I'öltzpdoll Nr. 11.
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Amtliches.
Uebertragen wurde die Hauptlehrstelle an der Realschule in Nagold dem Hilfslehrer Bodamer in Sindelfingen.
Tagespolitik.
Heute am 6. Febr. sind es 15 Jahre, daß Bismarck eine semer bedeutungsvollsten Reden im Reichstage hielt und dieser daraufhin kurzer Hand eine bedeutende Heeres- Verstärkung bewilligte. Ernst und drohend war die Lage, als das Jahr 1888 die Schwelle betrat. In Frankreich war mit Boulanger ein Element zur Macht gelangt, das nur dann eine Berechtigung hatte, wenn es sich in Abenteuern bethätigen durfte. Dort war eine neue Wehrvorlage angenommen worden, neue Regimenter wurden errichtet. In Rußland übertönte der Lärm der Hetzpresse jedes besonnene Wort, und noch im November des eben beendeten Jahres war das Verhältnis zwischen den beiden Kaiserhöfen so gespannt, daß Zar Alexander den schuldigen Gegenbesuch in Berlin von Kopenhagen aus Plötzlich abbestellte. Die berüchtigten Fälschungen der Orleans, polnische und dänische Jntriguen hatten das gute Verhältnis der beiden Höfe zerstört, und an einem seidenen Faden hing die Entscheidung über Krieg und Frieden. Da fand am 18. November, als der Zar sich dennoch entschloß, auf einen halben Tag Berlin zu besuchen, die berühmte Unterredung zwischen ihm und Bismarck statt, und als der Monarch dem deutschen Staatsmanne an der Hand von Dokumenten ein Doppelspiel im Orient vorwarf, da hörte der Zar das empörte Wort: „Majestät, man hat Sie betrogen!" Aber nur der Zar wurde gläubig, die russischen Panslavisten, von polnischen Agitatoren aufgeftachelt, be- harrten in ihrem Hasse gegen Deutschland, und die Wolken blieben bedrohlich. DaS neue Landwehr- und Landsturmgesetz sollte dem deutschen Heere im Kriegsfälle eine halbe Million neuer Streiter zuführen. 278 Millionen Mark wurden von der Volksvertretung gefordert. Die erste Beratung dieser Anleihe-Vorlage stand zugleich mit der dritten Lesung des Wehrgesetzes am 6. Febr. auf der Tagesordnung des Reichstages. Mit fieberhafter Spannung harrte die Welt des Tages und der angekündigten Rede des großen Kanzlers. Der Reichstagssaal war in allen seinen Teilen dicht besetzt; in der Hofloge saß Prinz Wilhelm, unser jetziger Kaiser. Endlich hieß es: „Der Herr Reichskanzler hat das Wort!" Wer den großen Staatsmann damals im Waffenrocke der weißen Kürassiere sah, in dessen Seele ist das Bild des Unvergeßlichen eingegraben, unauslöschlich und unverwischbar. Da sprach er die goldnen Worte von der Friedensliebe des deutschen Volkes, die nur dem kuror Dsutonivus weiche, wenn es sich um das Höchste und Heiligste handle. Und immer markiger hob sich die arbeitende Brust, bis sich endlich das ganze deutsche Mannesempfinden zusammendrängte ins das Kernwort: „Wir Deutschen fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt!" — Der Eindruck, den die Rede machte, spottet der Schilderung. Als der Kanzler geendet hatte, da blieb es einige Sekunden still; aber dann brach es los, brausend, tosend, sich immer erneuernd. Und ein Unerhörtes geschah: Unter dem Eindruck der Worte des eisernen Kanzlers erhob sich ein Mann vom Zentrum, Freiherr von Franckenstein, zu dem Anträge, die Wehrvorlage im ganzen und ohne Debatte zu genehmigen. Dies geschah einstimmig und unter lautem Jubel. Fürwahr: es war ein großer Tag, jener 6. Febr. 1888. Weshalb wir daran erinnern? Nun, weil sich ein Vergleich mit der Gegenwart ausdrängt. Wer hätte damals, wo der Krieg mit Rußland auf des Messers Schneide stand, Wohl auf Ereignisse zu hoffen gewagt, wie sie sich im vorigen Jahre auf der Rede von Reval und jüngst beim Besuche unseres Thronerben in Petersburg abspielten! Einst Haß, jetzt wohlwollendes Vertraue» I Ein größerer Gegensatz ist kaum denkbar. Dieser Umschwung ist um so freudiger zu begrüßen, als er nicht mit einer Einbuße von Ansehen erkauft worden ist. Auch heute laufen wir niemand nach, und noch immer ist unser Schwert scharf und schneidig, aber das Mißtrauen in unsere aufrichtige Friedensliebe ist geschwunden. Das alles erreicht zu haben, ist ein unschätzbares Verdienst unseres Kaisers und der jetzigen Leitung unserer auswärtigen Politik.
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(Zur Aufhebung des H 2 des Jesuitengesetzes.) Graf Bülow überrascht Schlag auf Schlag: erst die Ankündigung der Sicherung des Wahlgeheimnisses durch Schaffung von Jsolierräumen, und jetzt die Erklärung, er könne die Beseitigung des ß 2 des Jesuitengesetzes in Aussicht stellen. Das Jesuitengesetz als solches wird dadurch nicht aufgehoben, es bleibt der Z I, der besagt: Der Orden der
Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen sind vom Gebiet des Deutschen Reiches ausgeschlossen. Die Errichtung von Niederlassungen derselben ist untersagt. Die zur Zeit bestehenden Niederlassungen sind binnen einer vom Bundesrat zu bestimmenden Frist, welche 6 Monate nicht übersteigen darf, aufzulösen. Der zu beseitigende ß 2 lautet: Die Angehörigen des Ordens der Gesellschaft Jesu oder die ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kongregationen können, wenn sie Ausländer sind, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden; wenn sie Inländer sind, kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.
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Wenn Buren nach Deutsch-Afrika auswandern wollen, so sollen sie sich mit dem Deutschtum verschmelzen. Das ist der Wille der deutschen Regierung, wie aus den soeben amtlich bekanntgegebenen Bedingungen für die Ansiedelung von Buren hervorgeht. Den Buren wird zwar das Recht zugestanden, eine niederdeutsche reformierte Kirche zu gründen, der volle Freiheit gegeben wird und die holländische Sprache in ihrem Gottesdienst und Konfirmandenunterricht zu benutzen. Die Eltern sind aber verpflichtet, ihre Kinder innerhalb des 10. bis 15. Lebensjahres zwei Jahre lang in eine Regierungsschule zu schicken und während dieser Zeit in der Regierungspension unterzubringen, die mit der Schule verbunden ist. In der Schule soll ausschließlich deutsch unterrichtet und in der Pension deutsch gesprochen werden. Auch der Religionsunterricht wird deutsch erteilt, jedoch steht es den Eltern frei, ihre Kinder daran teilnehmen zu lassen oder nicht. Der Unterricht ist kostenfrei. Private Schulen dürfen eingerichtet werden. Die Regierung wünscht zum Schluß, daß alle holländischen Afrikaner deutsche Reichsangehörige werden, sodaß die Söhne verpflichtet wären, beim deutschen Militär zu dienen.
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Italien fordert von der Türkei Genugthuung für Piratenthaten. Der italienische Botschafter hat der Pforte eine Note überreicht, in der die türkische Regierung aufgefordert wird, die Mannschaft einer unter italienischer Flagge segelnden, kürzlich von Seeräubern gekaperten Zem- buk von Massaue zu ermitteln und die Seeräuber zur Verantwortung zu ziehen. Die Note droht mit energischen Maßnahmen der italienischen Regierung, wenn die Pforte den Secräubereien nicht bald ein Ende mache und bringt dann einige andere Reklamationen Italiens zur Sprache und verlangt deren Erledigung.
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Kriegerische Verwicklungen in MiltekameriLa, von denen letzter Tage Meldungen aus Guatemala berichteten, scheinen einen ernsten Charakter annehmen und in den kleinen republikanischen Staatswesen Guatemala, San Salvador, Honduras, Nicaragua und Costarica das Unterste zu oberst kehren zu wollen. Nach einem über Panama in Newyork eingegangenen Telegramm aus Honduras weigert sich der Präsident Sierra, die Präsidentschaft an den erwählten Präsidenten Bonilla abzutreten. Letzterer bereitet einen Aufruhr vor. Die Lage in Salvador wird schwieriger. Die Aufständischen erhalten Unterstützungen seitens Guatemalas. Die Armeen von Guatemala und Salvador sammeln sich an der Grenze. Nicaragua unterstützt Salvador. Der nikaraguanische Kreuzer „Momotombo" landete 1510 Gewehre und 300,000 Patronen; der Präsident Zelaya sendet sie den Revolutionären in Guatemala, die sich bei der Armee von Salvador befinden. Die Bewegung richtet sich gegen Guatemala und Costarica. Das Ziel des Krieges ist augenscheinlich die Gründung einer zentralamerikanischen Union. Zum Schutze der Interessen der Vereinigten Staaten sind amerikanische Kriegsschiffe nach Honduras gesandt worden.
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Präsident Castro hat am Sonntag in Karacas gegenüber einem Berichterstatter des „New-Iork Herald" erklärt, er fürchte, daß der Venezuela-Konflikt zum Vorwände eines „Weltkrieges" gemacht werde. Die französische Forderung im Betrage von 4 Millionen Fr. stamme aus der Zeit des Präsidenten Guzman Blanco, der die Konzession zur Erbauung der Maracaibo-Eisenbahn an den französischen Bürger Fabiani widerrufen hatte. Schließlich sei die Sache vor ein Schiedsgericht (Schweiz) gekommen, das dem Franzosen 4 Millionen Fr. zusprach. Wenn alle friedlichen Mittel versagen, bleibe Venezuela nichts anders übrig, als zu kämpfen und es werde sich dann Trinidads (jetzt englisch) und anderer benachbarter Gebiete bemächtigen, von denen mit der Zustimmung „befreundeter" Mächte Flibustier-Expeditionen gegen Venezuela ausgesandt worden seien. Die Fahrt
des Dampfers „Ban Righ", der von England kam und die Expedition unter General Caribekdal, die von Trinidad ausging, würde England ebensoviel wie die Albama-Angelegen- heit kosten, „wenn wir eben solche Rechte, wie die Starken haben." Wie man sieht, scheint Präsident Castro von seinem Mute noch nichts verloren zu haben.
Deutscher WeichsLag.
* Werkt», 4. Febr. Die zweite Lesung des Etats des Reichskanzlers wird fortgesetzt! Abg. Oertel (kons.) wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Resolution Barth betreffend die Neueinteilung der Reichstagswahlkreise. Abg. Hoffmann (Hall, dtsch. Vp.) hält eine längere Rede gegen den Krieg, den er als Verbrechen und Wahnsinn kennzeichnet. Das Ziel der Kulturentwicklung sei der ewige Friede. Abg. Gröber (Ztr.) acceptiert die teilweise Aufhebung des Jesuitengesetzes nach dem Grundsatz: „Wir nehmen, was wir kriegen können", begrüßt die vom Reichskanzler in Aussicht gestellten Maßnahmen zur Sicherung des Wahlgeheimnisses, denen alle Parteien zustimmen müßten, und erklärt sich „zur Zeit" gegen die von dem Abg. Barth beantragte Neueinteilung der Wahlkreise. Abg. Wiemer empfiehlt den Antrag Barth.
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Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 3. Februar. (143. Sitzung.) Präsident Payer eröffnet die Sitzung um 3^ Uhr. Die Kammer fährt fort in der Beratung der Volksschulnovelle. Abg. Schmidt-Maulbronn (Vp.): Wir wollen die Ortsschulbehörde unverändert, sogar mit dem Geistlichen an der Spitze, beibehalten; wir Wollenaber die technische Ortsschulaufsicht dem Geistlichen abnehmen und dem Bezirksschulaufseher übertragen. Dadurch werde ein Stein des Anstoßes zwischen Lehrer und Geistlichen beseitigt. Abg. Rem- b old-Aalen (Ztr.): Das Volk wolle in seiner großen Masse nichts wissen von der Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht. Den wahren Grund für die Beseitigung der geistlichen Schulaufsicht habe der Abg. Hildenbrand durch feine Worte gekennzeichnet: „Der Klerikalismus muß hinaus aus der Schule." Im Grunde genommen richtet sich diese Forderung nicht nur gegen den Klerikalismus, sondern gegen das Christentum; sie ist der Ausfluß der offenen Gegnerschaft der Sozialdemokratie gegen das Christentum überhaupt. Refer. Dr. Hieber (D. P.): Bei der bestimmten Erklärung der Regierung, daß die Vorlage scheitern müsse, wenn die geistl. Ortsschulaufsicht beseitigt werden wollte, sei es nicht angezeigt, auf die Argumente für und gegen eine solche näher einzugehen. Wenn wir für einen Fortschritt auf dem Gebiet der Schulaufsichtsfrage eintreten, so sind uns hiesür historische, aber auch staatsrechtliche und religiöse Gründe maßgebend und wir weisen in dieser Hinsicht die gegen uns gerichteten Ausführungen der Abg. v. Kiene und Rembold entschieden zurück. Der Redner wendet sich hierauf gegen die Anträge Schmidt und Hildenbrand; eine Annahme derselben würde das Scheitern des Gesetzes im Gefolge haben. Abg. Blumhard (Soz.): Auf der modernen Welt müsse die Schule aufgebaut werden und dürfe nicht in den Händen der Kirche bleiben. Eine Ortsschulbehörde soll die Externa der Schule besorgen, aber die Interna können die Lehrer selbst einrichten. Man dürfe das Volk nicht immer blos in Ruhe und Frieden ins Bett legen wollen. (Heiterkeit.) Regier.-Rat Dr. W ahl verteidigt den katholischen Kirchenrat gegen den Vorwurf des Abgeordneten Schmidt wegen Nichtaufstellung von gewünschten Lehrplänen. Den Normal-Lehrplan den örtlichen Verhältnissen anzupassen, sei Sache der Lehrer und in den Lehrerkonventen werde beschlossen, was in jeder einzelnen Klasse zu geschehen habe. Der Abg. Schmidt hätte sich an die Lehrer wenden sollen, nicht an die Ortsschulbehörde, welche ihre Pflicht gethan habe. Abg. Keßler (Ztr.) tritt für die Aufrechterhaltung der geistlichen Ortsschulaufstcht ein. Eine Aufsicht über die Schule habe schon Kaiser Karl der Große für nötig gehalten. (Große Heiterkeit.) Abg. Hilden- b ran d (Soz.): Der erste Schritt gegen die Herrschsucht des Klerikalismus müsse bei der Schulaufsicht geführt werden, denn in dieser habe die klerikale Herrschsucht ihren Ausgangspunkt und ihre Wurzel. Abg. v. Geß (D. P.): Prinzipiell verneine er nicht den Antrag Schmidt, aber derselbe würde die Vorlage gefährden. Prälat v. Demmler erwähnt, daß ihm kürzlich eine Zuschrift von mehreren Bezirksschulinspektoren zugegangen sei, worin es als im Interesse der Bezirksschulinspektion gelegen bezeichnet wird, daß die technische Ortsschulaufstcht dem geistlichen Ortsschul-