I'^lepston Nr. 11.
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Sonntag, 4. Januar.
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1SVS.
Kestrllungsn
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Die Redaktion.
Amtliches.
Versetzt wurde auf Ansuchen Bahnmeister Bengel in Nagold nach Mrtingen.
Tagespolitik.
Der Allgemeine Deutsche Verein für Schnlgesundheits- pflege hat in seiner letzten, der dritten Jahresversammlung die vom 20. bis 22. Mai in Weimar abgehalten wurde folgende Resolution gefaßt: „Die Versammlung beschließt daß der Verein bei den Regierungen und Stadtverwaltungen dahin wirke, daß Schulärzte in allen deutschen Bundesstaaten in den Städten und auf dem Lande angestellt und daß hygienische Unterweisungen in allen Schulen für Lehrer und Schüler eingerichtet werden." Zur Begründung dieses Beschlusses seien folgende Ausführungen gestattet: Den Forderungen der Gesundheitslehre wird jetzt auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens eine erhöhte Beachtung geschenkt. Die Lehren der Hygiene auch für die Schule nutzbringend zu gestalten, ist die Aufgabe des Allgemeinen Deutschen Vereins für Schulgesundheitspflege. Daß die Schule, in welcher die Jugend einen großen Teil ihres Lebens zubringt, für den Heranwachsenden Körper, für die sich ausbildenden Organe gewisse Gefahren mit sich bringt, ist unbestreitbar, aber nicht völlig zu vermeiden. Der Staat, der den Schulzwang fordert, hat sicher auch die Pflicht, nach Möglichkeit diese Gefahren einznschränken. Das kann nur dadurch geschehen, daß man die großen Errungenschaften der Gesundheitslehre hinsichtlich der Schule zur vollsten Geltung kommen läßt.
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Die Universität Straßburg soll, wie berichtet, eine katholische Fakultät erhalten. Die Thatsache an sich bildet nichts Außergewöhnliches. Die katholische und die protestantische Kirche find in Deutschland gleichberechtigt und es ist ganz selbstverständlich, daß der Staat dafür sorgt, daß genügend Bildungsstätten für Geistliche beider Konfessionen vorhanden sind. Aber die katholische Fakultät zu Straßburg unterscheidet sich von den übrigen in Preußen, denen in Bonn, Breslau und Münster, sehr wesentlich. Für diese drei sind noch, mit wenig Veränderungen, die Abmachungen maßgebend, die in dem aufgeklärten philosophischen Zeitalter Friedrichs des Großen mit Rom getroffen worden waren. Nach diesen hat der Staat als Aufsichtsbehörde über Kirche und Lehranstalten die endgültige Entscheidung bei der Anstellung der Professoren. Der Bischof hat nur eine sozusagen beratende Stimme, kann Einwendungen machen und begründen, aber sein Widerspruch braucht nicht beachtet zu werden, wenn auch selbstverständlich großer Wert auf seine Zustimmung gelegt wird. Bei der Straßburger katholischen Fakultät ist es anders. Nach jahrelangen Verhandlungen mit Rom hat die preußische Regierung für sie das Zugeständnis gemacht, daß die Prosessorenstellen nur im Einvernehmen mit dem Bischof besetzt werden können, daß also, wenn der Bischof Widerspruch erhebt, die Kandidatur der Regierung zurückgezogen werden muß. Mit einem Worte: die Regierung muß so lange Kandidaten präsentieren, bis einer davon dem Bischof gefällt. Dadurch ist natürlich ihre kirchliche Oberhoheit vollständig aufgehoben. Man steht deshalb nicht an, diese neueste Errungenschaft Bülow'scher Diplomatie als eine direkte Niederlage zu bezeichnen. Die ganze Fakultätsgründung in Straßburg dürfte eine verfehlte Maßregel sein. Der Klerus der Reichslande hält an seinen Priesterseminarien, die uach wie vor bestehen, fest und sieht die Einrichtung der Fakultät, der er sich nach Kräften widersetzte, mit sehr scheelen Augen an. Er ahnt ganz richtig, was die Regierung damit bezweckt. Diese katholisch-theologische Fakultät in Straßbnrg wurde errichtet, um die Germanisation der Reichslande ein weiteres Stück zu fördern. Die Bevölkerung ist klerikal, die aus den Priesterseminarien abgehenden jungen Geistlichen sind französisch gesinnt. So galt es denn, eine Pflegestälte katholischer Theologie zu schaffen, die diesen Einflüssen entzogen sein würde. Das ist nicht gelungen. Selbst wenn die katholische F akultät zu Straßburg eines regen Besuches sich erfreuen
sollte, so haben es die protestlerischen Klerikalen nach der obenerwähnten Abmachung dennoch in der Hand, ihr einen Lehrkörper zu geben, der ihren Wünschen entspricht. Daß die päpstliche Kurie ihren Willen durchgesetzt und die Anstellung der Professoren von ihrer Zustimmung abhängig gemacht hat, bedeutet einen Sieg der klerikalen Politik.
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Wenn die deutsche Regierung klug ist, so wird sie mit Venezula nicht halbe Arbeit machen. Halbe Arbeit aber wäre es, wollte sie die Blockade in dem Augenblick aufgeben, wo diese anfängt, den Herren Venezolanern den Brotkorb höher zu hängen, und wollte sie jetzt schon den Venezuelastreit dem Haager Schiedsgericht übergeben. Erst mag Castros Regierung einmal das bezahlen, was sie den Deutschen abgepreßt hat. Diese Schuld ist so klar, daß es zu deren Feststellung keines Schiedsgerichts mehr bedarf. Ist die Zahlung geleistet, dann, aber nicht früher, mögen die Herren im Haag schiedlich darüber beraten, welche Ge- nugthuung Venezuela für die Angriffe auf deutsche Unter- thanen und für Beleidigungen der deutschen Regierung noch zu geben hat.
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Graf Lamsdorff soll sowohl dem Fürsten Ferdinand wie dem Ministerpräsidenten Danew nicht sehr angenehme Worte gesagt haben. Die leitenden Staatsmänner Bulgariens und die Führer der Macedonier sollen dem Grafen erklärt haben, daß nur feste, garantierte und durchgeführte Reformen eine Gewähr für die Aufrechterhaltung der Ruhe in Macedonien bieten können ; bloße Ratschläge oder Drohungen Rußlands würden die revolutionäre innere Organisation kalt lassen und an ihren Beschlüssen nichts ändern; der Aufstand würde dann im Frühjahr zum Ausbruch gelangen. Die kurze Antwort des Grafen Lamsdorff auf die beim Fackelzug von Naumov an den Grafen gerichtete Ansprache habe unter den Macedoniern eine große Enttäuschung hervor- gerusen.
LrmdesnachrichLen
* Allettstekg, 3. Jan. Am Neujahrsmorgen hatte sich die gute Mutter Erde mit frisch gefallenem Schnee geschmückt, doch mußte der Schnee dem sich einstellenden Regen bald wieder weichen. — Die Neujahrsnacht ist hier ziemlich ruhig verlaufen, vom früheren Trubel zur Mitternachtszeit wurde fast nichts bemerkt. Zu ernster Betrachtung riefen die Kirchenglocken, als die Uhr die zwölfte Stunde verkündete und vom Himmel blickten unzählige Sterne hernieder, die ebenfalls das neue Jahr begrüßten. Welchen Menschen sollte dies stimmungsvolle Bild, dem der harmonische Glockenklang eine so schöne Weihe verlieh, nicht zu ernsten Gedanken veranlaßt haben? Mahnt doch auch die Scheidestunde des Jahres recht eindringlich daran, daß mit ihr unser Leben einen gewichtigen Schritt vorgerückt ist. Nach dem Verstummen der Glocken stimmte die Stadtmusik das Lied an: „Ach, wiederum ein Jahr verschwunden!"
* Aktensteig, 3. Jan. Nach der Verkündigung in der Kirche am Neujahrstage wurden hier im letzten Jahr 17 Paare getraut; getauft wurden 75 und konfirmiert 48 Kinder, kirchlich beerdigt 54 Personen. — Nach den standesamtlichen Büchern wurden im Jahr 1902 geboren 78 Kinder, getraut wurden 21 Paare, gestorben sind 61 Personen. Der Unterschied in den kirchlichen und standesamtlichen Zahlen rührt daher, daß Trauungen, Taufen und Beerdigungen stattfanden von Einwohnern, welche der evang. Landeskirche nicht angehören.
* Alte «steig, 3. Jan. Ein Künstler-Konzert ersten Ranges steht uns am 9. d. M. in Aussicht und zwar von den vor 3 Jahren hier gefeierten Geschwister Boucher, die ihr Versprechen des Wiederkommens halten wollen. Die Künstlerinnen haben inzwischen Amerika, Rußland und Frankreich mit einem großartigen künstlerischen sowie pekuniären Erfolge bereist. Ueber ihr Auftreten schreibt der „New- Aorker Herald": Kürzlich gaben die Geschwister Boucher ihr 3. und Abschiedskonzert vor einem ausverkauften Hause und ernteten wahre Triumphe. Man muß diese anmutigen Künstlerinnen nicht nur hören, sondern auch ihren Pariser Chic sehen und bewundern. Unter den vielen überreichten Sträußen befanden sich auch mehrere Geschenke, so z. B. ein Brillant-Haarpfeil und ein massiv goldenes ziseliertes Armband als Anerkennung für die großen künstlerischen Leistungen. Das Publikum ließ die Künstlerinnen erst abreisen. nachdem der Impresario das Versprechen gegeben hatte, bald wiederzukommen. Wir hoffen, daß unser Publikum sich auf die Durchreise der Geschwister Boucher freuen und seine Anerkennung durch einen ausverkauften Saal zeigen wird. Bilette sind im Vorverkauf zu Mk. 1.25 bei W. Rieker hier zu haben.
-n. Kvhanlen, 2. Jan. Im letzten Jahr wurden 51 Kinder hier geboren. Gestorben sind 18 Kinder und 8 erwach
sene Personen. Von 8 bürgerlich getrauten Ehepaaren ließen sich 7 kirchlich trauen, ein Paar ließ es bei der Ziviltrauung bewende». — Auch hier veranstalteten die Vereine gemeinschaftliche Weihnachtsfeiern mit Gesäugen, Vorträgen und Verlosungen: Der Turnverein am 26. Dez. in der „Traube", der Militärverein am 28. Dez. im „Löwen" und der Gesang-Verein am Neujahrsabend in der „Krone". Die gemeinschaftlichen Abendunterhaltuugen waren jedesmal stark besucht und befriedigten allgemein die Teilnehmer.
-I- Hrömvach, 31. Dez. Wie allüberall, so veranstaltete auch der hiesige Gesangverein seinen Mitgliedern und Sangesfreunden einen wohlgelungenen Unterhaltungsabend. Mit demselben fand zugleich die Feier des 8. Stiftungsfestes des Vereins statt. Das abwechslungsreiche Programm sicherte einen schönen, gemütlichen Abend und wurden die gehegten Erwartungen weit übertroffen. Männerchöre, wie „Hymne an die Nacht" v. Beethoven, „Heimkehr" v. Kamm, „Das verlassene Mägdlein" und „Treue" v. Burkhardt u. a. m. wurden wacker wiedergegeben und ernteten die Sänger allseitigen Dank. Die komischen Nummern, wie „Rekrut Panschmann," „DerRaritätensammler," „Einefidele Gerichtssitzung," „Schneider und Müller," „Des Rekruten Heimweh," die Couplets: „Der Schirm." „Stadt und Land", „Der erste Schnee" und „Die logischen Beweise" hielten die Lachmuskeln in steter Erregung und zeigten sich die Herren Roller, Sackmann und Kirn als vollendete, humorvolle Komiker. Die Festrede hielt der Vorstand des Vereins, Hr. Schullehrer Roller, der in ernsten, packenden Worten den Werts olchcr Veranstaltungen darlegte. Das herrliche deutsche Volkslied möge in unserem gemütlichen Höhenorte stets eine schöne Heim- und Pflegestätte finden, mit ihw die junge Sängerschar fröhlich gedeihen und so galt sein Hoch eben dem Liede und dem Verein. Zum Stiftungsfest hatte Lehrer Roller dem Verein einen Festgruß in poetischer Form geweiht, der jedem Mitglied eingehändigt und bei Verlesung desselben stürmisch applaudiert wurde. Weitere Toaste wurden ausgebracht auf die anwesenden Damen und Sangesfreunde. Der Gesangverein kann auf einen wohlgelungenen Ehrenabend zurückblicken und möge der Verein, der in den letzten Tagen in so böswilliger Weise vielgeschmäht und verdächtigt wurde, auch fernerhin mit edler Begeisterung und fester Treue bestrebt sein, das deutsche Lied zu heben und zu pflegen, Heiterkeit und Frohsinn zu Wecken, dann wird seine Eintracht nie getrübt werden und der Verein stets dankbare Sangesfreunde finden. Ja: „Herz und Lied frisch, frei, gesund, wahr dirs Gott, du junger Sängerbund!"
* Kak«, 1. Jan. Der Uebergang vom alten in s neue Jahr wurde hier in herkömmlicher Weise gefeiert. Nach dem Verhallen des letzten Glockenschlages um 12 Uhr ertönte vom Turme ein Choral, dem eine andächtig versammelte Menge auf dem Marktplatz lauschte. Leider ging es nicht ohne einen Unfall ab, da ein Dienstmädchen von einem Streifschuß, der von einem leichtsinnigen Burschen aus einem scharf geladenen Revolver abgegeben wurde, glücklicherweise nur unbedeutend am Kopf verletzt wurde. Ebenso wurden im Hotel Waldhorn 2 Fensterscheiben eingeschossen.
* Mviage«, 30. Dez. Die bekannte Riäker'sche Buchdruckerei mit dem Verlag der „Tübinger Chronik" ist samt dem Geschäftsgebäude heute um den Preis von 220,000 Mk. in den Besitz des Buchdruckereibesitzers Weil, Verlag der „Jagst-Zeitung" in Ellwangen übergegangen.
* (Wölttger Schwurgericht.) Wegen eines Verbrechens des versuchten Straßenraubs stand im 4. Fall vor den Geschworenen der erst 18 Jahre alte Silberarbeiter Johannes Stickel von Walddorf, OA. Nagold. Stickel wurde am 23. September v. I in Untersuchungshaft genommen, am 20. Oktober aber gegen eine Sicherheit von 1000 Mk. wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Ergebnis der Verhandlung ist folgendes: Der Angeklagte und der Dienstknecht Gottlieb Bechtold von Altensteig sowie noch andere Burschen arbeiteten zusammen am 18. September bei dem Kronenwirtin Walddorf in der Hopfenernte. Nachts gegen 12 Uhr war das Geschäft beendigt, worauf sämtliche Arbeiter mit Bier und Branntwein bewirtet wurden. Hierauf trat Bechtold den Heimweg nach Altensteig an, Stickel ging mit ihm zum Dorf hinaus. Unterwegs fragte letzterer den Bechtold, was er Lohn habe und als Bechtold 4 Mark in der Woche angab, erwiderte der Angeklagte, dann könnte er Wohl eine Maß Bier bezahlen oder ihm 10 Pf. schenken. Da sich Bechtold nicht willfährig zeigte, versuchte der Angeklagte ihm in die Hosentasche zu greifen, wobei Bechtold Widerstand leistete. Unversehens packte nun der Angeklagte den Bechtold von hinten um den Leib, schleppte ihn vom Wege ab auf die Wiese, warf ihn nach vorwärts auf den Boden, kniete auf ihn und versuchte ihm den Geldbeutel zu entreißen. Bechtold schrie um Hilfe, der Angeklagte ließ aber nicht eher von ihm ab, bis zwei Bauern, die die Hilferufe gehört hatten, herbei-