für die im voraus zu entrichtende Miete von 36 Mark zu haben sei, wenn Müller es mieten wolle, möge er ihm die 36 Mark geben, die er dem Vermieter schnell hinaufbringen wolle. Dann wollten sie zusammen ein Glas Bier trinken. Der vertrauensselige Provinziale zählte seine Barschaft, um dann kleinmütig zu gestehen, daß er nur 33 Mark bei sich führe.Geben Sie mir dies, ich werde die 3 Mark für Sie auslegen," erklärte der Gönner. Müller gab sein ganzes Geld her. Er wartete stundenlang, Honold kam nicht wieder. Er hatte ein Eckhaus mit zwei Ausgängen nach verschie­denen Straßen ausgesucht. Der arme Arbeitsuchende stand mittellos in Berlin da. Als es endlich gelang, des Schwind­lers habhaft zu werden, waren nicht weniger als 13 Fälle zur Anzeige gelangt, die alle in gleicher Weise ausgeführt waren. Der Gerichtshof erkannte auf fünf Jahre Gefängnis und fünfjährigen Ehrverlust.

* Das Krankenversicherungsgesetz soll geändert werden. Der Hauptzweck der Aenderung ist, eine Lücke zwischen der Krankenversicherung und der Invalidenversicherung auszu­füllen. Gegenwärtig mangelt es an einer Bestimmung, daß die Invalidenrente unmittelbar nach der Krankenunterstützung beginnt. Das frühere Jnvalidengesetz sicherte im Fall der Erwerbsunfähigkeit die Unterstützung erst zu, nachdem die Krankheit ein Jahr gedauert hatte. Durch die letzte Reform des Jnvalidenversicherungsgesetzes hat man zwar die Jnva- lidenunterstützung der Krankenunterstützung wesentlich genähert, denn jene tritt nunmehr nach Ablauf von 6 Monaten ein. Trotzdem besteht zwischen dieser nach sechs Monaten eintre­tenden Jnvalidenuuterstützung und der Krankenunterstützung, die nur bis zur Dauer von 13 Wochen gewährt wird, noch immer eine schmerzliche Lücke. Diese Lücke will die neue Novelle zum Krankenversicherungsgesetz ausfüllen, indem sie die Unterstützungspflicht der Krankenkasse auf 26 Wochen ausdehnt, sodaß die Invalidenversicherung in dem Augenblick einsetzt, wo die Krankenversicherung aufhört. Ueber die Not­wendigkeit, diese Lücke auszufüllen, besteht keine Meinungs­verschiedenheit mehr. Es liegt ja auf der Hand, daß der Mangel einer Unterstützung in dieser Zeit nicht nur sehr schwer empfunden werden muß, sondern unter Umständen auch für die Wiedererlangung der Gesundheit und Arbeits­fähigkeit des Erkrankten verhängnisvoll werden kann. Diese Reform wird den Krankenkassen einen Mehraufwand von 1,16 Mark für jedes Mitglied, das sind insgesamt etwa 10 Millionen Mark auferlegen. Bei dieser Gelegenheit soll auch die Unterstützungsdauer nach einer Entbindung auf 6 Wochen erhöht werden. Endlich ist beabsichtigt, die Orts- krankenkassen zu zentralisieren und unter die Leitung der Gemeindebeamten zu stellen. Die Verabschiedung dieses Gesetzes dürfte im Bundesrat auf keine besonderen Schwierig­keiten stoßen. Ob aber die Erledigung des Gesetzes im Reichstage noch in dieser vorgerückten Session gelingen wird, ist zweifelhaft.

* Der VortragBabel und Bibel" des Professors De­litzsch findet nicht bei der ganzen Gelehrtenwelt Beifall. Andere Forscher als Delitzsch erklären, die assyrischen Funde seien durchaus nicht derart, daß man schließen müsse, die Israeliten hätten ihre Kultur und ihren Gottesglauben den Babyloniern entnommen und das alte Testament sei sozu­sagen eine Abschrift babylonischer Ueberlieferungen. Der Kaiser hat übrigens dieser Tage den Professor Delitzsch und den Oberhofprediger Dryander gleichzeitig zu sich zum Thee geladen. Er scheint dabei nach dem Grundsatz gehandelt zu haben:Eines Mannes Rede ist keine Rede, man soll sie hören alle Beede."

* Aottkeberode, 27. Jan. Noch ist die Leiche des ver­storbenen Fürsten Alfred zu Stolberg-Stolberg nicht bestattet, da wird das fürstliche Haus aufs Reue von tiefer Trauer heimgesucht. Der soeben zur Nachfolge seines Vaters be­rufene Fürst Wolfgang wurde heute Morgen im Parke seines hiesigen Schlosses, das Jagdgewehr neben sich, erschossen

aufgefunden. Ueber der Sache selbst schwebt noch völliges Dunkel, so daß noch nicht feftgestellr werden kann, ob ein unglücklicher Zufall, eine Strafthat oder welche sonstige Ur­sache vorliege. Fürst Wolfgang wurde am 15. April 184S geboren. Er war seit 1897 verheiratet.

Ausländisches.

* Wie«, 27. Jan. In hohen Kreisen ruft eine Meldung aus Mentoue, daß die Kronprinzessin von Sachsen ihren Uebertritt von der katholischen zur evangelischen Kirche vor­bereite, peinliches Aufsehen hervor; auch Giron vollzieht den Glaubenswechsel, der raschestens durchgeführt werden soll, um die geplante Heirat zu beschleunigen. Es verlautet, nach der gerichtlichen Scheidung werde die Kronprinzessin aus der Liste der österreichischen Erzherzoginnen gestrichen werden. Im ungarischen Magnatenhause gab gestern der Präsident offiziell die Enthebung des Erzherzogs Leopold Ferdinand von Stellung und Rang und infolgedessen seine Streichung von der Liste des Magnatenhauses bekannt.

* Arag, 27. Jan. Etwa 2000 Arbeitslose hielten gestern eine Versammlung ab und durchzogen nach derselben die Straßen mit dem Rufe:Gebet uns Arbeit und Brot!" Die Sicherheitswache schritt ein, nahm mehrere Verhaftungen vor und zerstreute die Menge schließlich.

* Wom, 26. Jan. Das Heroldsamt verfügte bei 200 Marquis-Familien in Genua den Verlust des Adels- Prädikats.

* Aaris, 26. Jan. Ein Bericht Manjans über das

Budget des Kriegsministeriums wird morgen im Parlament verteilt werden. Nach demselben befürwortet der Bericht­erstatter die Einführung der zweijährigen Dienstzeit mit einem Monat Urlaub im Jahr, so daß der Dienst im ganzen 22 Monate dauern würde. Dies würde gestatten, auch die nur halbtauglichen Leute einzuberufen, die alsdann die übrigen von dem Arbeitsdienst entlasten würden und diesen die Möglichkeit gäbe, sich ausschließlich dem Dienst mit der Waffe zu widmen. Auf diese Weise würde man in Friedens­zeiten 600000 Mann unter den Waffen haben, die sich auf 20 Armeekorps verteilten, deren jedes einzelne Regiment 4000 Mann stark sein würde. Im Falle eines Krieges

würde die französische Armee sofort beim ersten Anprall

dank der zur Verfügung stehenden Reservisten über 1 000 000 Mann verfügen. Der Bericht spricht sich für eine ent­sprechende Vermehrung der Geschütze aus, sowie sür eine

durchgreifende Reform der Kavallerie, aus welcher berittene Infanterie gebildet werden soll und zwar solche auf Pferden und solche auf Zweirädern.

* London, 27. Jan. Heute früh 5.30 brach in der Irrenanstalt von Colney Hatch nördlich von London Feuer aus. Es brennt der ganz isolierte Flügel für die jüdischen Irren. Um 9.30 wurde die zahlreiche Feuerwehr des Feuers Herr. Bei der Rettung der Irren soll es sehr erregte Scenen gegeben haben. Verschiedene sollen io von Panik erfüllt gewesen sein, daß kein Versuch gemacht werden konnte, sie zu retten. Bis zum Mittag waren 32 Leiche« in den abgebrannten Gebäuden der Irrenanstalt von Colney Hatch gesunde«. Das Unglück ist größer als man glaubte. Brennende Kranke flüchteten, sie wurden von den Wärtern ergriffen und auf der Erde gerollt.

* Washington, 26. Jan. Hier sind Nachrichten ein­gelaufen, wonach Großbritannien bereit sein soll, die Blockade vor Venezuela aufzuheben und seine Verbündeten zu bewegen, sich der Aufhebung anzuschließen.

* Aerv-^ork, 13. Jan. Ueber einen Vorgang hinter den Kulissen der diplomatischen Welt während des China- Feldzuges im Jahre 1900 hat heute der frühere General­anwalt der Vereinigten Staaten, Herr John W. Griggs, geplaudert. Danach hatte der amerikanische General Chaffe dem Höchstkommandierenden, Generalfeldmarschäll Walder-

see, einen etwas kurz angebundenen Protest gegen die un­nötige Zerstörung von Eigentum durch deutsche Soldaten übermittelt. Nicht lange darauf war Baron Speck von Sternburg, der damals gerade den Botschafter Dr. von Holleben vertrat in großer Erregung ins Staatsdepartement gekommen, hatte dort Vorstellungen gemacht wegen der groben Beleidigung, welche General Chaffee dem Höchst­kommandierenden zugefügt habe, und verlangt, daß der amerikanische Kommandeur zurechtgewiesen werde. Ob dies nun erfolgt ist, sagt Herr Griggs nicht, aber er berichtet, man habe ein Entschuldigungsschreiben an die deutsche Regierung gerichtet, das dieselbe besänftigt habe.

* ßaracas, 26. Jan. Der Kapitän der vor La Guayra liegenden britischen Kriegsschiffe benachrichtigte die englische Kolonie in La Guayra, daß die Blockade am 28. oder 29. ds. aufgehoben werde.

* Ganger, 27. Jan. Die gestrige Mitteilung über das Vorrücken des Prätendenten im Norden von Fez wird jetzt offiziell bestätigt, ebenso über mehrere für den Sultan un­günstige Scharmützel; dagegen soll die Bewegung in Mar- rakesch lokaler Natur sein.

* Ganger, 27. Jan. Nach den letzten Nachrichten aus Fez nahmen 4000 Mann Truppen des Sultans Stellung auf dem Hügel, der zwischen der Stadt und dem Sebuflusse liegt. Sie beherrschen die über diesen führende Brücke. Der Sultan selbst und seine Leibwache nehmen auf dem Hügel Stellung, von dem die Stadt im Süden beherrscht wird. Diese beiden Stellungen sind befestigt worden. Die Ver­schanzungen werden von weiteren 3000 Mann verteidigt. Eine andere Abteilung von 2000 Mann berittener Truppen lagert auf dem rechten Ufer des Sebu, ungefähr 12 Kilo­meter östlich von der über den Fluß führenden Brücke. Ungefähr 9 Kilometer nördlich von der Stadt lagert eben­falls eine größere Abteilung der Truppen des Sultans. Im Ganzeu dürfte die Stärke der Truppen des Sultans 12 000 Mann nicht überschreiten.

Handel u«d Berkehr

* Hlagolö, 26. Januar. Der heute hier abgehaltene Viehmarkt war stark befahren, die Handelslust ziemlich rege Zugeführt wurden

51 Paar Ochsen, wovon 27 Paar mit einem Erlös von 25,145 Mk. verkauft wurden. Ferner waren zugeführt: 87 Kühe, 50 Kälber und

52 st. Schmalvieh. Verkauft wurden: 39 Kühe mit einem Erlös von

9537 Mk., 19 Kälber mit einem Erlös von 2374 Mark und 23 St. Schmalvieh mit einem Erlös von 5395 Mk., Gesamterlös 17,306 Mk. Auch der Schweinemarkt war sehr stark befahren, jedoch war die Handelslust hier reger als auf dem Viehmarkt. Zu Markte wurden gebracht 340 Stück Läuferschweine, wovon 310 St. mit einem Erlös von 8835 Mark verkauft wurden. Der Preis betrug 4070 Mk. pro Paar. Ferner waren zugeführt 360 Stück Saugschweine, wovon 306 Stück mit einem Erlös von 4284 Mark verkauft wurden. Der Preis belief sich auf 2432 Mark pro Paar. Gesamterlös für Schweine 13,109 Mk. (Ges.)

* Stuttgart, 24 Jan. (Schlachtvichmarkt.) Preise für Kg Schlachtgewicht: Ochsen: 6971 Pfg., Farren, (Bullen): vollfleischige höchsten Schlachtwerts 57-58 Pfg., mäßig genährte jüngere, gut genährte ältere 5557 Pfg., gering genährte 52 - 53 Pfg., Kalbeln (Färsen, Kühe): vollfleischige ausgemästete Kalbeln, höchsten Schlacht­werts 63 -64 Pfg.; ältere ausgemästete Kühe und wenig gut ent­wickelte Kalbeln und jüngere Kühe 60-62 Pfg., mäßig genährte Kalbeln und Kühe 5760 Pfg., gering genährte Kalbeln und Kühe 3545 Pfg. Kälber feinste Mastkälber (Vollmilchmast) und beste Saugkälber 8084 Pfg., mittlere Mastkälber und gute Saugkälber 7680 Pfg. Schweine: vollfleischige, der feineren Rassen und Kreuzungen bis zu 14 4 Jahr «5 bis 66 Pfg., fleischige 64-65 Pfg., gering entwickelte alte, sowie Sauen und Eber 57-58 Pfg. Verlauf des Marktes: Verkauf langsam.

* Stuttgart, 26. Jan. (Landesproduktenbörse.) Mehlpreise pr.

100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0 : 28 Mk. 50 Pf. bis 26 Mk. dto- Nr. 1 : 26 Mk. 50 Pfg. bis 27 Mk., dto. Nr. 2 : 25 Mk. bis 25 Mk. 50 Pfg., dto. Nr. 3: 23 Mk. 50 Pfg. bis 24 Mk., dto. Nro. 4: 20 Mk. 50 Pfg. bis 2 l Mk. Suppengries: 28 Mk. 50 Pfg. bis 29 Mk Kleie 9 Mk. "

Verantworlticher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

starrte, und dann wandte er sich zu Gerhard, mit dem er geschickt ein Gespräch anzuknüpfen verstand.

Lili blieb zurück, sie verkürzte absichtlich ihre Schritte, und keiner bemerkte es oder wollte es bemerken. Nun noch das schützende Gebüsch zwischen ihnen und ihr ah, end­lich war sie allein I Sie horchte auf die verhallenden Fuß­tritte, wie der Kies leise knirschend unter ihnen zurück wich, dann atmete sie tief auf, flog wie ein Vogel über die Rasenfläche hin, und der rote Punkt war verschwunden.

Lili, wo bleibst Du denn?" fragte fünf Minuten später Gerhard verwundert, er schien es eben erst bemerkt zu haben, daß das junge Mädchen verschwunden war.

Hier," antwortete Lilis Stimme, wenige Schritte nur zurück, hinter einem Syringengebüsch hervor, sie kam lang­sam näher, in ruhiger Haltung, eine gleichgültige Miene zeigend, aber die Wangen brannten, und die Finger um­schlossen in der Tasche verborgen ein weiches duftiges Etwas, als sei es ein kostbarer Schatz, den sie gegen einen Angriff verteidigen müsse.

XII.

Eigentlich ist es doch schade," sagte Lili, die mit gelangweilter Miene eine feine Häkelarbeit in den Händen hin und her zerrte, zu der ihr gegenübersttzenden Erna, die natürlich ihr unausstehlichstes, undurchdringlichstes Gesicht aufgesetzt hatte, und mit einer Emsigkeit, als gälte es das tägliche Brot, an einer feinen Stickerei hcrumstichelte.

Darauf machte Lili eine Pause, ließ ihr Garnknäuel fallen, das unter viel überflüssigem Zeitaufwand aus einem Winkel herbeigeschafft werden mußte, und Erna erfuhr vor der Hand nicht, was Lili beklagenswert fand. Sie war nicht neugierig, und sie wußte aus Erfahrung, daß es nicht immer lohnend war, der jüngeren Schwester zuweilen etwas absonderlichen Gedankensprüngen zu folgen. Immerhin, Lili war ihr Gast, und so ließ sie die Arbeit für eine Weile

ruhen und hob den Kopf, die ruhigen grauen Augen fragend auf Lili gerichtet:Was klagst Du, Kleine?"

Kleine! Und Lili war keine drei Jahre jünger! Lili fand es plötzlich sehr leicht, ihren begonnenen Satz auch ruhig zu Ende zu führen; sich mit einem Ruck höher aufsetzend und die Schwester fest ansehend, sagte sie gleich­mütig:Ich wollte nur sagen, daß es schade sei, daß Du schon verheiratet bist."

Warum?"

Erna zog die Brauen um eine Linie höher, aber im übrigen blieb ihr Gesicht unbewegt.

Wegen des armen Helmuth, weißt Du."

Lili sprach sehr ruhig, trommelte aber mit der Fuß­spitze heftig auf dem Fußboden.

Er ist so furchtbar verliebt in Dich"

Woraus schließt Du das?" warf Erna ein.

Bah, das sieht ein Blinder," wieder flog das Knäuel auf den Fußboden, ohne daß es Lili diesmal bemerkt hätte. Also, er ist so furchtbar verliebt in Dich verstelle Dich nur nicht, Du mußt das ja am allerbesten wissen, und Du hättest auch immerhin die paar Jahre auf ihn warten können. Daß Du Gerhard geheiratet hast, war ganz über­flüssig. Ihr paßt überhaupt nicht zu einander."

Ich möchte Dich doch bitten" Erna sah blaß aus, sprach aber mit ganz fester StimmeDich mit Deinem Urteile nicht an Verhältnisse heran zu wagen, die Du eben nicht verstehst."

Sehr gut, wirklich ausgezeichnet."

Lili warf sich in ihren Stuhl zurück und lachte sehr laut und lustig.

Als ob ich Gerhard hörte und sähe! Derselbe Ton, derselbe Blick, und mir scheint aber darin kann mich mein Gedächtnis im Stich lassen auch ganz dieselben Worte. Ihr verstellt Euch vielleicht bloß und Paßt im Grunde genommen besser zusammen, als man denkt."

Lili, versteh ich Dich recht," und Erna faßte Lilis Handgelenk fest, die ärgerlich sich zu befreien strebte,Du warst unzart und rücksichtslos genug, gegen Gerhard ähnliche Worte zu äußern, wie vorhin gegen mich?"

Nun, beruhige Dich nur." Lili rang ihre Hand frei und strich etwas demonstrativ über eine Stelle ihres zarten Handgelenks, die wirklich den Anflug einer schwachen Röte zeigte.Du brauchtest mich wahrlich nicht so rauh anzu­fassen, ich hätte Dir auch ohne das geantwortet. Ich habe Gerhard nur gefragt, aus welchem Grunde Ihr Euch eigent­lich geheiratet hättet."

Lili brachte das mit dem Trotz eines gescholtenen Kindes vor, und Erna ward erst leichenblaß, während in der nächsten Sekunde eine fliegende Röte über ihre zarten Wangen huschte. Sie sah die junge Schwester mit großen, angstvoll forschenden Auden an:

Und Gerhard antwortete Dir?"

Na, ungefähr dasselbe wie Du soeben, ich sagte es ja schon. Wahrhaftig, es ist mir ja dabei klar geworden, daß Ihr im Grunde genommen doch wohl prächtig zu ein­ander paßt. Beide etwas kühle reservierte Naturen, die über ein Gefühl der Eifersucht nur hohnlächelnd den Kopf schütteln."

Lili machte eine Pause, dann setzte sie mit etwas lauterer Stimme hinzu:

Ich sollte nur einen Tag lang an Gerhards Stelle

sein!"

Das klang beinahe drohend, und Erna fragte leise:

Was thätest Du dann wohl?"

O, sehr einfach, ich würde den famosen Vetter Helmuth auf eine Weise zum Hause hinaus befördern, daß er sich meinetwegen dabei Kopf und Kragen bräche."

(Fortsetzung folgt.)