eine große Rede hielt.

Entspannung der Lage im Haag

Englische Freundschaftsbeteuerung an Frankreich -

Ei« SachverständigenanSschntz zur Prüfung der englische« Forderungen?

TU Haag, 18. Aug. Die Führer der sechs große« auf her Konferenz vertretenen Mächte England, Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und Japan find am Sonntag vormittag zu «tner gemeinsamen Besprechung »usammen- getrvten, um nochmals den Versuch einer Verständigung W machen. Die Aussprache führte zu einer Abschwächnng -er persönlichen Mißverständnisse, so daß die Generaldebatte tm Finanzausschuß heut« mit der Behandlung Ler Eachlieserungen fortgesetzt werden kann. Nachdem dt« Vertreter Italiens, Belgiens und Frankreichs nochmals die Bedingungen auseinandersetzten, unter denen der Uoung- . plan zugestandegekvmmen ist, erklärt« SnowLen, Laß di« materiellen Differenzen innerhalb des Rahmens des Noung- planes geregelt werden könnten, wenn dazu aus allen Seiten der gute Wille vorhanden sei. Es habe ihm fern gelegen, Cheron zu beleidigen. Henberson schloß sich diesen Aus­führungen an und erklärte, die Entente Cordial« bleibe auch weiterhin bestehen.

Von englischer Seite wurde darauf htngewtesen, daß die englischen Forderungen unvermindert aufrecht erhalten blei- be». Dt« Vermittlungsversuche in dieser Richtung werden neu ausgenommen werden. Es wird erklärt, in der heutigen Sitzung -eS Finanzausschusses werde der englische Vertreter den Vorschlag zur Erörterung stellen, «inen Sachverstän- dtgenauSschuß zur Prüfung -er englische« finanzielle« Wünsche einzusetzen. Dieser Ausschuß solle die engltschen ziffernmäßigen Angaben über die Ver­luste Englands im Uonngplan gegenüber dem Dawesplan anf der Grundlage Ler Balfour-Not« und des gesainte« diplomatischen Notenwechsels zwischen den Alliierten einer eingehenden Prüfung unterziehen. Hterbet werde, wie er­klärt wird, Schatzkanzler SnowLen die grundsätzliche Erklä- «mg «ttgoven. Saß England eine Berüöfftchttgnng seiner Wünsche lediglich tm Rahme» des KoungplanS verlange. Auf englischer Sette will man darin ein weitziehendes Ent- Wgewkommeu gegenüber Frankreich sehe», da damit Eng­

land gewissermaßen sein« Zustimmung zum Uonngplan in Aussicht stelle.

Mau zweifelt nicht mehr daran, daß di« wetteren Ver­handlungen der Konferenz über die finanziellen Fragen noch außerordentlich langwierig sein werde». Allein die Erörterung der Fragen über die Gründung der inter­nattonalen Bank werden nach Auffassung auf englischer Sette mindestens 14 Tage in Anspruch nehmen. Ein vollständiger Abschluß der Konferenz noch im Lauf dieses Monats ver­liert immer mehr an Wahrscheinlichkett.

Der Kampf um die Rheinlandkontrolls

Unklarheit über die Ausgabe des Jnristenansschnffcs.

TU Haag, 12. Aug. Der Zusammentritt des von dem politischen Ausschuß beschlossene» JuristenanSschnfles ist verschoben worden. Zur Stunde herrscht noch völlige Unklarheit darüber, aus welcher Grundlage Ler Ausschuß arbeiten soll. Bei der deutschen Abordnung wir- nach wie vor die Auffassung ansrecht erhalten, baß di« Einsetzung des FurtstenauSschuffes unnütz war, La die Klärung -er zur Er­örterung stehenden Fragen ohne weiteres tm politischen Ausschuß hätte stattfinden könne«. Das deutsche Mitglie­des Ausschusses wir- somit keine anderc Haltung einnehmen können, als sie der Auffassung der deutsche» Regierung ent­spricht, Wonach jede Art von SrontrollanSschntz im Rhein­land, die in «och so versteckter Form eine« ständig« Charak­ter tragen würde, von Deutschland kategorisch und ««einge­schränkt abgclehnt wirb. Ebenso dürfte es sich mit dem eng­lischen Vorschlag verhalten, der darauf abzielt, anstelle des Vergleichs- und Jeststellnngsansschuffes einen Unteraus, schuß des Völkerbundsrates mit dieser Ausgabe zu betrauen.

Im Hinblick aus die grundsätzlichen Widersprüche der Auffassung -wischen Dentschland qnf der «inen und England und Frankreich auf -er anderen Seite, dürfte -er Zusam­mentritt - JuristenanSschnfles verschoben worden sein. Man will offenbar zunächst in rein privaten Bespre- chnnge» die deutsche Abordnung rn einer Aufgabe HreS Standpunktes veranlassen.

Auf französischer Seite wird nach wie vor die endgültige Khelulandräumung mit dem erfolgreichen Abschluß der Kon- streu- in Zusammenhang gebracht^ «tue Auffassung Vte von

Lager-Spiegel

Km Reich wurde gestern der IS. Jahrestag der Weimarer Verfassung durch Feiern begangen. Trotz kommunistischer Störnngsversnchc «ahmen auch t« Berlin die Veranstal­tungen eine« gute« Verlauf.

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Im Haag ist eine leichte Entspannung eingctrete». Man hofft während dieser Woche den englisch-französische« Ge­gensatz in der Onotensrage zu überwinde«.

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Die RäumnngSfrage ist im politischen «nsfchntz vorlävfig znrückgestellt worden, da «och weitgehende Meinnngs» Verschiedenheiten in der Kontrollfrage bestehen«

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Die englische Negierung will ihre Truppen bis Weihnach­ten ans dem Rheinland znrückziehe».

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Nach einer Rekordsahrt von 55 GtnnLe« istGraf Zeppelin" am Samstag mittag in Friedrichshasen gelandet.Gras Zeppelin wirb möglicherweise seine Weltfahrt bereits in

der Nacht zum Mittwoch beginnen.

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Der Europa rundslug ist von Belgrad über Bukarest, Bnda- pest, Wie«, Prag, Warschau, Pose«, Berlin bis Hamburg fortgesetzt worbe«. Die Führung hat der englische Pilot Broab.

deutscher und englischer Seite mit aller Entschiedenheit ab- gelehut wird. Wie Exchange Telegraph aus dem Haag hört, hat Außenminister Henderson di« französische Abord­nung davon unterrichtet, daß nach Ansicht der britischen Ne­gierung die Räumung des Rheinlandes unbedingt vor Weihnachten stattfinden müsse. Die englischen Vorbereitun­gen zur Räumung des Rheinlandes sollen am Tage der Er­öffnung der Völkerbnndsversammlnng anfangs September beginnen.

Die englische Abordnung auf der Konferenz beabsichtigt, wie die Telegrajchen-Union von bestunterrichteter Sette er­fährt tn den kommenden Verhandlungen deS politischen Aus­schusses den Antrag zu stellen, nunmehr offiziell auf di« Tagesordnung die Frage der Festsetzung des Anfangs­termins für die Rheinlandränmnng zu setzen. Man erklärt in englischen Kreisen, entschlossen zu sein, die Räumungs­frage unter allen Umständen endgültig zu klären.

Briand bei Stresemann

LU Haag, 12. Aug. Der französische Ministerpräsident Briand stattete am Samstag vormittag Dr. Stresemann einen Besuch tm Oranie-Hvtel ab. DieLiverte" macht über die langen Unterhaltungen, di« zwischen Stresemann und Briand stattfanden, folgende Angaben: Bezüglich der RS«, mungsfrage des Rheinlands soll Briand zngestanden haben, baß die Räumung nicht mehr von den positiven Arbeiten der tzinanzkommissiou abhängig sei. Da Henderson bereits mil­geteilt habe. Laß England seine Truppen bis Weihnachten znrückziehen werde und da auch die anderen Mächte dafür seien, soll sich Briand für «ine gemeinsame Räumung aus­gesprochen haben, deren Einzelheiten In den kommenden Woche» von Vertretern deS französischen und des belgischen Generalstabs vvrgelegt werden sollen. In der Frag« der KeststellnngS. «nd BersvhanngSkourmiffio« habe Stresemann sich ans LaS entschiedenste geweigert, nachzugeben. Die Saar, frage sei unter dem Gesichtspunkt der Locarnvpolttik und der europäischen Zusammenarbeit geprüft worden. Brian- Habe dt« vttrtschastliche und finanzielle Seite angeschnitten, worauf Stresemann sich einverstanden erklärt haben soll, eine Regelung der Krage zu pr üfen.

Von deutscher Sette wird t» de« nächsten Tagen dem französischen Ministerpräsidenten Briand eine Aufzeichnung übermittelt werden, die eingehende Vorschläge für die end­gültige Regelung Ler Gaarsrage enthält. Die Aufzeichnnn gen behandeln, wie verlautet, eingehend die einzelnen wirt­schaftlichen Fragen, insbesondere die Regelung der Sohlensrag«, und werden die Grundlage für die tn der nächsten Zeit bevorstehenden direkten Besprechungen »wischen der deutschen und französischen Abordnung bilden.

Um die Reform der Arbeitslosenversicherung

TU Berlin, 11. Aug. Die in Berlin anwesenden Reichs- mtntster sind am Samstag zu einem Meinungsaustausch über Sie Frage der Arbeitslosenversicherung zusammen« getreten.

Wie dieVosstsche Zeitung" berichtet, wird ReichsarbeitS- minister Wissel voraussichtlich zur Fühlungnahme mit dem ReichSfirranz- und ReichswtrtschaftSminister nach dem Haag fahren, um mit ihnen nochmals die Frage der Reform der Arbeitslosenversicherung eingehend zu bespreche».