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Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag und Sonntag mit der Gratis Beilage Der SonntagS- Gast.

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Isreitag, 9, Januar.

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

19h 3

Amtliches.

Bestätigt wurde die Wahldes Gemeindepflegers Johann Georg Hamann in Wörners berg zum Schultheißen dieser Ge meinde. _

An der Weinbauversuchsanstalt Weinsberg findet in der Zeit vom 2. bis 14. März ein Kurs über Weinuntersuchung und Weinbehandlung statt. Gesuche um Zulassung zu diesem Kurs sind spätestens bis zum 1. Februar 1903 an das Vorsteheramt der Wein­bauversuchsanstalt zu richten. Näheres siehe St.-Anz. Nr. 8.

sj Die bürgerliche Selbständigkeit.

Zum Jahresbeginn, wenn die Abwicklung mancherlei finanzieller Verpflichtungen an den Bürger herantritt, wird bei so manchem stelbständigen Gewerbetreibenden der Ge­danke wach, daß es eigentlich nichts Sorgenvolleres und Mühsameres gäbe, wie diese Existenz. Und von da blos zu dem weiteren Vorsatz, daß die Kinder es einmal anders und besser haben sollten, ist dann nur ein Schritt. Die Beamtenlaufbahn, auch wenn sie nur mit einem bescheidenen Titel verknüpft ist, wird höher eingcschätzt, und ist ein Unter­kommen im staatlichen oder städtischen Dienst nicht möglich, dann wird nach einem Posten als Privataugestellter gesucht. Nur kein selbständiges Gewerbe! Das ist für Tausende die Parole, die leider zu wenig Widerstand findet. Denn es ist eine Thatsache, daß wir eigentlich überall zu viel Bewerber haben, nur nicht bei dem Streben nach bürgerlicher, ge­werblicher Selbständigkeit. Die Berufe, welche ein Universitäts- studium zur Vorbedingung haben, weisen eine Ueberfüllung auf, und dasselbe ist stets da zu verzeichnen, wo bessere Chancen in Betracht kommen. An jungen Kaufleuten, Buch­haltern, Bureau-Gehilfen fehlt es nirgends, denn hier kommt noch die Anschauung so vieler Eltern in Betracht, daß eine solche Stellung feiner sei wie die eines schlichten Gewerbetreibenden. Bei den Beamten heißt es dann vor allen Dingen noch, daß sie doch ein festes Einkommen hätten, daß ihr Alter durch eine Pension wenigstens eine gewisse Sicherung erfahre, die dem selbständigen Geschäfts­manne fehle.

Es kann nicht zweifelhaft sein, daß ein weniger be­mittelter stelbftändiger Gewerbetreibender heute im harten Wettbewerb manchen scharfen Kampf auszufechten hat, aber das Letztere passiert unschwer auch dem kapitalkräftigeren Manne, wenn er die behutsame Vorsicht mit allzu großem Wagemut vertauscht. Daß unter diesen Verhältnissen, zu welchen noch steigende Lasten, unbequeme gesetzliche Betriebs­vorschriften und Anderes hinzukommen, die Neigung, die Selbständigkeit zu erringen, leidet, ist erklärlich, aber sie ist nicht erwünscht und darum muß sie energisch bekämpft werden. In den so viel gerühmten Vereinigten Staaten von Nord-Amerika ist man glücklich so weit, daß die eigene Existenz Millionen schon verhaßt ist, daß sie lieber in irgend einem Riesenbetriebe unterschlüpfen. Diese Zustände tragen so wesentlich zur Zunahme derTrust's bei, deren Leiter von selbst zu Gedanken kommen, die mit geschäftlichem Größen­wahn Verwandtschaft zeigen. Aber so viel diese Entwicklung gerühmt werden mag, so folgerichtig sie selbst in bestimmten Fällen Wohl erscheint, verallgemeinert ist sie entschieden nicht zu wünschen. Eine Million kräftiger Bürger, die entschlossen auf eigenen Füßen stehen, ist für das ganze große Gemein­wesen immer wertvoller, als hundert Geldspinde, die mit so und so viel Millionen angefüllt sind.

Bei uns in Deutschland hat in der neuesten Zeit die Zahl der technischen Unterrichtsanstalten in einer Weise zu­genommen, daß entschieden eine Ueberproduktion eingetreten ist. Es giebt auch zu viel Techniker, die einen angesehenen und gutbezahlten Posten suchen, und wir erblicken hier ebenfalls die Neigung, der Erringung einer eigenen Existenz aus dem Wege zu gehen. Gewiß, die jungen Leute scheuen die rechte Arbeit nicht, aber den Eltern und ihnen ist die Stellung als Techniker doch angenehmer, wie etwa die eines Handwerksmeisters, sicherer, wie die eines kleineren oder mittleren Geschäftsmannes. Denn es ist doch nur die Minderheit dieser Herren, welche später einem eigenen Be­trieb vorsteht. So ist denn auch hier eine Ueberfüllung eingetreten, auf deren Beseitigung man hofft, sobald eine neue günstige Industrie-Konjunktur sich geltend macht. Aber nicht nur, daß unbekannt ist, wann diese Konjunktur kommt, so ist auch zu erwarten, daß dann sich ein verstärkter Be­such der technischen Unteruchtsanstalten geltend macht und somit die Zahl der Bewerber um gut dotierte Posten sich immer weiter vermehrt.

Verfehlt ist es auch, die Beamten- rc. Laufbahn als eine Sache zu bezeichnen, die unbedingt vorzuziehen sei. Namentlich solche Eltern sollten damit vorsichtig sein, welche Fehler übersehen, die an einem geringen Erfolge der eigenen Thätigkeit Schuld tragen. Die Annahme, es liege daran, daß man kein Glück habe, daß man zu nichts Rechtem komme, bedarf doch einer sehr gewissenhaften Nachprüfung;

wer nicht selbst die Energie besitzt, um die eigene Existenz zu ringen, der soll nicht noch Anderen Schwäche einflößen.

Vor Allem aber sollten wohlhabende Eltern ihre Söhne nicht zu der Annahme verleiten, daß die Leitung eines selbständigen Gewerbebetriebes nur für Andere gut genug sei. Wir meinen, unser gewerblicher Mittelstand könnte noch viel glänzender dastehen, wenn die Söhne, deren Elternes können/ sich ihm mehr zuwendeten. Darin haben wir in Deutschland leider noch manches Vor­urteil zu bekämpfen, das doch in unsere Zeit so gar nicht mehr Hineinpassen will. Wir haben unter den Zeit­erscheinungen, die wir gut und gern entbehren können, ein nicht unerhebliches Maß von Oberflächlichkeit zu verzeichnen, und so wissen denn die Allermeisten, welche sich zu gut für einen Gewerbebetrieb halten, gar nicht, welche Summe von technischer Wissenschaft und kaufmännischer Intelligenz dazu erforderlich ist. Wir haben heute Fälle, in welchen Jeder, der selbständig ist, nicht blos so nebenbei, sondern ein tüchtiges Stück Kaufmann sein muß, ohnedem läßt sich nichts mehr erzwingen.

Kein besseres Heilmittel der modernen nervösen Schlaff­heit und Exaltiertheit giebt es heute, als ein Streben nach und ein Ringen um die eigene Existenz. Mit Phrasen und Deklamationen ist nichts gethan : Stell' Dich auf Deine eigene Füße und dann zeige, was Du kannst! Wer leistet, ist der Anerkennung aller tüchtigen Mitbürger sicher, was die klebrigen, in welchen statt der Tüchtigkeit blindes Vor­urteil oder eitle Selbstgefälligkeit herrscht, denken, so kann er dem gegenüber sich an Fürst Bismarcks Wort vomGe­fühl der unbegrenzten Wurstigkeit" erinnern,

Landesnachrichten

-n Aktensteig, 8. Jan. Der Ertrag an Tannenzapfen fällt Heuer nicht so reichlich aus wie in sonstigen Jahren. Doch konnten manche Arbeiter hiesiger Gegend, die sich mit dem Sammeln der Zapfen abgaben, auch Heuer schon ein schönes Stück Geld verdienen. Von zwei Walddorfer Händlern, die Tannenzapfendarren besitzen, wurden an­fänglich 3 Mk. 25 Pf. per Ztr. Tannenzapfen bezahlt. Jetzt stellt sich der Preis auf 2 Mk. 90 Pf. bis 3 Mk. für den Zentner.

* Arendenstadt, 5. Jan. In dem nahen Christophs­thal ist die 23jährige Tochter deS dortigen Sensenschmieds Weber im Rauch erstickt. Wie man annimmt, sind die Kleider der geistig nicht ganz normalen Person durch die von dem heftigen Wind hervorgestoßene Flamme des Herdes in Brand geraten, was ihren Tod herbeiführte.

* Der Postmeister Kiefer von Mikdbad, der jetzt in Tübingen im Ruhestand lebt, sparte den Postboten die Arbeit mit Neujahrsbriefen. Er ließ seinen lieben Wildbadern ein fröhliches neues Jahr durch die Ortsschelle verkündigen, was großen Spaß erregte.

* Kisten, 5. Januar. Heute abend ereignete sich hier ein bedauerlicher Unglücksfall. Zwei Schwestern im Alter von 7 und 9 Jahren hatten im Auftrag ihrer Eltern in Calmbach Geschäfte zu besorgen. Auf dem Heimweg setzten sich die Kinder auf einen einem Langholzwagen unterge­hängten Stamm, ohne daß dies der Fuhrmann beachtete;

, unterwegs fiel das kleine der beiden Mädchen von dem Stamm herunter und kam unter ein hinteres Rad des Wagens, so daß ihm die Brust eingedrückt wurde und das Kind nach wenigen Minuten starb

* Metzingen, 4. Jan. Der württ. Gerberverein hielt heute hier eine gut besuchte Mitgliederversammlung ab, um zur Frage der Leder- und Rohwarenpreise Stellung zu nehmen. Die Versammlung nahm eine vom Ausschuß em­pfohlene Resolution einstimmig an, daß infolge der Erhöhung südamerikanischer Wildhäute um 1520°/g und der ost­indischen Kipse um 2540°/, eine Preiserhöhung aller Sorten gegerbten Leders von 1020 Mk. pro 50 durch­aus gerechtfertigt erscheine und daß diese Preiserhöhung so­fort eintreten müsse, wenn der Gerber und der Lederfabrikant nicht sein bar ausgelegtes Geld an seinem Fabrikat verlieren soll. Ferner wird auf Vorschlag des Vorsitzenden der Aus­schuß beauftragt, bei den betreffenden Stadtverwaltungen vorstellig zu werden, daß in Stuttgart und Heilbronu künftig­hin nur noch 8, in Ulm 2 Ledermesfen abzehalten werden sollen.

* Stuttgart, 6. Jan. Die württ. Volkspartei hielt heute unter dem Vorsitz von Henning-Urach in der Lieder­halle bei zahlreicher Beteiligung ihre alljährliche Landes­versammlung ab, die von dem Landtagsabgeordneten Galler mit einer längeren Ansprache eröffnet wurde. In seinem Partei- und Kassenbericht bedauerte Galler u. a. den Ver­lust des Bezirks Vaihingen an den Bauernbund. Konrad

Haußmann kündigte die Aufstellung eines Parteiagitators und die Schaffung eines Verbands für die Reichstags- Wahlen an. Landtagsabg. Liesching-Tübingen berührte in seinem Referat über die Hauptaufgaben des württ. Landtags die ungünstige Finanzlage. Das Reich habe ein Defizit von 130 Millionen, zu denen Württemberg etwa 5 Mill. werde beisteuern müssen.. In der Steuerreformfrage müsse an dem Mindeststeuersatz von 6°/, für Einkommen über 200 000 Mk. jährlich festgehalten werden. Den Gemeinden müsse ein Anteil an den Einkommensteuern gewährt werden. Ein Hauptmangel des neuen Gemeindeentwurfs liege in der Verstärkung der Abhängigkeit von den Staatsbehörden und dem Ministerium. In die Aufsichtsbehörde (den Be­zirksrat) gehören auch Laien zugezogen. Eine Resolution Elsas' für freiheitliche Ausgestaltung der Gemeinde- und Bezirksordnung, Abschaffung der Lebeuslänglichkeit der Octsvorsteher, Beibehaltung des Bürgerausschuffes und Ausbildung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden wurde mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. Ueber Zolltarif und Reichstag berichtete Reichs- und Landtigsabg. Payer. Die deutsche Volkspartei sei in der Obstruktion nicht weiter gegangen, als sachliche Interessen erforderten. Der jetzt beschlossene Zolltarif sei auf die Dauer nicht haltbar. Die nächsten Reichstagswahlen müßte die Volks- Partei auf dem Platze finden. Eine Resolution, die den Reichstagsabgeordneten den Dank der Partei ausspricht, wurde einstimmig angenommen.

* (Klasscnmoral".) ImSchwäb. Merkur" liest man: UeberK^ffenmoral" vertritt die sozialdemokratische Presse eigentümliche Ansichten. Sie sucht die bürgerliche Moral herabzusetzen, vergißt aber ganz, daß sie selbst eineKlaffen- moral" zu eigen hat, und was für eine! Sozialdemokratische Abgeordnete dürfen einen Berfaffungseid leisten, durch den sie dem Träger der Krone Treue geloben; das ist aber nur ein Zwirnsfaden, der sie nicht bindet. Sozialdemokraten dürfen nach Belieben spionieren und fremde Aktenstücke ver­öffentlichen, die ihnen durch einen Vertrauensbruchauf den Tisch fliegen"; aber wehe dem Arbeitgeber, derGesinnungs­schnüffelei" treibt! Jede Gewaltthat sei sie auch nur zur Verteidigung des eigenen Vaterlandes gegen fremde Staaten angewendet, ist ein Unrecht, eine Versündigung an der glor­reichen Idee des ewigen Friedens. Wenn aber gewerk­schaftliche Arbeiter einen andern halb tot Prügeln, so kann man ihnen dies nicht verargen; werden sie nach dem Gesetz bestraft, so wird ihnen schreiendes Unrecht zugefügt. Eine Frau, die ihre Kinder verläßt, um einer unerlaubten Neig- gung zu folgen thut Recht, und die Entrüstung über einen solchen Schritt ist eitel Heuchelei. Wer eine Neigung unter­drückt und Entsagung übt, um der unternommenen Pflicht zu leben, handelt unmoralisch und verwerflich. Wenn ein sozialdemokratisches Blatt Unwahrheiten ausgenommen hat, durch die die Ehre eines Menschen berührt wird, so genügt eine Entschuldigung und die Sache ist wieder gut. Die Reinheit seiner Motive steht fest, wer zum Kadi läuft, ist ein kleinlicher Mensch. Passiert aber das gleiche einem bürgerlichen Blatt, so ist dies Lüge, Verleumdung, Nieder­trächtigkeit, Korruption und noch vieles andere. Man kann daraus wirklich viel lernen, aber nur schwer läßt sich die Frage unterdrücken: Wie kommt die Presse dazu überKlaffen- moral" zu schreiben und von jesuitischer Volksverdummung zu sprechen?

* Arach. Die Witwe eines Aufsehers hatte ihr Spar­kassenbuch in ihrer Wohnung verwahrt und längere Zeit nicht mehr darnach gesehen. Als sie Ende vorigen Monats wieder eine Summe einzahlen wollte, entdeckte sie das Fehlen des Buchs und erfuhr alsbald auf der Sparkasse, daß im Laufe der letzten Monate eine Frau auf den Namen der Witwe von deren Einlagen 900 Mk. erhoben und mit dem Namen der Witwe quittiert hatte. Die sofort angestellten Nachforschungen führten auf die Spur einer Gipjersehefrau, die der Witwe gleichsteht; die bei derselben vorgenommene Haussuchung brachte auch das Sparkassenbuch zu tag, wo­rauf die Gipsersehefrau den von ihr an der Witwe be­gangenen Diebstahl des Sparkassenbuchs und die Erhebung des Geldes nicht mehr läugnen konnte. Sie wurde ver­haftet. Das Geld hat sie verbraucht.

* Keimsheim, 5. Jan. (llnterbilanz.) Bei einer un­unvermuteten Revision der Gemeindepflegekaffe wurde ein Defizit von ca. 5000 Mk. festgestellt. Als Ursache ist Fahrlässigkeit, bezw. Unfähigkeit zur Bekleidung dieses Postens anzunehmen. Untersuchung ist eingeleitet. Die Gemeinde wird sich an dem Vermögen des Gememdepflegers, eines älteren Mannes, schadlos halten können.

* Guttkingen, 5. Jan. Infolge der fortgesetzten Regen- sälle und der Schneeschmelze hat die Donau das Thal

NE" Das nächste Blatt erscheint am SamStag nachmittag. "MZ